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Verkehrsunfall – Kollision mit Rechtslenkerfahrzeug in Linkskurve

Kollision in Linkskurve: Haftungsverteilung bei Verkehrsunfall mit Rechtslenker

Ein aktuelles Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig-Holstein (Az: 7 U 61/21) befasst sich mit einem Verkehrsunfall, bei dem ein Fahrer mit einem Rechtslenkerfahrzeug in einer Linkskurve mit einem entgegenkommenden Fahrzeug kollidierte. Dabei geht es um die Frage der Haftungsverteilung zwischen den beteiligten Fahrern und die Höhe des Schmerzensgeldes.

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Sachverhalt: Unfallhergang und Schadenersatzforderungen

Der Kläger befuhr eine schmale Landstraße ohne Mittelstreifen und geriet in einer Linkskurve in den Gegenverkehr. Hierbei kam es zur Kollision mit einem entgegenkommenden Fahrzeug, das von dem Beklagten zu 1) gesteuert wurde und ein Rechtslenker war. Der Kläger erlitt bei dem Unfall erhebliche Verletzungen, die zu inneren Blutungen, dem Verlust der Milz und einem Rippenbruch führten. Er verbrachte neun Tage im Krankenhaus und war bis Ende September 2018 krankgeschrieben.

Neben dem materiellen Schaden an seinem Fahrzeug, forderte der Kläger Schadenersatz für die Kosten der Wiederbeschaffung, eine Kostenpauschale, Nutzungsausfallentschädigung sowie ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 10.000 Euro.

Entscheidung: Haftungsverteilung und Schmerzensgeld

Das Oberlandesgericht Schleswig-Holstein entschied, dass die Beklagten als Gesamtschuldner dem Kläger 4.980 Euro sowie ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.350 Euro zahlen müssen. Zudem wurde festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger zwei Drittel des weiteren materiellen Schadens sowie den weiteren immateriellen Schaden zu ersetzen, wobei ein Mitverschulden des Klägers von einem Drittel berücksichtigt wurde.

Die Beklagten wurden außerdem verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 958,19 Euro freizuhalten. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.

Fazit: Relevanz des Urteils für ähnliche Fälle

Das Urteil des Oberlandesgerichts Schleswig-Holstein verdeutlicht die Bedeutung der Haftungsverteilung bei Verkehrsunfällen, insbesondere bei Kollisionen mit Rechtslenkerfahrzeugen in Linkskurven. Es zeigt, dass bei solchen Unfällen sowohl das Verschulden des Rechtslenkerfahrers als auch das des entgegenkommenden Fahrers berücksichtigt werden kann. Zudem verdeutlicht das Urteil, dass die Höhe des Schmerzensgeldes von den konkreten Umständen des Einzelfalls abhängt und nicht pauschal festgelegt werden kann.

In ähnlichen Fällen können sich Unfallopfer und Rechtslenkerfahrer an dieses Urteil orientieren, um eine Einschätzung über die mögliche Haftungsverteilung und Schmerzensgeldforderungen zu erhalten. Es ist jedoch wichtig, stets die individuellen Umstände des jeweiligen Unfalls zu berücksichtigen und sich gegebenenfalls anwaltlichen Rat einzuholen, um die eigenen Ansprüche durchzusetzen.

Das vorliegende Urteil trägt dazu bei, das Bewusstsein für die besonderen Herausforderungen von Rechtslenkerfahrzeugen im Straßenverkehr zu schärfen und zeigt, dass bei Verkehrsunfällen unter Umständen beide Parteien eine gewisse Verantwortung tragen können. Dies unterstreicht die Bedeutung von erhöhter Vorsicht und gegenseitiger Rücksichtnahme im Straßenverkehr, um solche Unfälle zu vermeiden und die Sicherheit aller Verkehrsteilnehmer zu gewährleisten.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Schleswig-Holstein – Az.: 7 U 61/21 – Urteil vom 04.01.2022

Auf die Berufung des Klägers wird das am 23. März 2021 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kiel unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 4.980 € sowie ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.350 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 4. September 2018 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger zwei Drittel des weiteren materiellen Schadens sowie den weiteren immateriellen Schaden unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens des Klägers von einem Drittel zu ersetzen, den dieser aus dem Verkehrsunfall vom 23. Juni 2018 auf dem G… Weg bei N. noch erleiden wird, sofern der Anspruch nicht auf sonstige Dritte oder Versicherungsträger übergegangen ist.

3. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, den Kläger von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 958,19 € freizuhalten.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits im ersten Rechtszug tragen der Kläger 40 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 60 %. Die Kosten der Berufung fallen dem Kläger zu 71 % und den Beklagten als Gesamtschuldner zu 29 % zur Last.

6. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Verkehrsunfall - Kollision mit Rechtslenkerfahrzeug in Linkskurve
(Symbolfoto: Daniel Avram/Shutterstock.com)

Der Kläger macht Ansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, welcher sich am 23. Juni 2018 auf dem G… Weg bei N. ereignete.

Der Kläger befuhr gegen 23:00 Uhr mit seinem PKW Suzuki (amtliches Kennzeichen …) die schmale Landstraße ohne Mittelstreifen und ohne gesondert angeordnete Höchstgeschwindigkeit in einer Linkskurve. Ihm entgegen kam mit einer Geschwindigkeit von ca. 80 km/h der Beklagte zu 1) mit seinem PKW Mitsubishi, einem Rechtslenker (amtliches Kennzeichen …, haftpflichtversichert bei der Beklagten zu 2).

Die beiden Fahrzeuge berührten sich an ihrer jeweils linken Seite. Das klägerische Fahrzeug drehte sich um die eigene Achse und kam mit der Front zur Straßenmitte entgegengesetzt zur klägerischen Fahrtrichtung schließlich zum Stehen.

Der Kläger verletzte sich bei dem Unfall. Er kam mit inneren Blutungen ins Krankenhaus. Seine Milz war nach dem Unfall eingerissen und musste operativ entfernt werden. Zudem war eine Rippe gebrochen. Er verbrachte insgesamt neun Tage im Krankenhaus und war bis Ende September 2018 krankgeschrieben. Beruflich nahm er später an einer Wiedereingliederungsmaßnahme teil.

An seinem Pkw entstand ein wirtschaftlicher Totalschaden. Der Wiederbeschaffungsaufwand beträgt 7.100,00 €.

Neben dem Wiederbeschaffungsaufwand hat der Kläger eine Kostenpauschale von 25 €, einen Nutzungsausfall von 14 Tagen zu je 35 € (= 490 €) sowie ein Schmerzensgeld geltend gemacht, welches einen Betrag von 10.000,00 € nicht unterschreiten sollte.

Er hat beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 7.615,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilen, an ihn ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das ausdrückliche Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm jedweden weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, den er aus dem Verkehrsunfall vom 23.06.2018 noch erleiden wird – sofern der Anspruch nicht auf Dritte oder Versicherungsträger übergegangen ist -,

4. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, ihn von vorgerichtlichen Anwaltskosten in Höhe von 1.242,84 € freizuhalten.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie haben behauptet, der Kläger habe die Kurve geschnitten und sei dem Beklagten zu 1) auf dessen Fahrbahnseite plötzlich entgegengekommen. Der Beklagte zu 1) habe deshalb bremsen müssen, sein Fahrzeug sei ins Rutschen gekommen und sei dann mit der linken vorderen Ecke gegen den hinteren linken Kotflügel des klägerischen Pkw gestoßen, wodurch der klägerische Pkw mit der linken Seite gegen den linken hinteren Teil des Fahrzeugs des Beklagten zu 1) gestoßen sei.

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Das Landgericht hat nach Anhörung der Parteien und Beweisaufnahme (Zeugenvernehmung, Beiziehung der Unfallakte, Einholung eines unfallanalytischen Sachverständigengutachtens) der Klage auf der Basis einer Quote von 50 % stattgegeben. Beide Seiten hafteten lediglich für die Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs. Einen Verstoß des jeweiligen Unfallgegners gegen § 2 Abs. 2 StVO oder einen anderen Verkehrsverstoß habe dagegen keine Seite beweisen können, da unaufklärbar geblieben sei, wo konkret die beiden Fahrzeugen kollidiert seien. Bei der Schadenshöhe hat das Landgericht unter Versagung der Nutzungsausfallentschädigung den vom Kläger geltend gemachten Wiederbeschaffungsaufwandes anerkannt und der Klage insoweit auf Grundlage der Quote von 50 % stattgegeben. Die Schmerzensgeldforderung sei unter Berücksichtigung der Haftungsquote in Höhe von 4.000 € begründet. Auch der Feststellungsantrag und der Antrag auf Freihaltung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten seien unter Berücksichtigung der Quote begründet.

