Skip to content

Verkehrsunfall im Dienst als Polizeibeamter – Schadensersatzansprüche

Ein Berliner Polizist muss für einen Unfall während einer Einsatzfahrt tief in die Tasche greifen. Obwohl er zu einem Einbruch gerufen wurde, überschritt er die zulässige Geschwindigkeit massiv und schaltete das Martinshorn vorzeitig aus, was zu einem folgenschweren Zusammenstoß führte. Nun muss er die Hälfte des Schadens am Polizeiauto selbst tragen, obwohl möglicherweise auch der andere Fahrer Fehler gemacht hat.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Verwaltungsgericht Berlin
  • Datum: 15.05.2024
  • Aktenzeichen: 5 K 65/21
  • Verfahrensart: Anfechtungsklage
  • Rechtsbereiche: Beamtenrecht, Straßenverkehrsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Beamter im Amt eines Polizeikommissars, der im Dienst des beklagten Landes steht. Er argumentiert, dass ihm kein oder höchstens einfaches Verschulden an dem Verkehrsunfall anzulasten sei und dass der Unfallgegner seine Pflichten verletzt habe.
  • Beklagter: Bundesland Berlin, vertreten durch den Polizeipräsidenten, fordert Schadenersatz vom Kläger wegen grob fahrlässiger Pflichtverletzung und argumentiert, dass der Kläger seine Dienstpflichten verletzt habe.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der Kläger verursachte während einer Einsatzfahrt bei einem Verkehrsunfall einen erheblichen Sachschaden. Er fuhr mit 92 km/h ohne Martinshorn, was als Grob fahrlässig bewertet wurde. Der Kläger wurde zum Schadenersatz in Höhe von 50% des entstandenen Schadens herangezogen.
  • Kern des Rechtsstreits: Die Auseinandersetzung drehte sich um die Frage, ob der Kläger seine Dienstpflichten grob fahrlässig verletzt hat und daher haftbar gemacht werden kann.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Klage wurde abgewiesen. Der Bescheid des Polizeipräsidenten in der Gestalt des Widerspruchsbescheides ist rechtmäßig.
  • Begründung: Der Kläger hat grob fahrlässig gegen seine Sorgfaltspflichten verstoßen, indem er mit überhöhter Geschwindigkeit ohne Martinshorn gefahren ist, was zu einem Unfall führte. Er hätte den Unfall durch angepasste Geschwindigkeit vermeiden können. Formal waren die Beteiligungsrechte des Personalrats ordnungsgemäß berücksichtigt.
  • Folgen: Der Kläger muss die festgesetzte Schadenersatzsumme von 4.225,59 Euro leisten. Ihm steht es frei, mögliche Ansprüche gegen den Unfallgegner geltend zu machen.

Komplexe rechtliche Fragestellungen bei Polizeidienstunfällen im Straßenverkehr

Polizeibeamte sind täglich hohen beruflichen Risiken ausgesetzt, besonders im Straßenverkehr während ihrer Dienstausübung. Unfälle im Dienst können nicht nur physische und psychische Belastungen mit sich bringen, sondern werfen auch komplexe rechtliche Fragen zu Schadensersatzansprüchen auf.

Die Thematik der Dienstunfälle bei Polizeieinsätzen ist rechtlich vielschichtig und betrifft die Versicherungsansprüche, mögliche Haftungsregelungen und die Unterstützung von Beamten, die während ihrer gefährlichen Tätigkeit verletzt werden. Die Klärung von Schadensersatzforderungen erfordert eine sorgfältige Prüfung der individuellen Umstände und der dienstlichen Rahmenbedingungen.

Der folgende Beitrag beleuchtet einen konkreten Gerichtsfall, der exemplarisch die rechtlichen Herausforderungen bei einem Verkehrsunfall im Polizeidienst aufzeigt.

Der Fall vor Gericht


Polizeibeamter scheitert mit Klage gegen Schadenersatzforderung nach Einsatzfahrt-Unfall

Polizeiauto mit Schäden nach einem Unfall, Polizei und ein Mann sprechen auf einer Berliner Straße.
Dienstunfall Polizei – Schadensersatzpflicht und Haftung | Symbolfoto: Ideogram gen.

