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Verkehrsunfall – Feststellung des Verdienstausfallschadens bei Selbstständigen

OLG Karlsruhe – Az.: 1 U 33/13 – Urteil vom 20.01.2014

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 5.2.2013 – Az. 7 O 116/11 – wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Dieses Urteil sowie das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 5.2.2013 sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aus diesem Urteil vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der am …1959 geborene Kläger macht Ersatz seines aus der Beeinträchtigung seiner Arbeits- und Erwerbsfähigkeit resultierenden materiellen Schadens sowie Schmerzensgeld aus einem Verkehrsunfall am 13.4.2009 gegen 16.35 Uhr auf der Bundesstraße B3 zwischen E. und K.-W. geltend.

Die volle Haftung der Beklagten für die dem Kläger aus dem Unfallereignis entstandenen Schäden ist zwischen den Parteien dem Grunde nach unstreitig.

Der Kläger erlitt als Beifahrer in einem stehenden Fahrzeug, auf das ein bei der Beklagten haftpflichtversichertes Fahrzeug auffuhr, eine Schrägfraktur des 6. Brustwirbelkörpers mit Längsbandruptur und Beteiligung des Bandscheibenraums TH 5/6.

Das SRH- Klinikum K.-L. hat dem Kläger am 6.3.2010 folgende unfallbedingte Arbeitsunfähigkeitszeiten attestiert:

zu 100% vom 13.4.2009 bis 24.4.2009

zu 80% vom 25.4.2009 bis 21.7.2009

zu 60% vom 22.7.2009 bis 30.11.2009

zu 30% vom 1.12.2009 bis auf Weiteres.

Der behandelnde Arzt Dr. med. R. hat weiterhin folgende Arbeitsunfähigkeitszeiträume festgestellt: 11. bis 27.6.2010, 9. bis 21.8.2010 und 10. bis 26.9.2010.

Die Fachklinik … berichtet nach Untersuchung des Klägers im Zeitraum vom 24.1. bis 28.1.2011, dass dem Kläger eine Tätigkeit als selbständiger Anlagenbauer auch mit reduzierter Stundenzahl unfallbedingt nicht mehr möglich sei. Mit Bericht vom 8.2.2011 wird eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 25% festgestellt (Anlage A 2).

Mit Schreiben vom 19.9.2011 erkannte die Beklagte namens ihres Versicherungsnehmers mit der Wirkung eines am 30.9.2011 rechtskräftigen Feststellungsurteils ihre Verpflichtung gegenüber dem Kläger an, alle zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden ab dem 30.9.2011 – und zwar unabhängig davon, ob die Schäden vorhersehbar oder nicht vorhersehbar sind – zu ersetzen, soweit diese aus dem Verkehrsunfall vom 13.4.2009 resultieren und ein Forderungsübergang auf Drittleistungsträger nicht stattgefunden hat.

Die erstinstanzlich vom Kläger über das von der Beklagten bereits geleistete Schmerzensgeld von 25.000 € hinaus begehrte Zahlung einer monatlichen Schmerzensgeldrente in Höhe von 100 € ab Mai 2011 sowie die Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten für zukünftige immaterielle Schäden wird nach Klagabweisung durch das Landgericht im Berufungsverfahren nicht weiter verfolgt.

Auf den zwischen den Parteien streitigen Erwerbsschaden des Klägers hat die Beklagte vorprozessual einen Vorschuss in Höhe von 30.000 € bezahlt.

Im erstinstanzlichen Verfahren hat der Kläger seinen Erwerbsschaden für den Zeitraum 15.6.2009 bis März 2010, vom 24.1. bis 28.1.2011 und ab 1.7.2011 geltend gemacht.

Er trug hierzu vor, er habe seit dem 1.5.2008 als selbständiger Anlagenbauer für die Firma I. … in A., Spanien gearbeitet. Hierfür habe er eine monatliche Vergütung in Höhe von 6.150 € zuzüglich der gesetzlichen spanischen Mehrwertsteuer erhalten.

Der vom Kläger in Anlage A 4 vorgelegte Vertrag vom 27.4.2008 mit dieser Auftraggeberin enthält unter § 8 eine vereinbarte Vergütung in Höhe von 6.350 €.

