Übersicht:
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Gerichtsurteil: Berechnung des Haushaltsführungsschadens nach Verkehrsunfall
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Was ist ein Haushaltsführungsschaden und wann kann ich ihn nach einem Verkehrsunfall geltend machen?
- Wie wird die Höhe des Haushaltsführungsschadens berechnet und welche Faktoren spielen dabei eine Rolle?
- Welche Rolle spielen ärztliche Atteste und Gutachten bei der Berechnung des Haushaltsführungsschadens?
- Wie setze ich meinen Anspruch auf Haushaltsführungsschaden durch und welche Fristen muss ich beachten?
- Welche Besonderheiten gibt es bei der Berechnung des Haushaltsführungsschadens für bestimmte Personengruppen (z.B. Hausfrauen, Rentner, Alleinerziehende)?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Nach einem Auffahrunfall mit geringer Geschwindigkeit verlangte die Klägerin Schmerzensgeld und Schadensersatz von der Versicherung des Unfallverursachers.
- Die Versicherung bestritt die Verletzungen und deren Auswirkungen.
- Das Gericht stellte fest, dass die Kollisionsgeschwindigkeit ausreichend war, um ein Halswirbelsäulentrauma zu verursachen.
- Das Gericht entschied, dass die Klägerin Anspruch auf Schmerzensgeld hat, da der Unfallverursacher allein verantwortlich war.
- Die Höhe des Schmerzensgeldes wurde unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren festgelegt, darunter die Schwere der Verletzungen und das bisherige Verhalten der Versicherung.
- Die Klägerin erhielt nicht den vollen Schadensersatz, den sie gefordert hatte, da einige ihrer Ansprüche nicht ausreichend belegt waren.
- Dieses Urteil zeigt, dass auch bei Unfällen mit niedriger Geschwindigkeit erhebliche Verletzungen auftreten können, die entschädigungspflichtig sind.
- Es unterstreicht die Bedeutung von medizinischen Gutachten zur Feststellung von Verletzungen und deren Zusammenhang mit dem Unfall.
- Das Urteil zeigt auch, dass das Verhalten der Versicherung bei der Schadensregulierung eine Rolle bei der Festsetzung des Schmerzensgeldes spielen kann.
Gerichtsurteil: Berechnung des Haushaltsführungsschadens nach Verkehrsunfall
Der Verkehrsunfall mit Personenschaden stellt für die Betroffenen oft eine schwierige Situation dar. Neben den körperlichen Verletzungen und dem Schock kommt es häufig zu finanziellen Belastungen. Besonders komplex gestaltet sich die Berechnung des sogenannten Haushaltsführungsschadens. Dieser entsteht, wenn die verletzte Person aufgrund des Unfalls nicht mehr in der Lage ist, ihre Haushaltspflichten wie Kochen, Putzen oder Wäsche waschen in vollem Umfang zu erledigen. Die Höhe des Haushaltsführungsschadens ist abhängig von verschiedenen Faktoren, wie dem Umfang der Verletzungen, der Haushaltsgröße und dem allgemeinen Zeitaufwand für die Haushaltsführung.
Die rechtliche Grundlage für die Berechnung des Haushaltsführungsschadens findet sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) und in der Rechtsprechung. Die Gerichte berücksichtigen dabei sowohl den objektiven Wert der geleisteten Dienste als auch den subjektiven Wert, den die verletzte Person der Haushaltsführung beimisst. Um den Haushaltsführungsschaden realistisch zu berechnen, werden unterschiedliche Methoden und Modelle angewandt.
Dieser Beitrag beleuchtet ein aktuelles Gerichtsurteil, das sich mit der Berechnung des Haushaltsführungsschadens nach einem Verkehrsunfall befasst. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, welche Kriterien bei der Ermittlung des Schadens relevant sind und wie diese im Einzelfall zu gewichten sind.
Haushaltsführungsschaden nach Unfall? Wir helfen Ihnen!
Nach einem Unfall kämpfen Sie mit der Durchsetzung Ihres Haushaltsführungsschadens? Wir verstehen die Herausforderungen und die rechtliche Komplexität, die damit verbunden sind. Unsere Kanzlei verfügt über umfassende Erfahrung in der erfolgreichen Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen nach Verkehrsunfällen.
