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Verkehrsunfall – Kollision zwischen Fahrzeug und einem 10-jährigen Kind

OLG Zweibrücken – Az.: 1 U 153/14 – Urteil vom 13.11.2019

I. Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil des Einzelrichters der 6. Zivilkammer des Landgerichts Frankenthal (Pfalz) vom 22.07.2014, Az. 6 0 75/13, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin € 874,41 zu zahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 07.08.2013, die Beklagten zu 1) und zu 2) darüber hinaus als Gesamtschuldner nebst Zinsen hieraus in gleicher Höhe seit dem 15.03.2013 bis zum 06.08.2013, die Beklagte zu 2) darüber hinaus nebst Zinsen hieraus in gleicher Höhe seit dem 23.02.2013 bis zum 14.03.2013.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner weiter verurteilt, an die Klägerin einen Betrag i. H. v. 15.000,– € zu zahlen nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 07.08.2013, die Beklagten zu 1) und zu 2) darüber hinaus als Gesamtschuldner nebst Zinsen hieraus in gleicher Höhe seit dem 15.03.2013 bis zum 06.08.2013, die Beklagte zu 2) darüber hinaus nebst Zinsen hieraus in gleicher Höhe seit dem 23.02.2013 bis zum 14.03.2013.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin 50 % der weiteren materiellen und immateriellen Schäden, erstere soweit diese nicht von dem Tenor Ziffer 1 erfasst sind und letztere, soweit diese nach Schluss der mündlichen Verhandlung entstehen und soweit Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind oder übergehen werden, resultierend aus dem Verkehrsunfall vom 14.03.2012 gegen 17:20 Uhr in der …, zu ersetzen.

4. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die …, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 1.033,07 zu zahlen, die Beklagten zu 1) und zu 2) darüber hinaus als Gesamtschuldner nebst Zinsen hieraus in gleicher Höhe seit dem 15.03.2013 bis zum 06.08.2013, die Beklagte zu 2) darüber hinaus nebst Zinsen hieraus in gleicher Höhe seit dem 23.02.2013 bis zum 14.03.2013.

5. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

III. Von den Kosten des ersten Rechtszugs haben die Klägerin 66 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 34 % zu tragen. Die Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin zu 32 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 68 % zu tragen.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Jede Partei kann die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung i. H. v. 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei zuvor Sicherheit i. H. v. 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

V. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

Gründe

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfallereignis.

Am 14.03.2012 gegen 17:20 Uhr kam es zu einer Kollision zwischen der zum Unfallzeitpunkt 10-jährigen Klägerin und dem von der Beklagten zu 1) gesteuerten PKW mit dem amtlichen Kennzeichen …. Der Beklagte zu 3) ist der Halter dieses Fahrzeuges. Dieses war zum Unfallzeitpunkt bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert.

Die Klägerin spielte mit weiteren Kindern im Hofbereich des Anwesens … . Während des Spiels lief die Klägerin aus dem Hof. Das Beklagtenfahrzeug erfasste die Klägerin, wodurch diese zu Boden fiel. Sie erlitt hierbei eine Unterschenkelschaftfraktur, eine Schädelprellung, eine Nasenbeinfraktur, eine Schürfwunde am Unterschenkel sowie Schürfwunden in der Knöchelregion, am Fuß und im Gesicht nebst einem Hämatom an der Oberlippe. Bei dem Sturz ist ein Zahn abgebrochen. Im Rahmen der Behandlungen wurde im Bereich des Unterschenkels der Klägerin ein externer Fixateur eingesetzt. Sie befand sich vom Unfalltag bis zum 27.03.2012 in stationärer Behandlung, hierbei wurde auch eine Nasenreposition durchgeführt. Auch vom 04. bis 06.07.2012 befand sich die Klägerin in stationärer Behandlung. Am 13.04.2017 kam es im Rahmen einer weiteren stationären Aufnahme vom 13.-15.04.2017 zu einer weiteren Operation aufgrund einer entstandenen Synostose.

Die Klägerin ließ vorgerichtlich durch ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten ihre Ansprüche geltend machen.

Sie hat in 1. Instanz ausgeführt, sie sei auf dem Gehweg von dem Außenspiegel des Beklagtenfahrzeugs erfasst worden, die Beklagte zu 1) sei mit nicht angepasster Geschwindigkeit gefahren.

Aufgrund der Verletzungen und der Verletzungsfolgen, namentlich eines Dauerschadens und psychischer Beeinträchtigungen, sei ein Schmerzensgeld i. H. v. 50.000,– € angemessen.

Es seien Fahrten der Eltern erforderlich geworden, um die Klägerin zu Ärzten, Therapien oder zum Optiker zu bringen und als Begleitperson bei einem Landschulheimaufenthalt zu dienen. Diese Fahrten machten eine Gesamtstrecke von 3.546,9 km aus, was einen Schaden von 1.064,07 € bedeute.

Ein bereits gebuchter Besuch des Musicals „…“ in … habe nicht durchgeführt werden können, die Gesamtkosten hätten 356,– € betragen, eine Stornierung habe nur zu einer Rückerstattung i. H. v. 170,– € geführt.

Die Brille der Klägerin sei beschädigt worden, eine neue habe 354,20 € gekostet.

Auch Schuhe, die im Januar 2012 für 64,95 € gekauft wurden und neuwertig gewesen seien, wären beschädigt worden. Weiter durch den Unfall beschädigt seien eine neuwertige Jeans, die im Januar 2012 zu einem Preis von 39,35 € angeschafft worden sei, eine Trainingsjacke, die im November 2011 zu einem Preis von 35,– € angeschafft worden sei, eine neuwertige Skijacke, die im November 2011 zu einem Preis von 99,95 € gekauft worden sei und eine neuwertige Uhr, die im März 2011 zu einem Preis von 35,95 € angeschafft worden sei.

Ihre Mutter, …, habe im halben Monat März und im halben Monat April ihrer Arbeit nicht nachgehen können, wodurch sie einen Verdienstausfall i. H. v. 400,– € erlitten habe.

Zuzahlungen für Verbandsmaterialien i. H. v. 26,59 € und für Transportkosten zum … i. H. v. 10,– € seien angefallen.

Für einen Krankheits- und Befundbericht seien Kosten i. H. v. 22,79 € entstanden. Die Klägerin habe absolute Ruhe gebraucht, weswegen ihr ein Einzelzimmer in der Universitätsmedizin … empfohlen worden sei, hierdurch seien Kosten i. H. v. 254,46 € und 42,41 € entstanden. Für eine konsiliarische Beratung durch einen Mitarbeiter des Zentralinstituts für seelische Gesundheit in … seien Kosten i. H. v. 103,08 € angefallen.

Für die Dauer des stationären Aufenthalts seien für einen anwesenden Erziehungsberechtigten Kosten i. H. v. 260,– € erstattungsfähig, für weite Hosen, die über den Fixateur gingen, Kosten i. H. v. 22,90 €, 4,50 € und 8,01 €.

Da die Klägerin auf einen Rollstuhl und Unterarmgehstützen angewiesen gewesen sei, seien ebenfalls Kosten i. H. v. 30,25 € für Brezeln zu erstatten, die den Schülern, die ihr Klassenzimmer der Klägerin zur Verfügung stellten, spendiert worden seien.

Während des Landschulheimaufenthalts habe die Mutter in der Jugendherberge … übernachten müssen, deswegen seien Kosten i. H. v. 97,40 € zu erstatten.

