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Verkehrsunfall – Erwerbsschadens bei Ausfall einer Taxe

LG Düsseldorf – Az.: 20 S 73/11 – Urteil vom 02.09.2011

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Düsseldorf vom 11.03.2011 – Az.: 39 C 7614/10 – wird auf seine Kosten zurückgewiesen.

Gründe

I.

Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 28.03.2010 in Düsseldorf, bei dem sein Fahrzeug – ein Taxi – mit einem bei der Beklagten zu 3. versicherten und von dem Beklagten zu 2. geführten Fahrzeug der zwischenzeitlich verstorbenen Beklagten zu 1. kollidiert ist. Nachdem die Beklagten die vom Kläger geltend gemachten Reparatur- und Gutachterkosten zuzüglich einer Kostenpauschale von 20,- € zwischenzeitlich beglichen haben, begehrt der Kläger noch den Ersatz von Verdienstausfall, den er mit 720,- € beziffert, weitere 10,- € als Kostenpauschale, Zinsen und seine Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird gemäß § 540 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 ZPO auf die Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Das Amtsgericht hat der Klage nur teilweise stattgegeben. Mit der Berufung verfolgt der Kläger seine Schadensersatzansprüche im abgewiesenen Umfang weiter.

II.

Die Berufung hat keinen Erfolg.

Soweit der Kläger weitere 10,- € als Kostenpauschale geltend macht, ist die Berufung bereits unzulässig, da es an einer auf diesen Anspruch bezogenen Begründung gemäß § 520 Abs. 1 ZPO fehlt (vgl. Zöller, Kommentar zur ZPO, 28. Auflage 2010, § 520 ZPO Rn 37.).

Im Übrigen ist die Berufung unbegründet.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung weiterer 864,71 € (9 x 97,19 €) aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 115 VVG als Ersatz von Verdienstausfall.

Verkehrsunfall - Erwerbsschadens bei Ausfall einer Taxe
Symbolfoto: Von Bernhard Richter/Shutterstock.com

Die Verpflichtung des Schädigers, entgangenen Gewinn (Verdienst) zu ersetzen, folgt aus § 249 Abs. 1 BGB und wird in § 252 Satz 1 BGB klargestellt. Wird bei Verkehrsunfällen – wie hier – ein Fahrzeug beschädigt, das unmittelbar zur Erbringung gewerblicher Leistungen dient, muss der Geschädigte den Verdienstausfall unter Darlegung der Berechnungsgrundlage konkret berechnen (vgl. BGH Urteil vom 10.01.1978, Az.: VI ZR 164/75; Urteil vom 04.12.2007, Az.: VI ZR 241/06, jeweils zitiert nach juris.). Dem wird der Vortrag des Klägers auch unter Berücksichtigung von § 252 Satz 2 BGB, der es gestattet, bei der Ermittlung des Gewinns auf den gewöhnlichen Lauf der Dinge abzustellen, in mehreren Punkten nicht gerecht.

Nach den zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts hat der Kläger nicht (hinreichend) konkret dargelegt, welchen Verdienst er in welchem Zeitraum aufgrund welcher konkreten Umstände erzielt hätte, wenn sein am Unfall beteiligtes Fahrzeug nicht reparaturbedingt ausgefallen wäre. Daran vermag auch die erstmals in 2. Instanz vorgelegte „Bescheinigung über Verdienstausfall“ der Steuerberatungsgesellschaft Sturm und Partner vom 01.04.2011 nichts zu ändern. Aus dieser Bescheinigung geht lediglich hervor, welchen „beförderungsabhängigen“ Gewinn der Kläger mit seinem Taxiunternehmen im Jahr 2010 erzielt haben soll und welcher Betrag sich ergibt, wenn man diesen Gewinn auf vier Fahrzeuge unter Zugrundelegung eines Fahrzeugeinsatzes an allen 365 Tagen des Jahres verteilt. Ob das Taxiunternehmen „nur“ über vier Fahrzeuge verfügt, ob während der unfallbedingten Reparatur des streitgegenständlichen Fahrzeugs tatsächlich alle vier Fahrzeuge eingesetzt worden wären und ob nicht die anderen drei Fahrzeuge – zumindest in dem betroffenen Zeitraum – sämtliche Fahraufträge hätten wahrnehmen können, bleibt offen.

