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Verkehrsunfall – Geringhaltung des Schadens – Fahrzeugverkauf zum Restwert

AG Düsseldorf – Az.: 37 C 408/21 – Urteil vom 25.11.2022

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.515,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.05.2021 zu zahlen.

Die Beklagte wird weiter verurteilt, dem Kläger die restlichen außergerichtlich entstandenen Gutachterkosten in Höhe von 122,80 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 31.05.2021 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der beklagten Partei auferlegt.

Dieses Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden/zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Zusammenfassung

In diesem Urteil geht es um einen Streit zwischen zwei Parteien über die Entschädigung für einen Autounfall. Der Unfall ereignete sich am 20. April 2021 zwischen zwei Autos mit bestimmten Nummernschildern. Die Versicherung des Beklagten ist für den Schaden verantwortlich. Der Kläger beauftragte einen Kfz-Sachverständigen mit der Begutachtung des Schadens, der in seinem Gutachten mit 7250 Euro beziffert wurde. Der Beklagte riet dem Kläger davon ab, das beschädigte Auto sofort zu verkaufen, und machte ihm ein Angebot über 3780 Euro. Später verkaufte der Kläger den Wagen für 2290 Euro an einen Zeugen. Der Kläger verlangte von der Beklagten Ersatz des Schadens und der Kosten des Gutachtens in Höhe von 6084,80 Euro. Der Beklagte zahlte nur 3445 Euro für den Schaden und einen Teil des Sachverständigenhonorars. Der Kläger verklagt den Beklagten nun auf den Restbetrag zuzüglich Zinsen. Beide Parteien sind sich uneinig darüber, wann der Verkauf des beschädigten Autos stattgefunden hat, und der Beklagte behauptet, dass der Sachverständige des Klägers bei der Ermittlung des Werts des Autos falsche Angaben gemacht hat. Das Gericht hat beide Parteien und einen Zeugen angehört und wird in Kürze eine Entscheidung treffen.

Das Gericht hält die Zahlungsklage des Klägers gegen die Beklagte in Höhe von 1.515 € für zulässig, da das Gericht gemäß § 39 Abs. 2 i.V.m. § 504 ZPO hierfür zuständig ist. Darüber hinaus hält das Gericht die Klage für überwiegend begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf Zahlung nach § 7 Abs. 1 StVG i.V.m. 1 StVG in Verbindung mit §115 Abs.. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG und §§ 249ff. BGB wegen des am 20.04.2021 in Höxter eingetretenen Verkehrsunfalls. Die Beklagte hat nicht dargetan, dass der Kläger seine Schadensminderungspflicht aus § 254 Abs. 1 BGB verletzt hat, indem er das Auto für einen geringen Preis verkauft hat. 1 BGB verletzt hat, indem er das Auto zu dem im Gutachten genannten Betrag verkauft hat. Darüber hinaus stellt das Gericht fest, dass der Kläger einen Anspruch auf Zahlung der restlichen Sachverständigenkosten gemäß § 7 Abs. 1 StVG i.V.m. 1 StVG in Verbindung mit §115 Abs.. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG und §§ 249ff. BGB zusteht. Schließlich stellt das Gericht fest, dass dem Kläger Anspruchszinsen ab dem 31. Mai 2021 zustehen, da die Bearbeitungs- und Prüfungszeit des Versicherungsfalles bei der Beklagten ca. vier Wochen gedauert hat.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadenersatz nach einem Verkehrsunfall am 20.04.2021 in Höxter zwischen dem klägerischen Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen ## – ## ### und dem bei der Beklagten versicherten Pkw mit dem amtlichen Kennzeichen ## – ## ###. Die Einstandspflicht der Beklagten zu 100% ist dem Grunde nach unstreitig. Der seinerzeit in Paderborn wohnhafte Kläger ließ zur Schadenshöhe ein Privatgutachten bei dem Kfz-Sachverständigen I einholen, wobei eine Honorarvereinbarung nicht getroffen worden ist. Der Sachverständige erstattete am 22.04.2021 das in Anlage K2 ersichtliche Privatgutachten. Dabei gelangte der Gutachter zu einem Wiederbeschaffungswert von 7250,00 Euro und einem Restwert von 2285,00 Euro unter Heranziehung dreier Kaufangebote von Händlern aus Bielefeld und Essen. Für seine gutachterliche Tätigkeit stellte der Sachverständige dem Kläger einen Betrag von 1094,80 Euro in Rechnung. Für die Zusammensetzung des Betrags im Einzelnen wird auf die Rechnung vom 26.04.2021, Blatt 211, verwiesen. Mit Schreiben vom 20.04.2021 teilte die Beklagte dem Kläger mit: „Verkaufen Sie Ihr beschädigtes Fahrzeug bitte nicht sofort zu dem im Gutachten angegebenen Restwert. Wir können Ihnen sicher ein besseres Angebot vermitteln. Bitte warten Sie unsere Nachricht ab, damit Ihnen keine Nachteile entstehen (vgl. BGH vom 27.09.2016, Aktenzeichen VI ZR 673/15).“ Mit Schreiben vom 30.04.2021 teilte die Beklagte dem Kläger ein konkretes Angebot für das unfallgeschädigte Fahrzeug in Höhe von 3780 Euro mit.