Für die Anforderung von Krankenunterlagen seien Kosten i. H. v. 58,31 € entstanden. Da die Klägerin verletzungsbedingt nicht am Querflötenunterricht habe teilnehmen können, seien die hierfür während dieser Zeit zu zahlenden Kosten i. H. v. 70,– € nutzlos gewesen. Zu ersetzen sei weiter eine Kostenpauschale i. H. v. 25,– €.

Aufgrund der eingetretenen Verletzungen, die voraussichtlich eine weitere Operation erforderlich machten, bestünde ein Interesse daran, festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner für die weiteren materiellen und immateriellen Schäden hafteten.

Die Rechtschutzversicherung habe Erstattungsansprüche hinsichtlich der Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung an die Klägerin abgetreten. Ebenso hätten die Eltern eigene Ansprüche an die Klägerin abgetreten.

Sie hat zuletzt beantragt:

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin € 3.315,17 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 31.10.2012 zu zahlen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 31.10.2012 zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche weiteren materiellen und immateriellen Schäden, erstere soweit diese nicht von Klageantrag Ziffer 1 erfasst sind und letztere, soweit diese nach Schluss der mündlichen Verhandlung entstehen und soweit Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind, resultierend aus dem Verkehrsunfall vom 14.03.2012 gegen 17:20 Uhr … zu ersetzen haben.

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4. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die …, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von € 2.066,14 nebst 5 Prozentpunkte Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie haben ausgeführt, eine etwaige Haftung aus Betriebsgefahr träfe jedenfalls nicht die Beklagte zu 1).

Die Beklagte zu 1) habe zwei Mädchen – offensichtlich die Spielkameradinnen der Klägerin – gesehen. Diese seien zuvor durch eine lange Garage verdeckt gewesen und hätten von der Beklagten zu 1) nicht erkannt werden können. Sie seien von der Grundstückszufahrt in Richtung der Straße und auch auf die Fahrbahn gelaufen. Nachdem sie das Auto gesehen hätten, seien sie sofort auf den Gehweg zurückgekehrt. Die Beklagte zu 1) habe kräftig gebremst und ihr Fahrzeug nach links gelenkt. Aus dem Augenwinkel habe sie dann von rechts die Klägerin auf die Fahrbahn laufen sehen. Im nächsten Moment sei es zur Kollision gekommen.

Hinsichtlich der Schadenshöhe seien mittelbare Schäden nur unter den Voraussetzungen der §§ 844, 845 BGB ersatzfähig. Hinsichtlich sämtlicher Fahrten könne höchstens von Betriebskosten i. H. v. 0,20 €/km ausgegangen werden.

Die Musicalkarten seien ebenfalls kein ersatzfähiger Schaden, außerdem seien diese an den Vater der Klägerin erst am 19.03.2012 geschickt worden.

Kinder seien von Zuzahlungen befreit, hinsichtlich der Zahnarztkosten sei der Vater Schuldner. Der geltend gemachte Einzelzimmerzuschlag sei ebenfalls ein Schaden der Eltern, dieser dürfte im Übrigen von einer privaten Zusatzversicherung gedeckt sein.

Das Landgericht hat nach Anhörung der Beklagten zu 1), Einvernahme der Zeugen …, … und … und der Einholung eines schriftlichen Unfallrekonstruktionsgutachtens nebst mündlicher Erläuterung des Sachverständigen … die Klage abgewiesen. Auch die damals minderjährige Klägerin wurde als Zeugin vernommen.

Die Abwägung der Schadensverursachungsanteile bzw. der Verschuldensanteile führe nach dem Landgericht dazu, dass die Beklagten nicht hafteten. Soweit die Klägerin ausgeführt habe, sie habe sich zum Zeitpunkt der Kollision auf dem Gehweg befunden, sei diese Behauptung durch das Gutachten widerlegt. Anhaltspunkte dafür, dass die Beklagte zu 1) zu schnell gefahren sei, fehlten. Damit sei hinsichtlich des Fahrzeuges des Beklagten zu 3) lediglich die einfache Betriebsgefahr zu berücksichtigen. Diese trete allerdings hinter den schwerwiegenden Verstoß der Klägerin gegen § 25 Abs. 3 StVO zurück.

Verkehrsunfall - Kollision zwischen Fahrzeug und einem 10-jährigen Kind
(Symbolfoto: Von Photographee.eu/Shutterstock.com)

Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen und der Einzelheiten der rechtlichen Beurteilung wird auf Tatbestand und Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Nachdem das erstinstanzliche Urteil vom 22.07.2014 den Klägervertretern am 31.07.2014 zugestellt wurde, hat die Klägerin mit Schriftsatz vom 25.08.2014, der bei Gericht am selben Tag eingegangen ist, Berufung gegen dieses Urteil eingelegt, die sie mit Schriftsatz vom 07.10.2014, eingegangen bei Gericht am selben Tag, binnen der bis zum 30.10.2014 verlängerten Frist begründet hat..

Damit verfolgt sie ihre Ansprüche in Höhe von 50 % weiter. Sie moniert, dass das Landgericht nicht berücksichtigt habe, dass das Mitverschulden eines Kindes geringer zu bewerten sei als dasjenige eines Erwachsenen. Ein etwaiger Verstoß der Klägerin gegen das Gebot, darauf zu achten, dass bei dem Fangspiel niemand gefährdet wird, sei jedenfalls nach altersspezifischen Maßstäben nicht so schwerwiegend, dass es das völlige Zurücktreten der Betriebsgefahr des Autos rechtfertige.

Hinsichtlich des Verhaltens der Beklagten zu 1) sei zu berücksichtigen, dass diese ortskundig gewesen und für sie deutlich sichtbar gewesen sei, dass die Klägerin unter 14 Jahre alt war. Die von ihr vorgenommene Bremsung sei nicht ausreichend gewesen. Es hätte für die Beklagte zu 1) offensichtlich sein müssen, dass die Gefahr besteht, dass weitere Kinder aus der Einfahrt herauskommen. Nicht nur die Beklagte zu 1) habe die Klägerin zunächst nicht sehen können, sondern auch die Klägerin das von der Beklagten zu 1) gesteuerte Fahrzeug nicht. Dieser Umstand sei bei der Haftungsabwägung zu berücksichtigen. Dass es nicht möglich sei, um die Garage herumzurennen, ohne mit einem Fuß auf die Fahrbahn zu gelangen, habe auch der Sachverständige erst anhand von Eigenversuchen klären müssen, danach konnte dieser Umstand der damals 10-jährigen Klägerin zuvor nicht bewusst gewesen sein. Die Klägerin sei – wenn überhaupt – versehentlich aufgrund ihres Spieleifers auf die Straße gelangt.

Sie beantragt:

1 Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankenthal vom 22.07.2014, AZ: 6 0 75/13 werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin EUR 1657,58 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 31.10.2012 zu zahlen.

2. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankenthal vom 22.07.2014, AZ: 6 0 75/13 werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 31.10.2012 zu zahlen.

3. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankenthal vom 22.07.2014, AZ: 6 0 75/13 wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin 50 % des weiteren materiellen Schadens sowie immateriellen Schaden, ersterer, soweit dieser nicht vom Klageantrag Ziffer 1 erfasst sind und letzterer, soweit dieser nach Schluss der mündlichen Verhandlung entsteht und soweit Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind, resultierend aus dem Verkehrsunfall vom 14.03.2012 gegen 17.20 Uhr … zu ersetzen.

4. Unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Frankenthal vom 22.07.2014, AZ 6 0 75/13 werden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die …, vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 1033,07 hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Sie verteidigen das angefochtene Urteil und meinen, dass die Berufung, soweit sie sich gegen die Beklagte zu 1) richtet, bereits unzulässig sei, weil es an einer nach § 520 ZPO erforderlichen Begründung fehle. Ein Verstoß gegen § 3 Abs. 2a StVO läge nicht vor, die Beklagte zu 1) hätte nicht besser reagieren können. Die Behauptung, dass die Beklagte zu 1) zu weit rechts gefahren wäre, sei durch das erstinstanzlich eingeholte Gutachten widerlegt.

