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Verkehrsunfall – Erstattungsfähigkeit von Verbringungskosten einer Reparaturwerkstatt

Wegen knapp 50 Euro stritten sich ein Autobesitzer und eine Versicherung vor Gericht – und der Kläger bekam Recht. Das Amtsgericht Kiel entschied, dass die Versicherung die vollen Verbringungskosten übernehmen muss, die entstanden waren, weil die Werkstatt das Auto zum Lackieren in einen anderen Betrieb bringen musste. Ein Urteil, das die Rechte von Unfallgeschädigten stärkt und Versicherungen in die Pflicht nimmt.

Das Wichtigste in Kürze

  • Ein Geschädigter hat Anspruch auf Schadensersatz, wenn sein Fahrzeug bei einem Unfall beschädigt wird und der Unfall nicht durch höhere Gewalt verursacht wurde.
  • Der Fahrzeughalter, dessen Schuld den Schaden am meisten verursacht hat, ist für den Ausgleich verantwortlich.
  • Schadensersatz kann direkt beim Kfz-Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers geltend gemacht werden.
  • Der Versicherungsnehmer der Beklagten war schuldhaft an einem Unfall beteiligt, weshalb die Beklagte für den Schaden vollständig haftet.
  • Es geht um die Erstattung von Verbringungskosten, die bei der Reparatur in einer Fachwerkstatt entstanden sind.
  • Die Beklagte hat bisher nur einen Teil der Reparaturkosten erstattet und lehnt die Zahlung der vollen Verbringungskosten ab.
  • Das Gericht entschied, dass die Beklagte die restlichen Verbringungskosten erstatten muss, da diese vollständig erstattungsfähig sind.
  • Es liegt im Verantwortungsbereich des Schädigers, im vorliegenden Fall der Beklagten, das Risiko von Mehrkosten der Werkstatt zu tragen.
  • Der geschädigte Kläger muss nicht für ineffiziente oder unsachgemäße Reparaturmaßnahmen der beauftragten Werkstatt aufkommen.
  • Der Schadensersatzanspruch wird subjektbezogen bestimmt, basierend auf dem vom Geschädigten zur Wiederherstellung seines Fahrzeugs geforderten Betrag.

Entscheidung im Unfallrecht: Wer trägt die Verbringungskosten nach Kfz-Schaden?

Ein Verkehrsunfall kann nicht nur zu physischen Schäden an Fahrzeugen führen, sondern auch zu komplexen rechtlichen Fragestellungen, insbesondere wenn es um die Erstattungsfähigkeit von Verbringungskosten geht. Nach einem Kfz-Schaden stellen sich viele unmittelbar die Fragen: Wer trägt die Kosten für die Transportkosten zur Reparaturwerkstatt? Was muss die Versicherung übernehmen? Im Rahmen des Unfallrechts und der Schadensregulierung ist die Kostenübernahme für die Fahrzeugreparatur ein zentraler Aspekt, der häufig zum Streit zwischen Unfallopfern und Versicherern führt. In der folgenden Analyse wird ein konkreter Fall betrachtet, der die Herausforderungen und Lösungen rund um die Erstattungsfähigkeit von Verbringungskosten detailliert beleuchtet.

Der Fall vor Gericht


Rechtsstreit um Verbringungskosten nach Verkehrsunfall

Ersatzanspruch für Verbringungskosten nach Verkehrsunfall
Das Amtsgericht Kiel entschied, dass eine Versicherung nach einem Verkehrsunfall verpflichtet ist, die vollständigen Verbringungskosten zur Reparaturwerkstatt zu erstatten. (Symbolfoto: Flux gen.)

Ein Autobesitzer hat vor dem Amtsgericht Kiel erfolgreich gegen eine Versicherungsgesellschaft geklagt, um die vollständige Erstattung von Verbringungskosten nach einem Verkehrsunfall zu erwirken. Das Gericht entschied, dass die Versicherung verpflichtet ist, dem Kläger zusätzliche 47,60 Euro für die Verbringung seines Fahrzeugs zu erstatten.