Verkehrsunfall - Feststellung des Verdienstausfallschadens bei Selbstständigen
Symbolfoto: Von sabthai /Shutterstock.com

Unfallbedingt habe er diese Tätigkeit nicht mehr ausüben können und ab 15.6.2009 eine Arbeitskraft eingestellt, um seine vorhandenen Aufträge abzuarbeiten. Mit dieser Ersatzarbeitskraft habe er eine monatliche Vergütung in gleicher Höhe vereinbart, wie er sie mit seinem Auftraggeber vereinbart hatte (Anlage A 8). Diese Vergütung habe er abzüglich der von der Firma, bei der die Ersatzarbeitskraft eingesetzt gewesen war, bezahlten Vergütung, auch an die Ersatzarbeitskraft bezahlt. Im einzelnen seien dies für Juni 2009 2.407 € und für die Monate Juli 2009 bis März 2010 jeweils 4.814 € inklusive Mehrwertsteuer, damit insgesamt 45.733 € gewesen.

Für den Zeitraum seines Aufenthalts in der Fachklinik … vom 24. bis 28.1.2011 errechnet der Kläger einen Verdienstausfall in Höhe von 1.154,55 € ausgehend von einem Verdienst aus seiner Tätigkeit für die Fa. I. vor dem Unfall in Höhe von 6.350 € monatlich.

Insgesamt machte der Kläger somit für diese Zeiten 46.887,55 € ( 45.733 € + 1.154,55 €) abzüglich gezahlter 30.000 € geltend.

Ab Juli 2011 sei er aufgrund eines Änderungsvertrags mit der Fa. I. wieder im Rahmen seiner gesundheitlichen Möglichkeiten erwerbstätig und verdiene im Anstellungsverhältnis monatlich nur noch 1.800 € netto (Anlage A 5).

Zum Erwerbsschaden beantragte der Kläger in der ersten Instanz, die Beklagte zu verurteilen, an ihn

1. 16.887,55 € nebst 5% Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz seit dem 20.9.2011 zu bezahlen,

2. einen monatlichen Verdienstausfall in Höhe von 4.000 €, zahlbar bis zum 3. Werktag eines jeden Monats, beginnend ab dem 1.7.2011 zu bezahlen.

Die Beklagte stützte ihren Klagabweisungsantrag in erster Instanz im Wesentlichen darauf, dass die Klage ohne den notwendigen Vortrag zu den zur Ermittlung des dem selbständigen Kläger konkret entgangenen Gewinns notwendigen Anknüpfungstatsachen unschlüssig sei.

Der Vortrag zu den vertraglichen Beziehungen zur Fa. I. und zum vor dem Unfall erzielten Einkommen wurde ebenso bestritten wie die behaupteten Zahlungen an die Ersatzarbeitskraft, bei der es sich um den Geschäftsführer der Fa. I. handele.

Das Landgericht hat die Klage mit Urteil vom 5.2.2013 insgesamt abgewiesen.

Die Abweisung der Anträge zum Erwerbsschaden begründet das Landgericht damit, dass der Kläger tragfähige Anhaltspunkte zur voraussichtlichen Entwicklung seines Gewinns, die zur Beurteilung der Frage, ob die geltend gemachten Kosten der Ersatzarbeitskraft im Hinblick auf die erforderliche rationale betriebswirtschaftliche Kalkulation der Betriebsfortführung notwendig wären, nicht vorgetragen hat. Der Vortrag der Einnahmesituation des Klägers genüge nicht, den vor dem Unfall erwirtschafteten Gewinn darzulegen. Die unkommentierte Vorlage der Einkommensteuererklärung für 2008 mit nicht nachgelassenen Schriftsätzen vom 22. und 29.11.2012 nach Schluss der mündlichen Verhandlung stelle keine substantiierte Darstellung des Betriebsergebnisses dar und sei außerdem verspätet nach § 296i.V.m. § 273 Abs.2 Nr.1 ZPO.

Wegen der Einzelheiten des Sachverhalts, des erstinstanzlichen Parteivorbringens und der tatsächlichen Feststellungen wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Gegen dieses, dem Kläger ausweislich des Empfangsbekenntnisses (Abl. I/329) am 4.3.2013 zugestellte, Urteil richtet sich die am 4.4.2013 eingelegte und nach Verlängerung der Begründungsfrist bis zum 27.5.2013 am 23.5.2013 begründete Berufung.