Hinsichtlich der Abwägung der Betriebsgefahr und dem Verschulden der Klägerin sei dem Landgericht ebenfalls zu folgen. Soweit in der Berufungsschrift vorgebracht werde, dass die Klägerin versehentlich auf die Straße geraten sei, sei dies verspätet, naheliegend sei vielmehr, dass sie rennend die Fahrbahn schräg überqueren wollte, um schnell einen möglichst großen Abstand zwischen sich und die Fängerin zu bringen.

Der Senat hat die Klägerin informatorisch angehört (BI. 435 und 760 d. A.) und ein Sachverständigengutachten zur Frage des Unfallhergangs des Sachverständigen Prof. Dr. … (BI. 474 ff. d. A.) nebst Ergänzungsgutachten (BI. 547 ff. d. A.) eingeholt und diese Gutachten mündlich erläutern lassen (BI. 581 ff. d. A.).

Weiter wurde ein Gutachten des Sachverständigen Dr. … (BI. 639 ff. d. A.) nebst Ergänzungsgutachten (BI. 684 ff. d. A.) eingeholt zu der Frage, ob die erfolgte Betreuung der Klägerin durch ihre Eltern in einem Einzelzimmer erforderlich war und, ob bei der Klägerin Angstzustände bzw. Schlafstörungen vorliegen. Zu der Frage, ob die behaupteten Verletzungsfolgen vorliegen, wurde ein Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. … (BI. 714 ff. d. A.) eingeholt.

Weiter holte der Senat ein Gutachten des Sachverständigen Dr. … (BI. 793 ff. d. A.) nebst Ergänzungsgutachten (BI. 835 ff. d. A.) zu der Frage ein, ob bei der Klägerin zum Zeitpunkt des Unfalls eine Entwicklungsverzögerung vorlag. Diese Gutachten wurden mündlich erläutert (BI. 884 ff. d. A.). Auch nahm der Senat eine klägerseits behauptete Narbe in Augenschein (BI. 760 d. A.).

Die Zeugen … und … wurden vernommen (BI. 1088 d. A.) und schriftliche Aussagen der Zeugen Dr. …I (BI. 1010 ff. d. A.), Dr. … (BI. 1044 ff. d. A.) und … (BI. 1000 ff. d. A.) eingeholt.

Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahmen wird auf die Ausarbeitungen der Gutachten bzw. auf die jeweiligen Sitzungsniederschriften hingewiesen.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und teilweise begründet.

1.

Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt und entspricht – entgegen der Ansicht der Beklagten – auch den aus § 520 Abs. 3 S. 2 Ziff. 2 ZPO folgenden Erfordernissen. In der Berufungsbegründung macht die Klägerin deutlich, dass der Schluss des Landgerichts, die Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeuges müsse zurücktreten, fehlerhaft sei. Sie führt weiter aus, dass die Beklagte zu 1) eine nicht ausreichende Bremsung durchgeführt und die Geschwindigkeit nicht ausreichend verringert habe. Damit stellt sie auch auf ein Verschulden der Beklagten zu 1) ab, welches das Landgericht nicht berücksichtigt habe.

Auch in der Sache ist die Berufung teilweise erfolgreich. Der Klägerin stehen gegen die Beklagte zu 1) Ansprüche auf Schadensersatz aus § 18 Abs. 1 StVG, 249 Abs. 1 BGB zu, gegen die Beklagte zu 2) aus § 7 Abs. 1 StVG, § 115 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 VVG und gegen den Beklagten zu 3) aus § 7 Abs. 1 StVG. Nach § 9 StVG ist jeweils ein Mitverschulden der Klägerin i. H. v. 50 % zu berücksichtigen. Die Beklagten haften als Gesamtschuldner.

Die Beklagte zu 1) konnte als Führerin des Fahrzeuges nicht nachweisen, dass der Unfall nicht durch ihr Verschulden (mit-) verursacht wurde i. S. d. § 18 Abs. 1 S. 2 StVG.

Nach den Feststellungen der Sachverständigen … und Prof. Dr. … ist es nicht ausgeschlossen, dass die Beklagte zu 1) jedenfalls eines der Kinder bereits frühzeitig hätte erkennen und hierauf reagieren können.

Zwar sprechen die Ausführungen des Sachverständigen … eher gegen ein Verschulden der Klägerin. Dieser führte eine Rekonstruktion des Unfalls durch unter Berücksichtigung der Verletzungen der Klägerin, der Angaben der Beteiligten, vorliegender Fotos und Skizzen, Beschädigungen des beteiligten Fahrzeuges, seiner im Rahmen des Ortstermins gewonnenen Erkenntnisse und der beschädigten Kleidungsstücke. Aufgrund der örtlichen Sichtverhältnisse und des Bremsverhaltens des Beklagtenfahrzeuges kam er zu dem Ergebnis, dass die Beklagte zu 1) die Zeugin … vor der Kollision erkannt haben muss. Diese Konstellation stellte der Sachverständige graphisch in der Anlage 15 zu seinem Gutachten dar. Die genauen zeitlichen Zusammenhänge insbesondere hinsichtlich des Fangspiels konnte der Sachverständige nachträglich nicht mehr rekonstruieren. So führte er etwa aus, dass nach den Aussagen der Zeugin … (BI. 43 ff. der Ermittlungsakte) bereits zwei Kinder zu erkennen gewesen seien, dies allerdings nicht zu den weiteren Angaben der Beteiligten passe. Aus der Sicht des Sachverständigen spräche gegen eine erhöhte Geschwindigkeit des von der Beklagten zu 1) gesteuerten Fahrzeuges oder eine zu schwache Abbremsung, dass in beiden Fällen eine Reaktion bereits zu einem Zeitpunkt hätte erfolgen müssen, der nicht zu den aufgrund der Garage eingeschränkten Sichtverhältnissen passte. Deswegen seien diese behaupteten Umstände nicht nachweisbar. Zu dem Schluss, dass die Klägerin in die Seite des Beklagtenfahrzeugs gerannt wäre, gelangte der Sachverständige dadurch, dass er die Delle im Kotflügel des Beklagtenfahrzeuges dem rechten Knie der sich im Laufen befindenden Klägerin zuordnet. Ein Aufprall mit der Hüfte hätte nach dem Sachverständigen zu einer flächigeren Berührung geführt, eine Berührung mit dem Kopf oder dem Ellenbogen sei nur dann nachvollziehbar, wenn sich die Klägerin bereits im Fallen befunden hätte, dann wäre allerdings die Berührung mit dem Außenspiegel nicht erklärbar. Die Auswertungen deuteten auch darauf hin, dass die Klägerin auf die Fahrbahn geraten sei. Aus Sicht des Sachverständigen sprächen die gefundenen Beschädigungen der Schuhe dafür, dass diese Kontakt mit der Fahrbahn hatten, weil der Fahrbahnbelag rauer sei als derjenige der Knochensteine des Gehwegs.

Er bekräftigte dieses Ergebnis durch eigene Laufversuche. Hierbei war es dem Sachverständigen trotz Einhaltens eines Abstandes von ursprünglich über einem Meter zur Garagenwand und bewusstem Vermeidungsverhalten nicht möglich, die Ecke zu passieren, ohne mit dem rechten Fuß auf die Fahrbahn zu gelangen. Je schneller eine Person rennt und je näher sie sich an der Garage aufhält, desto wahrscheinlicher würde es danach, dass sie zumindest einen Fuß auf die Straße setzt.

