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Verkehrsunfall im Begegnungsverkehr – Verstoß gegen Rechtsfahrgebot

LG Itzehoe, Az.: 3 O 41/18, Urteil vom 29.03.2019

I. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 2.490,14 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.12.2017 zu zahlen.

Die Beklagten werden weiter verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 132,60 € freizuhalten.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

I. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Kläger zu 72 % und den Beklagten zu 28 % auferlegt.

I. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags. die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags.

I. Der Streitwert wird auf 8.819,14 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger verlangt von den Beklagten Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls, der sich am 29.09.2017 auf der Landstraße zwischen W. und B. kurz vor dem Ortseingang von B. ereignete.

Der Kläger fuhr an diesem Tag gegen 15:00 Uhr mit dem in seinem Eigentum stehenden LKW mit dem amtlichen Kennzeichen … nebst leerem Tieflader aus Richtung W. kommend auf der Landstraße in Richtung B.. Kurz vor dem Ortseingang von B. kam ihm das vom Beklagten zu 2. gelenkte Wohnmobil mit dem amtlichen Kennzeichen …, das bei der Beklagten zu 1. haftpflichtversichert ist, entgegen. Bei der Begegnung der beiden Fahrzeuge kam es zu einer Berührung der jeweiligen Fahrerseiten, durch die unter anderem der linke Außenspiegel des klägerischen LKW beschädigt wurde. Die weiteren Einzelheiten zum Unfallhergang sind streitig.

Infolge des Unfalls entstanden an dem klägerischen Lkw Schäden, für deren Reparatur Kosten in Höhe von netto 4.965,29 € erforderlich sind. Der Kläger behauptet, wegen der Beschädigung des linken Außenspiegels seines LKW sei es ihm nicht möglich gewesen, zwei Maschinen, die die er für seinen Betrieb zur Asphaltsaufbereitung benötigt habe, zum geplanten Zeitpunkt einzusetzen. Dadurch sei ihm ein Betriebsunterbrechungsschaden in Höhe von 6.324,00 € entstanden.

Mit einem Schreiben seines Prozessbevollmächtigten vom 07.12.2017 machte der Kläger gegenüber der Beklagten zu 1. deshalb unter Einbezug einer Schadenspauschale in Höhe von 25,00 € Kosten von insgesamt 11.314,90 € sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten unter Fristsetzung bis zum 16.12.2017 geltend. Ende Dezember 2017 zahlte die Beklagte zu 1. unter Anerkennung eines Haftungsanteils von 50 % an den Kläger auf den Schaden an seinem Fahrzeug einen Betrag von 2.482,65 € sowie eine anteilige Kostenpauschale von 12,50 €. Im Übrigen lehnte sie eine Regulierung ab.

Der Kläger behauptet, das vom Beklagten zu 2. gelenkte Fahrzeug sei zum Zeitpunkt der Kollision über die Fahrbahnmitte hinaus auf seine Fahrspur gefahren. Zur Vermeidung einer schwerwiegenden Kollision sei er mit dem von ihm gelenkten LKW auf den neben der asphaltierten Fahrbahn befindlichen Grünstreifen ausgewichen. Dennoch sei es zu einer Berührung der beiden Fahrzeuge gekommen.

Der Kläger meint, die Beklagten seien deshalb im vollen Umfang zum Ersatz der ihm entstandenen Schäden verpflichtet.

Neben einem Ersatz der ihm entstandenen Kosten für eine Reparatur seines LKW macht der Kläger gegenüber den Beklagten auch Schadensersatz wegen eines dadurch entstandenen Betriebsausfalls geltend. Er behauptet in diesem Zusammenhang:

Er betreibe ein Unternehmen zur Aufbereitung von Asphalt und sei am Unfalltag auf dem Weg nach W. bei N. gewesen, um einen Bagger und einen Radlader abzuholen und diese Maschinen nach P. zu bringen, wo sie zur Aufbereitung von Asphalt hätten eingesetzt werden sollen. Infolge der Beschädigung des Außenspiegels sei ihm aber eine Weiterfahrt nach W. nicht möglich gewesen. Am Tag nach dem Unfall, Samstag, den 30.09.2017, habe er den Außenspiegel zunächst notdürftig repariert und erst am nächsten Arbeitstag, dem darauf folgenden Montag, habe er dann den Bagger und Radlader von W. nach P. transportieren können, wo die Maschinen gegen Mittag um 14.00 Uhr eingetroffen seien. Da ohne den Bagger und den Radlader eine Asphaltsaufbereitung nicht möglich gewesen sei, sei es insgesamt zu einer Ausfallzeit von 17 Stunden bekommen. Denn er habe am Samstag nicht wie vorgesehen den ganzen Tag über eine Aufbereitung des Asphalt für die Dauer von 10 Stunden und am Montag nicht in der Zeit von 7.00 Uhr bis 14.00 Uhr durchführen können.