Ein Polizeikommissar (Besoldungsgruppe A 9) des Landes Berlin muss nach einem Verkehrsunfall während einer Einsatzfahrt die Hälfte des entstandenen Fahrzeugschadens in Höhe von 4.225,59 Euro ersetzen. Das Verwaltungsgericht Berlin wies seine Klage gegen den entsprechenden Bescheid des Polizeipräsidenten ab.

Folgenreicher Zusammenstoß bei Einsatzfahrt zu Einbruch

Am 3. November 2017 erhielt der Beamte kurz nach 18 Uhr den Auftrag, zu einem aktuell stattfindenden Einbruch im etwa 5 Kilometer entfernten Berlin-Lübars zu fahren. Die Einsatzzentrale erteilte die Freigabe für Sonder- und Wegerechte. Auf dem Eichborndamm in Berlin-Reinickendorf kollidierte das vom Kläger gesteuerte Einsatzfahrzeug mit einem Pkw. Der Sachschaden am Dienstfahrzeug belief sich auf 8.451,17 Euro.

Gravierende Verstöße gegen Sorgfaltspflichten festgestellt

Die Auswertung des Unfalldatenschreibers ergab, dass der Beamte zwar zu Beginn der Einsatzfahrt Blaulicht und Martinshorn aktiviert hatte, das akustische Warnsignal aber etwa 473 Meter vor der Kollision ausschaltete. Das Fahrzeug erreichte eine Höchstgeschwindigkeit von 95 km/h. Trotz einer etwa 50 Meter vor dem Aufprall eingeleiteten Vollbremsung aus 92 km/h konnte die Kollision nicht verhindert werden.

Gericht bestätigt grob fahrlässiges Verhalten

Das Verwaltungsgericht stufte das Verhalten des Beamten als grob fahrlässig ein. Die Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h um rund 90 Prozent sei weder geboten noch gerechtfertigt gewesen. Der Eichborndamm liege im innerörtlichen Bebauungszusammenhang, sei von Wohnhäusern gesäumt und der Unfallort befinde sich hinter einer leichten Rechtskurve. Zum Unfallzeitpunkt, einem Freitagabend kurz nach 18 Uhr, sei es bereits dunkel gewesen. Der Beamte hätte mit Hindernissen wie anderen Fahrzeugen, Fußgängern oder Radfahrern rechnen müssen.

Schadenersatzpflicht trotz möglichen Mitverschuldens

Das Gericht ließ offen, ob den Unfallgegner ein Mitverschulden trifft. Selbst wenn dieser seine Pflichten beim Wenden verletzt haben sollte, ändere dies nichts daran, dass der Beamte bei geringerer Geschwindigkeit den Zusammenstoß hätte verhindern können. Die Beschränkung der Haftung auf 50 Prozent des Schadens sei daher angemessen. Der Beamte könne mögliche Ansprüche wegen eines höheren Mitverschuldensanteils des Unfallgegners selbst geltend machen. Diese Ansprüche gingen nach Zahlung des Schadenersatzes auf ihn über.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil verdeutlicht, dass Beamte bei Dienstfahrten trotz Sonder- und Wegerechten zur angemessenen Sorgfalt verpflichtet sind. Eine überhöhte Geschwindigkeit von 92 km/h bei eingeschränkter Sicht vor einer Kurve kann als grob fahrlässig eingestuft werden, auch wenn es sich um eine Einsatzfahrt handelt. Das Ausschalten des Martinshorns 473 Meter vor der Unfallstelle verstärkt den Vorwurf der groben Fahrlässigkeit. Bei geteiltem Verschulden kann der Dienstherr den Beamten zum anteiligen Schadenersatz heranziehen, auch wenn der Personalrat nicht zustimmt.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Wenn Sie als Arbeitnehmer oder Beamter einen Schaden im Dienst verursachen, können Sie auch bei Einsatzfahrten zur Verantwortung gezogen werden. Selbst wenn Sie unter Zeitdruck stehen, müssen Sie grundlegende Sicherheitsvorschriften einhalten – wie angepasste Geschwindigkeit und Warnsignale. Bei nachgewiesener grober Fahrlässigkeit müssen Sie mit einer Kostenbeteiligung von bis zu 50% des Schadens rechnen, was mehrere tausend Euro betragen kann. Eine Verweigerung der Zustimmung durch den Personalrat schützt Sie dabei nicht vor der Haftung.