Demgegenüber führte der Gerichtsmediziner Prof. Dr. … aus, dass sich der aus dem Operationsbericht der Universitätsmedizin … ergebende Unterschenkelbruch aufgrund der zur Verursachung erforderlichen massiven, lokal stumpfen Gewalteinwirkung weder mit einem Umknicken erklären lasse noch mit einem Hineinlaufen in ein Fahrzeug im spitzen oder annähernd rechten Winkel. Hiergegen spräche auch die räumliche Höhe der Beschädigung an der rechten Seite des Beklagtenfahrzeuges.

Aus Sicht des Gerichtsmediziners sei es grundsätzlich denkbar, dass der Bruch aufgrund eines Aufpralls auf einem umschriebenem Hindernis, etwa einer Bordsteinkante beruhte, nachdem der Fußgänger aufgrund der Primärkollision mit dem Fahrzeug weggeschleudert wurde. Nachvollziehbar führte der Sachverständige hierzu aus, dass sich aus den zur Verfügung stehenden Anknüpfungstatsachen keine Hinweise auf ein derartiges Geschehen ergäben.

Deswegen favorisierte er die Variante einer klassischen PKW-Fußgänger-Kollision, bei der der Fußgänger von der Fahrzeugfront erfasst wird, konkret in der Sonderform des Teilstoßes. In dieser Situation wird der Fußgänger lediglich von der Fahrzeugecke erfasst. Aufgrund einer Auswertung der hierzu veröffentlichen Forschungen gelangte der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die Kollisionsgeschwindigkeiten im vorliegenden Fall genügen würden, um einen Unterschenkelbruch zu verursachen. Er führte ergänzend aus, dass die Höhe des Stoßfängerunterrandes und die Höhe des Knochenbruchs in guter Übereinstimmung miteinander stünden. Lediglich könne aus rechtsmedizinischer Sicht nicht gesagt werden, ob bleibende Schäden an dem Stoßfänger verursacht worden sein müssten.

Zu dieser von ihm favorisierten Variante passten auch die gefundenen Schürfwunden, die sich mit der bildlich dokumentierten Auffindesituation und mit der Lage der Brille bzw. des ausgebrochenen Zahnes in Einklang bringen ließen. Im Anschluss an das zunächst gefertigte Gutachten wurde dem Sachverständigen weitere Bildgebung über den initialen Verletzungsbefund vorgelegt und Gelegenheit gegeben, hierzu gutachtlich Stellung zu nehmen. Nachdem auf den ursprünglich vorliegenden Bildern lediglich der Fußrücken und die Sprunggelenksebene zu erkennen waren und die im Operationsbericht erwähnte Hautläsion, die Prellung und die Schürfung nicht bildlich dokumentiert waren, konnte der Sachverständige nun auch die Vorderseite des Unterschenkels in unverbundenem Zustand erkennen. Hierbei zeigte sich nach seinen Ausführungen eine breitstreifige Hautunterblutung mit kleinfleckigen, teils geformt angeordnet wirkenden Schürfungen am Übergang vom Fußrücken auf die Vorderseitenfläche des Unterschenkels, während an der Innen-/Medialseite danach keine lokalen Verletzungen zu erkennen waren. Weiter zeigte sich nach dem Sachverständigen aufgrund der Röntgenaufnahme eine Verlagerung des Knochenbruchstücks des Wadenbeins zur Unterschenkelinnenseite und der Trümmerbruch des Schienbeins mit Verlagerung eines Knochenbruchstücks zur Unterschenkelrückseite. Diese Bildgebung unterstrich aus der Sicht des Gerichtsmediziners die seitliche Gewalteinwirkung und damit das Erfassen der Vorderseitenfläche des rechten Unterschenkels von dem in Gegenrichtung fahrenden PKW.

Nachdem diese Hypothese sämtliche eingetretenen Verletzungen nachvollziehbar und überzeugend erklären kann, ist der Senat davon überzeugt, dass die Klägerin mit der vorderen rechten Fahrzeugecke getroffen wurde. Die grundsätzlich ebenso überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen … stehen dem nicht entgegen, weil der ausschlaggebende Punkt des Unterschenkelbruchs in das Fachgebiet der Rechtsmedizin fällt und der Sachverständige deswegen auf diesen Aspekt nachvollziehbar nicht hinreichend eingehen konnte.

Schon der Unfallrekonstruktionssachverständige konnte ein Mitverschulden der Beklagten zu 1) nicht ausschließen, er konnte ein solches lediglich nicht nachweisen. Dies obwohl er von der Variante ausging, dass die Klägerin seitlich in das Fahrzeug hineingelaufen wäre. Die Feststellungen des Gerichtsmediziners verstärken diese Zweifel noch, weil die Klägerin danach mit der Front des Beklagtenfahrzeuges getroffen wurde und es nach den Feststellungen des Sachverständigen … nicht ausgeschlossen ist, dass es Unterschiede hinsichtlich des Bewegungsverhaltens der spielenden Kinder gegeben hat.

Der Haftungsumfang richtet sich aufgrund des Verweisungen in § 18 StVG auf die §§ 8 – 15, 16 und teilweise 17 StVG nach der Halterhaftung, die Grundsätze der deliktischen Haftung finden keine Anwendung (Münchener Kommentar zum StVR-Engel, 1. Auflage 2017, § 18 StVG, Rn. 3). Hinsichtlich der Haftungshöhe kann deswegen auf die Ausführungen unter b) verwiesen werden. Die Fahrerin haftet mit dem Halter als Gesamtschuldner (BeckOGK-Walter, StVG, Stand 01.09.2019, § 18, Rn. 1).

b) Der Klägerin stehen gegen die Beklagten zu 2) – hier i. V. m. § 115 Abs. 1 S. 1 Ziff.. 1 VVG – und 3) als Gesamtschuldner, § 115 Abs. 1 S. 4 VVG, Schadensersatzansprüche aus §§ 7, 9 StVG i. H. v. 874,41 € sowie die Zahlung eines Schmerzensgeldes i. H. v. 15.000,– € zu. Außerdem kann sie die Feststellung verlangen, dass in Zukunft 50 % der noch eintretenden materiellen und immateriellen Schäden erstattet werden.

aa) Aus § 7 Abs. 1 StVG folgt die grundsätzliche Haftung eines Kraftfahrzeughalters für die mit dem Betrieb dieses Fahrzeugs verbundenen Gefahren. Nach Abs. 2 ist diese Haftung ausgeschlossen, wenn der Unfall durch höhere Gewalt verursacht wird. Dieser Ausschluss wurde durch den Gesetzgeber dahingehend modifiziert, dass ein Ausschluss nicht bereits bei Vorliegen eines unabwendbaren Ereignisses greift. Gerade bei Unfällen mit Kindern wurde es als unbillig empfunden, dass diesen aufgrund der Rechtslage vor der Modifikation teilweise kein Ersatzanspruch zustand. Entsprechend sind Unfälle mit Kindern grundsätzlich nicht als von außen kommendes, außergewöhnliches und nicht abwendbares Ereignis und damit nicht als höhere Gewalt i. S. d. Norm anzusehen (Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke-Burmann, 25. Auflage 2018, Straßenverkehrsrecht, § 7 StVG, Rn. 17 ff.). Dies erkannte das Landgericht zutreffend. Allerdings führt die Berücksichtigung des Mitverschuldens der Klägerin nach § 9 StVG und § 254 BGB im vorliegenden Fall nicht dazu, dass die Haftung der Beklagten zu 2) und 3) völlig zurücktritt. Das Mitverschulden der Klägerin und die Betriebsgefahr des Fahrzeuges werden vom Senat gleich bewertet und führen damit zu einer Haftungsquote der Beklagten von 50 %.

