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Verkehrsunfall -Linksabbieger mit Linksüberholer

AG Kiel – Az.: 113 C 7/18 – Urteil vom 24.07.2018

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 516,43 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 07.03.2017 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger Versicherungsprämiennachteile zu erstatten, die ihm aus dem Verkehrsunfall vom 27.01.2017 bei der … Versicherung AG unterhaltener Kasko-Versicherung, Kfz-Versicherungsnummer … künftig entstehen.

Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten als Gesamtschuldner 39 % und der Kläger 61 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet. Und auch der Kläger kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Der Streitwert wird auf 1.652,61 € bis zum 08. 03. 2018, und auf bis 480,40 € für die Zeit danach festgesetzt.

Tatbestand

Von der Darstellung des Tatbestandes wird gem. § 313 a ZPO abgesehen.

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist zulässig, insbesondere besteht das gem. § 256 Abs. 1 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse, weil sich der Schaden noch in der Fortentwicklung befindet. (vgl. Insoweit BGH vom 25.04. 2006, VI ZR 36/05.)

Die Klage ist auch begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf weitere 225, 60 € Schadensersatz und vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 290, 83 € gem. §§ 7, 17. 18 Abs. 1 StVG, 115 VVG

Nach § 7 Abs. 1 StVG hat der Halter und nach § 18 Abs. 1 hat auch der Führer den bei Betrieb seines Kraftfahrzeugs entstandenen Schaden an fremden Sachen zu ersetzen, es sei denn, der Unfall war für ihn unvermeidlich im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG. Nach § 17 StVG kommt es für den Umfang der Schadensersatzpflicht grundsätzlich auf den Verursachungs- und Verschuldensbeitrag der jeweiligen Unfallbeteiligten an, wenn, wie hier, der Schaden beim Betrieb mehrerer Kraftfahrzeuge entstand.

Der Verkehrsunfall vom 27.01. 2017 ereignete sich sowohl beim Betrieb des klägerischen PKWs als auch beim Betrieb des PKWs der Beklagten zu 1.). Den Entlastungsbeweis von § 17 Abs. 3 StVG konnte der Kläger schon deswegen nicht führen, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass die Beklagte zu 2.) beim Abbiegen links geblinkt hat.

Eine Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensbeiträge kommt zu dem Ergebnis, dass die Beklagten als Gesamtschuldner zu 100 Prozent haftet. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dürfen bei der Ausgleichspflicht mehrerer Unfallbeteiligter gemäß § 17 StVG nur tatsächlich bewiesene Umstände herangezogen werden. (BGH, Urteil vom 13. Februar 1996 – VI ZR 126/95 -, juris).

1. Kommt es – wie hier – im unmittelbaren örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit dem Abbiegen in ein Grundstück zu einer Kollision mit einem links überholenden Fahrzeug, spricht der Beweis des ersten Anscheins für eine Sorgfaltspflichtverletzung des Abbiegenden. Wegen der besonderen Sorgfaltspflichten des Linksabbiegers oder Wendenden nach § 9 Abs. 5 StVO haftet dieser im Falle einer Kollision mit einem überholenden Kraftfahrzeug grundsätzlich allein, wobei die Betriebsgefahr des Kfz des Überholers zurücktritt. (OLG Koblenz, NZV 1992, 406 mwN).

Eine Ausnahme hiervon besteht nur dann, wenn dem Kläger als Überholer ebenfalls ein Verkehrsverstoß zur Last gelegt werden kann. Dies ist hier nicht der Fall. Der Kläger durfte innerorts links überholen, § 5 I StVO. Das Vorliegen einer unklaren Verkehrslage gem. § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO haben die Beklagten nicht beweisen können. Eine unklare Verkehrslage liegt erst dann vor, wenn nach allen Umständen mit ungefährdetem Überholen nicht gerechnet werden darf oder wenn sich nicht sicher beurteilen lässt, was der Vorausfahrende gleich tun wird. (Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 44. Aufl, § 5 StVO, Rn. 34). Selbst wenn die Fahrweise – Herabsetzung der Geschwindigkeit u Einordnung nach links- auf ein bevorstehendes Linksabbiegen hindeutet, nimmt die h. M. noch keine unklare Verkehrslage an, solange das linke Richtungszeichen fehlt (BGHSt 12, 162; BGH VersR 64, 513; OLG Hamm VRS 41, 37; Bay 87, 154; v 29.12.88, 2 Ob OWi 281/88;) und keine besonderen Umstände hinzutreten (OLG Köln VRS 65, 392), weil dann das Abbiegen noch nicht unmittelbar bevorstehe (Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke/Janker, StVO § 5 Rn. 26-27, über beck-online).