Benötigen Sie Hilfe?

Verunsichert nach einem Dienstunfall?

Gerade bei Einsatzfahrten mit Blaulicht und Martinshorn verschwimmen die Grenzen der zulässigen Geschwindigkeit und des notwendigen Risikos oft. Ein Dienstunfall kann schnell passieren und Sie als Beamten oder Arbeitnehmer in eine schwierige Situation bringen, insbesondere wenn eine Teilschuld und damit verbunden eine Schadenersatzforderung droht.

Wir helfen Ihnen, die Situation rechtlich einzuordnen und Ihre Handlungsmöglichkeiten auszuloten. Dabei prüfen wir die Umstände des Unfalls genau und beraten Sie umfassend zu Ihren Rechten und Pflichten.

Sprechen Sie uns an, um Ihre individuellen Fragen zu klären und gemeinsam eine optimale Strategie zu entwickeln.

Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!

FAQ - Häufig gestellte Fragen zum Thema

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Haftungsregeln gelten für Polizeibeamte bei Dienstunfällen?

Bei Dienstunfällen von Polizeibeamten greifen besondere Haftungsregeln, die sich nach dem Grad des Verschuldens richten. Die grundlegende Regelung findet sich in § 75 BBG bzw. § 48 BeamtStG.

Grundsätzliche Haftungsregelung

Bei einfacher Fahrlässigkeit haftet der Polizeibeamte nicht persönlich für den entstandenen Schaden. In diesem Fall übernimmt der Dienstherr die volle Haftung.

Bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz muss der Polizeibeamte dem Dienstherrn den entstandenen Schaden ersetzen. Die Schadensersatzpflicht kann dabei auch anteilig festgelegt werden, wenn ein Mitverschulden des Dienstherrn oder Dritter vorliegt.

Besonderheiten bei Einsatzfahrten

Wenn Sie als Polizeibeamter eine Einsatzfahrt durchführen, gelten besondere Sorgfaltspflichten. Auch bei Nutzung von Sonderrechten nach § 35 StVO müssen Sie die Geschwindigkeit der Verkehrssituation anpassen.

Ein aktuelles Beispiel verdeutlicht dies: Bei einer Einsatzfahrt zu einem gemeldeten Einbruch fuhr ein Polizist mit 92 km/h in einer unübersichtlichen Verkehrslage. Das Verwaltungsgericht Berlin stufte dies als grob fahrlässig ein, da der Einsatzzweck die Gefährdung Dritter nicht rechtfertigte. Der Beamte musste 50% des Schadens (4.225,59 Euro) selbst tragen.

Staatshaftung und Regress

Im Außenverhältnis gegenüber geschädigten Dritten haftet zunächst der Staat nach Art. 34 GG in Verbindung mit § 839 BGB. Der Dienstherr kann dann beim Beamten Regress nehmen, wenn diesem grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz nachgewiesen werden kann.

Bei mehreren beteiligten Beamten haften diese als Gesamtschuldner. Das bedeutet, wenn Sie gemeinsam mit anderen Beamten einen Schaden verursacht haben, kann der Dienstherr den vollen Ersatz von jedem Einzelnen verlangen. Intern müssen Sie dann einen Ausgleich untereinander herbeiführen.


zurück

Was bedeutet grobe Fahrlässigkeit bei Einsatzfahrten der Polizei?

Grobe Fahrlässigkeit bei Einsatzfahrten liegt vor, wenn ein Polizeibeamter die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maß verletzt und dabei einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt.

Grundsätzliche Kriterien

Bei Einsatzfahrten genießen Polizeibeamte zwar Sonderrechte nach § 35 StVO, diese entbinden sie jedoch nicht von ihrer grundlegenden Sorgfaltspflicht. Ein grob fahrlässiges Verhalten liegt vor, wenn die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer in keinem angemessenen Verhältnis zum Einsatzzweck steht.