Der Kläger behauptet weiter, pro Stunde bereite er mit den von ihm eingesetzten Maschinen üblicherweise Asphalt in einem Umfang von 120 – 140 t auf und erhalte pro Tonne aufbereiteten Asphalt von seinen Auftraggebern netto 3,10 €. Bei Zugrundelegung einer Mindestproduktionsmenge von 120 t aufbereiteten Asphalts und einer Ausfalldauer von 17 Stunden ergebe sich damit ein Betriebsausfall einem Umfang von 2.040 t, so dass sich bei Zugrundelegung einer gezahlten Vergütung von 3,10 € netto pro Tonne ein Verlust von insgesamt 6.324,00 € netto errechne. Weiter behauptet der Kläger in diesem Zusammenhang, es sei ihm nicht möglich gewesen, den Betriebsausfall nachzuholen, da er regelmäßig an Werktagen in der Zeit zwischen 7.00 Uhr und 18.00 bis 19.00 Uhr die Asphaltsaufbereitung betreibe und an den Wochenenden teilweise auch Asphalt aufbereite oder aber Büroarbeiten erledige.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 8.819,14 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 17.12.2017 zu zahlen.

2. die Beklagten als Gesamtschuldner weiter zu verurteilen, ihm vorgerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von netto 523,10 € von der Hand zu halten.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, der Beklagte zu 2. habe sich zu dem Zeitpunkt als er mit dem von ihm gelenkten Wohnmobil die Ortschaft B. verlassen habe, auf seiner Fahrspur gehalten. Es sei vielmehr so gewesen, dass der Kläger mit dem von ihm gelenkten LKW die leichte Kurve hinter dem Ende der Ortschaft B. geschnitten habe und es dabei zu einer Kollision mit dem Fahrzeug des Beklagten zu 2. gekommen sei, das sich zu dieser Zeit weiter auf seiner Fahrspur gehalten habe.

Die Beklagten meinen, bei einem – wie hier vorliegenden – Unfall im Begegnungsverkehr und ungewisser Aufklärung, ob und gegebenenfalls welches Fahrzeug gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen habe, sei eine hälftige Haftungsverteilung angemessen.

Die Beklagten stellen weiter in Abrede, dass dem Kläger der von ihm geltend gemachte Betriebsunterbrechungsschaden zusteht. So sei schon nicht nachvollziehbar, weshalb der Kläger nicht bereits an dem Tag des Unfalls den beschädigten linken Außenspiegel notdürftig habe reparieren und dann den Bagger und Radlader von W. nach P. habe fahren können. Außerdem sei nicht verständlich, weshalb der Kläger die geltend gemachte Ausfallzeit nicht zu einem späteren Zeitpunkt habe nachholen können, um den jetzt geltend gemachten Ausfallschaden wieder „aufzufangen“.

Das Gericht hat den Kläger und den Beklagten zu 2. persönlich angehört sowie Beweis erhoben durch Inaugenscheinnahme der Unfallörtlichkeiten im Rahmen eines Ortstermins. Wegen der Anhörung der Parteien und des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung und den anschließenden Ortstermin vom 15.02.2019 (Blatt 48 ff. d.A.) verwiesen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Verkehrsunfall im Begegnungsverkehr – Verstoß gegen Rechtsfahrgebot
Symbolfoto: Von Monkey Business Images /Shutterstock.com

Die zulässige Klage ist nur zum Teil begründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von weiteren 2.490,14 € nebst Zinsen und Freihaltung von weiteren vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 132,60 €. Ein darüber hinausgehender Anspruch besteht nicht.

I.