Mit dieser Berufung verfolgt der Kläger den Ersatz der Kosten für die Ersatzarbeitskraft für den Zeitraum 15.6.2009 bis einschließlich März 2010 entsprechend dem erstinstanzlichen Klagantrag Ziff.1 weiter.

Darüber hinaus wird für das gesamte Jahr 2010 nunmehr ein Verdienstausfall in Höhe von 39.930,69 € geltend gemacht. Hierzu trägt der Kläger vor, er habe im Jahr 2010 aufgrund des Unfalls einen Verlust in Höhe von 7.735,46 € gemacht, woraus sich der geltend gemachte Betrag als Differenz zu dem aus der Steuererklärung 2008 ersichtlichen erzielten Einkommen von 32.195,23 € ergebe.

Für das Jahr 2011 wird mit der Berufung nicht nur der Verdienstausfall ab 1.7., sondern für das gesamte Jahr mit 23.812,19 € verfolgt. Dieser Betrag ergebe sich aus der Differenz zwischen dem Ergebnis des Jahres 2008 und dem ausweislich des Steuerbescheids 2011 erzielten Einkommen von 8.383,04 €.

Seit Januar 2012 erhalte der Kläger bei seinem bisherigen Arbeitgeber ein monatliches Nettoeinkommen von 1.526,80 €, was im Vergleich zu seinem monatlichen Einkommen im Jahr 2008 vor dem Unfall in Höhe von monatlich 4.024,40 € den monatlich geltend gemachten Verdienstausfall in Höhe von 2.497,60 € begründe.

Die zur Ermittlung dieser Werte erforderlichen Unterlagen seien in erster Instanz vorgelegt worden. Auch die Steuererklärung 2008 sei noch rechtzeitig vor der Entscheidung des Landgerichts vorgelegt worden und die Gegenseite habe dazu Stellung nehmen können. Das Landgericht hätte den Erwerbsschaden anhand dieser Unterlagen entweder nach § 287 ZPO schätzen oder ein Sachverständigengutachten einholen müssen.

Nach dem Unfall habe der Kläger verletzungsbedingt seine Tätigkeit für die Fa. I. nicht mehr ausführen können und das monatliche vereinbarte Entgelt von 6.350 € nicht mehr erhalten. Um vorhandene Aufträge abzuarbeiten und die Kündigung seines Vertrags mit der Fa. I. zu verhindern, habe er die Ersatzarbeitskraft eingestellt, deren Kosten ersatzfähig seien.

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In der mündlichen Verhandlung am 16.12.2013 hat der Kläger selbst erklärt, das Auftragsverhältnis mit einer Fa. P. habe unabhängig von dem zur Fa. I. bestanden und zur Erfüllung eines Auftrags gegenüber der Fa. P., der mit monatlich 2.200 € vergütet worden sei, sei die Ersatzarbeitskraft eingestellt worden.

Der Kläger b e a n t r a g t, das Urteil des Landgerichts Karlsruhe vom 5.2.2013, Az. 7 O 116/11 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger

1. 16.887,55 € nebst 5% Zinsen hieraus über dem Basiszinssatz seit dem 20.9.2011 zu bezahlen,

2. an den Kläger folgenden Verdienstausfall zu bezahlen:

a) für das Jahr 2010 39.930,69 €

b) für das Jahr 2011 23.812,19 €

c) ab dem 1.1.2012 monatlich 2.497,60 €, jeweils bis zum dritten Werktag eines Monats.

Die Beklagte b e a n t r a g t, die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die Berufung für verfristet, da nicht nachvollziehbar sei, dass das Urteil dem Klägervertreter erst am 5.3.2013, dem Beklagtenvertreter jedoch schon am 13.2.2013 zugestellt worden sei.

Im Übrigen verteidigt die Beklagte das angefochtene Urteil und bestreitet auch den neuen Vortrag des Klägers zu dem sich aus der verspätet vorgelegten Steuererklärung für 2008 ergebenden Gewinn sowie zum Auftragsverhältnis zur Fa. P. Dieser Vortrag sei auch verspätet.