Hinsichtlich des Verhaltens der Klägerin ist zu berücksichtigen, dass sie sich jedenfalls teilweise zum Zeitpunkt der Kollision auf der Fahrbahn befand. Dies schließt der Senat insbesondere aus den bildlich dokumentierten Laufversuchen des Sachverständigen … . Wie bereits unter a) ausgeführt, war es ihm nicht möglich, den Bogen auf dem Gehweg so zu beschreiten, dass er nicht zumindest mit dem Fuß auf die Straße gelangte. Er führte nachvollziehbar aus, dass bei gesteigertem Tempo und geringerem Abstand zur Garage ein Übertreten zwangsläufig würde. Die Klägerin gab in ihrer informatorischen Anhörung vor dem Landgericht an, dass sie gerannt sei. Sie verletzte das aus § 25 Abs. 3 StVO folgende Gebot, bei dem Betreten der Fahrbahn auf den Fahrzeugverkehr zu achten. Grundsätzlich führen Konstellationen wie vorliegend, wenn der Fußgänger kurz vor dem Herannahen eines Fahrzeuges auf die Fahrbahn gerät, zu einer Alleinhaftung des Fußgängers (etwa: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke-Heß, Straßenverkehrsrecht, 25. Auflage 2018, § 25 StVO, Rn. 20).

Aufgrund des Alters und eines anzuerkennenden Entwicklungsdefizits der Klägerin zum Unfallzeitpunkt sowie der Spielsituation geht der Senat im vorliegenden Fall allerdings von einem geringeren Mitverschuldensanteil aus.

Zwar hatte die Klägerin zum Zeitpunkt des Verkehrsunfalls bereits das zehnte Lebensjahr vollendet und kann sich deswegen nicht auf einen Haftungsausschluss nach § 828 Abs. 2 S. 1 BGB berufen.

Auch fehlte es der Klägerin nicht i. S. d. § 828 Abs. 3 BGB an der zur Erkenntnis der Verantwortlichkeit erforderlichen Einsicht. Entscheidend ist dabei, ob der Jugendliche die geistige Entwicklung aufweist, die ihn generell das Unrecht seiner Handlung und die Verantwortlichkeit für sein Handeln erkennen lässt, wobei es nicht auf die Einsicht in die Folgen seines Handelns hinsichtlich der konkreten Tat ankommt (BeckOK-Spindler, BGB, 51. Edition, Stand 01.08.2019, § 828 BGB, Rn. 7 m. w. Nachw.).

Der Sachverständige Dr. … kam aufgrund der Frühgeburtlichkeit der Klägerin, einer mäßigen aber signifikanten motorischen Entwicklungsverzögerung, die er primär darauf stützt, dass der Klägerin im Alter von 15 Monaten eine physiotherapeutische Behandlung nach Vojta verordnet wurde, aufgrund einer Störung im Bereich der Feinmotorik, die sich in einer beeinträchtigten Stifthaltung und einem verzögerten Einsetzen des spontanen Malens äußerte und aufgrund einer Schüchternheit bzw. Ängstlichkeit zu dem Ergebnis, dass die Klägerin hinsichtlich ihrer Entwicklung dem Alter eines 9 Jahre und 7 Monate alten Kindes entsprach, also 12 Monate entwicklungsverzögert gewesen sei. Er meinte deswegen, dass es der Klägerin bei ihrem Laufweg nicht möglich gewesen wäre, die aus dem Straßenverkehr in der …. resultierenden Gefahren hinreichend einzuschätzen. In seinem Ergänzungsgutachten legte er dar, dass er seine Erkenntnisse aus einem Gespräch mit den Eltern ableitete, aus vorgelegten Zeugnissen und Eintragungen im Vorsorgeheft. Die Schlüsse des Gutachters sind grundsätzlich plausibel und nachvollziehbar. Insbesondere haben die als Zeugen vernommenen Eltern der Klägerin gegenüber dem Senat die Anknüpfungstatsachen des Sachverständigen bestätigt. Auch unter Berücksichtigung des offensichtlichen Näheverhältnisses zu ihrer Tochter führten sie ohne erkennbare Entlastungstendenz zu Gunsten der Klägerin lebensnah und nachvollziehbar aus, dass die Klägerin tatsächlich auffallend schüchtern war, was sich etwa beim Besuch von Verwandten, aber auch im Ballettunterricht zeigte. Der Zeuge … zeigte keine Tendenz, die Entwicklungsverzögerung seiner Tochter zu verschlimmern. Er relativierte seine Schilderungen, indem er ausführte, dass sich die Auffälligkeiten mit der Zeit besserten.

Die Mutter, …, schilderte – über die Aussage des Vaters hinaus – weitere konkrete Fallbeispiele, aus denen sich in der Gesamtschau die behauptete Schüchternheit schließen lässt. Konkret nannte sie Auffälligkeiten beim Kinderschwimmen, bei der musikalischen Früherziehung, beim Kinderturnen, aber auch auf Kindergeburtstagen. Im Unterschied zu der Aussage des Vaters der Klägerin schilderte die Zeugin zwar, dass die Situation sich mit zunehmendem Alter nur wenig verändert habe, bewertete dies allerdings weniger als Entwicklungsverzögerung, sondern eher im Sinne einer Charaktereigenschaft. Auch hieraus lässt sich keine Tendenz erkennen, die Entwicklungsverzögerung zu betonen. Dass die Aussagen der beiden Eltern nicht in jedem Detail übereinstimmten, spricht aus der Sicht des Senats gerade für die Glaubwürdigkeit der Zeugen. Hätten sie sich zuvor abgesprochen, wäre ein kongruenteres Aussageverhalten zu erwarten gewesen.

Auch die schriftliche Aussage des Zeugen Dr. … belegt, dass die von dem gerichtlichen Sachverständigen getroffenen Ausführungen auf einer validen Tatsachengrundlage fußen. Der Zeuge äußerte leichte Entwicklungsverzögerungen, die zu der Verordnung der Physiotherapie führten, auch, dass der Meilenstein des freien Laufens nur knapp rechtzeitig erreicht wurde. Weiter konnte er anhand der Eintragungen in der Patientenakte eine auffallende Schüchternheit bestätigen, ebenso, dass die seitens der Eltern geschilderte Empfehlung des Arztes der Zurückstellung der Einschulung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit zuträfe. Die schriftliche Aussage der Zeugin … bestätigte die klägerischen Behauptungen zwar nicht, sie stehen den Schilderungen aber auch nicht entgegen, insbesondere weil die Zeugin sich primär auf eine fehlende Erinnerung berief. Die schriftliche Aussage des Zeugen Dr. … beschränkte sich im Wesentlichen auf eine Bestätigung der Wertungen seines Praxiskollegen Dr. …, dies nachvollziehbar aufgrund des zunächst häufigeren Kontakts in der hier relevanten Zeitspanne.

Nachdem der Sachverständige Dr. … die eingeschränkte Einsichtsfähigkeit hinsichtlich des konkreten Unfallereignisses herausarbeitete, führt dies nach den einleitenden Ausführungen nicht zu einem Haftungsausschluss nach § 828 Abs. 3 BGB, weil sich eine etwaige Einschränkung danach zwar in der konkreten Situation gezeigt hat, allerdings nicht allgemein vorlag. Sowohl die Eltern, als auch der Sachverständige schilderten, dass die Klägerin gerade im Straßenverkehr besonders vorsichtig gewesen wäre. Dies spricht dafür, dass sie über die allgemeine Einsichtsfähigkeit verfügte, dass ein Fehlverhalten im Straßenverkehr zu schweren negativen Folgen führen kann. Dem steht auch die Wertung des Sachverständigen … nicht entgegen, wonach sich anhand des vorsichtigen Verhaltens eine gewisse Unsicherheit zeigte. Diese mag es gegeben haben, sie rührte allerdings daher, dass sich die Klägerin der Risiken bewusst war, unabhängig davon, ob die Bewältigung der Situationen sie vor gewisse Schwierigkeiten stellte.