Stellen Sie sich vor, Sie sind Polizeibeamter auf einer Einsatzfahrt. In diesem Fall müssen Sie stets zwischen der Dringlichkeit des Einsatzes und der potenziellen Gefährdung anderer abwägen. Bei einem Einbruchsdelikt rechtfertigt die Einsatzsituation beispielsweise keine überhöhte Geschwindigkeit in unübersichtlichen Verkehrslagen, da keine unmittelbare Gefahr für Personen besteht.

Konkrete Beispiele für grobe Fahrlässigkeit

Ein typischer Fall grober Fahrlässigkeit liegt vor, wenn ein Polizeibeamter:

  • Eine Kreuzung bei Rot ohne oder mit zu spät eingeschaltetem Martinshorn passiert
  • Mit deutlich überhöhter Geschwindigkeit (92 km/h) in unübersichtliche Verkehrssituationen einfährt
  • Das Blaulicht erst unmittelbar vor einer Gefahrenstelle aktiviert

Rechtliche Folgen

Bei grob fahrlässigem Verhalten muss der Polizeibeamte für entstandene Schäden am Dienstfahrzeug anteilig haften. Die Haftung ist dabei auf Fälle von Vorsatz und grober Fahrlässigkeit beschränkt – bei einfacher Fahrlässigkeit besteht keine Ersatzpflicht.

In der Praxis bedeutet dies: Wenn Sie als Polizeibeamter einen Unfall verursachen, prüft der Dienstherr, ob die Sorgfaltspflichten in besonders schwerem Maße verletzt wurden. Der Schadensersatz wird dann unter Berücksichtigung aller Umstände, wie etwa einem Mitverschulden anderer Verkehrsteilnehmer, anteilig festgelegt.


zurück

Welche Sorgfaltspflichten müssen Polizeibeamte bei Einsatzfahrten beachten?

Grundlegende Sorgfaltspflichten

Polizeibeamte müssen auch bei Einsatzfahrten mit Sonderrechten die öffentliche Sicherheit und Ordnung beachten. Sie dürfen nicht blind darauf vertrauen, dass andere Verkehrsteilnehmer ihnen Vorrang einräumen. Die Inanspruchnahme von Sonderrechten nach § 35 StVO erlaubt nur dann ein Abweichen von Verkehrsvorschriften, wenn dies zur Erfüllung hoheitlicher Aufgaben dringend geboten ist.

Einsatz von Warnsignalen

Bei Einsatzfahrten mit höchster Eile müssen Polizeibeamte sowohl Blaulicht als auch Martinshorn einsetzen. Das alleinige Einschalten des Blaulichts reicht nicht aus, um das Wegerecht nach § 38 StVO in Anspruch zu nehmen. Die Entscheidung über den Einsatz der Sondersignale trifft der Fahrzeugführer unter Berücksichtigung der konkreten Situation.

Geschwindigkeit und Fahrverhalten

Die Geschwindigkeit muss stets an die Verkehrssituation angepasst werden. Besondere Vorsicht ist geboten:

  • Bei unübersichtlichen Verkehrslagen
  • An Kreuzungen und Einmündungen
  • Bei schlechten Sichtverhältnissen
  • In verkehrsreichen Bereichen

Verhältnismäßigkeit des Einsatzes

Die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer muss in einem angemessenen Verhältnis zur Dringlichkeit des Einsatzes stehen. Bei einem Einbruchsdelikt ohne unmittelbare Gefahr für Personen rechtfertigt dies beispielsweise keine überhöhte Geschwindigkeit in unübersichtlichen Verkehrslagen. Bei Missachtung dieser Sorgfaltspflichten kann der Beamte bei einem Unfall für den entstandenen Schaden persönlich haftbar gemacht werden.

Die Haftung des Beamten kommt insbesondere dann in Betracht, wenn er grob fahrlässig gegen seine Sorgfaltspflichten verstößt. Ein solcher Verstoß liegt vor, wenn die verkehrsrechtlichen Pflichten in besonders schwerem Maße verletzt werden und dabei die im Verkehr erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße außer Acht gelassen wird.


zurück

Wie wird die Schadensersatzhöhe bei Dienstunfällen von Polizeibeamten berechnet?