Auf die im Berufungsverfahren gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird zur Ergänzung des Tatbestands Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist zulässig, bleibt in der Sache jedoch ohne Erfolg.

1. Die Berufung ist am 4.4.2013, innerhalb der Berufungsfrist des § 517 ZPO von einem Monat ab Zustellung des Urteils eingelegt worden.

Die Berufungsfrist für den Kläger begann mit Zustellung des angefochtenen Urteils an den Klägervertreter, ausweislich des Empfangsbekenntnisses (Abl.I/329) am 4.3.2013.

Das Empfangsbekenntnis erbringt gemäß § 174 Abs.4 ZPO den Beweis für den Zeitpunkt der Entgegennahme des zugestellten Urteils. Der Gegenbeweis der Unrichtigkeit der Angabe ist zulässig und möglich durch vollständiges Entkräften der Beweiswirkung; die Erschütterung durch Vortrag zur Möglichkeit der Unrichtigkeit genügt nicht (BVerfG NJW 2001, 1563; Stöber in Zöller ZPO 30.Aufl. Rn 20 zu § 174 m.w.N. und Rn.20 zu § 519).

Die Zweifel der Beklagten, damit begründet, dass die Zustellung des Urteils an beide Parteien am 11.2.2013 verfügt und erledigt wurde (Abvermerk Abl.I/315) und die Zustellung an die Beklagte am 13.2.2013 (Abl.I/317) erfolgte, sind lediglich Plausibilitätserwägungen und genügen insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Klägervertreter zu Fehlleitungen der Post für einige Monate nach Aufgabe seines Anwaltsfachs beim Landgericht Karlsruhe Ende 2012 und technischen Problemen der Zustellerfirma vorträgt, nicht zur Entkräftung der Beweiswirkung des Empfangsbekenntnisses.

2. Die Berufung ist unbegründet.

Das Landgericht hat die Klage mit zutreffender Begründung abgewiesen und auch der neue Vortrag in zweiter Instanz führt weder zu einer abweichenden Beurteilung der in erster Instanz bereits gestellten Anträge (a, b) noch zum Erfolg der Klagerweiterungen (c).

Die volle Haftung der Beklagten dem Grunde nach für einen etwaigen vom Kläger aufgrund des Verkehrsunfalls vom 13.4.2009 erlittenen Erwerbsschaden gemäß §§ 823, 252 BGB, §115 VVG bzw. § 7 Abs.1 StVG, §115 VVG ist unstreitig.

Für keinen der streitgegenständlichen Zeiträume vermag der Kläger jedoch den geltend gemachten entgangenen Gewinn schlüssig darzulegen.

a) Kosten für die Ersatzarbeitskraft 15.6.2009 bis 31.3.2010 in Höhe von 45.733 €

Auf die Ausführungen des Landgerichts zur Erstattungsfähigkeit von Kosten für eine Ersatzarbeitskraft im Rahmen des Anspruchs auf Ersatz des entgangenen Gewinns bei Selbständigen als unfallbedingte gewinnmindernde Kosten im angefochtenen Urteil und die hierzu zitierten Entscheidungen wird vollumfänglich Bezug genommen.

Danach scheidet der geltend gemachte Anspruch des Klägers bereits nach dessen eigenem Vortrag aus.

Die Voraussetzung für die Ersatzfähigkeit, dass die Einstellung und damit die Aufwendung der Kosten für die Ersatzarbeitskraft eine sinnvolle wirtschaftliche Entscheidung des Unternehmers bei rationaler betriebswirtschaftlicher Kalkulation sein muss (vgl. BGH NJW 1997, 941), liegt im vorliegenden Fall bereits nach dem Klägervortrag nicht vor.

Der klägerische Vortrag ist in erster Instanz im Hinblick darauf, ob der Kläger die vertraglich mit seinem Auftraggeber, der Fa. I., vereinbarte Vergütung von 6.350 € monatlich auch während des Einsatzes der Ersatzarbeitskraft abgerechnet und erhalten hat, unklar geblieben. In der Berufungsbegründung wird vorgetragen, dass der Kläger durch den Ausfall seiner eigenen Arbeitskraft kein Einkommen mehr hatte und seinem Auftraggeber ohne Schadensereignis monatlich 6.350 € in Rechnung gestellt hätte. Diesen Vortrag hat der Kläger selbst in der mündlichen Verhandlung vom 16.12.2013 dahingehend bestätigt, dass er seit dem Unfall kein Geld mehr von der Fa. I. bekommen habe.