Hintergrund des Falls

Der Kläger war in einen Verkehrsunfall verwickelt, bei dem sein Fahrzeug beschädigt wurde. Die Schuldfrage war unstrittig: Ein Versicherungsnehmer der beklagten Versicherungsgesellschaft hatte den Unfall verursacht. Der Geschädigte ließ sein Auto in einer markengebundenen Fachwerkstatt reparieren, die ihm Verbringungskosten von insgesamt 142,80 Euro in Rechnung stellte. Die Versicherung erstattete jedoch nur 95,20 Euro und lehnte eine weitere Regulierung ab.

Gerichtliche Entscheidung

Das Amtsgericht Kiel gab der Klage statt und verurteilte die Versicherung zur Zahlung der ausstehenden 47,60 Euro nebst Zinsen. In seiner Begründung stützte sich das Gericht auf mehrere zentrale Punkte:

  1. Das Werkstattrisiko liegt beim Schädiger, nicht beim Geschädigten. Dies bedeutet, dass die Versicherung als Schädigerin grundsätzlich auch Mehrkosten tragen muss, die ohne Verschulden des Geschädigten durch unwirtschaftliche oder unsachgemäße Reparaturmaßnahmen der Werkstatt entstanden sind.
  2. Der erstattungsfähige Schaden ist „subjektbezogen“ zu bestimmen. Das Gericht berücksichtigt dabei die Erkenntnismöglichkeiten des Geschädigten und seine Abhängigkeit von Fachleuten bei der Instandsetzung des Fahrzeugs.
  3. Die Reparaturrechnung wird als aussagekräftiges Indiz für die Erforderlichkeit der Kosten angesehen, selbst wenn sie vom Geschädigten noch nicht vollständig bezahlt wurde.

Bedeutung des Urteils für Unfallgeschädigte

Das Urteil stärkt die Position von Unfallgeschädigten bei der Durchsetzung ihrer Ansprüche. Es unterstreicht, dass Geschädigte auf die Sachkunde von Gutachtern und die Integrität von Werkstätten vertrauen dürfen. Das Gericht betonte, dass von Geschädigten nicht erwartet werden kann, vorab zu ermitteln, welche Werkstätten über eigene Lackierereien verfügen oder zur Reparatur geeignet sind.

Rechtliche Grundlagen und Folgen

Die Entscheidung basiert auf §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1 StVG i.V.m. § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG. Das Gericht ließ die Berufung zu, da es zu der Frage, ob auch eine vom Geschädigten nicht bezahlte Rechnung eine Indizwirkung für die Erforderlichkeit der Reparaturkosten entfalten kann, noch keine Rechtsprechung des Landgerichts Kiel gibt.

Dieses Urteil könnte weitreichende Folgen für ähnliche Fälle haben und die Praxis der Schadensregulierung durch Versicherungen beeinflussen. Es unterstreicht die Notwendigkeit einer fairen und umfassenden Schadensregulierung im Interesse der Unfallgeschädigten.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil stärkt die Position von Unfallgeschädigten, indem es das Werkstattrisiko dem Schädiger zuweist und den erstattungsfähigen Schaden subjektbezogen bestimmt. Es unterstreicht, dass Geschädigte auf die Expertise von Fachleuten vertrauen dürfen und nicht zur Überprüfung der Werkstatteignung verpflichtet sind. Die Reparaturrechnung wird als Indiz für die Erforderlichkeit der Kosten anerkannt, selbst wenn sie noch nicht vollständig beglichen wurde. Dies fördert eine faire Schadensregulierung und stärkt die Rechte der Geschädigten.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Unfallgeschädigter stärkt dieses Urteil Ihre Position erheblich. Sie können nun mit größerer Sicherheit eine Werkstatt Ihrer Wahl beauftragen, ohne befürchten zu müssen, auf Kosten sitzen zu bleiben. Das Gericht hat klargestellt, dass die Versicherung des Unfallverursachers auch für Verbringungskosten aufkommen muss, selbst wenn diese höher ausfallen als erwartet. Wichtig für Sie: Sie müssen nicht vorab prüfen, ob eine Werkstatt bestimmte Leistungen selbst erbringt oder nicht. Zudem spielt es keine Rolle, ob Sie die Rechnung bereits vollständig bezahlt haben – Ihr Anspruch auf Erstattung bleibt bestehen. Dies entlastet Sie finanziell und nimmt Ihnen den Druck, Reparaturkosten vorfinanzieren zu müssen.