Der Kläger veräußerte das unfallgeschädigte Fahrzeug an den Zeugen L zu einem Kaufpreis von 2290 Euro, der Kaufvertrag gemäß Anlage K6 weist als Datum den 28.04.2021 auf, wobei in der Datumszeile zuvor etwas anderes stand, das nicht mehr erkennbar durchgestrichen ist.

Mit vorgerichtlichem Schreiben der S- GmbH vom 27.04.2021 mit Fristsetzung zum 11.05.2021 machte der Kläger gegenüber der Beklagten den Unfallschaden geltend. In der Fußzeile des Schreibens verweist die S- GmbH auf Ihre Tätigkeit als zugelassener Inkassodienstleister. Geltend gemacht wird ein Betrag von 4965 Euro Schadenersatz auf Totalschadensbasis (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert laut Gutachten) zuzüglich 25 Euro Auslagenpauschale sowie Erstattung der Gutachtenskosten, mithin insgesamt 6084,80 Euro. Die Beklagte regulierte den Schaden in Höhe von 3445 Euro hinsichtlich des Fahrzeugschadens und die Gutachterkosten bis auf einen Betrag von 122,80 Euro.

Der Kläger behauptet, der Kaufvertrag mit dem Zeugen L sei wie im Vertrag beurkundet am 28.04.2021 geschlossen worden. Ferner behauptet er, die Rechnung seines Gutachters bezahlt zu haben.

Der Kläger beantragt, die Beklagte kostenpflichtig zu verurteilen, an den Kläger 1.520,00EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszins seit dem 12.05.2021 zu zahlen, die Beklagte kostenpflichtig zu verurteilen, dem Kläger die restlichen außergerichtlich entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 173,26EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszins seit dem 12.05.2021 zu zahlen, sowie die Beklagte kostenpflichtig zu verurteilen, dem Kläger die restlichen außergerichtlich entstandenen Gutachterkosten in Höhe von 122,80EUR nebst 5% Zinsen über dem Basiszins seit 12.05.2021 zu zahlen,

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, der Kaufvertrag mit dem Zeugen L sei erst nach ihrem Restwertangebot geschlossen worden. Zudem behauptet sie, das vorgerichtliche Schreiben sei ohne Rechtsanwaltszulassung verfasst worden, außerdem sei der etwaige Erstattungsanspruch nach § 86 Abs. 1 VVG auf den Rechtsschutzversicherer übergegangen. Zudem ist sie der Ansicht, der klägerische Gutachter habe den Restwert unzutreffend nicht am regionalen Markt ermittelt, zudem habe der Kläger aufgrund der Mitteilung der Beklagten eines zu erwartenden besseren Angebots mit dem Verkauf noch warten müssen. Sie ist ferner der Ansicht, mangels Vereinbarung eines konkreten Honorars seien nur die ortsüblichen Gutachterkosten zu erstatten. Die Rechnung des Gutachters entspreche diesen nicht, insbesondere seien auch Nebenkosten in nicht ortsüblicher Höhe berechnet. Zuvor hat es mit Beschluss vom 21.11.2022 auf die Möglichkeit der Begründung der örtlichen Zuständigkeit durch rügelose Einlassung hingewiesen.

Das Gericht hat mündlich verhandelt und im Rahmen der Verhandlung den Zeugen L per Videozuschaltung nach § 128a Abs. 2 ZPO vernommen. Ferner hat es den Kläger vor Ort im Gerichtssaal persönlich angehört.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig, die Zuständigkeit des Amtsgerichts Düsseldorf ergibt sich aus § 39 S.2 in Verbindung mit § 504 ZPO.

II.

Die Klage ist auch weitestgehend begründet.

1.