Wegen der weiteren Einzelheiten des erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger seine erstinstanzlichen Klagziele weiter, soweit dort nicht obsiegend. Zur Begründung führt er im Wesentlichen aus, das Landgericht habe die Beweise nicht vollständig gewürdigt. Der Beklagte zu 1) sei weder rechtsseitig gefahren, noch mit angemessener Geschwindigkeit. Zudem sei die Betriebsgefahr seines Fahrzeugs als Rechtslenkerfahrzeug erhöht. Eine Nutzungsentschädigung für die Ersatzbeschaffung könne nicht versagt werden, nur weil der Kläger im Krankenhaus gewesen sei.

Die Beklagten treten der Berufung entgegen.

Wegen der Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist teilweise begründet. Die festgestellten Tatsachen rechtfertigen eine andere Entscheidung. Dem Kläger steht gegenüber den Beklagten der geltend gemachte Anspruch aus §§ 7, 11, 17 Abs. 2, Abs. 1, 18 StVG, 115 VVG teilweise, nämlich im tenorierten Umfang, zu. Unter Abwägung der Verursachungsbeiträge ist von einer Haftungsquote von zwei Drittel zu einem Drittel zu Gunsten des Klägers auszugehen.

1. Im Rahmen der bei einem Verkehrsunfall zweier Kraftfahrzeuge erforderlichen Abwägung gemäß § 17 Absatz 1 StVG ist auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen, insbesondere darauf, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist. Bei der Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile der Fahrer der beteiligten Fahrzeuge sind unter Berücksichtigung der von beiden Fahrzeugen ausgehenden Betriebsgefahr nur unstreitige bzw. zugestandene und bewiesene Umstände zu berücksichtigen. Jeder Halter hat dabei die Umstände zu beweisen, die dem anderen zum Verschulden gereichen und aus denen er für die nach § 17 Absatz 1 u. 2 StVG vorzunehmende Abwägung für sich günstige Rechtsfolgen herleiten will (vgl. BGH, NZV 1996, S. 231).

Dabei ist zunächst der Wertung des Landgerichts zu folgen, dass zu Lasten keines Fahrers der beiden Unfallfahrzeuge ein Verkehrsverstoß mit hinreichender Sicherheit festzustellen ist. Das Landgericht hat die Unfalldarstellung des Klägers nicht als erwiesen angesehen. Dies begegnet keinen Bedenken.

Der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 286 ZPO) berechtigt das Gericht, die im Prozess gewonnenen Erkenntnisse grundsätzlich nach seiner individuellen Einschätzung zu bewerten, wobei der Richter lediglich an die Denk- und Naturgesetze und sonstigen Erfahrungssätze gebunden ist (vgl. Zöller/Greger, ZPO, 34. Aufl. § 286, Rn. 13). Ein Verstoß gegen diese Grundsätze ist nicht erkennbar. Im Übrigen steht die Wiederholung der Beweisaufnahme außerdem gem. §§ 529, 531 ZPO nicht mehr in reinem Ermessen des Berufungsgerichts. Sie ist im Sinne eines gebundenen Ermessens vielmehr nur dann zulässig, wenn konkrete Anhaltspunkte Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der erstinstanzlichen Feststellungen begründen und eine gewisse – nicht notwendig überwiegende – Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass im Fall einer Beweiserhebung die erstinstanzlichen Feststellungen keinen Bestand mehr haben werden, sich also ihre Unrichtigkeit herausstellt (vgl. Zöller/Heßler, a.a.O. § 529, Rn. 3). Solche konkreten Umstände werden mit der Berufung nicht aufgezeigt. Es genügt nicht, wenn der Kläger – wie hier – seine Beweiswürdigung anstelle derjenigen des Landgerichts setzt.

Entscheidend ist insoweit, dass der Sachverständige X letztlich den Kollisionsort nicht sicher ermitteln konnte und daher für ihn nicht mit Sicherheit festzustellen war, welcher der beiden Fahrer seine gedankliche Fahrspur verließ. Dass der Beklagte zu 1) die Kontrolle über sein Fahrzeug verlor, worauf der Kläger mit der Berufung hinweist, lässt angesichts dessen keinen sicheren Rückschluss auf einen von ihm begangenen Verkehrsverstoß zu. Denn hieraus lässt sich – was vom Landgericht zutreffend erkannt wurde – ein Verkehrsverstoß nicht sicher ableiten, solange möglich ist, dass das Bremsen des Beklagten zu 1), das zur Kontrollverlust geführt hat, nur die Reaktion auf die Abweichung des Klägers vom Rechtsfahrgebot im Kurvenbereich darstellt, um einen Unfall zu vermeiden.