Dies steht auch einigermaßen in Einklang mit der im Anlagenkonvolut A17/10 des Anlagenhefts des Landgerichts vorgelegten Bestätigung der Fa. I., dass der Kläger für Januar bis März 2009 jeweils 6.350 € zzgl. MwSt., für April 2009 3.175 € zzgl. MwSt. und für Mai bis Dezember 2009 monatlich 366,10 € netto für eine beratende Tätigkeit erhalten habe. Damit war aber die Entscheidung, eine Ersatzarbeitskraft mit einer Vergütung in Höhe von 6.350 € zzgl. Mehrwertsteuer einzustellen bei objektiver Betrachtung wirtschaftlich völlig unsinnig. Der Vertreter konnte und sollte, wie der Kläger selbst in der mündlichen Verhandlung vom 16.12.2013 erklärt hat, nicht Aufträge der Fa. I. erfüllen und das Einkommen des Klägers aus diesem Vertragsverhältnis sichern, sondern lediglich einen Auftrag von der Fa. P. ausführen, aus dem der Kläger Einnahmen in Höhe von monatlich lediglich 2.200 € erzielen konnte. Dieses Auftragsvolumen war dem Kläger auch bekannt, da es sich seinem eigenen Vortrag zufolge um ein eigenes Auftragsverhältnis mit der Fa. P. handelte. Damit hat sich der Verlust des Klägers, den er durch den unfallbedingten Ausfall seiner Arbeitskraft und Wegfall des Einkommens aus Montagetätigkeiten für die Fa. I. erlitten hat, noch um die hier streitgegenständlichen Kosten der Ersatzarbeitskraft erhöht.

Eine Begründung für diese Entscheidung, die bei der gebotenen ex ante Betrachtung zu einer Vertretbarkeit der Einstellung der Ersatzarbeitskraft unter kaufmännischen Gesichtspunkten führen würde, trägt der Kläger nicht vor. Der Vortrag, er habe damit eine Kündigung des Vertrags mit seinem Auftraggeber vermeiden und sich eine längerfristige Beschäftigungsperspektive in seinem bisherigen Berufsumfeld schaffen können, bleibt unsubstantiiert und ist nicht nachvollziehbar.

Zum einen scheint der Vertrag vom 27.4.2008 mit der Fa. I. ab Mai 2009 ohnehin geändert worden zu sein in ein Angestelltenverhältnis (vgl. Anl.konvolut A17/10).

Noch ist vorgetragen, dass die damalige oder jetzige Anstellung des Klägers bei der Fa. I. (ab 1.7.2011) davon abhängig gewesen wäre, dass er zum Unfallzeitpunkt vorhandene Aufträge einer anderen Firma mit einer Ersatzarbeitskraft abgewickelt habe

Ein solche Abhängigkeit ist auch nicht plausibel, da der als Ersatzarbeitskraft beschäftigte Geschäftsführer der Fa.I. die Tätigkeit ohne ersichtliche Nachteile für die Fa. I. auch für deren Rechnung hätte ausführen können.

Vortrag dazu, dass eine Ersatzarbeitskraft zu günstigeren Konditionen nicht erlangbar gewesen wäre, liegt ebenfalls nicht vor.

Auch bei Unterstellung der oben genannten Abhängigkeit war die unternehmerische Entscheidung der Fortführung eines Teils der Tätigkeit für die Fa. I. mit einem Einkommen von monatlich 366,10 € in Ansehung des hierfür erforderlichen Zusatzaufwands für die Ersatzarbeitskraft in Höhe von 6.350 € bei zu erzielenden Einkünften hieraus in Höhe von 2.200 € monatlich unter kaufmännischen Gesichtspunkten nicht vertretbar. Dies gilt auch für den in der mündlichen Verhandlung neuen Vortrag eines eigenen Auftragsverhältnisses des Klägers mit der Fa. P. und der etwaigen Erwartung weiterer Aufträge von diesem Auftraggeber. Hierzu fehlt trotz Bestreitens der Gegenseite jeglicher substantiierter Vortrag sowie taugliches Beweisangebot und es ergeben sich keine Anhaltspunkte dafür, dass Aufwendungen für den Vertreter in Höhe von 6.350 € zur Erzielung von Einkünften in Höhe von 2.200 € erforderlich oder unternehmerisch sinnvoll gewesen wären.

