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Verkehrsunfall – Fahrradfahrerbehinderung durch Bremsen eines vor ihm fahrenden Kraftfahrzeugs

 LG Hamburg – Az.: 306 O 506/10  – Urteil vom 16.09.2011

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger verlangt von den Beklagten nach einem Verkehrsunfall, der sich am 16. September 2008 gegen 15:30 Uhr auf der L.straße in H. ereignet hat, Schmerzensgeld, Ersatz des Haushaltsführungsschadens und Fahrtkostenerstattung.

Der Kläger befuhr mit seinem Fahrrad den rechten Fahrbahnrand der L.straße. Der inzwischen verstorbene Beklagte zu 2) fuhr mit seinem bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversicherten PKW die Straße in die gleiche Richtung. Beim Überholen des Klägers öffnete er das Fenster auf der Beifahrerseite. Der genaue Inhalt des folgenden Dialogs zwischen den Beteiligten ist streitig. Der Beklagte zu 2) beendete sein Überholmanöver um einige Zeit danach anzuhalten. Der Kläger machte daraufhin eine Vollbremsung mittels Rücktrittbremse und stürzte, ohne dass es zu einer Berührung mit dem PKW des Beklagten zu 2) gekommen wäre. Dabei wurde der Kläger verletzt; er erlitt eine Unterschenkelfraktur.

Der Kläger trägt vor, der Beklagte zu 2) sei eine Zeitlang neben ihm gefahren und habe dabei lautstark etwas nicht Verständliches aus dem Fenster gerufen. Nach dem Überholvorgang habe der Beklagte zu 2) plötzlich ohne verkehrsbedingten Anlass unmittelbar vor ihm, dem Kläger, bis zum Stillstand abgebremst. Er, der Kläger, habe zur Vermeidung einer Kollision stark bremsen müssen, und sei aufgrund der nassen Fahrbahn ins Rutschen geraten und gestürzt. Aufgrund der Verletzungsfolgen sei ein Schmerzensgeld von mindestens 9.000,– € angemessen. Der Haushaltsführungsschaden belaufe sich auf 3.057,60 €. Es seien Fahrtkosten in Höhe von 72,– € entstanden.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn, den Kläger, ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens 9.000,– € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17. Januar 2009 zu zahlen.

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn, den Kläger, 3.129,60 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17. Januar 2009 zu zahlen.

3. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger, alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden, letztere soweit derzeit nicht vorhersehbar, zu ersetzen, die ihm aus dem Unfall vom 16. September 2008 zukünftig noch entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.

4. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn, den Kläger vorprozessuale Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 869,06 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunk- ten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17. Januar 2009 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie tragen vor, der Beklagte zu 2) habe den Kläger im Vorbeifahren darauf hingewiesen, dass es sicherer sei den Radweg zu benutzen. Der Kläger habe daraufhin den Beklagten zu 2) beschimpft, was der Beklagte zu 2) als ehrenrührig empfunden habe. Dennoch sei der Beklagte zu 2) zunächst weitergefahren, habe sich dann aber doch entschlossen, anzuhalten und den Kläger wegen der Beleidigung zur Rede zu stellen. Dabei habe der Beklagte zu 2) bereits einen deutlichen Abstand zum Kläger gehabt. Auch habe der Beklagte zu 2) normal abgebremst. Der Beklagte zu 2) habe noch nach dem Anhalten den Kläger auf seinem Fahrrad herankommen sehen können. Der Kläger sei in einem Abstand von fünf bis sieben Metern zum Fahrzeug des Beklagten zu 2) gestürzt.

Auf die gewechselten Schriftsätze sowie die von den Parteien eingereichten Anlagen wird Bezug genommen.

Der Kläger ist persönlich angehört worden. Auf die Sitzungsniederschrift vom 26. August 2011 wird verwiesen.