Kontaktieren Sie uns für eine unverbindliche Ersteinschätzung Ihres Falls. Wir stehen Ihnen zur Seite, um Ihre Rechte zu wahren und Ihnen zu Ihrem rechtmäßigen Anspruch zu verhelfen.
Der Fall vor Gericht
Haushaltsführungsschaden nach Verkehrsunfall: Urteil des Landgerichts Tübingen
Bei einem Verkehrsunfall auf der Kreisstraße zwischen D. und N. wurde eine Autofahrerin verletzt, als ein hinter ihr fahrendes Fahrzeug auf ihren stehenden Wagen auffuhr. Die Geschädigte erlitt ein Halswirbelsäulenschleudertrauma und konnte ihren Haushalt längere Zeit nicht wie gewohnt führen. Sie verklagte daraufhin die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers auf Schadensersatz und Schmerzensgeld. Das Landgericht Tübingen hatte nun zu entscheiden, in welchem Umfang die Versicherung für die Folgen des Unfalls aufkommen muss.
Unfallhergang und medizinische Folgen
Laut den Feststellungen des Gerichts fuhr das bei der beklagten Versicherung versicherte Fahrzeug mit einer Geschwindigkeit von 15-20 km/h auf den stehenden Wagen der Klägerin auf. Dies führte zu einer Beschleunigung des klägerischen Fahrzeugs von 27-55 m/s² in Längsrichtung. Ein medizinisches Gutachten stufte den Schweregrad des erlittenen Halswirbelsäulenschleudertraumas mit I-II ein.
Das Gericht sah es als erwiesen an, dass die Klägerin unfallbedingt für die ersten drei Monate eine Einschränkung von 20% und für weitere drei Monate von 10% hatte. Dauerhafte Beeinträchtigungen wurden jedoch ausgeschlossen. Die zunächst ärztlich bescheinigte längere Arbeitsunfähigkeit wurde vom Gericht nicht in vollem Umfang anerkannt.
Berechnung des Haushaltsführungsschadens
Ein zentraler Punkt des Urteils war die Berechnung des sogenannten Haushaltsführungsschadens. Dabei geht es um den finanziellen Ausgleich dafür, dass die Geschädigte ihren Haushalt unfallbedingt nicht oder nur eingeschränkt führen konnte. Das Gericht schätzte den wöchentlichen Arbeitsaufwand im Haushalt auf 31 Stunden, wovon 60% auf die Klägerin entfielen.
Für die Berechnung wurde folgendes Schema angewandt:
- Eine halbe Woche (stationärer Aufenthalt): 100% Arbeitsunfähigkeit
- 12,5 Wochen: 20% Arbeitsunfähigkeit
- 13 Wochen: 10% Arbeitsunfähigkeit
Als Stundensatz setzte das Gericht 12 Euro an. Dieser Wert wurde in Anlehnung an die Entschädigungsnormen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) gewählt. Insgesamt ergab sich so ein Haushaltsführungsschaden von 960 Euro.
Urteil und finanzielle Folgen für die Geschädigte
Das Landgericht Tübingen sprach der Klägerin insgesamt einen Betrag von 4.290 Euro zu. Dieser setzte sich zusammen aus 3.000 Euro Schmerzensgeld, 960 Euro Haushaltsführungsschaden und 330 Euro für sonstige Schäden. Da die Versicherung bereits einen Vorschuss von 1.233,45 Euro gezahlt hatte, wurde sie zur Zahlung der Differenz von 3.056,55 Euro verurteilt.
Das Gericht wies den ursprünglichen Feststellungsantrag der Klägerin ab. Es sah kein Feststellungsinteresse mehr, da alle Schäden bezifferbar waren und weitere unfallbedingte Folgen nach dem medizinischen Gutachten ausgeschlossen wurden.