b) Entgangener Gewinn ab 1.7.2011 und für den Zeitraum 24.1.-28.1.2011

Der Kläger berechnete seinen entgangenen Gewinn in erster Instanz aus der Differenz des seit 1.7.2011 erzielten Nettoeinkommens von monatlich 1.800 € zum vor dem Unfall ab 1.5.2008 erzielten Einkommen von 6.350 € monatlich und für den Zeitraum des Klinikaufenthalts im Januar 2011 ebenfalls auf Basis des behaupteten entgangenen Einkommens von 6.350 € monatlich.

Die klagabweisende Entscheidung des Landgerichts, begründet damit, dass der Kläger keine tragfähigen Anhaltspunkte zum voraussichtlichen Gewinn ohne das Unfallereignis vorgetragen habe, ist berufungsgerichtlich nicht zu beanstanden. Insoweit wird auf die Ausführungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen.

Substantiierter Vortrag zum Gewinn (Einkünfte abzüglich hierfür erforderlicher Aufwendungen/Ausgaben) vor dem Unfall lag in erster Instanz nicht vor.

Zwar hat der Kläger nach Schluss der mündlichen Verhandlung mit Schriftsatz vom 22.11.2012, eingegangen am 23.11.2012 (Abl.I/219-221), in erster Instanz, neue Zahlen als Betriebsausgaben und Einkommen für das Jahr 2008 vorgetragen. Diesen Vortrag hat das Landgericht ebenso wie die nach Schluss der mündlichen Verhandlung vorgelegte Steuererklärung für 2008 als unsubstantiiert und hilfsweise als verspätet beurteilt. Diese Beurteilung des Landgerichts ist zutreffend und verletzt insbesondere weder den Grundsatz des rechtlichen Gehörs, der das Gericht zur Kenntnisnahme und zum Erwägen des tatsächlichen Vorbringens verpflichtet noch werden die Anforderungen an die Erklärungspflicht des Klägers überspannt. Im Zivilprozess legen die Parteien den Streitstoff und damit den Streitgegenstand fest. Es gilt der Beibringungsgrundsatz, woraus sich die Pflicht des Gerichts ergibt, der Entscheidung nur das Tatsachenmaterial zugrunde zu legen, das die Parteien vortragen.

Den vom Kläger für das gesamte Jahr 2008 vorgetragenen Summen und der Steuererklärung für das gesamte Jahr 2008 ist schon nicht zu entnehmen, welche Einkünfte aus der selbständigen Tätigkeit ab 1.5.2008, die der Kläger seiner Berechnung zugrunde legen will, resultieren, da auch Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit aufgeführt sind, und welcher Steueranteil auf welche Einkunftsart entfällt.

Weder den vorgetragenen Zahlen noch der Steuererklärung ist außerdem zu entnehmen, was sich hinter den nicht näher substantiierten Betriebsausgaben verbirgt; konkreter Vortrag, der eine Beurteilung dahingehend zuließe, ob diese Ausgaben im Rahmen der Ermittlung des Gewinns des selbständig tätigen Klägers unter schadensrechtlichen Gesichtspunkten abzugsfähig sind, liegt nicht vor. Eine Abzugsfähigkeit nach spanischem Steuerrecht, nach dem sich die Steuerfestsetzung nach dem klägerischen Vortrag allein aus den Angaben des Steuerpflichtigen selbst ergibt, ist insoweit nicht aussagekräftig.