Die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Hamburg, 2016 Js 933/08 ist beigezogen worden und war Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet und darum abzuweisen: Dem Kläger stehen keine Schadensersatzansprüche nach §§ 7 Abs. 1 StVG, 3 Nr. 1 und 2 PflVG gegen die Beklagten zu. Zwar hat sich der Unfall beim Betrieb des von dem Beklagten zu 2) gehaltenen Pkw ereignet. Die Beklagten haben aber nur für die einfache Betriebsgefahr des Fahrzeugs einzustehen; diese fällt bei der Ursachenabwägung nach § 17 Abs. 1 StVG nicht ins Gewicht, denn der Verursachungsbeitrag, den sich der Kläger nach § 7 Abs. 1 StVG zurechnen lassen muss, überwiegt bei weitem.

Nach dem unstreitigen Sachverhalt war der Beklagte zu 2) nach dem Überholen des Klägers wieder in den rechten Fahrstreifen eingeschert und hat jedenfalls irgendwann danach gebremst. Eine Behinderung des Klägers durch den Beklagten zu 2) beim Wiedereinscheren nach dem Überholen, kann schon nach den Angaben des Klägers selbst nicht festgestellt werden. Danach sei der Beklagte zu 2) mit einem Abstand von fünf bis sechs Metern beziehungsweise 1,5 Fahrzeuglängen vor ihm eingeschert. Eine irgendwie geartete Behinderung des Klägers ist dadurch nicht er- sichtlich und wird von ihm auch nicht behauptet. Nach seinen eigenen Angaben fuhr der Kläger mit 10 – 15 km/h. Der Unfall ereignete sich erst nach dem Wiedereinscheren des Beklagten zu 2). Zu diesem Zeitpunkt fuhren der Kläger und der Beklagte zu 2) hintereinander her und der Beklagte bremste und stürzte dabei. War aber nach den Angaben des Klägers nach dem Wiedereinscheren des Beklagten zu 2) ein Abstand von fünf – sechs Metern zwischen den Fahrzeugen, welcher bei einer Geschwindigkeit des Klägers von 10 – 15 km/h ausreichend ist, so ist davon auszugehen, dass der Kläger auf die Bremsung des Beklagten falsch reagierte, nämlich so stark bremste, dass er einen Sturz nicht vermeiden konnte, ohne dass dies zur Verhinderung einer Kollision erforderlich gewesen wäre. Im Übrigen hat der Kläger gegenüber der Polizei noch angegeben, was vom Beklagten zu 2) bestätigt wurde, dass er zunächst noch ein Stück hinter dem Beklagten zu 2) hinterhergefahren sei, und dieser erst dann gebremst habe. Dann hätte der Kläger erst recht Zeit gehabt, seinen Abstand zu dem PKW so zu wählen, dass er unter keinen Umständen bei einer Bremsung in Gefahr geraten wäre.

Ein Mitverschulden des Beklagten zu 2) ist nicht feststellbar. Dass dieser grundlos, plötzlich und stark gebremst habe, ergibt sich schon aus den Angaben des Klägers nicht. Danach habe er die Bremslichter an dem PKW gesehen, und dann erst wieder auf den PKW geachtet, nachdem er, der Kläger, gestürzt war. Aus der Tatsache, dass der PKW zu diesem Zeitpunkt stand, schließe er, der Kläger, dass der Beklagte zu 2) eine Vollbremsung gemacht habe. Dieser Schluss ist aber keineswegs zwingend, da bei den geringen Geschwindigkeiten, die hier in Betracht kommen, der PKW auch ohne eine Vollbremsung binnen kürzester Zeit angehalten werden konnte. So reichen u.U. schon 1,3 Sekunden um aus 20 km/h mit einer normalen Bremsung mit einer Verzögerung von 5 m/s2 zum Stillstand zu kommen. Aus 30 km/h reichen 1,7 Sekunden.

Nach allem ist von einem alleinigen Verschulden des Klägers auszugehen, welches analog dem Auffahrverschulden so schwer wiegt, dass auch eine Haftung der Beklagten aus der Betriebsgefahr nicht mehr in Betracht kommt.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 ZPO.

 

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