Die Beklagten sind dem Kläger dem Grunde nach gemäß § 7 Absatz 1 StVG in Verbindung mit § 115 Absatz 1 VVG in vollem Umfang zum Ersatz der ihm aufgrund des Unfalls entstandenen Schäden verpflichtet.

1.

Die grundsätzlichen Voraussetzungen für eine Haftung der Beklagten nach diesen Vorschriften liegen vor. Denn bei dem streitgegenständlichen Unfall im Rahmen eines Begegnungsverkehrs ist es zu einer Kollision zwischen dem klägerischen LKW und dem vom Beklagten zu 2. gelenkten Wohnmobil gekommen. Ein solches Unfallereignis stellt keinen Fall höherer Gewalt im Sinne von § 7 Absatz 2 StVG dar, so dass ein Haftungsausschluss nach dieser Vorschrift nicht eingreift.

2.

Nach § 17 Absatz 1 StVG sind danach die jeweiligen Verursachungs- und Verschuldensanteile gegeneinander abzuwägen. Eine solche Abwägung ist nur dann nicht vorzunehmen, wenn das Unfallereignis für einen der Beteiligten ein unabwendbares Ereignis im Sinne von § 17 Absatz 3 StVG darstellen würde. Dies ist hier im Hinblick auf den Beklagten zu 2. schon deshalb nicht der Fall, weil diesen ein Verschulden an dem Zustandekommen des Unfalls trifft (hierzu sogleich unter I. 3. a). Im Hinblick auf den Kläger kommt es auf die Frage, ob das Unfallereignis für ihn unabwendbar im Sinne der zuvor genannten Vorschrift war, nicht an. Denn im Rahmen der nach § 17 Absatz 1 StVG vorzunehmenden Abwägung überwiegt das Verschulden auf Beklagtenseite derart, dass die auf Klägerseite verbleibende Betriebsgefahr ohnehin in vollem Umfang zurücktritt und damit eine vollständige Haftung der Beklagten vorliegt.

3.

Im Rahmen der Abwägung nach § 17 Abs. 1 StVG ist zu berücksichtigen, dass nur unstreitige, -zugestandene und bewiesene Umstände in die Abwägung einzubeziehen sind. Danach gilt hier folgendes:

a) Der Beklagte zu 2. hat im Zusammenhang mit dem streitgegenständlichen Unfall gegen die Sorgfaltspflichten nach § 2 Abs. 2 Satz 1 StVO verstoßen. Nach dieser Vorschrift ist bei einer Straßenbenutzung möglichst weit rechts zu fahren. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist das Gericht davon überzeugt, dass der Beklagte zu 2. diesem Rechtsfahrgebot nicht gerecht geworden und bei der Fahrt mit dem von ihm gelenkten Wohnmobil über die Fahrbahnmitte hinaus auf die Fahrspur des Klägers geraten ist und dadurch den Unfall verursacht hat. Diese Überzeugung hat das Gericht aufgrund der vom Kläger vorgelegten Lichtbilder, die am Unfalltag aufgenommen wurden und daneben infolge der Anhörung der Parteien gewonnen.