Darüber hinaus ist der Klägervortrag zum entgangenen Gewinn auch unzureichend, soweit der Kläger eine Reparaturdauer von neun Tagen behauptet. Der Hinweis auf das Privatgutachten des KFZ-Sachverständigen XXX und seine Reparaturbestätigung vom 20.04.2010 geht fehl. Die in dem Gutachten kalkulierte Reparaturdauer kann nicht als Grundlage für die Ermittlung des entgangenen Gewinns herangezogen werden.

Entgangener Gewinn aufgrund der fehlenden Nutzungsmöglichkeit eines Fahrzeugs ist ebenso wie der „reine“ Nutzungsausfall nicht notwendiger Teil des am Fahrzeug nach einem Verkehrsunfall eintretenden Schadens. In beiden Fällen handelt es sich – bei gewerblich genutzten Fahrzeugen – um einen typischen, aber nicht notwendigen Folgeschaden, der weder dem Grunde noch seiner Höhe nach fixiert ist. So hängt er insbesondere davon ab, ob der Geschädigte den Wagen überhaupt nutzen wollte und konnte. Solche Schäden sind deshalb als adäquate Folgeschäden nach den Umständen des Einzelfalles zu beurteilen und nur dann zu ersetzen, wenn sie tatsächlich vermögensrechtlich eingetreten sind. Entsprechend hat der Geschädigte konkret zum tatsächlichen Ausfall des beschädigten Fahrzeugs vorzutragen (vgl. BGH Urteil vom 23.03.1976, Az.: VI ZR 41/74; Urteil vom 10.03.2009, Az.: VI ZR 211/08; OLG Braunschweig, Az.: 7 U 51/08, jeweils zitiert nach beck-online.). Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus den von der Berufung zitierten Entscheidungen.

Das (Halbsatz-)Zitat des Klägers aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofes vom 17.03.1992 ist aus dem Zusammenhang gerissen und betrifft nicht die hier zu entscheidende Rechtsfrage. Vollständig lautet der entsprechende Satz:

Freilich kann der Kl. von der Bekl. eine Nutzungsausfallentschädigung nur für denjenigen Zeitraum verlangen, den die Reparatur in einer Kundendienstwerkstatt erfordert hätte.

Ersichtlich wollte der erkennende Senat mit diesem Hinweis – die Sache wurde zur weiteren Aufklärung an das Berufungsgericht zurückverwiesen – nicht zum Ausdruck bringen, dass Nutzungsausfall ungeachtet der tatsächlichen Dauer einer Reparatur vom Schädiger auf Gutachterbasis zu ersetzen ist. In dem vom Bundesgerichtshof zu entscheidenden Fall hatte der dortige Kläger das streitbefangene Fahrzeug in Eigenregie repariert. Insoweit war (nur) streitentscheidend, ob bei einer Selbstvornahme der Reparatur der zu ersetzende Nutzungsausfall sich (allein) nach der tatsächlichen Dauer richtet oder begrenzt ist auf den Zeitraum, den die Reparatur in einer Kundendienstwerkstatt erfordert hätte.

Letzteres gilt auch für die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 15.07.2003. Auch hier ging es um die Begrenzung des erstattungsfähigen Nutzungsausfalls auf die nach dem Sachverständigengutachten erforderliche („fiktive“) Reparaturdauer, wenn der Geschädigte eine Reparatur vornimmt, die längere Zeit in Anspruch nimmt.

Ebenso wenig kann sich der Kläger im Ergebnis auf die von ihm zitierte Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 25.05.2005 berufen. Auch dort ging es um die Frage, ob der Kläger hinreichend zur Reparaturdauer vorgetragen hat. Insoweit hat das Oberlandesgericht die strengen Anforderungen angesichts der besonderen Umstände zwar in gewisser Weise gelockert. Anders als im vorliegenden Rechtsstreit hatte der seinerzeitige Kläger aber dargelegt, dass er sein Fahrzeug in Eigenregie repariert und welchen konkreten Reparaturzeitraum er hierfür benötigt habe. Dagegen ist der Nutzungsausfall nicht fiktiv aufgrund der Angaben in einem Privatgutachten geltend gemacht, sondern auf den behaupteten Ausfall während der tatsächlichen Reparaturdauer gestützt worden.