Im Rahmen des Mitverschuldens ist zu Gunsten der Klägerin zu berücksichtigen, dass sie als Zehnjährige den Schutzbereich des § 828 Abs. 2 BGB gerade erst verlassen hatte (BeckOGK-Wellenhofer, BGB, Stand 01.08.2019, § 828, Rn. 45) und – was sich aus den nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr…. auf einer durch den Senat überprüften tragfähigen Tatsachengrundlage ergibt – darüber hinaus eine Entwicklungsverzögerung von etwa 12 Monaten in Rechnung zu stellen ist, die sich nach den Ausführungen des Sachverständigen im konkreten Fall auswirkte. Deswegen kommt es hier aus Sicht des Senats nicht zu einem vollständigen Zurücktreten der Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeuges, sondern lediglich zu einem Zurücktreten i. H. v. 50 % und damit zu einer Haftungsteilung.

bb) Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ist in erster Linie dessen Ausgleichsfunktion zu beachten. Insoweit kommt es auf die Höhe und das Maß der Lebensbeeinträchtigung an. Maßgeblich sind Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Leiden, Entstellungen und psychischen Beeinträchtigungen, wobei Leiden und Schmerzen wiederum durch die Art der Primärverletzung, die Zahl und Schwere der Operationen, die Dauer der stationären und der ambulanten Heilbehandlungen, bei Erwachsenen den Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit und die Höhe des Dauerschadens bestimmt werden. Dabei muss die Entschädigung zu Art und Dauer der erlittenen Schäden in eine angemessene Beziehung gesetzt werden. Im Rahmen der bei normalen Straßenverkehrsunfällen nur eingeschränkt zu berücksichtigenden Genugtuungsfunktion ist insbesondere die Schwere des Verschuldens des Schädigers in Ansatz zu bringen (vgl. BGH, NJW 1955, S. 1675). Schließlich ist auch das mitwirkende Verschulden des Verletzten zu berücksichtigen, wobei das Mitverschulden bei der Festsetzung des Schmerzensgeldes lediglich einen Bemessungsfaktor darstellt und von vornherein derjenige Schmerzensgeldbetrag zuzubilligen ist, der unter Berücksichtigung des Mitverschuldensanteils angemessen erscheint (OLG Brandenburg, NJOZ 2008, S. 3993 ff.).

Danach sind vorliegend die Primärverletzungen zu berücksichtigen, namentlich die Unterschenkelfraktur, die Schädelprellung, die Nasenbeinfraktur, die Schürfwunden mit Hämatom und der abgebrochene Zahn. Weiter sind die aufgrund der Behandlungen – insbesondere der Operationen mit verbundenen Krankenhausaufenthalten und dem Einsatz des fixateur externe einhergehenden Beeinträchtigungen zu bedenken.

Darüber hinausgehende medizinisch relevante Schlafstörungen bzw. eine Angststörung konnte der Sachverständige Dr… aufgrund der Schilderungen der Klägerin und deren Eltern, die er überzeugend diagnostisch einordnete (BI. 650 ff. d. A.), nicht bestätigen.

Die von der Klägerin behaupteten Einschränkungen, namentlich das Kribbeln und Verfärben des rechten Fußes, das Erfordernis des regelmäßigen Tragens eines Stützstrumpfs, die unfallbedingte Unmöglichkeit, sportlichen Aktivitäten nachzugehen, das Zusammenwachsen des rechten Schien- und Wadenbeins und den Verdacht auf eine Schädigung des Sprunggelenks konnten durch den Sachverständigen Prof. Dr. … weitgehend bestätigt werden. Seine Ausführungen beruhten methodisch überzeugend auf einer Untersuchung der Klägerin und einer Lektüre des Behandlungsverlaufs.

Er erkannte grundsätzlich eine gewisse Neigung zum Anschwellen und den temporären Einsatz eines Kompressionsstrumpfes an, auch wenn die Schwellung am Untersuchungstag nicht stark ausgeprägt war. Bewegungseinschränkungen konnte der Sachverständige – mit Ausnähme einer solchen der Hebung im rechten Sprunggelenk um 5 Grad – nicht feststellen. Weiter wurde ein Taubheitsgefühl geschildert. Der Sachverständige führte aus, dass der mit einem Unterschenkelbruch zusammenhängende Weichteilschaden zu Blutumlaufstörungen führen kann, die die Schilderung der Klägerin, unter einem Kribbeln zu leiden, bzw. eine Verfärbung zu erkennen, erklären können. Allerdings gäbe es nach dem Sachverständigen keine Möglichkeiten, die Restbeschwerden zu messen. Eine Nervenschädigung konnte er nicht nachweisen. Aufgrund dieser Feststellungen gelangte der Sachverständige zu dem Ergebnis, dass die klägerseits behaupteten Restbeschwerden beim Skifahren, Reiten und Inlineskaten nachvollziehbar seien.

Er bestätigte das Vorliegen einer knöchernen Überbrückung aufgrund vorliegender Röntgenbilder vom 28.02.2017. Eine behauptete Beinlängendifferenz außerhalb eines Messfehlerbereichs konnte er nicht bestätigen.

Im Rahmen der Untersuchung stellte er das Vorliegen einer 12 cm langen reizfreien Narbe am rechten Unterschenkel, auch einer 2 cm lange Narbe distal davon und einer etwas verbreiterten Narbe nach offener Verletzung ventral der letztgenannten Narbe. Aufgrund des Anlegens des Fixateurs waren danach auch punktförmige Narben zu erkennen. Auch der Senat stellte in der Sitzung vom 09.05.2018 eine sich durch eine rötliche Verfärbung von der übrigen Haut abhebende – deswegen optisch auffallende – Operationsnarbe am Unterschenkel fest.

Hinsichtlich der Verlagerung der Muskeln zwischen Wadenbein und Schienbein aufgrund der Revisionsoperation im April 2017 äußerte die informatorisch gehörte Klägerin, dass keine weiteren zusätzlichen Beschwerden bestehen.

Auf der Grundlage dieser Feststellungen hält der Senat ein Schmerzensgeld i. H. v. 15.000,– € für angemessen. So sprach etwa das OLG Schleswig am 04.12.2012, Az. 4 U 219/11, aufgrund einer komplizierten Unterschenkelfraktur, einer Innenknöchelfraktur sowie einer erheblichen Unterschenkelvenenthrombose ein Schmerzensgeld in dieser Höhe zu, wobei im dortigen Fall ein erheblicher Dauerschaden verblieb und eine vollständige Haftung des Verursachers vorlag. Allerdings handelte es sich im dortigen Fall um eine deutlich ältere Person als die hiesige Klägerin und auch die Behandlungen waren weniger belastend. In einer neueren Entscheidung sprach das OLG Nürnberg am 23.12.2015, Az. 12 U 1263/14, bei einer ebenfalls 100 %igen Haftung des Verursachers einen Betrag i. H. v. 22.500,– € zu, dort erlitt der Verletzte neben der schweren Unterschenkelfraktur auch eine Oberarmfraktur und es kam zur Amputation des großen Zehs.

cc) Hinsichtlich der materiellen Schadenspositionen gilt folgendes:

(1) Soweit die Klägerin Ersatz dafür begehrt, dass aufgrund der Verletzungen Fahrtkosten entstanden sind, handelt es sich um einen eigenen Schaden. Wenn sie die Eltern gefahren haben, handelt es sich um freiwillige Leistungen Dritter, die lediglich der Tochter zugute kommen sollten und deswegen nicht im Wege der Vorteilsausgleichung zu berücksichtigen sind. Auch die Besuche durch die Eltern waren nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. …, der sich auf Krankenunterlagen aber auch auf eine Untersuchung der Klägerin stützt, bis zum 25.03.2012 medizinisch notwendig und stellen deswegen einen eigenen Schaden der Klägerin dar. Dass diese Fahrten tatsächlich angefallen sind, bestätigte die – durch den Senat als glaubwürdig angesehene (s. o.) – Mutter der Klägerin zwar knapp aber insoweit überzeugend, als dass die entsprechenden Fahrten wegen der Verletzungen bzw. wegen der Einschränkungen aufgrund der Verletzungen tatsächlich nötig waren. Aus der als Anlagen K 22a und b vorgelegten Aufstellung, auf die die Klägerin in der Klageschrift Bezug nahm, ergeben sich Fahrten über eine Gesamtstrecke von 3.662,1 km, soweit sie in der Klageschrift eine Gesamtstrecke von 3.546,9 km angab, handelte es sich erkennbar um eine Ungenauigkeit. Der Sachverständige Dr. … führte überzeugend aus, dass während die Klägerin aktenkundig sehr verängstigt war, ein Aufenthalt eines aber nicht beider – Erziehungsberechtigten medizinisch notwendig war, dies auch zwei Tage darüber hinaus bis zum 25.03.2012, danach allerdings nicht mehr. Auch der Besuch beider Erziehungsberechtigten war nach den Ausführungen des Sachverständigen Dr:… medizinisch nicht erforderlich. Nicht berücksichtigungsfähig waren danach die Fahrten am 26.03. mit insgesamt 39,6 km. Weiter nicht berücksichtigungsfähig waren danach die Fahrten des Vaters am 08.05.2012 mit 44,8 km, die Fahrten am 05.07.2012 über 129,2 km sowie die Fahrten des Vaters am 06.07.2012 über 44,8 km. Die übrigen Fahrten dienten entweder medizinisch notwendigen Besuchen oder notwendigen Erledigungen bzw. der Beförderung der Klägerin. Sie machen eine Gesamtstrecke von 3.403,7 km aus. Pro Kilometer geht die Klägerin von einem Erstattungsbetrag von 0,30 aus, wohingegen die Beklagten 0,20 pro Kilometer zu Grunde legen. Der Senat geht in ständiger Rechtsprechung von Fahrtkosten inkl. Abnutzung pro Kilometer i. H. v. 0,30 aus. Dies ergibt eine Summe von 1.021,11 E. Nach den obigen Ausführungen sind hiervon 50 %, damit 510,56 E, erstattungsfähig.

(2) Soweit darüber hinaus Kosten für einen entgangenen Besuch eines Musicals begehrt werden, kann dem nicht entsprochen werden. Hierbei handelt es sich, da ausweislich der Anlage K 23 die Rechnungsstellung an den Vater der Klägerin erfolgte, um einen Schaden der Erziehungsberechtigten. Dem nur mittelbar Geschädigten steht kein Anspruch auf Ersatz zu, worauf die Beklagte zu Recht hinwies (Münchener Kommentar-Oetker, BGB, 8. Auflage 2019, § 249, Rn. 281).

(3) Der Schaden der Brille ist grundsätzlich erstattungsfähig. Die Zeugin …bestätigte im Rahmen ihrer Vernehmung, dass die Brille vom Unfallort einige Meter entfernt lag und total zerstört gewesen sei. Der Anschaffungspreis im Januar 2011 betrug 253,80 E. Entgegen der Ansicht der Klägerin ist für die neue Brille ein Abzug neu für alt vorzunehmen. Auch bei einer Brille ist eine Wertverbesserung aufgrund einer Neuanschaffung anzuerkennen. Hierbei ist die Erneuerung des Gestells, aber auch der Gläser, etwa in Bezug auf Kratzer, zu berücksichtigen, aber auch eine bessere Sehqualität bei veränderten Gläsern (vgl. OLG Nürnberg v. 23.12.2015, Az.:12 U 1263/14). Vorliegend ergibt sich aus den Rechnungen (BI. 44 und 927 d. A.), dass hinsichtlich der neuen Brille jedenfalls die Achse an einem Glas verändert wurde. Der Senat geht bei einer Kinderbrille von einer etwas geringeren Nutzungsdauer aus als bei einer Erwachsenenbrille und nimmt diese mit 3 Jahren an. Nachdem die Brille zum Unfallzeitpunkt etwas über ein Jahr alt war, erscheint ein Abzug i. H. v 35 °A) sachgerecht. Erstattungsfähig sind dem Grunde nach Kosten i. H. v. 164,97 E. Aufgrund der Haftungsquote hiervon die Hälfte, ergibt 82,49 E.

(4) Die Beschädigung der Schuhe konnte durch die Zeugin … bestätigt werden. Nachdem ein Beleg für die Anschaffung zu 64,95 nicht vorgelegt wurde und die Schuhe im Unfallzeitpunkt getragen waren, erkennt der Senat einen Betrag i. H. v. 40,– als grundsätzlich erstattungsfähig an. Unter Berücksichtigung der Haftungsquote ergibt sich ein konkret erstattungsfähiger Betrag i. H. v. 20,– E.

Hinsichtlich der beschädigten Kleidungsstücke und der Uhr geht der Senat davon aus, dass diese – ein lebensnaher und üblicher Verlauf unterstellt zwischenzeitlich durch andere ersetzt wurden und dass deswegen die Bruttowerte zu berücksichtigen sind.

(5) Hinsichtlich der nach den lebensnahen Angaben der Mutter nach dem Unfall aufgeschnittenen Jeans wurde ebenfalls kein Kaufbeleg vorgelegt. Der Senat geht von einem grundsätzlich erstattungsfähigen Betrag von 25,– € aus, unter Berücksichtigung der Haftungsquote verbleibt ein Betrag, i. H. v. 12,50 €.

(6) Die Trainingsjacke wurde ebenfalls nach den überzeugenden Angaben der Mutter verkratzt, ausgehend von einem nachgewiesenen Kaufpreis von 35,– € im April 2011 sieht der Senat einen Betrag i. H. v. 25,– € als grundsätzlich erstattungsfähig an. Unter Berücksichtigung der Haftungsquote verbleibt ein Betrag i. H. v. 12,50€.

(7) Die Anschaffung der Skijacke wurde belegt, die Zeugin … bestätigte, dass die Jacke eine Art Verbrennung aufwies. Ausgehend von einem Erwerb im November 2011 zu einem Preis von 99,95 € hält der Senat einen Betrag i. H. v. 80,— € grundsätzlich für ersatzfähig. In Anbetracht der Haftungsquote verbleibt ein zuzusprechender Betrag i. H. v. 40,– €.

(8) Auch der Erwerb der Uhr für 35,95 € konnte nachgewiesen werden durch Vorlage eines Belegs. Die Beschädigung selbst bestätigte die Zeugin … . Nachdem die Uhr im März 2011 erworben wurde, bei einer Uhr allerdings von einer längeren Nutzbarkeit auszugehen ist, geht der Senat von einem grundsätzlich erstattungsfähigen Betrag i. H. v. 30,– € aus. Unter Berücksichtigung der Haftungsquote verbleibt ein Betrag i. H. v. 15,– €.