aa) Aus den vom Kläger vorgelegten Lichtbildern geht hervor, dass der von ihm gelenkte LKW in dem Bereich, in dem es zur Kollision zwischen den Fahrzeugen kam, auf dem Grünstreifen neben der asphaltierten Fahrbahn fuhr. Die Beklagten haben zwar in der mündlichen Verhandlung behauptet, der Kläger sei mit dem von ihm gelenkten Lkw schon vor dem Unfall auf den Grünstreifen neben der Fahrbahn geraten und habe dann – so die Beklagten weiter – wohl gegen gelenkt und sei deshalb nach dem Überfahren des Grünstreifens auf die Gegenfahrspur des Beklagten zu 2. geraten, wo es dann zur Kollision der Fahrzeuge gekommen sei. Das Gericht ist aber davon überzeugt, dass sich der Unfall in Höhe des Bereichs der Landstraße ereignet hat, in dem auf den Lichtbildern die deutlichen Reifenabdruckspuren auf dem Grünstreifen neben der Fahrbahn zu sehen sind. Denn aus den Lichtbildern, die nach den glaubhaften Angaben des Klägers kurz nach dem Unfall aufgenommen wurden, geht auch hervor, dass sich in diesem Bereich Kunststoffteile auf der asphaltierten Fahrbahn befinden, die zur Überzeugung des Gerichts von der Kollision der beiden Fahrzeuge stammen und die in direkter Nähe zum Kollisionsort auf die Fahrbahn gefallen sind. Der in diesem Zusammenhang von den Beklagten erhobene Einwand, es komme in diesem Bereich der Landstraße häufiger zu Unfällen, aufgrund derer sich Kunststoffteile von Fahrzeugen auf der Fahrbahn befinden, ist aus Sicht des Gerichts nicht überzeugend. Es mag zwar sein, dass sich auf der viel befahrenen und Landstraße zwischen den Ortschaften B. und W. öfter im Begegnungsverkehr in der leichten Kurve vor der Ortschaft B. Kollisionen von Fahrzeugen ereignen. Das Gericht geht aber davon aus, dass Kunststoffteile, die von solchen Kollision stammen, entweder zeitnah durch eine Säuberung der Straße entfernt worden oder aber durch andere Fahrzeuge, die die – wie sich im Ortstermin gezeigt hat – vielbefahrene Landstraße in diesem Bereich nutzen, bereits an den Straßenrand getragen worden sein werden. Das Gericht hat weiter auch keinen Zweifel daran hat, dass die Kunststoffteile, die infolge der Kollision der beiden Fahrzeuge auf die asphaltierte Straßenoberfläche fielen, unweit vom Kollisionsort auf die Fahrbahn liegen geblieben sind. Durch die Geschwindigkeit der Fahrzeuge werden die Teile zwar leicht mitgetragen worden sein, dieser Versatz wird aber allenfalls eine geringe Entfernung von 1 – 2 Metern ausmachen. Es ist danach davon auszugehen, dass sich in dem Bereich, in dem auf den Lichtbildern die Kunststoffteile auf der Fahrbahn zu sehen sind, auch die Kollision der beiden Fahrzeuge ereignet hat.

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Ausgehend von der Überzeugung des Gerichts, dass sich die Kollision in diesem Bereich ereignet hat, in dem sich auch neben der Fahrbahn die breiten Reifenabdruckspuren eines Lkw befinden, ist das Gericht weiter überzeugt, dass sich die Kollision der Fahrzeuge auf der Fahrspur des Klägers ereignet hat. Denn die Fahrbahnhälfte, auf der der Kläger zum Zeitpunkt des Unfalls mit dem von ihm gelenkten Lkw fuhr, weist nach der im Rahmen des Ortstermins durchgeführten Messung vom Mittelstreifen bis zum Beginn des Grünstreifens neben der asphaltierten Fahrbahnfläche eine Breite von 2,92 m auf. Weiter ergibt sich aus der vom Kläger vorgelegten Zulassungsbescheinigung Teil II (vgl. die Anlage zum klägerischen Schriftsatz vom 08.01.2019), dass der von ihm gelenkte Lkw eine Breite von 2,55 m hat. Da der klägerische Lkw mit den Reifen nach den vorgelegten Lichtbildern mindestens 30 cm über den asphaltierten Fahrbahnrand hinweg rechts auf dem Grünstreifen fuhr, ergibt sich daraus, dass sich der Lkw zur Zeit des Unfalls nur in einem Umfang von 2,25 m auf der asphaltierten Fahrbahn befand und damit in einem Abstand von ca. 67 cm zum Mittelstreifen fuhr. Die Kollision der beiden Fahrzeuge hat sich damit in einem Bereich ereignet, der sich deutlich jenseits der Fahrspur des Beklagten zu 2. befand, so dass dieser erheblich gegen das Rechtsfahrgebot verstoßen hat.

