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Verkehrsunfall – Kollision Motorradfahrer mit vorausfahrendem linksabbiegenden Pkw

LG Hamburg – Az.: 306 O 133/19 – Urteil vom 09.04.2020

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagten wegen eines Verkehrsunfalls vom 13. Oktober 2018 auf der S Straße in H. in Anspruch. Beteiligt waren der Kläger mit einem auf ihn zugelassenen Motorrad, Marke Harley – Davidson und der Beklagte zu 1) mit seinem bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten PKW, Marke BMW. Der Unfall ereignete sich unter im Detail streitigen Umstände dergestalt, dass der Kläger auf das Fahrzeug des Beklagten zu 1) auffuhr, als dieser nach links abbiegen wollte um entweder zu wenden oder auf einen Parkplatz zu fahren. Die Unfallendstellung der Fahrzeuge ist aus den Fotos in der beigezogenen polizeilichen Unfallakte …. ersichtlich.

Der Kläger hat hinsichtlich des Schadens an dem Motorrad ein Gutachten erstellen lassen (K4, 4a), wodurch ihm Kosten in Höhe von 1.335,89 € entstanden. Laut dem Gutachten belief sich der Reparaturaufwand am Motorrad auf 11.182,35 €. Der Kläger hat eine Notreparatur durchführen lassen, für die er 4.905,49 € zahlte (K8).

Der Kläger wurde bei dem Unfall in streitigem Umfang verletzt (K5).

Der Kläger trägt vor, er sei Eigentümer des Motorrades gewesen. Der Beklagte zu 1) habe auf dem linken Fahrstreifen eine Vollbremsung vollzogen um zu wenden, nachdem dieser am gegenüberliegenden Fahrbahnrand die als Zeugin gehörte und dort als Prostituierte tätige Korkut K. entdeckt habe. Er, der Kläger, habe einen Aufprall nicht mehr verhindern können.

Ein Schmerzensgeld von mindestens 10.000,00 € sei angemessen. Die Beklagten hätten zudem den Sach- und Sachfolgeschaden zu ersetzen, sowie einen Verdienstausfallschaden.

Nach teilweiser Klagrücknahme beantragt der Kläger noch,

1. Die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn, den Kläger, 4.905,49 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22. Juni 2019 sowie ein Schmerzensgeld, welches in der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, 10.000,00 € aber nicht unterschreiten sollte, zu zahlen.

2. Festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihm, dem Kläger, sämtliche weiteren materiellen und immateriellen Schäden, die ihm in Zukunft aus dem Verkehrsunfallgeschehen vom 13. Oktober 2018 auf der S – Straße in H. erwachsen, zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen, letztere, soweit sie zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht vorhersehbar sind.

3. Die Beklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an ihn, den Kläger, außergerichtliche Kosten aus anwaltlicher Tätigkeit in Höhe von 1.114,79 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 4. März 2019 zu erstatten.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie bestreiten die Aktivlegitimation des Klägers hinsichtlich des Sach- und Sachfolgeschadens und tragen vor, der Beklagte zu 1) habe nach links eingeordnet und blinkend angehalten, um auf einen Parkplatz abzubiegen. Der Beklagte zu 1) habe Gegenverkehr passieren lassen müssen. Als er, der Beklagte zu 1), gerade im Begriff gewesen sei anzufahren, habe er, der Beklagte zu 1), den Kläger im Rückspiegel bemerkt. Dieser habe noch beschleunigt und dann auf sein, des Beklagten zu 1), Fahrzeug aufgefahren.

Hinsichtlich des Schmerzensgeldes und des Verdienstausfallschadens wird die Höhe des Anspruchs bestritten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die wechselseitig eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Das Gericht hat den Beklagten zu 1) persönlich angehört und durch Zeugenvernehmung Beweis erhoben. Auf das Protokoll vom 12. Februar 2020 wird verwiesen. Die als Zeugin benannte Bush B. konnte nicht geladen werden; der Kläger ist zum Termin nicht erschienen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet und daher abzuweisen. Dem Kläger stehen gegen die Beklagten wegen des streitgegenständlichen Unfallgeschehens keine Ansprüche zu.

Hinsichtlich des Fahrzeugschadens ist der Kläger aktivlegitimiert. Er war Halter und Fahrer des Fahrzeuges und hat das Schadensgutachten in Auftrag gegeben. Das unsubstantiierte Bestreiten der Beklagten ist hier unerheblich (vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 19. Juni 2018, I-1 U 164/17, Rdnr. 17f, zit. n. juris). Hinsichtlich der Sachverständigenkosten ist der Kläger allerdings angesichts der Abtretungserklärung Anlage B2 nicht aktivlegitimiert.

