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Verkehrsunfall: Kollision zwischen ausparkenden Fahrzeug und Falschparker

AG Überlingen, Aktenzeichen: 1 C 94/17, Urteil vom 20.03.2018

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.063,61 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.12.2016 sowie weitere 78,89 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 30.12.2016 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 46% und die Beklagten als Gesamtschuldner 54% zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten könne die Vollstreckung der Klägerin abwenden gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 130 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten wegen der Kosten abwenden gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des beizutreibenden Betrags, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leisten.

Tatbestand

Die Klägerin verlangt mit ihrer Klage restlichen Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall.

Am 18.12.2016 ereignete sich gegen 13:45 Uhr auf dem T.parkplatz in M. ein Verkehrsunfall, bei welchem das Fahrzeug der Klägerin, ein Mercedes Benz mit dem amtlichen Kennzeichen A1, beschädigt wurde. Die Beklagte Ziffer 1) ist Halterin und war Fahrerin des Fahrzeuges mit dem amtlichen Kennzeichen A2, welches bei der Beklagte Ziffer 2) haftpflichtversichert ist.

Die Beklagte beschädigte das klägerische Fahrzeug, welches auf dem Parkplatz gegenüber der von der Beklagten Ziffer 1) benutzten Parkbox entlang der Zu- und Abfahrt stand, als sie rückwärts aus der Parkbox ausfuhr.

Die Klägerin trägt vor: Die Klägerin trage kein Mitverschulden von 1/3 an dem Unfall, da hinter dem Beklagtenfahrzeug ausreichend Platz zum Ausparken gewesen sei. Es sei nicht verboten, im dortigen Parkplatzbereich ein Fahrzeug auch außerhalb der Parkbuchten abzustellen.

Ein Abzug wegen der Beilackierung angrenzender Teile sei nach dem eingeholten Schadensgutachten technisch erforderlich und sei auch tatsächlich ausgeführt worden.

Die Klägerin beziffert ihren Schaden fiktiv nach Gutachten wie folgt:

Nettoreparaturkosten gemäß Schadensgutachten V. L. vom 20.12.2016 3.423,13 €

Sachverständigenkosten gemäß Rechnung vom 20.12.2016: 624,00 €

Wertminderung: 100,00 €

Kostenpauschale: 25,00 €

Zwischensumme: 4.175,13 €

Hierauf bezahlt von der Beklagten Ziffer 2): – 2.279,70 €

Weitere Sachverständigenkosten wegen Reparaturbestätigung: 31,48 €

Nutzungsausfall 3 Tage à 59,00 € 177,00 €

Hierauf bezahlt: – 138,99 €

Verbleiben: 1.964,92 €

Auf die außergerichtlichen Anwaltskosten von 506,82 € hat die Beklagte Ziffer 2) 334,75 € bezahlt, so dass 172,07 € verbleiben, die mit der Klage verlangt werden.

Die Klägerin beantragt nach Klagerweiterung:

Verkehrsunfall: Kollision zwischen ausparkenden Fahrzeug und Falschparker
Symbolfoto: Kowitboy/Bigstock

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.964,92 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB aus 1.895,43 € seit 30.12.2016 und aus weiteren 69,49 € seit 01.04.2017 zu zahlen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin weitere außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 172,07 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der EZB seit 30.12.2016 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen Klagabweisung und tragen hierzu vor:

Die Ansprüche der Klägerin seien bereits erfüllt, weitere Schadensersatzansprüche bestünden nicht.

Die Klägerin trage nach Auffassung der Beklagten eine Mitschuld von 1/3, da sie außerhalb der gekennzeichneten Flächen auf dem Parkplatz geparkt habe, wodurch das Ausparken der Beklagten Ziffer 1) erschwert gewesen sei (Lichtbild Anlage B1).

Zudem seien Reparaturkosten nur in Höhe von 2.667,55 € netto erforderlich. Die Beilackierung der Fondtür rechts und des Vordertürkotflügel rechts sei aus lackiertechnischen Gründen nicht erforderlich. Erst im Rahmen der Lackiervorbereitung könne der Lackierfachmann entscheiden, ob eine Beilackierung angrenzender Teile erforderlich sei. Dies führe zu einem Abzug bei den Ersatzteilen in Höhe von 50,73 €, einem Abzug vom Arbeitslohn von 230,20 €, insgesamt in Höhe von 318,63 € netto. Durch den Wegfall der Beilackierung reduzierten sich die Vorbereitungs- und Lackierzeiten um 9 Arbeitswerte, also um 150,93 € incl. Lackiermaterial, da ausschließlich Lackierarbeiten an geschraubten Teilen verblieben, so dass sie in ausgebautem Zustand lackiert würden.

Die Beklagten berechnen den Schaden wie folgt:

Reparaturkosten laut Prüfung der Beklagten Ziffer 2): 2.667,55 €

Wertminderung laut Gutachten: 100,00 €

Gutachterkosten: 627,00 €

Auslagenpauschale: 25,00 €

Insgesamt: 3.419,55 €

Abzgl. 1/3 – 1.139,85 €

Entschädigung: 2.279,70 €

Nutzungsausfall stehe der Klägerin über die bezahlten 138,99 € nicht zu; unstreitig ist dabei der Tagessatz von 59,00 € und die Dauer von 3 Tagen.