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was sind Verbringungskosten und wann fallen sie bei einem Verkehrsunfall an?

Verbringungskosten sind Transportkosten, die entstehen, wenn ein unfallbeschädigtes Fahrzeug innerhalb des Reparaturprozesses von einer Werkstatt zu einer anderen gebracht werden muss. Diese Kosten fallen typischerweise an, wenn die beauftragte Reparaturwerkstatt nicht alle notwendigen Arbeiten selbst durchführen kann.

Typische Situationen für Verbringungskosten

Stellen Sie sich vor, Ihr Auto wurde bei einem Unfall beschädigt und Sie bringen es in eine Werkstatt. Diese Werkstatt verfügt jedoch nicht über eine eigene Lackiererei. In diesem Fall muss Ihr Fahrzeug für die Lackierarbeiten zu einem spezialisierten Betrieb transportiert werden. Die Kosten für diesen Transport sind die Verbringungskosten.

Verbringungskosten können auch anfallen, wenn:

  • Das Fahrzeug zur Vermessung des Fahrwerks in einen anderen Betrieb gebracht werden muss
  • Spezielle Karosseriearbeiten in einer anderen Werkstatt durchgeführt werden müssen
  • Eine Sonderlackierung nur von einem Fachbetrieb ausgeführt werden kann

Rechtliche Grundlage und Erstattungsfähigkeit

Nach § 249 BGB sind Verbringungskosten als Teil des Schadensersatzes grundsätzlich erstattungsfähig. Dies gilt sowohl bei konkreter Reparatur als auch bei fiktiver Abrechnung auf Gutachtenbasis. Entscheidend ist, dass die Kosten ortsüblich und angemessen sind.

Wenn Sie in einen unverschuldeten Verkehrsunfall verwickelt wurden, haben Sie Anspruch auf Erstattung der Verbringungskosten durch die gegnerische Haftpflichtversicherung. Ein Kfz-Sachverständiger wird diese Kosten in seinem Gutachten berücksichtigen und beziffern.

Höhe der Verbringungskosten

Die Höhe der Verbringungskosten variiert je nach Region und Aufwand. Üblicherweise werden sie als Pauschalbetrag oder in Höhe einer Arbeitsstunde angesetzt. Beachten Sie, dass nicht nur die reine Fahrzeit, sondern auch Zeit für Be- und Entladung sowie Sicherungsmaßnahmen berücksichtigt wird.

Versicherungen versuchen gelegentlich, Verbringungskosten zu kürzen, insbesondere bei fiktiver Abrechnung. In solchen Fällen können Sie sich auf die ständige Rechtsprechung berufen, die die Erstattungsfähigkeit dieser Kosten bestätigt.


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Welche Rechte habe ich als Unfallgeschädigter bei der Wahl der Reparaturwerkstatt?

Als Unfallgeschädigter haben Sie grundsätzlich das Recht, die Werkstatt für die Reparatur Ihres Fahrzeugs frei zu wählen. Dies gilt insbesondere, wenn Sie nicht selbst schuld am Unfall sind und die gegnerische Haftpflichtversicherung für den Schaden aufkommen muss.

Freie Werkstattwahl und ihre Grenzen

Sie können Ihr Fahrzeug in jeder Werkstatt Ihrer Wahl reparieren lassen, sei es eine freie Werkstatt oder eine Markenwerkstatt. Die gegnerische Versicherung muss die Kosten für die Reparatur in der von Ihnen gewählten Werkstatt übernehmen.