Dem Kläger steht ein Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung weiterer 1515,00 Euro gemäß § 7 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 115 Abs. 1 S.1 Nr. 1 VVG und §§ 249ff. BGB wegen des Unfallereignisses vom 20.04.2021 in Höxter zu. Der Schaden auf Totalschadensbasis ergibt sich aus der Differenz des gutachterlich festgestellten Wiederbeschaffungswerts abzüglich des tatsächlich gegenüber dem Zeugen L erzielten Verkaufspreises.

Hat der Geschädigte das Fahrzeug verkauft, steht der erzielte Restwert fest. Der Schädiger hat dann darzulegen und zu beweisen, dass der Geschädigte mit dem Verkauf seine Verpflichtung zur Geringhaltung des Schadens aus § 254 Abs. 2 BGB verletzt hat (BGH NJW 2009, 1265 Rn. 12 beck-online). Diesen Beweis konnte die Beklagte nicht führen.

a)

Eine etwaige fehlerhafte Berechnung des Restwerts durch den Sachverständigen durch fehlende Orientierung am regionalen Markt führt nicht zu einem Mitverschulden des Geschädigten nach § 254 Abs. 1 BGB. Eine etwaige unzureichende Berechnungsmethode war für den Kläger mangels einschlägiger Fachkenntnisse nicht erkennbar. Veräußert der Geschädigte das Fahrzeug in Höhe des sachverständig ermittelten Werts und ist dieser Wert für ihn nicht erkennbar unzutreffend ermittelt, geht dies zulasten des Schädigers. Die Rechtsprechung zum vom Schädiger zu tragenden Werkstattrisiko beruht auf dem Grundsatz der subjektbezogenen Schadensbetrachtung, nach dem der „erforderliche“ Herstellungsaufwand dabei nicht nur durch Art und Ausmaß des Schadens sowie die örtlichen und zeitlichen Gegebenheiten für seine Beseitigung, sondern auch durch die spezielle Situation des Geschädigten, insbesondere seine Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie die möglicherweise gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten bestimmt wird (BGH NJW 2022, 2840 Rn. 12, beck-online). Gleiches gilt hinsichtlich einer möglicherweise unzutreffenden sachverständigen Ermittlung des Restwerts, wenn der Geschädigte in der Annahme der Richtigkeit dieser Angaben das Fahrzeug etwa zu diesem Wert veräußert. Nach dem Grundsatz der subjektbezogenen Schadensbetrachtung ergibt sich, dass aus der relevanten Sicht des Geschädigten der für ihn realisierbare Restwert der im möglicherweise unzutreffenden Sachverständigengutachten genannte Wert ist. Die Beklagte konnte nicht beweisen, dass der Kläger wusste oder hätte wissen müssen, dass er einen höheren als den im Gutachten angegebenen Wert hätte erzielen können. Das Gutachten ist zeitlich mehrere Tage vor dem Verkauf erstellt. Soweit der Kläger angegeben hat, den Wert des Fahrzeugs erst durch das Schreiben der Beklagten erfahren zu hab en, ist dies nicht dahingehend zu verstehen, dass er bei Verkauf keine Kenntnis vom Gutachten hatte, sondern dahingehend, von der abweichenden höheren Wertangabe erst hierdurch erfahren zu haben. Dass der Kläger nicht ausschließen kann, das Gutachten möglicherweise nach dem Verkauf erhalten zu haben, genügt nicht für den der Beklagtenseite obliegenden Beweis, dass der Kläger unter Verletzung seiner Schadenminderungspflicht aus § 254 Abs. 1 BGB das Fahrzeug vor Kenntnis des Gutachtens verkauft hat. Dagegen spricht insbesondere, dass der Kaufpreis des Fahrzeugs vom gutachterlich festgestellten Restwert lediglich um 5 Euro abweicht und der Kontakt zwischen den Parteien auf dem Gelände des Gutachters stattfand, weil es sich bei dem Käufer um einen Mitarbeiter einer Lackierei handelte, die der Gutachter zusätzlich zu seiner Sachverständigentätigkeit betrieb und das Gutachten auf 6 Tage vor dem Verkauf des Fahrzeugs datiert ist. Der Schädiger ist dadurch nicht schutzlos gestellt, denn der Werkvertrag des Geschädigten mit dem Sachverständigen ist ein Vertrag mit Schutzwirkung auch zugunsten des Schädigers, sodass dieser den Sachverständigen hinsichtlich der Überregulierung in Anspruch nehmen kann (vgl. OLG Zweibrücken, Beschl. v. 16.03.2021, 8 U 89/17, BeckRS 2021, 7829). Auf dieser Basis ist die Veräußerung des Fahrzeugs an den Zeugen L nach dem Gebot der Wirtschaftlichkeit nicht zu beanstanden.