Dieses Urteil zeigt, wie komplex die Berechnung von Schadensersatzansprüchen nach Verkehrsunfällen sein kann. Insbesondere die Ermittlung des Haushaltsführungsschadens erfordert eine detaillierte Betrachtung der individuellen Lebensumstände des Unfallopfers. Betroffene sollten sich daher frühzeitig fachkundige Unterstützung suchen, um ihre Ansprüche angemessen geltend machen zu können.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil des Landgerichts Tübingen verdeutlicht die komplexe Berechnung des Haushaltsführungsschadens bei Verkehrsunfällen. Es zeigt, dass Gerichte bei der Bemessung des Schadens individuelle Faktoren wie Arbeitsaufwand im Haushalt und Grad der Beeinträchtigung berücksichtigen. Dabei wird ein pauschaler Stundensatz angesetzt, der sich an gesetzlichen Entschädigungsnormen orientiert. Die Entscheidung unterstreicht die Notwendigkeit einer detaillierten Dokumentation und fachkundigen Unterstützung für Unfallopfer bei der Geltendmachung ihrer Ansprüche.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Verkehrsunfallopfer mit Personenschaden haben Sie Anspruch auf Ersatz Ihres Haushaltsführungsschadens. Das Gericht berücksichtigt dabei Ihren individuellen Arbeitsaufwand im Haushalt und den Grad Ihrer unfallbedingten Beeinträchtigung. Für die Berechnung wird ein Stundensatz von 12 Euro angesetzt. Wichtig ist, dass Sie Ihre Einschränkungen und den Umfang Ihrer Haushaltstätigkeiten genau dokumentieren. Da die Berechnung komplex ist, sollten Sie sich von einem Fachanwalt beraten lassen. Dieser kann Ihnen helfen, Ihre Ansprüche vollständig geltend zu machen und eine angemessene Entschädigung zu erhalten. Beachten Sie, dass nur vorübergehende Beeinträchtigungen berücksichtigt werden – dauerhafte Folgen müssen eindeutig unfallbedingt sein.
FAQ – Häufige Fragen
Wer kennt das nicht: Nach einem Verkehrsunfall will man sich um das eigene Wohlergehen kümmern, doch dann taucht plötzlich die Frage nach dem Haushaltsführungsschaden auf. Was genau ist das eigentlich und wie kann man diesen geltend machen? Im Folgenden finden Sie Antworten auf die häufigsten Fragen rund um dieses Thema, kompakt und verständlich zusammengefasst.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Was ist ein Haushaltsführungsschaden und wann kann ich ihn nach einem Verkehrsunfall geltend machen?
- Wie wird die Höhe des Haushaltsführungsschadens berechnet und welche Faktoren spielen dabei eine Rolle?
- Welche Rolle spielen ärztliche Atteste und Gutachten bei der Berechnung des Haushaltsführungsschadens?
- Wie setze ich meinen Anspruch auf Haushaltsführungsschaden durch und welche Fristen muss ich beachten?
- Welche Besonderheiten gibt es bei der Berechnung des Haushaltsführungsschadens für bestimmte Personengruppen (z.B. Hausfrauen, Rentner, Alleinerziehende)?
Was ist ein Haushaltsführungsschaden und wann kann ich ihn nach einem Verkehrsunfall geltend machen?
Ein Haushaltsführungsschaden entsteht, wenn eine Person aufgrund einer Verletzung ihren Haushalt nicht mehr oder nur noch eingeschränkt führen kann. Dies betrifft typischerweise Tätigkeiten wie Kochen, Putzen, Waschen oder Einkaufen. Der Anspruch auf Ersatz dieses Schadens ergibt sich aus § 843 Abs. 1 BGB.
Nach einem Verkehrsunfall kann ein Haushaltsführungsschaden geltend gemacht werden, wenn die erlittenen Verletzungen zu einer Beeinträchtigung der Fähigkeit zur Haushaltsführung führen. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Geschädigte den Haushalt vor dem Unfall allein oder gemeinsam mit anderen Personen geführt hat. Auch Personen ohne eigenen Haushalt können einen solchen Schaden geltend machen, wenn sie regelmäßig im Haushalt anderer tätig waren.
Die Höhe des Schadens bemisst sich nach dem Umfang der Beeinträchtigung und den Kosten für eine Ersatzkraft. Dabei wird nicht vorausgesetzt, dass tatsächlich eine Haushaltshilfe eingestellt wurde. Es genügt, wenn der Geschädigte die Tätigkeiten unter erschwerten Bedingungen selbst ausführt oder Familienangehörige einspringen. Der Schaden kann also auch fiktiv berechnet werden.