Zusätzlich genügt der Vortrag des Klägers hinsichtlich des Zeitraums vom 1.5.2008 bis zum Unfall am 13.4.2009, auf den zur Begründung der Grundlage für die Gewinnprognose abgestellt wird, nicht, um dem erkennenden Gericht ausreichend Anhaltspunkte für eine Schätzung des zu erwartenden und damit des entgangenen Gewinns zu bieten. Die Rechtsprechung verlangt für die Gewinnprognose bei Selbständigen regelmäßig einen Zeitraum von mehreren Jahren vor dem schädigenden Ereignis als Grundlage (vgl. BGH Beschl.v.27.10.2010, Az. XII ZR 128/09; OLG Saarbr. NJW-RR 2013, 1112). In der Entscheidung vom 6.2.2001, an der der BGH im vorstehend zitierten Beschluss ausdrücklich festhält, wird eine Grundlage von 2,5 Jahren für noch ausreichend erachtet ( BGH NJW 2001, 1640). Danach ist ein Zeitraum von knapp einem Jahr vor allem auch angesichts der eigenen Angaben des Klägers, er habe erstmals ab 1.5.2008 eine Dauerbeschäftigung und im Jahr 2008 bis zum 1.5.2008 keine Einnahmen gehabt, und der im Vertrag mit der Fa. I. geregelten jederzeitigen ordentlichen Kündigungsmöglichkeit mit einer Frist von zwei Monaten (Anlage A4, dort § 12) jedenfalls keine ausreichende Grundlage für die Beurteilung der nachhaltigen Erzielbarkeit der vorgetragenen Einkünfte vor dem Unfall oder einer Bewertung des damit verbundenen Risikos. Der klägerische Vortrag bietet mangels konkreter Angaben zur beruflichen Ausbildung, zum bisherigen beruflichen Werdegang und zur tatsächlich ausgeübten Tätigkeit des Klägers auch nicht genügend Anknüpfungspunkte für die Schätzung eines Mindestschadens oder die Einholung eines Sachverständigengutachtens.

Die an den Kläger gestellten Darlegungsanforderungen werden damit auch nicht überspannt, da es sich um Tatsachen aus der Vergangenheit handelt, die dem Kläger bekannt und Schwierigkeiten, die dem Vortrag entgegen stehen könnten, nicht ersichtlich sind.

Auch der vom Kläger in der Berufungsbegründung abweichend vom bisherigen Vortrag neu bezifferte monatliche Gewinn in Höhe von 4.024,40 € ab 1.5.2008, basierend auf einem Nettoeinkommen von 32.195,23 € für diesen Zeitraum, der sich im Übrigen aus der vorgelegten Steuererklärung für den Senat nicht nachvollziehen lässt, genügt den oben dargestellten Substantiierungsanforderungen nicht, so dass sich auch in der Berufungsinstanz ungeachtet der Frage der Zulassung dieses Vortrags keine ausreichende Grundlage zur Ermittlung oder Schätzung des entgangenen Gewinns gemäß § 287 ZPO ergibt.

Dieser im Hinblick auf die zeitliche Zuordnung ab 1.5.2008 konkretisierte und in der Höhe geänderte Vortrag zum vor dem Unfall erzielten Gewinn ist der Berufungsentscheidung aber auch deshalb nicht zugrunde zu legen, da die Zulassungsvoraussetzungen des § 531 Abs.2 ZPO nicht vorliegen.

Da der Kläger in erster Instanz bereits vom Gericht und vom Gegner schon mehr als sechs Monate vor dem abschließenden Termin zur mündlichen Verhandlung vom 12.11.2012 (Abl.I/213ff) ausdrücklich darauf hingewiesen worden war, dass das vorgetragene Einkommen nicht mit dem Gewinn gleichzusetzen sei und die Anknüpfungspunkte zur Ermittlung einer Schätzgrundlage für den entgangenen Gewinn nicht ausreichten (vgl. Abl.I/113, 157), was in der Berufung auch nicht in Abrede gestellt wird, scheiden die Zulassungsmöglichkeiten nach § 531 Abs.2 Nr.1und 2 ZPO aus.

Gleiches gilt hier aber auch für eine Zulassung des Vortrags gemäß § 531 Abs.2 Nr.3 ZPO.

Nach Hinweis auf die Problematik der Zulassung des neuen Vortrags mit Verfügung vom 30.10.2013 (Abl.II/65) wies der Kläger mit Schriftsatz vom 28.11.2013 darauf hin, dass die Steuererklärungen für 2008 und 2009 – 2011 bereits in erster Instanz vorgelegt worden seien. Die Steuererklärung für 2008 habe nicht früher vorgelegt werden können, da der Kläger sie erst habe erstellen lassen, da er hierzu steuerrechtlich nicht verpflichtet gewesen sei.