Allerdings gibt es Einschränkungen: Die Versicherung kann Sie unter bestimmten Umständen auf eine günstigere „freie Fachwerkstatt“ verweisen. Dies ist möglich, wenn:

  • Ihr Fahrzeug älter als drei Jahre ist
  • Die Versicherung nachweist, dass die Reparatur in der Alternativwerkstatt in gleicher Qualität wie in einer markengebundenen Fachwerkstatt erfolgen kann

Werkstattbindung bei Kaskoversicherungen

Wenn Sie eine Teil- oder Vollkaskoversicherung haben, kann die Situation anders aussehen. Manche Versicherungsverträge enthalten eine Werkstattbindung. In diesem Fall müssen Sie Ihr Fahrzeug in einer vom Versicherer vorgegebenen Werkstatt reparieren lassen.

Beachten Sie: Wenn Sie die Werkstattbindung missachten, kann es sein, dass Ihre Versicherung nicht die gesamten Reparaturkosten übernimmt.

Ihre Rechte bei der Werkstattwahl

Auch wenn die Versicherung Sie auf eine bestimmte Werkstatt verweisen möchte, haben Sie folgende Rechte:

  • Sie dürfen ein Sachverständigengutachten einholen, wenn der Schaden eindeutig über 750 Euro liegt
  • Sie können einen Rechtsanwalt mit der Vertretung Ihrer Interessen beauftragen
  • Sie müssen nicht erst ein Gutachten abwarten, bevor Sie eine Werkstatt mit der Reparatur beauftragen

Wenn Sie sich für eine Werkstatt entscheiden, dürfen Sie darauf vertrauen, dass diese Ihr Auto wirtschaftlich und sachgemäß repariert. Das sogenannte „Werkstattrisiko“, also das Risiko für möglicherweise überhöhte Rechnungen, trägt grundsätzlich der Unfallverursacher bzw. dessen Versicherung.


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Wie kann ich mich verhalten, wenn die Versicherung nur einen Teil der Reparaturkosten erstattet?

Wenn die Versicherung nur einen Teil der Reparaturkosten erstattet, haben Sie mehrere Möglichkeiten, um Ihre Ansprüche durchzusetzen:

Prüfung der Versicherungsunterlagen

Zunächst sollten Sie Ihre Versicherungspolice und die allgemeinen Versicherungsbedingungen sorgfältig prüfen. Achten Sie besonders auf Klauseln zur Schadensregulierung und eventuelle Selbstbeteiligungen. Oft finden sich hier wichtige Hinweise, die die Entscheidung der Versicherung erklären können.

Nachfrage bei der Versicherung

Kontaktieren Sie die Versicherung schriftlich und bitten Sie um eine detaillierte Begründung der Teilerstattung. Fragen Sie konkret nach, welche Positionen nicht übernommen wurden und warum. Manchmal handelt es sich um Missverständnisse oder fehlende Informationen, die sich leicht klären lassen.

Vorlage zusätzlicher Nachweise

Häufig lehnt die Versicherung Teile der Reparaturkosten ab, weil sie diese für nicht notwendig oder überhöht hält. In diesem Fall können Sie:

  • Ein unabhängiges Sachverständigengutachten einholen
  • Detaillierte Rechnungen und Kostenaufstellungen der Werkstatt vorlegen
  • Fotos des Schadens oder der reparierten Teile nachreichen

Diese zusätzlichen Nachweise können die Versicherung überzeugen, ihre Entscheidung zu überdenken.

Einspruch einlegen

Wenn Sie mit der Entscheidung der Versicherung nicht einverstanden sind, können Sie formell Einspruch einlegen. Begründen Sie Ihren Einspruch sachlich und fügen Sie alle relevanten Unterlagen bei. Die Versicherung ist verpflichtet, Ihren Einspruch zu prüfen und zu beantworten.

Schlichtungsverfahren

Viele Versicherungen bieten ein kostenloses Schlichtungsverfahren an. Dabei prüft ein unabhängiger Schlichter den Fall und macht einen Vorschlag zur Einigung. Dieses Verfahren ist oft schneller und kostengünstiger als ein Gerichtsverfahren.

Rechtliche Schritte

Als letztes Mittel können Sie rechtliche Schritte in Betracht ziehen. Bedenken Sie jedoch, dass ein Gerichtsverfahren Zeit und Geld kosten kann. Wägen Sie sorgfältig ab, ob der strittige Betrag den Aufwand rechtfertigt.

