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Verkehrsunfall – Kostenerstattung bei Anmietung eines Fahrschulersatzfahrzeugs

AG Ludwigsburg, Az.: 10 C 469/14, Urteil vom 23.05.2014

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.144,94 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 22.02.2014 zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 130,50 EUR außergerichtliche Rechtsanwaltsgebühren nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 22.02.2014 zu bezahlen.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 1.144,94 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin macht aus abgetretenen Recht restliche Mietwagen kosten geltend.

Zugrunde liegt ein Verkehrsunfall vom 11.03.2013. Die alleinige Haftung hieraus trifft die Beklagte.

Bei dem verunfallten Fahrzeug des Zedenten handelt es sich um ein Fahrschulfahrzeug.

Der Zedent mietete für 7 Tage bei der Klägerin ein Fahrzeug an, wofür diese 1.581,70 EUR netto berechnete.

Hierauf bezahlte die Beklagte 436,76 EUR.

Die Klägerin stellt folgende Anträge:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.144,94 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 130,50 EUR an außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt Klagabweisung.

Die Beklagte trägt vor, der Zedent habe nicht den wirtschaftlichsten Weg gewählt. Er hätte den Ertragsrückgang berechnen müssen. Bei erwerbswirtschaftlichem, produktivem Einsatz einer Sache sei die Verkürzung ihres Nutzungswertes ihm wesentlich durch einen Gewinnentgang ausgewiesen.

Bezüglich des weiteren Partei- und Sachvortrags wird auf die Akte und der darin befindlichen Schriftsätze verwiesen.

Am 05.05.2014 wurde eine Beweisaufnahme durch Einholung eines mündlichen Sachverständigengutachtens durchgeführt.

Hinsichtlich der Ausführungen des Sachverständigen wird auf das Protokoll vom selben Tag (Bl. 104-106 d.A.) verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Verkehrsunfall - Kostenerstattung bei Anmietung eines Fahrschulersatzfahrzeugs
Symbolfoto: Von wellphoto /Shutterstock.com

Der Klägerin steht aus abgetretenem Recht ein restlicher Mietwagenersatzanspruch in Höhe von 1.144,94 EUR zu.

Nach dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens ist festzustellen, dass die Klägerin für die 7-tägige Anmietung eines Fahrschulautos 1.581,70 EUR netto berechnete.

Nach den Ausführungen des Sachverständigen, denen sich das Gericht in vollem Umfang anschließt, waren in der näheren Umgebung lediglich 3 Mietwagenunternehmen in der Lage, ein Fahrschulfahrzeug zu vermieten.

Bei der Fa. … hätte nach deren Angaben eine 7-tägige Anmietung 733,00 EUR gekostet, bei der Fa. … in Stuttgart 1.715,00 EUR und bei der Fa. … in Stuttgart wären 1.660,00 EUR angefallen.

Während bei den Firmen … und … ein Fahrschulfahrzeug für den entscheidungserheblichen Zeitraum zur Verfügung gestanden hätte, war dies bei der … nicht zu erfahren. Es bleibt insoweit bei der fiktiven Angabe, dass grundsätzlich ein Fahrschulfahrzeug dort lediglich 733,00 EUR netto kostet. Ob es dem Zedenten zum Unfallzeitraum zur Verfügung gestanden hätte, blieb offen.

Bei der Entscheidung des vorliegenden Rechtstreits ist die Rechtsprechung des BGH zugrunde zu legen.

Der BGH hat ausgeführt, dass der zum Schadenersatz Verpflichtete den Zustand herzustellen hat, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre, was sich zwangslos aus § 249 Abs. 1 BGB ergibt (BGH NJW 2012, 2026 RZ 8, zitiert nach Juris).

Bereits daraus ergibt sich, dass die Beklagte den Zedenten keinesfalls darauf verweisen kann, lediglich den Gewinnausfall geltend zu machen. Vielmehr ist der Schädiger verpflichtet, den Geschädigten so zu stellen, wie er ohne Unfallereignis stünde, d.h. er darf seinen Gewerbebetrieb in vollem Umfang weiter betreiben.