bb) Diese Überzeugung des Gerichts aufgrund des Ortstermins und der vom Kläger vorgelegten Lichtbilder wird auch durch die Anhörung der Parteien bestätigt. So hatte der Kläger trotz seiner erkennbaren nicht guten Vorbereitung auf den Termin das Unfallgeschehen selbst noch deutlich in Erinnerung und schilderte plastisch, dass das vom Beklagten zu 2. gelenkte Wohnmobil aus seiner Sicht nicht nachvollziehbar und plötzlich über die Mitte der Fahrbahn hinaus auf den von ihm gelenkten Lkw zufuhr und er nur durch ein Ausweichmanöver nach rechts auf den Grünstreifen eine schwerwiegendere Kollision vermeiden konnte. Die Schilderung dieses Unfallgeschehens durch den Kläger war auch zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung noch ersichtlich von dem Gefühl des Erstaunens und Schreckens, dass das Wohnmobil auf einmal auf die Fahrerseite seines LKW zufuhr, getragen. Gerade aufgrund dieser nachvollziehbaren Schilderung einhergehend mit der aus Sicht des Gerichts durchaus verständlichen Gefühlsregung des Klägers hat das Gericht keinen Zweifel, dass dieser ein real erlebtes Geschehen schilderte. Demgegenüber hat der Beklagte zu 2. im Rahmen seiner persönlichen Anhörung nur angegeben, keine konkrete Erinnerung an das Unfallgeschehen zu haben. Es habe auf einmal geknallt, ohne dass er sich den Grund für diese Kollision erklären könne. Lediglich vermutend gab der Beklagte zu 2. an, dass wohl der Kläger mit dem von ihm gelenkten Lkw auf die Gegenfahrbahn, auf der er, der Beklagte zu 2., sich befunden habe, gekommen sein müsse. Diese ohnehin nur allgemeine Schilderung des Unfallgeschehens verdeutlicht aus Sicht des Gerichts, dass der Beklagte zu 2. keine nähere eigene Wahrnehmung hat, wie es zu dem Unfall genau gekommen ist und spricht bereits dafür, dass er zum damaligen Zeitpunkt nicht ausreichend aufmerksam war. Letztlich kann dahin gestellt bleiben, worauf genau die mangelnde Erinnerung und Wahrnehmung des Unfallgeschehens durch den Beklagten zu 2. beruht, da das Gericht aufgrund der demgegenüber präzisen Schilderung des Unfallgeschehens durch den Kläger und – wie ausgeführt – den Lichtbildern sowie den Feststellungen im Rahmen des Ortstermins davon überzeugt ist, dass der Beklagte zu 2. mit seinem Fahrzeug über den Mittelstreifen der Fahrbahn geraten ist.

bb) Auf Seiten des Klägers ist hingegen nur die Betriebsgefahr seines Fahrzeugs in eine Abwägung nach § 17 Abs. 1 StVG einzubeziehen. Dass den Kläger darüber hinaus ein Verschulden an dem Zustandekommen des Unfalls trifft, weil er seinerseits gegen das Rechtsfahrgebot nach § 2 Abs. 2 StVO verstoßen hat, haben die insoweit beweispflichtigen Beklagten nicht nachweisen können. Vielmehr ist das Gericht aufgrund der Beweisaufnahme davon überzeugt, dass sich der vom Kläger gelenkte LKW zum Zeitpunkt der Kollision sogar zum Teil rechts neben der asphaltierten Fahrbahnfläche befand. Insoweit wird auf die obigen Ausführungen Bezug genommen.

c) Im Rahmen der nach § 17 Abs. 1 StVG notwendigen Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile stehen sich somit auf Seiten des Klägers die Betriebsgefahr seines Lkw und auf Seiten der Beklagten der Verstoß des Beklagten zu 2. gegen § 2 Abs. 2 StVO gegenüber. Eine Abwägung dieser Umstände führt dazu, dass die Betriebsgefahr des klägerischen Lkw vollständig hinter dem Verkehrsverstoß des Beklagten zu 2. zurücktritt. Denn die Einhaltung des Rechtsfahrgebots stellt eine grundlegende und besonders wichtige Sorgfaltsanforderung im Straßenverkehr dar. Ein Verstoß gegen diese wichtige Sorgfaltsanforderung wiegt schwer und führt, sofern keine besonderen Umstände vorliegen, regelmäßig dazu, dass demgegenüber die Betriebsgefahr eines anderen am Unfall beteiligten Fahrzeugs vollständig zurücktritt (vgl. LG Stuttgart, VersR 1984, 592; LG Landshut, VersR 1978, 144). Dies gilt auch im vorliegenden Fall; besondere Umstände, die eine andere Abwägung gebieten könnten, haben sich nach Durchführung der Beweisaufnahme nicht ergeben und sind auch nicht ersichtlich. Insbesondere der Umstand, dass von einem Lkw wegen seiner größeren Masse und seines größeren Gewichts eine im Vergleich zu einem Wohnmobil höhere Betriebsgefahr ausgeht, führt zu keiner anderen Bewertung. Denn ein Verstoß gegen das Rechtsfahrgebot wiegt so schwer, dass demgegenüber auch eine im Vergleich zu einem Wohnmobil größere Betriebsgefahr eines LKW in vollem Umfang zurücktritt.