Beachten Sie, dass bei Verbringungskosten einer Reparaturwerkstatt besondere Regeln gelten können. Diese Kosten entstehen, wenn Ihr Fahrzeug für die Reparatur in eine andere Werkstatt gebracht werden muss. Prüfen Sie, ob diese Kosten in Ihrem Fall notwendig und angemessen waren, da Versicherungen hier oft besonders kritisch sind.


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Was bedeutet das „Werkstattrisiko“ für mich als Unfallgeschädigten?

Das Werkstattrisiko bedeutet für Sie als Unfallgeschädigten, dass Sie grundsätzlich nicht für überhöhte oder unnötige Reparaturkosten haften, wenn Sie Ihr beschädigtes Fahrzeug in eine Fachwerkstatt zur Reparatur geben. Dieses Risiko trägt der Unfallverursacher bzw. dessen Haftpflichtversicherung.

Vorteile für Sie als Geschädigten

Wenn Sie Ihr Fahrzeug nach einem Unfall in eine Fachwerkstatt bringen, müssen Sie sich keine Sorgen um möglicherweise überhöhte Reparaturkosten machen. Die gegnerische Versicherung muss in der Regel die gesamte Werkstattrechnung bezahlen, auch wenn einzelne Positionen überhöht oder nicht notwendig erscheinen. Dies gilt sogar dann, wenn die Werkstatt Arbeiten in Rechnung stellt, die tatsächlich nicht durchgeführt wurden, sofern dies für Sie als Laie nicht erkennbar war.

Grenzen des Werkstattrisikos

Allerdings gibt es einige wichtige Einschränkungen zu beachten:

  1. Auswahl- und Überwachungspflicht: Sie müssen bei der Auswahl der Werkstatt sorgfältig vorgehen. Wählen Sie eine Werkstatt, die offensichtlich überteuert oder unseriös ist, kann dies zu Ihren Lasten gehen.
  2. Plausibilitätskontrolle: Bei offensichtlich überhöhten Kosten, insbesondere für alltägliche Leistungen wie z.B. Corona-Schutzmaßnahmen, wird von Ihnen eine gewisse Plausibilitätskontrolle erwartet.
  3. Unbezahlte Rechnungen: Wenn Sie die Werkstattrechnung noch nicht bezahlt haben, können Sie vom Unfallverursacher nur die Zahlung direkt an die Werkstatt verlangen, nicht an sich selbst.

Praktische Auswirkungen für Sie

In der Praxis bedeutet das Werkstattrisiko für Sie, dass Sie relativ sorglos eine Fachwerkstatt mit der Reparatur beauftragen können. Sie müssen kein Sachverständigengutachten einholen, bevor Sie den Reparaturauftrag erteilen. Achten Sie jedoch darauf, eine seriöse Werkstatt zu wählen und bei offensichtlichen Ungereimtheiten in der Rechnung nachzufragen.

Beachten Sie, dass das Werkstattrisiko nur für unfallbedingte Reparaturen gilt. Reparaturen, die nur bei Gelegenheit der Unfallreparatur durchgeführt werden, fallen nicht darunter.


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Muss ich die Reparaturrechnung vollständig bezahlt haben, um Anspruch auf Erstattung zu haben?

Nein, Sie müssen die Reparaturrechnung nicht vollständig bezahlt haben, um einen Anspruch auf Erstattung zu haben. Der Bundesgerichtshof hat in seinen aktuellen Urteilen klargestellt, dass die Anwendung der Grundsätze zum Werkstattrisiko nicht voraussetzt, dass Sie als Geschädigter die Reparaturrechnung bereits beglichen haben.