Der Kläger vermag damit weder erstinstanzlichen Vortrag zum Gewinn vor dem Unfall ab 1.5.2008 vorzutragen, da die Steuererklärung das Gesamtjahr 2008 umfasst, noch wird wenigstens hilfsweise dazu vorgetragen, weshalb der geänderte Vortrag in erster Instanz ohne Nachlässigkeit unterblieben ist und erst jetzt gehalten werden könnte. Es ist schon nicht ersichtlich, dass der Kläger selbst auf seine Steuererklärung zum Vortrag zum erzielten Gewinn angewiesen ist und diesen während des erstinstanzlichen Verfahrens im Zeitraum zwischen der ersten Verhandlung am 22.3.2012, in der der Hinweis auf das Vortragserfordernis erteilt wurde, und dem Schluss der mündlichen Verhandlung am 12.11.2012 nicht ermitteln konnte. Außerdem weist die vorgelegte Steuererklärung 2008 als Erstellungsdatum den 30. Juni 2009 aus, so dass mangels abweichender Anhaltspunkte davon auszugehen ist, dass der nunmehr gehaltene Vortrag ohne weiteres noch vor dem Schluss der mündlichen Verhandlung am 12.11.2012 hätte erfolgen können.

Da sich somit schon kein Vergleichswert für die Zeit vor dem Unfall feststellen lässt, ist der Vortrag des Klägers, der sich auch zum erzielten Einkommen ab 1.7.2011 und nochmals ab 1.1.2012 geändert hat und die zwischen den Parteien streitige Frage der Ausschöpfung der Erwerbsmöglichkeiten des Klägers durch seine jetzige Tätigkeit, nicht entscheidungserheblich.

c) Verdienstausfall 2010 und erstes Halbjahr 2011

Der Kläger hat die Klage in der Berufungsinstanz um den Gewinnausfall für das Jahr 2010, der im Übrigen für die Monate Januar bis März 2010 zusätzlich zu den Vertreterkosten geltend gemacht wird, und für das erste Halbjahr 2011 mit neuem Vortrag zum Verlust in 2010 und zum Jahreseinkommen 2011 erweitert.

Diese Klageerweiterungen in quantitativer Hinsicht sind gemäß §§ 525, 263,264 Nr.2 ZPO ohne Einwilligung des Gegners oder Prüfung der Sachdienlichkeit zulässig.

Zum Verdienstausfall für diese Zeiträume wird in gleicher Weise vorgetragen, wie zum Verdienstausfall ab 1.7.2011 (Ziff. 2b). Der entgangene Gewinn wird im Verhältnis zum in 2008 ab 1.5.2008 erzielten Gewinn von 4.024,40 € monatlich berechnet. Somit wird auf die unter Ziff.2b dargelegten Substantiierungsmängel Bezug genommen, so dass die Klage auch für die neuen Zeiträume mangels ausreichender Darlegung einer Basis zur Ermittlung oder Schätzung etwaig entgangenen Gewinns ohne Erfolg bleibt.

Die zur Begründung der Klageerweiterungen vorgetragenen Tatsachen sind unabhängig davon, ob man hierfür mit dem BGH § 533 ZPO für nicht einschlägig hält oder dessen Anwendungsbereich eröffnet sieht, im Hinblick auf ihre Zulassung auch nach § 531 Abs.2 ZPO zu prüfen.

Im Hinblick auf die Verspätung des geändert vorgetragenen monatlichen Gewinns ab 1.5.2008 und das Fehlen einer Zulassungsmöglichkeit im Berufungsverfahren wird auf die Ausführungen unter Ziff.2b Bezug genommen.

Die Frage der Zulassung und Schlüssigkeit des neuen Vortrag zur Höhe der Einkünfte in 2010 und im ersten Halbjahr 2011 ist danach nicht mehr entscheidungserheblich, da sich auch insoweit der erforderliche Vergleichswert für die Einkünfte des Klägers für die Zeit vor dem Unfall nicht feststellen lässt.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs.1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit aus §§ 708Nr.10, 711 ZPO.

Gründe, die für den vorliegend zu beurteilenden Einzelfall nach § 543 Abs.2 ZPO eine Zulassung der Revision rechtfertigten, sind weder vorgetragen noch sonst ersichtlich.

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