Grundlegende Ansprüche

Bei einem Dienstunfall haben Polizeibeamte verschiedene Ansprüche auf finanzielle Entschädigung. Die Höhe richtet sich nach der Art und Schwere der Verletzung sowie den konkreten Umständen des Unfalls.

Die Unfallfürsorge umfasst folgende Leistungen:

  • Heilverfahren und notwendige Behandlungskosten
  • Erstattung von Sachschäden und besonderen Aufwendungen
  • Unfallausgleich bei dauerhafter Schädigung
  • Unfallruhegehalt bei Dienstunfähigkeit

Berechnung des Unfallausgleichs

Der Unfallausgleich wird gezahlt, wenn die Erwerbsfähigkeit länger als sechs Monate um mindestens 30 Prozent gemindert ist. Die monatlichen Zahlungen staffeln sich wie folgt:

  • 30-40% Minderung: 400 Euro
  • 50-60% Minderung: 800 Euro
  • 70-80% Minderung: 1.200 Euro
  • 90% Minderung: 1.600 Euro
  • 100% Minderung: 2.000 Euro

Besondere Entschädigungsleistungen

Bei einem qualifizierten Dienstunfall mit schweren Folgen besteht Anspruch auf eine einmalige Unfallentschädigung von 150.000 Euro, wenn die Erwerbsfähigkeit dauerhaft um mindestens 50 Prozent gemindert ist.

Im Todesfall erhalten die Hinterbliebenen gestaffelte Entschädigungen:

  • Witwe und versorgungsberechtigte Kinder: 100.000 Euro
  • Eltern und nicht versorgungsberechtigte Kinder: 40.000 Euro
  • Großeltern und Enkel: 20.000 Euro

Haftung und Mitverschulden

Bei der Schadensberechnung wird ein mögliches Mitverschulden berücksichtigt. Die Haftung entfällt bei leichter Fahrlässigkeit vollständig. Bei grober Fahrlässigkeit oder Vorsatz kann der Beamte zum Schadensersatz herangezogen werden.

Ein Mitverschulden des Dienstherrn, etwa durch mangelnde Organisation oder fehlende Schutzvorrichtungen, führt zur Minderung der Ersatzpflicht des Beamten. Bei mehreren beteiligten Beamten haften diese als Gesamtschuldner.


zurück

Welche Rechtsmittel haben Polizeibeamte gegen Schadensersatzforderungen des Dienstherrn?

Wenn Sie als Polizeibeamter mit Schadensersatzforderungen Ihres Dienstherrn konfrontiert werden, stehen Ihnen verschiedene Rechtsmittel zur Verfügung.

Widerspruchsverfahren

Gegen einen Leistungsbescheid des Dienstherrn können Sie innerhalb eines Monats nach Zustellung Widerspruch einlegen. Der Widerspruch muss schriftlich erfolgen und eine Begründung enthalten, warum Sie die Schadensersatzforderung für nicht gerechtfertigt halten.

Verwaltungsgerichtlicher Rechtsweg

Nach erfolglosem Widerspruch können Sie innerhalb eines Monats nach Zustellung des Widerspruchsbescheids Klage beim Verwaltungsgericht erheben. Bei der Klage können Sie verschiedene Argumente vorbringen:

Fehlende grobe Fahrlässigkeit: Der Dienstherr kann Schadensersatz nur bei vorsätzlicher oder grob fahrlässiger Pflichtverletzung fordern. Bei einfacher Fahrlässigkeit besteht keine Ersatzpflicht.

Haftungsbegrenzung bei gefahrgeneigter Arbeit: Auch für Beamte gilt eine Haftungsbegrenzung bei besonders gefahrgeneigten Tätigkeiten, wie etwa Einsatzfahrten.

Mitverschulden Dritter: Das Mitverschulden anderer Unfallbeteiligter muss bei der Schadensberechnung berücksichtigt werden.

Vorläufiger Rechtsschutz

In dringenden Fällen können Sie einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung des Leistungsbescheids stellen. Dies verhindert, dass Sie den geforderten Betrag zunächst zahlen müssen.

Erfolgsaussichten

Die Erfolgsaussichten Ihrer Rechtsmittel hängen von verschiedenen Faktoren ab:

Verschuldensgrad: Bei nachweislich nur leichter Fahrlässigkeit bestehen gute Chancen auf Erfolg.