Es bedarf im Urigen keiner weiteren größeren Überlegung, um zu erkennen, dass ein Fahrschulunternehmen, das bereits gebuchte Fahrstunden ausfallen lässt, oder wegen Nichtvorhandensein eines Fahrschulfahrzeugs keine weiteren Fahrstunden durchführt, nicht lediglich den für diesen Zeitraum entgangenen Gewinn finanziell nachteilig zu spüren bekommt. Vielmehr resultiert daraus auch ein wertmäßig nicht zu berechnender Nachteil, allein aus dem Umstand, dass das Fahrschulunternehmen am Markt nicht zur Verfügung steht.

Es besteht daher kein Zweifel, dass der Zedent berechtigt war, ein Ersatzfahrschulfahrzeug anzumieten, um den Betrieb seines Fahrschulunternehmens aufrecht erhalten zu können.

 

So hat auch der BGH entschieden, dass derjenige, der sein Fahrzeug in Folge des schädigenden Ereignisses nicht nutzen kann, grundsätzlich Ersatz der für die Anmietung eines gleichwertigen Fahrzeugs entstehenden Kosten beanspruchen kann (BGH a.a.O.).

Dabei hat allerdings der Geschädigte auch das in § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB verankerte Wirtschaftlichkeitsgebot zu beachten. Er hat im Rahmen des ihm Zumutbaren stets den wirtschaftlichsten Weg der Schadensbehebung zu wählen. Für den Bereich der Mietwagenkosten bedeutet dies, dass er Ersatz nur derjenigen Kosten verlangen kann, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten zum Ausgleich des Gebrauchsentzugs seines Fahrzeugs für erforderlich halten dürfte.

Vorliegend erübrigt sich der Streit zwischen Schwacke-Liste und Fraunhofer Instituts-Liste, da dort die Spezialfahrzeuge des Fahrschulbereiches nicht erfasst sind.

Wie auch vom Sachverständigen festgestellt wurde, gibt es nur wenige Mietunternehmen in der Region, die Ersatzfahrschulfahrzeuge anbieten.

Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass von den 3 im Stuttgarter Bereich existierenden Mietwagenunternehmen, die Fahrschulfahrzeuge vermieten, zwei, nämlich die Fa. … und die Fa. … bei einer Anmietdauer von 7 Tagen noch über dem Rechnungsbetrag der Klägerin lagen.

Damit wäre der Zedent allenfalls auf die Fa. … zu verweisen gewesen, wenngleich im Rechtstreit nicht feststellbar war, ob für den Unfallzeitraum von dort ein solches Fahrzeug hätte angemietet werden können.

Damit stellte sich die Frage nach der Beweislastverteilung.

Der BGH hat entschieden, dass die Erforderlichkeit im Sinn des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB, für deren Vorliegen der Geschädigte beweispflichtig ist, von der Frage der Schadensminderungspflicht nach § 254 Abs. 2 BGB zu trennen ist (BGH NJW 2010, 1445 ff. RZ 15, zitiert nach Juris).

Dabei obliegt es dem Schädiger, der einen Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht geltend macht, darzulegen und ggf. zu beweisen, dass dem Geschädigten ein günstigerer Tarif nach den konkreten Umständen ohne Weiteres zugänglich gewesen wäre (BGH a.a.O.).

Es fiel mithin vorliegend in den Aufgabenkreis der Beklagten zu beweisen, dass im fraglichen Zeitraum die Fa. … ein Ersatzfahrschulfahrzeug zur Anmietung hätte zur Verfügung stellen können.

Nachdem diese Frage nicht geklärt werden konnte, ist sie nicht zu Lasten der Klägerin, sondern zu Lasten der Beklagten zu entscheiden.

Dies bedeutet, es muss davon ausgegangen werden, dass das Angebot der Fa. … lediglich auf dem Papier steht und sie jedenfalls zum damaligen Zeitpunkt ein Ersatzfahrschulfahrzeug nicht hätte zur Verfügung stellen können.

Mithin ist der von der Klägerin berechnete Betrag noch der günstigste von den im Stuttgarter Bereich tätigen Fahrschulwagen-Vermieter.

Die Erforderlichkeit der Anmietung des Fahrschulfahrzeuges durch den Zedenten ist gegeben, ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht von der Beklagten nicht bewiesen. Der Klage war daher in vollem Umfang stattzugeben.

Der Zinsanspruch und Anspruch auf vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten rechtfertigt sich als Verzugsschadensersatz nach §§ 286, 288 BGB.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11,711 ZPO.

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