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Verkehrsunfall – fiktive Schadensabrechnung auf Reparaturkostenbasis

AG Recklinghausen – Az.: 53 C 113/19 – Urteil vom 29.04.2020

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung seitens der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Tatbestand

Der Kläger verlangt fiktiven Schadenersatz aus einem Verkehrsunfall, der sich am 27.04.2019 gegen 22:30 Uhr in Herten auf der Herner Straße, ereignete.

Der Kläger stand mit seinem Fahrzeug Pkw Ford Focus, amtliches Kennzeichen RE- .., auf dem Parkstreifen der Herner Straße und beabsichtigte auszuparken.

Während des Ausparkvorgangs kam von hinten das Fahrzeug des Beklagten zu 1), Pkw Opel Vivaro, amtliches Kennzeichen RE- .., das bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert ist, auf das Fahrzeug des Klägers zu. Es kam zum Zusammenstoß. Ausweislich des Kostenvoranschlages, den der Kläger eingeholt hat, sind zur Reparatur 2.642,26 EUR netto, 3.144,29 EUR brutto, als erforderlich angesehen worden. Angaben zum Wiederbeschaffungswert und Restwert sind keine vorhanden. Der Kläger hat das Fahrzeug am 24.09.2019 unrepariert in Zahlung gegeben, wobei ihm für dieses Fahrzeug 4.000,00 EUR angerechnet worden sind.

Der Kläger behauptet, der Beklagte sei ohne Licht gefahren. Für ihn sei das Fahrzeug des Beklagten nicht zu erkennen gewesen. Er habe geblinkt und sich mit 2-maligem Schulterblick versichert, dass kein Verkehr herannahe und sei dann auf die Herner Straße eingebogen. Es sei gar nicht erforderlich gewesen, Angaben zum Wiederbeschaffungsaufwand zu machen, da der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs zum Unfallzeitpunkt mindestens 7.000,00 EUR bis 7.500,00 EUR betragen habe.

Der Kläger beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

1). an den Kläger 2.667,26 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.05.2019 zu zahlen,

2). den Kläger von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 334,75 EUR freizustellen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten bestreiten, dass der Beklagte zu 1) ohne Licht gefahren sei; man gehe davon aus, dass das Licht eingeschaltet gewesen sei. Selbst wenn die Beleuchtung ausgeschaltet gewesen sei, sei hinreichend Umgebungslicht vorhanden gewesen, um das Fahrzeug des Beklagten zu sehen. Im Übrigen bestreiten die Beklagten, dass der Kläger den linken Blinker gesetzt habe und sich ausreichend über 2-maligem Schulterblick rückwärts versichert habe. Der Kläger habe ohne ausreichende Rück- und Umschau sein Fahrzeug in den fließenden Verkehr gelenkt und so den Unfall allein verursacht.

Die Beklagten sind der Ansicht, die Klage sei bereits unschlüssig, da jegliche konkrete Angaben zum Wiederbeschaffungswert und zum Restwert fehlten. Diese seien jedoch erforderlich, um den Wiederbeschaffungsaufwand, der durch die Reparaturkosten nicht überschritten werden dürfe, zu ermitteln.

Das Gericht hat die Parteien persönlich angehört. Diesbezüglich wird auf das Sitzungsprotokoll vom 22.01.2020 verwiesen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht aus dem Verkehrsunfallgeschehen vom 27.04.2019 auf der Herner Straße in Herten aus keinem rechtlichen Gesichtspunkt Schadenersatz gegen die Beklagten zu.

Dahingestellt bleiben kann, wie sich der Unfall konkret ereignet hat und wem in welcher Höhe Verursachungsbeiträge oder ein Verschulden trifft.

Der Kläger hat den ihm entstandenen Schaden nicht schlüssig dargelegt. Es fehlt an einer hinreichenden Darlegung des ersatzfähigen Fahrzeugschadens – und damit auch der Ersatzfähigkeit einer sonstigen geltend gemachten Schadensposition. Der Kläger hat das Unfallfahrzeug ca. 5 Monate nach dem Unfall unrepariert veräußert.

Der Geschädigte, der sein Fahrzeug alsbald unrepariert verkauft hat, darf nur dann fiktiv auf Reparaturkostenbasis abrechnen, wenn dabei der Wiederbeschaffungsaufwand (= Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert) nicht überschritten wird. Bestreitet der Schädiger das Nichtüberschreiten des Wiederbeschaffungsaufwandes – insbesondere den anzunehmenden Restwert, der im Schadensgutachten nicht ausgewiesen war – obliegt es dem Schädiger, den Wiederbeschaffungsaufwand – uns insbesondere den zu erzielenden Restwert – konkret und nachvollziehbar darzulegen und zu beweisen (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 16.08.2019, Az.: 9 U 143/18). Insoweit hätte der Kläger, nachdem die Beklagtenseite dies schon in der Klageerwiderung eingewandt und ein Nichtüberschreiten des Wiederbeschaffungsaufwandes ausdrücklich bestritten hat, den Wiederbeschaffungsaufwand und dabei insbesondere den anzunehmenden Restwert konkret und nachvollziehbar darlegen müssen. Hieran fehlt es.

Weder weist der Kostenvoranschlag, den der Kläger vorgelegt hat, einen Restwert noch einen Wiederbeschaffungswert aus. Insoweit kann man auch nicht einfach auf den tatsächlich laut Kläger erzielten Weiterverkaufserlös von 4.000,00 EUR abstellen. Zum einen ist damit zum Restwert zum Unfallzeitpunkt nichts gesagt, zum anderen geht daraus nicht hervor, dass dies der tatsächliche Restwert gewesen ist. Deshalb kommt es auf den – im Übrigen ins Blaue hinein – vorgetragenen Wiederbeschaffungswert nicht mehr maßgeblich an. Der Kläger behauptet hierzu, das Fahrzeug habe zum Unfallzeitpunkt einen Mindestwiederbeschaffungswert von 7.000,00 EUR bis 7.500,00 EUR. Jeglicher konkrete Vortrag hierzu fehlt jedoch.

Auch der Beweisantritt, die Einholung eines Sachverständigengutachtens, stellt sich als bloßer Ausforschungsbeweis dar, fehlt es doch an jeglichen Angaben zum Zustand des Fahrzeuges. Fehlt es an einer Darlegung des für die Bestimmung des Wiederbeschaffungsaufwandes als Obergrenze jeglichen Anspruchs bedeutsamen Restwerts, ist damit der Fahrzeugschaden insgesamt bereits nicht hinreichend dargetan und damit die Klage unschlüssig.

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

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