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Verkehrsunfall – Feststellung merkantiler Minderwert

AG Landsberg – Az.: 1 C 260/21 – Urteil vom 08.09.2021

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 229,31 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.05.2021 Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Schadensersatzansprüche gegen die Reparaturwerkstatt wegen etwaiger überhöhter Rechnungsstellung aufgrund der Reparatur des Fahrzeugs des Klägers (Rechnung Nr. …) zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger weitere 450,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.05.2021 zu zahlen.

3. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 679,31 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten über das Bestehen eines weitergehenden Schadensersatzanspruchs aus einem Verkehrsunfall.

Am 23.03.2019 kam es zu einem Verkehrsunfall zwischen dem Fahrzeug des Klägers mit dem amtlichen Kennzeichen … und dem bei der Beklagten versicherten Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen … welcher vollumfänglich vom Fahrer des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs verursacht und verschuldet worden war. Der Kläger beauftragte einen Sachverständigen mit der Erstellung eines Schadensgutachtens.

Der Kläger ließ in der Folge das Fahrzeug reparieren.

Die Reparaturkostenrechnung betrug 11.751,17 €. Die Beklagte leistete hierauf einen Betrag von 11.056,24 € sowie eine Nachzahlung von 465,62 €.

Der Kläger behauptet, das durch den Unfall eine Wertminderung an seinem Fahrzeug in Höhe von 750,00 € entsprechend der Ausführungen im privaten Sachverständigengutachten eingetreten sei.

Die Beklagte regulierte hierauf lediglich einen Betrag in Höhe von 300,00 € unter Bezugnahme auf einen Prüfbericht der …

Der Kläger beantragt daher:

I. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 229,31 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

II. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 450,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt: Die Klage wird abgewiesen.

Die Beklagte bestreitet einen Teil der Reparaturkosten sowie die geltend gemachte Höhe der Wertminderung unter Bezugnahme auf den Prüfbericht der …

Ergänzend wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I. Es besteht ein weitergehender Schadensersatzanspruch des Klägers gegenüber der Beklagten in Höhe von 679,31 € gem. §§ 7, 17 StVG, 115 VVG, 249 BGB.

1. Es besteht ein Anspruch der Klägerin auf Ersatz der restlichen Reparaturkosten i.H.v. 229,31 €.

Der Geschädigte kann vom Schädiger gem. § 249 Abs. 2 S. 1 BGB als erforderlichen Herstellungsaufwand die Kosten erstattet verlangen, die vom Standpunkt eines verständigen wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und notwendig erscheinen. Hier ist er nach dem Wirtschaftlichkeitsgebot gehalten, im Rahmen des ihm zumutbaren, den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Allerdings ist bei der Beurteilung, welcher Herstellungsaufwand erforderlich ist, auch Rücksicht auf die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere auf seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie auf die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten zu nehmen (sog. subjektbezogene Schadensbetrachtung, vgl. BGH, Urteil vom 11.02.2014, VI ZR 225/13 u. a.). Die subjektbezogene Schadensbetrachtung kommt unabhängig davon zum Tragen, ob die Klagepartei die Reparaturrechnung bereits (vollständig) bezahlt hat oder nicht. Die Ersetzungsbefugnis gem. § 249 Abs. 1 S. 1 BGB ist Ausfluss der schadensrechtlich anerkannten Dispositionsfreiheit des Geschädigten. Ziel der Schadenrestitution ist es, den Zustand wieder herzustellen, der wirtschaftlich gesehen der hypothetischen Lage ohne das Schadensereignis entspricht (BGH, Urteil vom 22.07.2014, VI ZR 357/13; Urteil vom 23.05.2017, VI ZR 9/17).

Vor diesem Hintergrund ist es sach- und interessengerecht für die subjektbezogene Betrachtung nicht auf den Zeitpunkt der Rechnungszahlung, sondern grundsätzlich auf den Zeitpunkt abzustellen, in dem der Geschädigte die Reparatur auf Grundlage des von ihm zuvor zur Ermittlung der Schadenshöhe und erforderlichen Mängelbeseitigungsmaßnahmen in Auftrag gegebene Gutachten beauftragt hat. Der Umstand, dass die Rechnung noch nicht (vollständig) bezahlt wurde, bedeutet nicht, dass der Klagepartei noch kein Schaden entstanden ist. Der Schaden ist bereits mit der Beschädigung des im Eigentum des Beklagten stehenden Fahrzeugs eingetreten (LG Augsburg, 572 S 1343/19, Hinweisbeschluss vom 06.12.2019).

Im folgenden Fall bedeutet dies, dass der Geschädigte, welcher einen Reparaturauftrag nach Sachverständigengutachten erteilt hat, in dem die seitens der Beklagten angegriffenen Reparaturkosten in der der Rechnung ungefähr entsprechenden Höhe bereits enthalten waren, diese Aufwendungen für erforderlich halten durfte. Soweit die Beklagte pauschal behauptet, dass der Reparatur nicht nach Gutachten erteilt worden sei, ist unverständlich was damit überhaupt gemeint sein soll, jedenfalls liegt kein substantiiertes Bestreiten dieses Umstands vor. Es ist auch nicht ersichtlich, weshalb sich dem Geschädigten als Laien Zweifel an den vorgenommenen Maßnahmen bzw. der tatsächlichen Vornahme hätten aufdrängen müssen, so dass diese Positionen vollumfänglich ersatzfähig ist. Es besteht daher ein weiterer Schadensersatzanspruch hinsichtlich der restlichen Reparaturkosten.

Die Beklagte war diesbezüglich aufgrund des Antrags der Beklagten jedoch nur Zug um Zug gegen Abtretung etwaiger Schadensersatzansprüche gegen die Reparaturwerkstatt wegen etwaiger überhöhter Rechnungsstellung aufgrund der Reparatur des Fahrzeugs des Klägers (Rechnung Nr. …) zu verurteilen. Das Gericht hat dabei die Frage, ob derartige Schadensersatzansprüche tatsächlich bestehen, nicht zu prüfen.

2. Es besteht auch ein Schadensersatzanspruch in Höhe des vom privaten Sachverständigen ermittelten merkantilen Minderwerts. Der Kläger hat vorliegend durch Vorlage des privaten Sachverständigengutachtens substantiiert zur Höhe des Minderwerts vorgetragen. Soweit die Beklagte einwendet, der Sachverständige habe den Minderwert nicht nach anerkannten Methoden ermittelt, sondern lediglich pauschal geschätzt, handelt es offensichtlich um eine Behauptung ins Blaue hinein. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten ausgeführt, welche Tatsachen er der Wertermittlung zugrunde gelegt hat. Eine fehlerhafte Vorgehensweise ist nicht ersichtlich. Die Wertermittlung wurde auch nicht durch den beklagtenseits vorgelegten Prüfbericht substantiiert angegriffen. Der bloße Umstand, dass irgendeine Fa. – es ist noch nicht einmal ersichtlich, ob es sich dabei um sachverständige Personen handelt – zu einem anderen Ergebnis gelangt, ist nicht geeignet die Wertermittlung durch den privaten Sachverständigen zu erschüttern. Aus dem Prüfbericht ist absolut nicht ersichtlich, was der private Sachverständige falsch angesetzt haben soll oder wo es zu Fehlern in der Berechnung gekommen sein soll.

Die Beklagte hat daher auch die weiteren 450,00 € für die merkantile Wertminderung zu ersetzen.

3. Der Zinsausspruch erfolgt aufgrund §§ 286, 288, 291 ZPO.

II. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits gem. § 91 ZPO zu tragen.

III. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708, 711 ZPO.

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