(9) Bei dem behaupteten Verdienstausfall der Mutter handelt es sich grundsätzlich um den Schaden einer Dritten. Dass der durch die Mutter geleistete Betreuungsbedarf über das hinausgeht, was Familienangehörige üblicherweise als Betreuung leisten, wurde weder dargetan noch unter Beweis gestellt.

(10) Hinsichtlich des Verbandsmaterials wurden Belege vorgelegt, beide Zeugen … bestätigten, dass eine Erstattung durch die Krankenversicherung nicht erfolgte. Damit sind grundsätzlich 26,59 € erstattungsfähig. Unter Berücksichtigung der Haftungsquote verbleibt ein Betrag i. H. v. 13,30 €.

(11) Die belegte Zuzahlungen zu den Transportkosten sind unter Berücksichtigung der Haftungsquote mit 5,– € anzunehmen.

(12) Gleiches gilt für die mit 22,79 angegebenen Kosten für den Befundbericht der Zahnärztin, die mit 11,40 zu berücksichtigen sind.

(13) Demgegenüber sind die Kosten der Einzelzimmerunterbringung nicht erstattungsfähig, nachdem gegenüber dem Sachverständigen Dr. … im Rahmen seiner Untersuchungen sowohl von ihren Eltern als auch von der Klägerin selbst die bewusste Unterbringung in einem Einzelzimmer verneint wurde.

(14) Hinsichtlich der Kosten für die Beratung durch einen Mitarbeiter. des Zentralinstituts für seelische Gesundheit fehlt es an einer Erklärung der medizinischen Notwendigkeit und an einem geeigneten Beweisangebot. Diese konnten deswegen nicht zugesprochen, werden, zumal eine Angststörung durch den Sachverständigen Dr. … nicht nachgewiesen werden konnte.

(15) Hinsichtlich der Kosten für den Aufenthalt eines Erziehungsberechtigten kam der Sachverständige Dr. … wie oben ausgeführt zu dem Ergebnis, dass bis zum 25.03.2012 der Aufenthalt eines Erziehungsberechtigten medizinisch notwendig war. Dies führt zu einem grundsätzlich erstattungsfähigen Betrag i. H. v. 220,-€. Unter Berücksichtigung der Haftungsquote verbleibt ein zu erstattender Betrag i. H. v. 110,– E.

(16) Die Anschaffung der weiten Hosen wurde nicht nachgewiesen.

(17) Soweit die Eltern den Kindern aus der Klasse, die den Raum im EG zur Verfügung stellten, Brezeln ausgab, sind die Eltern mittelbar Geschädigte und damit nicht anspruchsberechtigt.

(18) Die Notwendigkeit der Teilnahme der Mutter an der Klassenfahrt wird weder dargelegt noch unter Beweis gestellt. Die Kosten sind deswegen nicht ersatzfähig.

(19) Die Kosten für die Anforderung der Krankenunterlagen mit 58,31 sind grundsätzlich erstattungsfähig. Unter Berücksichtigung der Mithaftung allerdings nur mit einem Betrag ‚i. H. v. 29,16 E.

(20) Hinsichtlich des entgangenen Querflötenunterrichts wurde trotz der Rüge der Beklagten nicht dargelegt, dass es sich um einen eigenen Schaden der Klägerin handelt.

(21) Die Kostenpauschale ist grundsätzlich mit 25,– zu berücksichtigen, aufgrund der Haftungsquote konkret nur mit 12,50 E.

dd) Hinsichtlich der begehrten Feststellung für die Ersatzpflicht der materiellen Schäden in der Zukunft in Höhe von 50 % hat die Berufung Erfolg. Der Antrag ist zulässig, das nach § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse ergibt sich daraus, der drohenden Verjährung zu begegnen. Er ist auch begründet. Jedenfalls in Fällen, in denen die Verletzung eines (durch § 823 Abs. 1 BGB oder, wie hier, durch § § 7 Abs. 1 StVG geschützten) Rechtsguts und darüber hinaus ein daraus resultierender Vermögensschaden bereits eingetreten sind, gibt es keinen Grund, die Feststellung der Ersatzpflicht für weitere, künftige Schäden von der Wahrscheinlichkeit ihres Eintritts abhängig zu machen. Materiell-rechtlich wird es den Anspruch auf Ersatz dieser Schäden ohnehin nicht geben, solange diese nicht eingetreten sind; von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts hängt die Entstehung des Anspruchs also nicht ab. Die Leistungspflicht soll bei künftige Schäden erfassenden Feststellungsklagen deshalb nur für den Fall festgestellt werden, dass die befürchtete Schadensfolge wirklich eintritt. Da dementsprechend der Feststellungsausspruch nichts darüber aussagt, ob ein künftiger Schaden eintreten wird, ist es unbedenklich, die Ersatzpflicht des Schädigers für den Fall, dass der Schaden eintreten sollte, bereits jetzt festzustellen (Senat in 1 U 123/15; BGH, Urt. v. 17.10.2017 – VI ZR 423/16, juris Rn. 49 m. w. N.).

Im vorliegenden Fall ist es nicht ausgeschlossen, dass weitere Operationen und damit einhergehende materielle Schäden auftreten. So ging der Sachverständige Prof. Dr … im Rahmen seiner Begutachtung von einem „mittelfristigen Endzustand“ aus (BI. 724 d. A.). Vor diesem Hintergrund kann aus verständiger Sicht der Klägerin davon ausgegangen werden, dass aufgrund der erheblichen Verletzungen noch Folgen drohen, die derzeit nicht absehbar sind und deswegen zum jetzigen Zeitpunkt nicht in die Schmerzensgeldberechnung mit einbezogen werden können.

ee) Die begehrten Zinsen rechtfertigen sich aus § 291 BGB, wobei die unterschiedlichen Klagezustellungen zu beachten waren. Soweit ein darüber hinausgehender Zinsanspruch aus Verzugsgesichtspunkten geltend gemacht wird, wurden die Voraussetzungen des Verzugseintritts zu einem früheren Zeitpunkt nicht dargelegt.

ff) Die begehrten Rechtsanwaltskosten sind ebenfalls als notwendige Kosten der Rechtsverfolgung Teil des Schadens. Nachdem die Klägerin ein entsprechendes Schreiben der Rechtschutzversicherung vorlegte und den Klageantrag entsprechend auf Zahlung an diese anpasste, bestehen keine Bedenken hinsichtlich der Aktivlegitimation dahingehend. Begründet waren sie aus einem Gegenstandswert i. H. v. 23.374,41 €, der sich aus dem zugesprochenen materiellen Schaden und dem Schmerzensgeld, aber auch aus der hälftigen Feststellung der Erstattungspflicht hinsichtlich des Zukunftsschadens ergibt. Da die Klägerin lediglich eine Erstattung i. H. v. 1.033,07 € begehrt, kommt es nicht darauf an, ob im vorliegenden Fall die Berechnung einer Geschäftsgebühr von 1,5 gerechtfertigt war. Die diese Forderung betreffenden Zinsen rechtfertigen sich aus § 291 BGB.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz waren nach § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO der Klägerin i. H. v. 66 % aufzuerlegen, den Beklagten als Gesamtschuldner i. H. v. 34 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens waren der Klägerin nach § 92 Abs. 1. S. 1 ZPO i. H. v. 32 % aufzuerlegen, den Beklagten als Gesamtschuldner i. H. v. 68 %.

d) Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

e) Die Revision war nicht zuzulassen. Es handelt sich um eine Einzelfallentscheidung auf der Grundlage der höchstrichterlichen Rechtsprechung, damit liegen die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 S. 1 ZPO nicht vor.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 34.157,58 € festgesetzt.

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