Erstattung bei unbezahlter Rechnung

Wenn Sie die Reparaturrechnung noch nicht oder nur teilweise bezahlt haben, können Sie dennoch die Erstattung der Reparaturkosten verlangen. Allerdings gibt es hierbei einen wichtigen Unterschied:

  • Zahlung an die Werkstatt: Wenn Sie die Rechnung nicht vollständig beglichen haben, können Sie die Zahlung der Reparaturkosten nur an die Werkstatt verlangen, nicht an sich selbst.
  • Zug-um-Zug-Leistung: Die Erstattung erfolgt in diesem Fall Zug um Zug gegen die Abtretung etwaiger Ansprüche, die Sie gegen die Werkstatt haben könnten.

Risiken bei Zahlung an sich selbst

Sollten Sie bei einer unbezahlten Rechnung dennoch die Zahlung an sich selbst wählen, tragen Sie das Werkstattrisiko selbst und nicht der Schädiger. In diesem Fall müssten Sie im Schadensersatzprozess beweisen, dass:

  • Die abgerechneten Reparaturmaßnahmen tatsächlich durchgeführt wurden.
  • Die Reparaturkosten nicht wegen überhöhter Ansätze oder unsachgemäßer Arbeitsweise der Werkstatt zu hoch sind.

Bedeutung für Sie als Geschädigten

Diese Regelung ist für Sie als Unfallgeschädigten von großer Bedeutung. Wenn Sie beispielsweise aufgrund finanzieller Engpässe die Reparaturrechnung nicht sofort vollständig begleichen können, haben Sie trotzdem die Möglichkeit, Ihre Ansprüche geltend zu machen. Sie müssen lediglich darauf achten, dass Sie die Zahlung an die Werkstatt und nicht an sich selbst verlangen.

Beachten Sie, dass diese Regelung Sie vor einer möglichen Bereicherung schützt. Würden Sie den vollen von der Werkstatt in Rechnung gestellten Betrag erhalten, ohne ihn an die Werkstatt weiterzuleiten, käme es zu einer ungerechtfertigten Bereicherung.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie spezielle Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Verbringungskosten

Definition: Verbringungskosten sind die Kosten, die entstehen, wenn ein Fahrzeug zur Reparatur oder Lackierung von einer Werkstatt in einen anderen Betrieb transportiert werden muss. Diese Kosten können bei einem Verkehrsunfall erstattungsfähig sein, wenn sie zur Wiederherstellung des Fahrzeugs notwendig sind.

Beispiel: Nach einem Unfall muss ein Auto in eine spezialisierte Lackiererei gebracht werden. Die dafür anfallenden Transportkosten sind Verbringungskosten.

Relevanz: Im vorliegenden Urteil wurde entschieden, dass die Versicherung diese Kosten tragen muss.

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Werkstattrisiko

Definition: Das Werkstattrisiko bezeichnet die Gefahr, dass durch unvorhergesehene Umstände in der Werkstatt zusätzliche Kosten entstehen, die aber nicht der Geschädigte, sondern der Schädiger oder dessen Versicherung tragen muss.

Beispiel: Eine notwendige Nachlackierung des Autos erfordert weitere Fahrten zu einer Lackiererei, die zusätzliche Kosten verursachen. Diese sind vom Schädiger zu tragen.

Relevanz: Laut Urteil trägt der Schädiger diese Kosten, wodurch die Position der Unfallgeschädigten gestärkt wird.

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Subjektbezogene Schadensermittlung

Definition: Die subjektbezogene Schadensermittlung berücksichtigt, wie der Geschädigte die Situation wahrnimmt und welche Möglichkeiten er hat, den Schaden zu beurteilen und zu beheben.

Beispiel: Ein Autofahrer ohne technisches Wissen vertraut auf die Werkstatt, dass diese die notwendigen Reparaturen durchführt und die Kosten realistisch sind.

Relevanz: Das Gericht legt diese Perspektive zugrunde, um den erstattungsfähigen Schaden festzulegen.

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Indizwirkung der Reparaturrechnung

Definition: Eine Reparaturrechnung kann als Indiz dafür dienen, dass die darin aufgeführten Kosten zur Schadensbehebung erforderlich sind—auch wenn die Rechnung noch nicht bezahlt wurde.

Beispiel: Ein Fahrzeughalter erhält eine Rechnung für die Reparatur seines Autos, die als Hinweis auf die Notwendigkeit der Kosten anerkannt wird, obwohl er sie noch nicht beglichen hat.