b)

Zum Zeitpunkt der Veräußerung des Fahrzeugs am 28.04.2021 lag dem Kläger kein günstigeres Angebot der Beklagten vor. Der bloße Verweis auf ein möglicherweise noch folgendes besseres Angebot genügt nicht, weil der Geschädigte ein Interesse an einer zügigen Verwertung seines Fahrzeugs hat (BGH aaO). Es stellt kein gemäß § 254 Abs. 1 BGB zu berücksichtigendes Mitverschulden dar, dass der Kläger trotz der Nachricht der Beklagten die Veräußerung des Fahrzeugs nicht zurückstellte, denn die Mitteilung der Beklagten enthielt weder Angaben zum möglicherweise zu erwartenden Erlös noch zum Zeitraum bis zur Abgabe des verbindlichen Angebots. Das konkrete Angebot vom 30.04.2021 war nicht mehr zu berücksichtigen, da das Fahrzeug zu diesem Zeitpunkt bereits veräußert war. Dafür, dass die Veräußerung des Fahrzeugs entgegen den Angaben im schriftlichen Kaufvertrag erst später erfolgt ist, ist die Beklagte beweispflichtig, weil die tatsächlichen Grundlagen des Mitverschuldens nach § 254 Abs. 1 BGB ihr günstig sind. Diesen Beweis konnte die Beklagte nicht führen, weil der Zeuge L sowie der Kläger in seiner persönlichen Anhörung übereinstimmend bekundet haben, dass im Kaufvertrag das zutreffende Datum angegeben ist. Hinsichtlich der Streichung haben sie übereinstimmend bekundet, dass das Datum zunächst versehentlich falsch eingetragen worden sei und noch vor Ort unmittelbar die Berichtigung erfolgt sei. Auch in den Details der Aussagen gab es keine Widersprüche oder Unklarheiten, die in Zweifel an der Glaubhaftigkeit wecken würden. So stimmen die Angaben dazu, dass die Veräußerung erst beim zweiten Besuch des Klägers beim Sachverständigen erfolgte, überein. Gleiches gilt hinsichtlich des Ausfüllens des Vertragsdokuments durch den Zeugen. Insgesamt gibt es keine Anhaltspunkte, die es trotz der entgegenstehenden Angaben als bewiesen erscheinen lassen, dass der Zeitpunkt der Veräußerung im Vertrag vordatiert ist. Insbesondere handelt es sich bei der bekundeten sofortigen Korrektur eines versehentlich fehlerhaft eingetragenen Datums um einen Umstand, der nach der Lebenserfahrung durchaus möglich erscheint.

2.