Für den übrigen Vortrag der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Unterlagen verwiesen.

Es wurde Beweis erhoben über die Frage, ob eine Beilackierung erforderlich war und ob eine Einsparung von Ersatzteilen in Höhe von 50,73 €, von Arbeitslohn in Höhe von 230,20 € netto und von Vorbereitungs- und Lackierzeit nebst Lackmaterial in Höhe von 150,93 € möglich sei durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens, welches am 17.01.2018 von Dipl. Ing. L. erstattet wurde. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das Gutachten.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist zum Teil begründet.

1. Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen restlichen Schadensersatzanspruch in Höhe von 80% des entstandenen Schadens, mithin in Höhe von noch 1.063,61 € aus §§ 7 I, 17 I, II StVG, § 823 I BGB; § 115 VVG.

Die Beklagte Ziffer 1) haftet als Halterin des von ihr geführten Fahrzeuges, die Beklagte Ziffer 2) als Haftpflichtversicherer im selben Umfang.

Unstreitig haftet die Beklagte Ziffer 1) als Fahrerin und Halterin für den Parkschaden, den sie durch unaufmerksames Rückwärtsfahren verursacht hat aus dem Rechtsgedanken des § 9 V StVO, aber nicht in voller Höhe.

Was die streitige Mithaftung der Klägerin angeht, so hat sie unstreitig und ausweislich des vorgelegten Lichtbilds B1 außerhalb der gekennzeichneten Parkboxen, die im rechten Winkel zu der Zu- und Abfahrt angeordnet sind, geparkt und zwar längs der „Fahrbahn“ auf der linken Seite, also entgegen der Fahrtrichtung.

Der Parkplatz mit gekennzeichneten Parkboxen regelt wie zu parken ist, begründet aber keine Parkeinschränkung. Parkmarkierungen dienen der Raumausnutzung und der unbehinderten Zu- und Abfahrt zu den Parkboxen. Auf Restflächen neben Parkmarkierungen ist Parken erlaubt, sofern es weder belästigt, noch behindert oder gefährdet. Das Parken auf der Zu- und Abfahrt des Parkplatzes in M. bei der Therme gegenüber der Parkbox, in welcher die Beklagte Ziffer 1) stand, ist zwar nicht verboten, aber behindernd im Sinne des § 1 II StVO, so dass eine Mithaftung der Klägerin stattfindet. Zwar wäre es möglich gewesen bei ausreichender Sorgfalt und Rückschau, ohne Kollision auszuparken, die Beklagte hätte aber ohne das Parken der Klägerin mehr Platz nach hinten gehabt und damit mehr Rangierfläche; das Ausparken wäre einfacher gewesen. Der Rangierraum hinter der Parkbox war evident eingeschränkt. Auch erwartet der Ausparkende auf einem Parkplatz weder ein linksseitig parkendes Fahrzeug noch eines außerhalb der Parkboxen, da die Zu- und Abfahrt gerade nicht als Parkraum dient. Unter Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge gegeneinander kommt das Gericht zu einer Mithaftung der Klägerin in Höhe von 20%.

Was die Schadenshöhe angeht, so ist nach der Beweisaufnahme von einem Gesamtschaden in Höhe von 4.352,13 € auszugehen, so dass bei einer Haftungsquote von 80% die Klägerin Anspruch auf insgesamt 3.481,70 € hat, wovon die bezahlten Teilbeträge von 2.279,70 € und 138,99 € abzuziehen sind, so dass ein Restanspruch von 1.063,01 € verbleibt.

Unschlüssig ist die Schadensposition „Kosten der Reparaturbestätigung“, ein Anspruch scheidet von vorneherein aus, da die Klägerin fiktiv abgerechnet hat. Wählt der Geschädigte den Weg der fiktiven Schadensabrechnung, sind die im Rahmen einer tatsächlich erfolgten Reparatur angefallenen Kosten einer Reparaturbestätigung nicht ersatzfähig. Eine Kombination von fiktiver und konkreter Schadensabrechnung ist insoweit unzulässig (BGH, Urteil vom 24.01.2017, AZ VI ZR 146/16).

Im Übrigen sind nach dem eingeholten Gutachten, welches von Beklagtenseite akzeptiert wird, die Kosten der Beilackierung erforderlich im Rahmen der ex ante Prognose bei fiktiver Abrechnung. Für die weitere Begründung wird auf den Inhalt des eingeholten Gutachtens Bezug genommen.

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2. Der Anspruch auf Verzugszinsen beruht auf den §§ 286 II, 288 I BGB.

3. Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen restlichen Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten aus einem erstattungsfähigen Gesamtbetrag von 3.481,70 €, mithin weitere 78,89 €, §§ 280 I, 249 BGB.

Der Anspruch auf vorgerichtliche Anwaltskosten besteht in Höhe von insgesamt 413, 64 € abzüglich des bereits geleisteten Teilbetrags von 334,75 €, so dass 78,89 € an Restschaden verbleiben.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 I, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 11, 711, 709 Satz 2 ZPO.

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