Relevanz: Im Urteil wurde diese Indizwirkung anerkannt, was die Rechte der Geschädigten stärkt.

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Markengebundene Fachwerkstatt

Definition: Eine markengebundene Fachwerkstatt ist eine Reparatureinrichtung, die auf eine bestimmte Automarke spezialisiert ist und in enger Kooperation mit dem Hersteller arbeitet.

Beispiel: Ein Audi-Halter lässt sein Fahrzeug in einer Audi-zertifizierten Werkstatt reparieren.

Relevanz: Das Urteil erkennt an, dass Geschädigte solche Werkstätten nutzen können, ohne Einbußen bei der Erstattung befürchten zu müssen.

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Erstattungsfähigkeit

Definition: Die Erstattungsfähigkeit beschreibt, ob und inwieweit Kosten oder Schäden durch einen Versicherungsschutz abgedeckt und somit zurückgezahlt werden können.

Beispiel: Verbringungskosten eines Autos nach einem Unfall werden von der Versicherung des Unfallverursachers erstattet.

Relevanz: Das Urteil klärt, dass Verbringungskosten erstattungsfähig sind, auch wenn sie höher ausfallen als erwartet.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 7 Abs. 1 StVG: Dieser Paragraph regelt die Haftung des Halters eines Kraftfahrzeugs bei einem Unfall. Er schreibt vor, dass der Halter verpflichtet ist, den Schaden zu ersetzen, der bei dem Betrieb seines Fahrzeugs entsteht, sofern der Unfall nicht durch höhere Gewalt verursacht wurde. Im vorliegenden Fall ist die Beklagte als Halterin des Fahrzeugs des Schädigers zu 100 % haftbar für die Schäden des Klägers, was klar deren Erstattungspflicht untermauert.
  • § 17 Abs. 1 StVG: Hier wird die Haftung von Haltern mehrerer an einem Unfall beteiligter Fahrzeuge geregelt. Der Paragraph besagt, dass die Haftung der Fahrzeughalter untereinander davon abhängt, inwieweit der Schaden vorwiegend von einem der Beteiligten verursacht wurde. In diesem Fall ist unstrittig, dass der Unfall durch den Versicherungsnehmer der Beklagten verschuldet wurde, was die Haftung der Beklagten gegenüber dem Kläger begründet.
  • § 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG: Dieser Paragraph ermöglicht es Geschädigten, Ansprüche auf Schadensersatz direkt gegenüber der Haftpflichtversicherung des Schädigers geltend zu machen. Der Kläger kann somit die aus dem Unfall resultierenden Kosten direkt bei der Beklagten, die in diesem Fall die Haftpflichtversicherung darstellt, einfordern. Dies erleichtert dem Kläger den Zugang zu seinem Schadensersatzanspruch.
  • § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB: Hierbei handelt es sich um die Regelung, die den Anspruch auf Schadensersatz bei Beschädigung einer Sache behandelt. Der Paragraph besagt, dass der Geschädigte den zur Wiederherstellung des beschädigten Eigentums erforderlichen Geldbetrag verlangen kann. Da die Beklagte lediglich einen Teil der Verbringungskosten erstattet hat, ist sie verpflichtet, dem Kläger die restlichen Kosten zu erstatten, um den Zustand, wie vor dem Unfall, wiederherzustellen.
  • § 313a Abs. 1 ZPO: Dieser Paragraph befasst sich mit der richterlichen Entscheidung nach billigem Ermessen und ermächtigt das Gericht, den Gesamtinhalt der Akten zu berücksichtigen. Im Fall wurde dieser Paragraph angewendet, um dem Kläger den Anspruch auf die vollständige Erstattung der Verbringungskosten zu gewähren, was zeigt, dass das Gericht eine abgewogene und gerechte Entscheidung getroffen hat, die die Umstände des Falls vollständig gewürdigt hat.

Das vorliegende Urteil

AG Kiel – Az.: 108 C 88/20 – Urteil vom 23.09.2021


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