Für die Geltendmachung des Haushaltsführungsschadens muss der Geschädigte darlegen und beweisen, welche Tätigkeiten er vor dem Unfall im Haushalt verrichtet hat und in welchem Umfang er diese nun nicht mehr ausführen kann. Hierbei sind konkrete Angaben zu Art und Umfang des Haushalts sowie zu den einzelnen Tätigkeiten erforderlich.
Die Berechnung des Schadens erfolgt in der Regel durch Multiplikation der ausgefallenen Arbeitsstunden mit einem angemessenen Stundensatz für eine Haushaltshilfe. Die Rechtsprechung ist bei der Festlegung des Stundensatzes uneinheitlich. Einige Gerichte orientieren sich am Mindestlohn, andere ziehen höhere Sätze heran.
Ein Haushaltsführungsschaden kann sowohl als einmalige Entschädigung für einen begrenzten Zeitraum als auch als laufende Rente geltend gemacht werden. Bei dauerhaften Beeinträchtigungen ist eine Rentenzahlung üblich.
Es ist wichtig zu beachten, dass der Anspruch auf Ersatz des Haushaltsführungsschadens unabhängig von anderen Schadensersatzansprüchen wie Schmerzensgeld oder Verdienstausfall besteht. Er kann also zusätzlich zu diesen Positionen geltend gemacht werden.
Die Geltendmachung eines Haushaltsführungsschadens erfordert eine sorgfältige Dokumentation der Beeinträchtigungen und des Mehraufwands. Ärztliche Atteste und detaillierte Aufzeichnungen über die Haushaltsführung vor und nach dem Unfall können dabei hilfreich sein.
In der Praxis kommt es bei der Bemessung des Haushaltsführungsschadens oft zu Streitigkeiten zwischen Geschädigten und Versicherungen. Gerichte haben bei der Schadensschätzung einen erheblichen Spielraum, was zu unterschiedlichen Ergebnissen führen kann.
Wie wird die Höhe des Haushaltsführungsschadens berechnet und welche Faktoren spielen dabei eine Rolle?
Die Berechnung des Haushaltsführungsschadens ist ein komplexer Vorgang, bei dem verschiedene Faktoren berücksichtigt werden müssen. Grundsätzlich geht es darum, den wirtschaftlichen Wert der Haushaltstätigkeiten zu ermitteln, die eine Person aufgrund einer Verletzung nicht mehr ausführen kann.
Eine häufig verwendete Methode zur Berechnung ist die Differenzmethode. Hierbei wird zunächst ermittelt, wie viele Stunden die verletzte Person vor dem Unfall für Haushaltstätigkeiten aufgewendet hat. Anschließend wird festgestellt, wie viele Stunden sie nach dem Unfall noch leisten kann. Die Differenz zwischen diesen beiden Werten wird dann mit einem angemessenen Stundensatz multipliziert. Dieser Stundensatz orientiert sich üblicherweise am Lohn einer Haushaltshilfe und kann je nach Region zwischen 9 und 14 Euro liegen.
Eine alternative Berechnungsmethode ist die Quotenmethode. Bei dieser Methode wird der Grad der Beeinträchtigung bei der Haushaltsführung prozentual geschätzt. Dieser Prozentsatz wird dann auf den Gesamtwert der Haushaltsführung angewendet, der sich aus verschiedenen Faktoren wie Haushaltsgröße und Lebensstandard ergibt.
Zu den wichtigsten Faktoren, die bei der Berechnung des Haushaltsführungsschadens eine Rolle spielen, gehören:
1. Umfang und Schwere der Verletzungen: Je gravierender die Verletzungen, desto höher fällt in der Regel der Haushaltsführungsschaden aus. Dabei wird berücksichtigt, inwieweit die Verletzungen die Fähigkeit zur Haushaltsführung beeinträchtigen.
2. Haushaltsgröße und -zusammensetzung: Die Anzahl der im Haushalt lebenden Personen sowie deren Alter und Pflegebedürftigkeit beeinflussen den Umfang der notwendigen Haushaltstätigkeiten und damit die Höhe des Schadens.