Verkehrsunfall - Kollision Motorradfahrer mit vorausfahrendem linksabbiegenden Pkw
(Symbolfoto: Photographee.eu/Shutterstock.com)

Dem Kläger stehen dennoch keine Ansprüche zu, denn er hat den Unfall selbst verschuldet. Dieses Verschulden wiegt so schwer, dass die Verursachungsbeiträge auf Beklagtenseite bei der Abwägung nach § 17 Abs. 1 StVG nicht ins Gewicht fallen.

Der Kläger hat den Unfall durch einen Verstoß gegen § 4 StVO verursacht. Dies steht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest.

Zwar spricht hier zunächst ein Anschein gegen den Beklagten zu 1) für einen Verstoß gegen § 9 Abs. 5 StVO. Der Beklagte zu 1) wollte zumindest nach links in ein Grundstück abbiegen. Nach eigener Aussage hatte er auch bereits mit dem Abbiegemanöver begonnen, als es zur Kollision kam. Dies spricht grundsätzlich dafür, dass der Beklagte zu 1) nicht, wie vorgeschrieben, die Gefährdung anderer ausgeschlossen hatte.

Den Beklagten ist es hier jedoch gelungen, den Anscheinsbeweis zu widerlegen; jedenfalls ein derart schweres Verschulden des Klägers zu beweisen, dass dieser letztlich allein haftet.

Nach den glaubwürdigen Angaben des Beklagten zu 1) habe er den Kläger noch nicht sehen können, als er, der Beklagte zu 1) sich nach links einordnetet und anhielt. Erst im Moment des eigenen Losfahrens sei der Kläger für ihn erkennbar gewesen.

Diese Angaben werden durch die Aussage der als Zeugin gehörten Korkut K. bestätigt. Diese hat geschildert, dass der Beklagte zu 1), angehalten habe, um nach links in eine Hofeinfahrt abzubiegen. Er habe Gegenverkehr durchlassen müssen. Der Kläger sei auf dem rechten Fahrstreifen gefahren und habe zu einer Kollegin von ihr, der Zeugin geschaut. Dann sei der Kläger auf den linken Fahrstreifen gewechselt und habe sich erschrocken, als er das Fahrzeug des Beklagten zu 1) bemerkt habe. Dann sei es auch sofort zum Unfall gekommen.

Die Aussage der Zeugin war von einer selten erlebten Glaubhaftigkeit geprägt. Die Zeugin hat sich nicht auf das Kerngeschehen beschränkt, sondern ein umfangreiches Randgeschehen geschildert und auch mit der Schilderung desselben, das heißt der Vorgeschichte begonnen. Danach habe sie beide Fahrzeuge schon vor dem Unfall mehrfach bemerkt. Bei der Protokollierung ihrer Aussage hat die Zeugin mehrfach darauf bestanden, Details, die zunächst vom erkennenden Richter anders verstanden worden waren, zu korrigieren. Die Aussage der Zeugin war frei von jeglicher Belastungstendenz. Die Zeugin legte vielmehr großen Wert darauf, nur das zu schildern, was sie tatsächlich als ihre Wahrnehmung erinnerte. Dies gilt auch, soweit die Zeugin schilderte, dass der Kläger versucht habe, sie, die Zeugin, zu einer ihm günstigen Aussage zu bewegen. Auch vermeintliche oder tatsächliche Widersprüche zu ihrer Aussage gegenüber der Polizei konnte sie aufklären.

Somit steht zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Beklagte zu 1) sich blinkend links eingeordnet und angehalten hatte als er den Kläger auf seinem Motorrad noch nicht, jedenfalls nicht als Gefahr, wahrnehmen konnte, entweder, weil der Kläger noch nicht zu sehen war oder aber, weil dieser sich auf dem rechten Fahrstreifen befand. Selbst wenn der Beklagte zu 1) den Kläger vor dem Anfahren auf dem linken Fahrstreifen hätte sehen können und stehen geblieben wäre, wäre es nach der Schilderung der Zeugin zum Unfall gekommen. Ein unfallkausales, schuldhaftes Verhalten des Beklagten zu 1) lässt sich also nicht feststellen, so dass der gegen ihn sprechende Beweis des ersten Anscheins widerlegt ist.

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Somit bleibt auf Seiten der Beklagten nur die einfache Betriebsgefahr, die hinter dem schweren Verschulden des Klägers vollständig zurücktritt.

Die Klage war demnach einschließlich der Nebenforderungen abzuweisen.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 296 Abs.3, 709 ZPO.

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