Einsatzsituation: Die konkreten Umstände des Einsatzes werden berücksichtigt. Nicht jeder Einsatz rechtfertigt erhöhte Risiken.

Beweislage: Der Dienstherr muss das grob fahrlässige Verhalten nachweisen. Polizeiliche Unfallberichte haben dabei erhebliche Bedeutung.


zurück


Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar - Juristische Fachbegriffe kurz und knapp einfach erklärt

Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Grob fahrlässig

Ein besonders schwerwiegender Sorgfaltspflichtverstoß, bei dem der Verursacher die erforderliche Sorgfalt in ungewöhnlich hohem Maße verletzt und einfachste, ganz naheliegende Überlegungen nicht anstellt. Die Folgen des Handelns werden nicht bedacht, obwohl sie sich jedem durchschnittlich verantwortungsbewussten Menschen hätten aufdrängen müssen. Das Konzept ist in verschiedenen Gesetzen verankert, u.a. in § 276 BGB. Beispiel: Ein Autofahrer überfährt innerorts mit 90 km/h eine rote Ampel an einer unübersichtlichen Kreuzung.


Zurück

Sonder- und Wegerechte

Spezielle Befugnisse für Einsatzfahrzeuge von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdiensten, die es ihnen erlauben, von bestimmten Verkehrsregeln abzuweichen. Gemäß § 35 StVO (Sonderrechte) und § 38 StVO (Wegerechte) dürfen sie z.B. schneller fahren oder rote Ampeln überfahren – aber nur mit Blaulicht und Martinshorn und unter besonderer Rücksichtnahme auf andere Verkehrsteilnehmer. Die Inanspruchnahme dieser Rechte muss durch eine dringende Einsatzlage gerechtfertigt sein.


Zurück

Mitverschulden

Eine rechtliche Situation, bei der mehrere Personen für einen Schaden mitverantwortlich sind. Geregelt in § 254 BGB bedeutet dies, dass der Schaden entsprechend der jeweiligen Verursachungsanteile zwischen den Beteiligten aufgeteilt wird. Beispiel: Bei einem Unfall trägt der eine Fahrer 70% und der andere 30% Schuld, dann müssen sie den Gesamtschaden in diesem Verhältnis tragen.


Zurück

Sorgfaltspflichten

Rechtliche Verpflichtungen, sich so zu verhalten, dass andere nicht geschädigt werden. Diese ergeben sich aus Gesetzen, Vorschriften und allgemeinen Verkehrssicherungspflichten. Im Straßenverkehr bedeutet dies besonders die Einhaltung der StVO und angemessenes Verhalten entsprechend der Verkehrssituation. Bei Polizeibeamten gelten aufgrund ihrer besonderen Rolle erhöhte Sorgfaltspflichten, auch bei Einsatzfahrten.


Zurück

Schadensersatzansprüche

Rechtliche Forderungen auf Ausgleich eines erlittenen Schadens. Diese können sich aus verschiedenen Rechtsgrundlagen ergeben, hauptsächlich aus § 823 BGB (unerlaubte Handlung) oder Vertragsverletzungen. Der Geschädigte hat Anspruch auf Wiederherstellung des Zustands, der ohne das schädigende Ereignis bestehen würde – meist durch Geldzahlung. Bei Beamten gelten besondere Regelungen nach dem Beamtenstatusgesetz.