Schließlich ist der Hinweis des Klägers unzutreffend, das OLG Hamm sei mit Urteil vom 13.01.2006 zu dem Ergebnis gekommen, bei einer fiktiven Schadensberechnung könne Nutzungsausfallentschädigung für die hypothetische Reparaturdauer in einer markengebundenen Fachwerkstatt verlangt werden.

Das OLG Hamm hat in diesem Zusammenhang vielmehr Folgendes ausgeführt:

Da der Kläger schon über sein Gutachten, das die in einer Fachwerkstatt üblichen Reparaturkosten ermittelt, hinausgehend die um rund 1.300,- € höheren tatsächlichen Kosten geltend macht (ohne dass die Beklagte dies beanstanden), muss er sich auch so behandeln lassen, als hätte er die Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt, die keine Probleme mit der Ersatzteilbeschaffung gehabt hätte, ausführen lassen.

Anlass für diese Ausführungen war, dass der dortige Kläger aufgrund von Verzögerungen bei der tatsächlichen Reparatur für 37 Tage Nutzungsausfall verlangte, während nach dem vorgelegten Privatgutachten die Reparatur (in einer markengebundenen Fachwerkstatt) nur einen Zeitraum von 14 Kalendertagen in Anspruch genommen hätte. Mithin ging es hier (allein) um die Frage, ob die in dem Gutachten angegebene Reparaturdauer die Grenze des erstattungsfähigen Nutzungsausfalls darstellte.

Ebenso hat der Kläger gegen die Beklagten keinen Anspruch aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 115 VVG auf Freistellung von den Rechtsanwaltskosten für die Einholung der Deckungszusage bei seiner Rechtsschutzversicherung.

Die schadensrechtliche Ersatzfähigkeit von Rechtsanwaltskosten als Kosten der Rechtsverfolgung setzt voraus, dass die Inanspruchnahme anwaltlicher Hilfe zur Wahrung und Durchsetzung der Rechte unter den jeweiligen Umständen des Falls erforderlich und zweckmäßig war (vgl. BGH Urteil vom 09.03.2011, Az.: VIII ZR 132/10, zitiert nach beck-online; Palandt, Kommentar zum BGB, 71. Auflage 2011, § 249 BGB Rn 57.). Dies hat der Kläger nicht hinreichend dargetan.

Erstinstanzlich hat der Kläger zu Begründung lediglich angeführt, er betreibe einen erheblichen Aufwand, die Rechtsschutzversicherung zu unterhalten, die ihn in die Lage versetze, das Verfahren zu führen. Dass sich aus diesem Vortrag nicht die Erforderlichkeit einer Anwaltsbeauftragung zur Korrespondenz mit der eigenen Rechtsschutzversicherung ergibt, bedarf keiner näheren Begründung.

Selbst wenn man trotz § 531 Abs. 2 ZPO die erstmals in zweiter Instanz aufgestellte Behauptung des Klägers, er sei nicht sprachgewandt, ergänzend berücksichtigt, rechtfertigt dies keine andere Entscheidung. Diese Behauptung ist mangels Substanz unbeachtlich. Der Kläger hätte mit Blick auf das Bestreiten der Beklagten zumindest konkret darlegen müssen, wie er angesichts der fehlenden Sprachgewandtheit sein Taxiunternehmen führt, anderseits aber nicht in der Lage ist, eine vorgefertigte und bereits rechtshängige Klage bei der Rechtsschutzversicherung mit der Bitte um Deckungszusage einzureichen. Vielmehr hat der Kläger lediglich vorgetragen, dass er einen Migrationshintergrund aufweise und sich somit nicht in der deutschen Sprache hinreichend ausdrücken könne. Eine solche Begründung ist schon deswegen nicht tragfähig, da allein ein Migrationshintergrund keine Rückschlüsse auf den Umfang etwaiger Deutschkenntnisse zulässt. Die weitere Behauptung des Klägers, er habe Fragen der Rechtsschutzversicherung zu Einzelpositionen nicht hinreichend beantworten können, ist ebenfalls nicht geeignet, vorliegend die Erforderlichkeit der Beauftragung seines Prozessbevollmächtigten mit der Einholung der Deckungszusage zu begründen. Der Kläger hat den diesbezüglichen Auftrag erteilt, noch bevor die Rechtsschutzversicherung irgendwelche Rückfragen gestellt hatte (wenn es solche überhaupt gab). Im Übrigen hat der Kläger seine Behauptungen auch nicht unter Beweis gestellt.

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Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.

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