Obwohl sich beide Fahrzeugführer hiernach nur die Betriebsgefahr ihrer Fahrzeuge anrechnen lassen müssen, trifft die Beklagten die überwiegende Haftung. Denn den Beklagten zu 1) trifft vorliegend im Kurvenbereich eine erhöhte Betriebsgefahr seines Rechtslenkerfahrzeugs. Das Oberlandesgericht Hamm hat aus der bauartbedingten Besonderheit von Rechtslenkerfahrzeugen im Begegnungsverkehr bei schmalen Fahrbahnen eine Pflicht zu besonderer Vorsicht und Rücksichtnahme abgeleitet (vgl. OLG Hamm, Urteil vom 18.5.1999 – 9 U 271/98, NZV 2001, 382). Dies stellt in der Sache eine Erhöhung der Betriebsgefahr von Rechtslenkerfahrzeugen in konkreten Verkehrssituationen dar. Sie ist auch (wie hier) im Bereich von schmalen Rechtskurven gegeben. Dass Rechtslenkerfahrzeuge in anderen Verkehrssituationen – hiervon abweichend – sogar eine bessere Übersicht ermöglichen mögen, berührt die Erhöhung der Betriebsgefahr in der hier (aus Sicht des Beklagten zu 1) vorliegenden Rechtskurve nicht. Der Beklagte zu 1) hat auch nicht sein Fahrverhalten an die erhöhte Betriebsgefahr angepasst. Der Sachverständige X hat – im Gegenteil – die Geschwindigkeit des Beklagten zu 1) im Kurvenbereich als „sportlich” angesehen.

Diese Erhöhung der Betriebsgefahr des vom Beklagten zu 1) genutzten Fahrzeugs führt vorliegend dazu, den Beklagten die gesamtschuldnerische Haftung für den Unfall zu zwei Dritteln auferlegen.

2. Bei der Feststellung des Schadensumfangs hat das Landgericht dem Kläger die Erstattung des Nutzungsausfalls zu Unrecht komplett versagt. Dem Kläger steht der Anspruch teilweise, nämlich in Höhe von 233,33 € aus §§ 7, 17 Abs. 2, Abs. 1, 18 StVG, 115 VVG zu.

Seit der Grundsatzentscheidung aus dem Jahr 1963 (vgl. BGH, NJW 1964, 542 ff.) kann der Geschädigte vom Unfallgegner als Position des Sachschadens den Ersatz des Nutzungsausfalls auch dann verlangen, wenn er für die Dauer der fehlenden Nutzungsmöglichkeit des beschädigten Kraftfahrzeugs kein Ersatzfahrzeug angemietet hat. Dies wird vom Bundesgerichtshof in ständiger Rechtsprechung für grundsätzlich zulässig gehalten (aus jüngerer Zeit etwa BGH, NJW 2018, 1393 ff.; weitere Nachweise bei Grüneberg, BGB, 81. Aufl. 2021, § 249 Rn. 40).

Die Entschädigung ist von Benutzungsmöglichkeit und Benutzungswille des Geschädigten abhängig. Die Entbehrung des Nutzungsausfalls muss für den Geschädigten zudem „fühlbar” sein, weil er das Fahrzeug für seine alltägliche Lebensführung tatsächlich gebraucht hätte (BGH, NJW 2018, 1393, 1394).

An der Benutzungsmöglichkeit fehlt es, wenn der Geschädigte aus gesundheitlichen Gründen kein Kraftfahrzeug nutzen kann, zum Beispiel, weil er aufgrund des Unfalls bettlägerig ist (KG, NZV 2006, 157, 158). Die gesundheitliche Beeinträchtigung muss hierbei so gravierend sein, dass dem Geschädigten die Möglichkeit zur Nutzung eines Kraftfahrzeugs schlechthin fehlt (vgl. Fürter, Nutzungsausfall bei fiktiver Schadensabrechnung, SchlHAnz 2021, 334).