Zurück


Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 823 BGB: Dieser Paragraph des Bürgerlichen Gesetzbuches regelt die allgemeine Schadensersatzpflicht bei unerlaubten Handlungen. Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Im vorliegenden Fall könnte die fahrlässige Fahrweise des Polizeibeamten beim Einsatzfahrzeugunfall eine Verletzung dieser Vorschrift darstellen, wodurch ein Schadensersatzanspruch begründet werden könnte.
  • Landespolizeigesetz Berlin (PolGG Bln): Dieses Gesetz bestimmt die Aufgaben, Rechte und Pflichten der Polizeibehörden und ihrer Beamten in Berlin. Es umfasst Regelungen zur ordnungsgemäßen Fahrweise von Einsatzfahrzeugen und zum Umgang mit dienstlichen Pflichtverletzungen. Der Zusammenhang zum Fall liegt darin, dass der Polizeibeamte als Dienstfahrer gemäß PolGG Bln zur Einhaltung bestimmter Verkehrsregeln und Sorgfaltspflichten verpflichtet ist, deren Verletzung zur Schadensersatzforderung führen kann.
  • § 153 StPO: Dieser Paragraph der Strafprozessordnung regelt das Ermittlungsverfahren bei Ordnungswidrigkeiten und Straftaten. Er ermöglicht die Einleitung von Ermittlungen und die Durchführung von Befragungen, wenn der Verdacht einer Pflichtverletzung besteht. Im vorliegenden Fall wurden gegen den Kläger und den Unfallgegner Ermittlungsverfahren nach § 153 StPO geführt, um festzustellen, ob eine strafbare Handlung vorliegt.
  • § 170 StPO: Dieser Paragraph befasst sich mit der Einstellung von Ermittlungsverfahren. Wenn keine hinreichenden Gründe für eine Strafverfolgung vorliegen, kann die Staatsanwaltschaft das Verfahren einstellen. Im vorliegenden Fall wurden die Ermittlungen gegen den Kläger gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt, was auf fehlende Beweise für eine strafbare Pflichtverletzung hinweist.
  • Straßenverkehrsordnung (StVO): Die StVO regelt die Benutzung der Straßen und Verkehrssicherheit in Deutschland, einschließlich der Vorschriften für Einsatzfahrzeuge wie Polizeiwagen. Relevant für den Fall sind insbesondere die Bestimmungen zur Geschwindigkeit, zum Einsatz von Sonderzeichen wie Blaulicht und Martinshorn sowie zum Verhalten bei Einsätzen. Die Verletzung dieser Vorschriften durch den Polizeibeamten könnte als grob fahrlässige Pflichtverletzung gewertet werden, was die Grundlage für die Schadensersatzforderung bildet.

Das vorliegende Urteil


VG Berlin – Az.: 5 K 65/21 – Urteil vom 15.05.2024


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen ausschließlich Informationszwecken und stellen keine Rechtsberatung dar. Sie können eine individuelle rechtliche Beratung, die die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalls berücksichtigt, nicht ersetzen. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch neue Urteile und Gesetze geändert haben. Teile dieses Beitrags könnten mithilfe von KI-Unterstützung erstellt worden sein, um eine effiziente und präzise Darstellung der Informationen zu gewährleisten. Trotz umfassender Kontrolle können Irrtümer enthalten sein. Für eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung kontaktieren Sie uns bitte.

Soforthilfe vom Anwalt!

Jetzt Hilfe vom Anwalt!

Rufen Sie uns an um einen Beratungstermin zu vereinbaren oder nutzen Sie unser Kontaktformular für eine unverbindliche Beratungsanfrage bzw. Ersteinschätzung.

Ratgeber und hilfreiche Tipps unserer Experten.

Lesen Sie weitere interessante Urteile.

Unsere Kontaktinformationen.

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Hier finden Sie uns!

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

zum Kontaktformular

Ersteinschätzungen nur auf schriftliche Anfrage per Anfrageformular.

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Über uns

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!

Das sagen Kunden über uns
Unsere Social Media Kanäle

 

Termin vereinbaren

02732 791079

Bürozeiten:
Mo-Fr: 08:00 – 18:00 Uhr

Kundenbewertungen & Erfahrungen zu Rechtsanwälte Kotz. Mehr Infos anzeigen.

Ersteinschätzung

Wir analysieren für Sie Ihre aktuelle rechtliche Situation und individuellen Bedürfnisse. Dabei zeigen wir Ihnen auf, wie in Ihren Fall sinnvoll, effizient und möglichst kostengünstig vorzugehen ist.

Fragen Sie jetzt unverbindlich nach unsere Ersteinschätzung und erhalten Sie vorab eine Abschätzung der voraussichtlichen Kosten einer ausführlichen Beratung oder rechtssichere Auskunft.

Jobangebote

Jobangebote in der Kanzlei Kotz
Rechtsanwaltsfach-angestellte(r) und Notarfachangestellte(r) (m/w/d)

 

jetzt bewerben