Durch die persönliche Anhörung der Parteien konnte nicht mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden, dass die Beklagte zu 2.) ihre Geschwindigkeit reduziert hat, sie sich links eingeordnet oder sogar links geblinkt hat. In all diesen Punkten stand es Aussage gegen Aussage. Das Gericht vermochte nicht einzuschätzen, welche der Parteien die Wahrheit gesagt hat oder ob es sich statt um tatsächliche, reale Umstände oder lediglich die subjektive Erinnerung der Partei handelte.

Zwar hat der Kläger angegeben, dass die Beklagte zu 2.) ihre Geschwindigkeit reduziert hat, wofür auch sprechen würde, dass die Beklagte zu 2.) ja einen Abbiegevorgang plante und dieser nach der Erfahrung des Gerichts selten bei 50 km/h stattfindet. Die Beklagte zu 1.) und 2.) haben jedoch übereinstimmend angegeben, dass sich ihr Fahrzeug mit ca. 50 km/h bewegte und sie gerade keine Geschwindigkeitsreduktion vorgenommen hätten. Doch selbst wenn man diesen klägerischen Vortrag zugunsten der Beklagten unterstellen würde, reicht die Reduktion der Geschwindigkeit nach ganz h.M. noch nicht für das Vorliegen einer unklaren Verkehrslage aus.(s.o.)

Auch haben die Beklagten zu 1.) und 2.) angegeben, dass die Beklagte zu 2.) geblinkt und sich links eingeordnet habe, der Kläger jedoch will gesehen haben, dass die Beklagte zu 2.) sich vielmehr rechts eingeordnet hat. Einen Blinker hat er nicht wahrgenommen.

Ähnlich verhält es sich mit dem Überfahren der durchgezogenen Mittellinie. Während der Kläger angibt, ohne Benutzung des gegenüber liegenden Fahrstreifens den Überholvorgang durchgeführt zu haben, haben die Beklagten zu 1.) und 2.) ausgesagt, der Kläger habe fast bis zur gegenüberliegenden Bordsteinkante fahren müssen, um zu Überholen. Auch hier konnte das Gericht keine eindeutigen Feststellungen treffen.

Weitere Erkenntnisquellen neben der persönlichen Anhörung der Parteien standen nicht zur Verfügung.

3. Die Schadenshöhe beträgt 134, 10 € Restschaden und 91, 50 € Höherstufungsschaden bis zum 01.01. 2018.

Der Kläger ist zu Geltendmachung auch aktiv legitimiert. Die Abtretung der Schadensforderung an den Sachverständigen in Höhe seiner Kosten war lediglich erfüllungshalber. Der Kläger hat unwidersprochen im Termin vorgetragen, dass die Hauptforderung durch Zahlung bereits erloschen ist. Die Forderung steht daher wieder dem Kläger zu.

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1 analog ZPO. Da sich durch die Teilrücknahme zugleich auch der Gebührenstreitwert ändert, wird die Kostenquote dadurch gebildet, dass zunächst für jede angefallene Gebühr der unter Berücksichtigung des jeweiligen Unterliegens auf die Partei entfallende Betrag ermittelt und die addierten Einzelbeträge sodann ins Verhältnis zu den Gesamtkosten gesetzt werden. (MüKoZPO/Schulz ZPO § 92 Rn. 10, beck-online)

Die Entscheidung über die vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708, 713 ZPO.

III. Das Gericht hat den Streitwert nach Teilrücknahme auf 225, 60 € für den Leistungsantrag und 254, 80 € für den Feststellungsantrag festgesetzt, wobei sich der Feststellungsantrag aus dem 3,5 fachen Jahreswert des für 2017 ermittelten Höherstufungsschaden abzüglich 20 % bemisst.

Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren bleiben bei der Festsetzung des Streitwerts unberücksichtigt.

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