II.

Unter Berücksichtigung, dass der Kläger in vollem Umfang Ersatz der ihm durch den Unfall entstandenen Schäden verlangen kann, steht ihm gegenüber den Beklagten ein Anspruch auf Zahlung von weiteren 2.482,64 € für die an seinem Fahrzeug entstandenen Schäden zu, so dass sich unter Einbezug eines weiteren Anteils der Kostenpauschale ein Betrag von insgesamt 2.490,14 € nebst Zinsen ergibt. Weitergehende Ansprüche stehen dem Kläger hingegen nicht zu.

1.

Der Kläger kann von den Beklagten Ersatz der gesamten Nettoreparaturkosten verlangen, die sich unstreitig auf 4.965,29 € belaufen. Nachdem die Beklagten insoweit bereits einen Betrag von 2.482,65 € insoweit gezahlt haben, errechnet sich danach noch ein restlicher Betrag von 2.482,64 €.

2.

Daneben steht dem Kläger auch Ersatz der ihm in Zusammenhang mit der Regulierung eines Unfallschadens entstandenen Kosten zu, die im Wege einer Pauschale geltend gemacht werden können. Die Höhe einer solchen Pauschale bemisst sich nach der Rechtsprechung des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts nur mit 20,00 € und nicht in Höhe der geltend gemachten 25,00 €. Da die Beklagten auf die Kostenpauschale bereits eine Zahlung in Höhe von 12,50 € erbracht haben, kann der Kläger noch einen weiteren Betrag von 7,50 € verlangen.

3.

Der Kläger hat nach §§ 280Abs. 1 und 2, 286 Abs. 1 BGB auch Anspruch auf Zahlung von Zinsen seit dem 17.12.2017. Denn nachdem die Beklagten auf die Zahlungsaufforderung vom 07.12.2017 nicht innerhalb der gesetzten Frist bis zum 16.12.2017 die geforderte Zahlung wegen des entstandenen Schadens am LKW erbrachten, gerieten sie in Verzug. Die Ende Dezember 2017 von Seiten der Beklagten zu 1. geleistete Zahlung ändert nichts daran, dass der Kläger von den Beklagten im Hinblick auf den noch offenen Betrag die Zahlung von Zinsen seit dem 17.12.2017 verlangen kann. Die Höhe des Zinssatzes ergibt sich aus § 288 Abs. 1, Satz 2 BGB.

4.

Ersatz des geltend gemachten Betriebsunterbrechungsschadens in Höhe von 6.324,00 € kann der Kläger von den Beklagten hingegen nicht verlangen.

a) Aufgrund des Ergebnisses der persönlichen Anhörung des Klägers ist schon nicht ersichtlich, dass dieser alle erforderlichen Bemühungen entfaltet hat, um eine Entstehung des geltend gemachten Schadens zu verhindern. Nach den Angaben im Rahmen seiner persönlichen Anhörung ist der Kläger, nachdem er am Samstag, dem 30.09.2017, notdürftig eine Reparatur des Außenspiegels vorgenommen hatte, am nächsten Werktag, einem Montag, nach E. zu einem dort ansässigen Reparaturbetrieb gefahren, um einen Kostenvoranschlag für die Reparatur der Schäden an dem LKW zu erhalten. Nach Erhalt dieses Kostenvoranschlags habe er diesen an die Beklagte zu 1. weitergeleitet, um eine Reparaturfreigabe zu erhalten und erst nach Erhalt dieser Freigabe habe er den Lkw und damit auch den linken Außenspiegel reparieren lassen. Dies sei, so der Kläger weiter im Rahmen der persönlichen Anhörung, erst einige Tage später geschehen und erst nach vollständiger Reparatur des LKW sei er mit diesem nach W. bei N. gefahren, um den Bagger und den Radlader abzuholen. Bereits diese Angaben des Klägers, die in erheblichem Widerspruch zu seinem schriftsätzlichen Vorbringen stehen, belegen, dass es ihm ganz offensichtlich nicht darauf ankam, den Lkw durch eine Reparatur des Außenspiegels möglichst schnell wieder vollständig verkehrssicher herstellen zu lassen, um innerhalb möglichst kurzer Zeit den Bagger und den Radlader von W. nach P. zu verbringen und die seiner Darstellung nach nur mithilfe dieser beiden Maschinen mögliche Asphaltsaufbereitung weiter zu betreiben. Schon deshalb kommt ein Ersatz des geltend gemachten Betriebsunterbrechungsschadens nicht in Betracht.