Vorliegend war der Kläger zunächst bis zu seiner Entlassung am 2. Juli 2018 im Krankenhaus. Während dieser Zeit, kann er zwar weder die Ersatzbeschaffung vornehmen, noch hatte er in dieser Zeit die Möglichkeit, das Fahrzeug zu nutzen. Der im Krankenhaus Behandelte soll sich während dieser Zeit auf die Genesung konzentrieren. Ihm ist daher nicht zuzumuten, vom Krankenhaus aus die Ersatzbeschaffung durchzuführen.

Nach der Entlassung hat der Kläger im vorliegenden Fall die Ersatzbeschaffung tatsächlich mit Zulassung eines Fahrzeugs am 12. Juli 2018 durchgeführt. Der Verzicht auf das Fahrzeug war für ihn im Zeitraum vom 2. bis 12. Juli 2018 auch spürbar. Zwar hat er im Rahmen seiner Anhörung angegeben, dass ihm langes Sitzen wegen der Operationsnarbe nicht möglich gewesen sei. Dies schließt aber nicht die Möglichkeit zur Fahrzeugnutzung schlechterdings aus, etwa für kurze Fahrten.

Allerdings ist der Zeitraum des anzuerkennenden Nutzungsausfalls auf die Zeit von der Entlassung aus dem Krankenhaus bis zur Ersatzbeschaffung begrenzt, also auf zehn Tage. Hiermit liegt die Dauer der Ersatzbeschaffung noch unterhalb der zwölf bis 14 Tage, die im Schadensgutachten hierfür veranschlagt wurden, was im Regelfall die äußere Grenze des berechtigten Nutzungsersatzes darstellt (vgl. Fürter, a.a.O, 336). Zudem muss sich der Kläger auch beim Nutzungsausfall auf den Ersatzanspruch gemäß Quote beschränken.

Wegen des materiellen Schadensersatzes im Übrigen, der Schmerzensgeldhöhe und des Feststellungsbegehrens sowie der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten kann auf die zutreffenden Ausführungen im angefochtenen Urteil verwiesen werden, die nur wegen der zu Gunsten des Klägers verbesserten Quote der Korrektur bedürfen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO. Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.


Die folgenden rechtlichen Bereiche sind u.a. in diesem Urteil relevant:

  1. Schadensersatzrecht (§§ 249 ff. BGB): Das Schadensersatzrecht regelt die Verpflichtung des Schädigers, den Schaden zu ersetzen, der durch eine rechtswidrige Handlung verursacht wurde. In diesem Fall geht es um die Schadensersatzansprüche des Klägers gegen die Beklagten aufgrund des Verkehrsunfalls. Die §§ 249 ff. BGB stellen dabei die Grundlage für die Berechnung und den Umfang des Schadensersatzes dar.
  2. Deliktsrecht (§ 823 BGB): Das Deliktsrecht betrifft die Haftung für rechtswidrig zugefügte Schäden. Im vorliegenden Fall wird das Deliktsrecht relevant, weil der Kläger gegen die Beklagten Ansprüche wegen der Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit und Eigentum gemäß § 823 BGB geltend macht.
  3. Schmerzensgeld (§ 253 Abs. 2 BGB): Schmerzensgeld ist eine Entschädigung für immaterielle Schäden, die durch Körperverletzung, Gesundheitsschädigung oder Tötung entstanden sind. In diesem Urteil wurde den Beklagten aufgegeben, ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.350 € an den Kläger zu zahlen.
  4. Straßenverkehrsrecht (§ 2 Abs. 2 StVO): Dieses Urteil bezieht sich auch auf das Straßenverkehrsrecht, insbesondere auf die Verpflichtung, die Fahrbahnseite einzuhalten und nicht auf die Gegenfahrbahn zu gelangen. § 2 Abs. 2 StVO regelt die Pflicht, auf der rechten Fahrbahnseite zu fahren und die Kurven nicht zu schneiden.
  5. Zinsen (§ 288 BGB): Das Urteil verurteilt die Beklagten zur Zahlung von Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 4. September 2018. § 288 BGB regelt die Verzugszinsen und die Zinsen für Entschädigungsansprüche.
  6. Prozesskosten (§§ 91 ff. ZPO): In diesem Urteil werden auch die Prozesskosten geregelt, insbesondere die Verteilung der Kosten für den Rechtsstreit im ersten Rechtszug und in der Berufung. Die §§ 91 ff. ZPO legen die Grundsätze für die Erstattung von Prozesskosten fest.

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