Der Anspruch auf Erstattung restlicher Sachverständigenkosten ergibt sich ebenfalls aus § 7 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 115 Abs. 1 S.1 Nr. 1 VVG und §§ 249ff. BGB. Zutreffend ist, dass der Kläger mit dem Sachverständigen keine Honorarvereinbarung geschlossen hat und daher nach § 632 Abs. 2 BGB objektiv die übliche Vergütung geschuldet ist. Dies bedeutet wegen des Grundsatzes der subjektbezogenen Schadensbetrachtung jedoch nicht, dass der Anspruch des Klägers auf die ortsübliche Vergütung beschränkt ist. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Geschädigte die Rechnung des Sachverständigen gezahlt hat, vielmehr genügt es, dass die Forderung des Sachverständigen ihm gegenüber ernsthaft eingefordert wird, wovon bei einer Rechnungstellung regelmäßig auszugehen ist. Es ergibt sich insbesondere keine andere Beurteilung daraus, dass dem Kläger, solange er die Rechnung nicht bezahlt hat, noch keine Mittel endgültig aus seinem Vermögen abgeflossen sind, sondern er allein mit der Verbindlichkeit gegenüber dem Sachverständigen belastet ist, denn diese ist in die schadenrechtliche Vermögensbilanz des Klägers mit dem Wert einzustellen, mit dem er die Inanspruchnahme zu erwarten hat. Dabei ist regelmäßig indiziert, dass in Höhe des Rechnungsbetrags auch die Durchsetzung der Forderung gegen den Geschädigten tatsächlich zu erwarten ist. Die Parteien streiten nicht im Tatsächlichen, sondern der Streit liegt allein auf der rechtlichen Ebene, ob die Rechnungspositionen aufgrund des erteilten Auftrags in der geltend gemachten Höhe berechnet werden durften. Es ist dem Kläger nach den Grundsätzen der schadenrechtlichen Risikoverteilung nicht zumutbar, die Erfüllung der Forderung teilweise endgültig mit der Begründung zu verweigern, aus dem geschlossenen Werkvertrag stehe dem Sachverständigen der geltend gemachte Betrag aus rechtlichen Gründen nicht in voller Höhe zu, denn aus einer solchen Vorgehensweise würde sich für ihn ein nicht kalkulierbares Prozessrisiko ergeben. Der Kläger müsste damit rechnen, in Höhe des nicht gezahlten Rechnungsbetrags gerichtlich in Anspruch genommen zu werden. Das damit verbundene Kostenrisiko – nebst des Risikos eines im Fall erfolgreicher Inanspruchnahme durch den Sachverständigen anstehenden weiteren Prozesses zur Schadloshaltung bei der Beklagten – ist regelmäßig für den Geschädigten unzumutbar zu tragen, wenn die Rechnung nicht offensichtlich überhöht ist, sie also offensichtlich nicht dem entspricht, was der Sachverständige aus dem Werkvertrag vom Kläger als Honorar verlangen kann. Eine solche für eine nicht fachkundige Person offensichtliche Überhöhung der Forderung des Sachverständigen ist aus dem Gesamtbetrag der Rechnung von 1094,80 Euro nicht erkennbar. Auch die Einzelpositionen liegen nicht für jedermann offenkundig außerhalb der Auftragserteilung. Die Entscheidung BGH VI ZR 104/19 (r+s 2020, 110) ist nicht einschlägig, weil diese die Klage eines Inkassounternehmens auf Zahlung restlicher Sachverständigenkosten betrifft. Die Beklagte wird dadurch nicht schutzlos gestellt, weil sie die Möglichkeit hat, Zug um Zug Abtretung möglicher Ansprüche des Klägers gegen den Sachverständigen aus § 812 Abs. 1 S.1 Alt. 1, § 273 BGB auf Rückzahlung überhöhten Honorars zu verlangen. § 814 BGB steht dem nicht entgegen, weil es sich nicht um eine Zahlung in Kenntnis der Nichtschuld handelt. Ebenso kann die Abtretung bereits vor Zahlung an den Sachverständigen erfolgen, weil auch zukünftige Ansprüche abgetreten werden können.

Der Anspruch ist unabhängig von der Frage der Zahlung der Gutachterrechnung auf Geldentschädigung und nicht auf Freistellung von der Verbindlichkeit gerichtet, denn im Wege einer Gesamtanalogie zu §§ 323 Abs. 2, 281 Abs. 2, 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB tritt die Folge der Entschädigung in Geld anstelle der Freistellung nach § 250 S.2 BGB auch ohne Fristsetzung ein, wenn der Schuldner die Leistung insgesamt ernsthaft und endgültig verweigert (BGH NJW-RR 2011, 910 Rn. 22; Weber NJW 2015, 1841) wie es hier der Fall ist.

3.

Der Zinsanspruch aus § 286 Abs. 1, § 288 Abs. 1 BGB steht der Klägerseite erst ab dem 31.05.2021 zu. Die Prüf- und Bearbeitungsfrist des Kfz-Haftpflichtversicherers hängt vom jeweiligen Einzelfall ab und kann 4 bis 6 Wochen betragen (OLG Dresden SVR 2021, 219). Da im hiesigen Fall eine Auseinandersetzung mit einem klägerischen Gutachten zur Schadenshöhe erforderlich war, die Eintrittspflicht selbst aber unproblematisch ist, erscheint ein Zeitrahmen von 4 Wochen angemessen. Unter Berücksichtigung der Postlaufzeiten ergibt sich somit eine Verzinsung des Anspruchs ab dem 31.05.2021.

4.

Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten stehen der Klägerseite nicht zu. Die Beklagtenseite hat insoweit die Aktivlegitimation unter Verweis auf § 86 VVG zulässig bestritten, die Klägerseite hat sich hierzu nicht weiter geäußert. Allein aus der freiwilligen Zahlung eines Teils der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten kann nicht auf ein Anerkenntnis dem Grunde nach geschlossen werden, da die Teilzahlung aus prozessökonomischen Gründen ohne Anerkenntnis der rechtlichen Verpflichtung erfolgt sein kann.

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III.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

Der Streitwert wird auf bis 2000 EUR festgesetzt.

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