b) Des weiteren hat der Kläger auch nicht bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar darlegen können, aus welchen Gründen ein etwaiger Betriebsausfall bei einer Asphaltsaufbereitung in einem Umfang von 17 Stunden zu einem späteren Zeitpunkt nicht nachgeholt und damit der gegenüber den Beklagten geltend gemachte Schaden nicht „aufgefangen“ werden können sollte. Selbst wenn man gemäß dem klägerischen Vortrag aufgrund einer vollständigen Auslastung seines Betriebs mit Aufträgen davon ausgeht, dass die Asphaltsaufbereitung durchgehend während der Werktage in der Zeit von frühmorgens bis in die Abendstunden erfolgte, so ist nicht nachvollziehbar, weshalb nicht durch längere Betriebszeiten in den Abendstunden oder aber durch zusätzliche Betriebszeiten an einem Samstag der geltend gemachte Ausfall hätte nachgeholt werden können. Dass der Kläger auch samstags Asphalt aufbereitet, hat er selbst vorgetragen. Da der Kläger auch vorgetragen hat, nicht durchweg an Samstagen mit Asphaltsaufbereitung befasst zu sein, sondern mitunter auch samstags Büroarbeiten erledigt, ist nicht ersichtlich, weshalb nicht durch zusätzliche Betriebsstunden an einem Samstag der behauptete Betriebsausfall nachgeholt werden konnte.

Die weiteren Ausführungen des Klägers zur Frage der Nachholbarkeit der Asphaltsaufbereitungsarbeiten in den Schriftsätzen vom 01. bzw. 02.03.2019 waren nach § 296a ZPO nicht zu berücksichtigen. Denn diese Schriftsätze sind erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung eingegangen und ein entsprechender Schriftsatznachlass ist dem Kläger nicht gewährt worden. Gründe für eine erneute Eröffnung der mündlichen Verhandlung nach § 136 ZPO sind wieder geltend gemacht worden noch ersichtlich.

 

c) Schließlich ist der Vortrag des Klägers zur Höhe eines ihm entstandenen Ausfallschadens ebenfalls nicht ausreichend. Denn der Kläger hat nur zur Höhe eines ihm entgangenen Umsatzes vorgetragen. Selbst bei Annahme, dass ihm ein entsprechender Betriebsausfall entstanden ist, kann er von den Beklagten nur Ersatz eines ihm gegebenenfalls entgangenen Gewinns verlangen, dessen Höhe von den allgemeinen Geschäfts- und Betriebskosten des klägerischen Betriebs abhängt (vgl. hierzu OLG Köln VersR 1980, 240). Hierzu hat der Kläger aber trotz entsprechendem gerichtlichen Hinweis nicht näher vorgetragen.

III.

Der Schadensersatzanspruch des Klägers umfasst auch die ihm vorgerichtlich entstandenen Anwaltskosten. Der Höhe nach kann er aber nur Ersatz von anwaltlichen Kosten verlangen, die sich bei Zugrundelegung eines Gegenstandswerts in Höhe der ihm tatsächlich gegenüber den Beklagten bei Beauftragung seines Prozessbevollmächtigten zustehenden Forderung errechnet. Bei Zugrundelegung eines Gegenstandswerts von 4.985,29 € ergibt sich unter Berücksichtigung der Auslagenpauschale ein Betrag von 413,90 €. Da die Beklagte zu 1. hierauf bereits 281,30 € gezahlt hat, verbleibt ein Anspruch auf Freihaltung wegen rechtsanwaltlicher Kosten von 132,60 €.

IV.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Grundlage in § 709 ZPO bzw. §§ 708Nr. 11, 711 ZPO in Verbindung mit § 709 Satz 2 ZPO.

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