3. Wohnverhältnisse: Die Größe und Art der Wohnung oder des Hauses, einschließlich eventuell vorhandener Außenanlagen, wirken sich auf den Arbeitsaufwand im Haushalt aus.
4. Zeitaufwand vor dem Unfall: Es wird ermittelt, wie viel Zeit die verletzte Person vor dem Unfall tatsächlich für Haushaltstätigkeiten aufgewendet hat. Dies kann individuell stark variieren.
5. Dauer der Beeinträchtigung: Der Zeitraum, in dem die Haushaltsführung eingeschränkt ist, beeinflusst die Gesamthöhe des Schadens. Dabei kann zwischen vorübergehenden und dauerhaften Beeinträchtigungen unterschieden werden.
6. Technische Ausstattung des Haushalts: Der Grad der Technisierung und Automatisierung im Haushalt kann den erforderlichen Arbeitsaufwand beeinflussen.
7. Berufstätigkeit: Bei berufstätigen Personen wird berücksichtigt, dass sie möglicherweise weniger Zeit für Haushaltstätigkeiten aufwenden als nicht berufstätige Personen.
8. Alter der verletzten Person: Das Alter kann Einfluss auf die Bewertung des Haushaltsführungsschadens haben, da sich die Leistungsfähigkeit im Haushalt mit zunehmendem Alter in der Regel verändert.
Bei der konkreten Berechnung des Haushaltsführungsschadens ist es wichtig, alle relevanten Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Gerichte haben bei der Bemessung einen erheblichen Ermessensspielraum und können die Schätzung nach § 287 ZPO vornehmen. Dies ermöglicht eine flexible Anpassung an die individuellen Gegebenheiten des jeweiligen Falls.
Es ist zu beachten, dass der Geschädigte die Grundlagen für die Berechnung des Haushaltsführungsschadens darlegen muss. Dazu gehören insbesondere Angaben zur Haushaltsgröße, zum Umfang der vor dem Unfall geleisteten Haushaltstätigkeiten und zum Grad der unfallbedingten Beeinträchtigung. Je detaillierter und nachvollziehbarer diese Angaben sind, desto genauer kann der Schaden berechnet werden.
Die Berechnung des Haushaltsführungsschadens erfordert oft eine sorgfältige Abwägung verschiedener Faktoren und kann in komplexen Fällen die Hinzuziehung von Sachverständigen notwendig machen. Ziel ist es, eine angemessene und faire Entschädigung für die erlittene Beeinträchtigung der Haushaltsführung zu ermitteln.
Welche Rolle spielen ärztliche Atteste und Gutachten bei der Berechnung des Haushaltsführungsschadens?
Ärztliche Atteste und Gutachten spielen eine zentrale Rolle bei der Berechnung des Haushaltsführungsschadens. Sie dienen als wichtige Beweismittel, um die unfallbedingten Einschränkungen des Geschädigten bei der Haushaltsführung zu dokumentieren und zu quantifizieren.
In erster Linie werden ärztliche Atteste herangezogen, um die Art und den Umfang der Verletzungen festzustellen. Diese Informationen bilden die Grundlage für die Einschätzung, inwieweit der Geschädigte in seiner Fähigkeit zur Haushaltsführung beeinträchtigt ist. Dabei ist es wichtig, dass die Atteste möglichst detailliert die Funktionseinschränkungen beschreiben, die sich auf typische Haushaltstätigkeiten auswirken.
Fachärztliche Gutachten gehen in der Regel noch tiefer und liefern eine umfassende Analyse der gesundheitlichen Situation des Geschädigten. Sie beurteilen nicht nur den aktuellen Zustand, sondern geben auch eine Prognose über den voraussichtlichen Heilungsverlauf ab. Diese Prognose ist besonders wichtig, um den Zeitraum zu bestimmen, für den ein Haushaltsführungsschaden geltend gemacht werden kann.
Bei der Berechnung des Schadens werden die in den Attesten und Gutachten festgestellten Einschränkungen in Relation zu den konkreten Anforderungen des Haushalts gesetzt. Hierbei spielen Faktoren wie die Größe des Haushalts, die Anzahl der Haushaltsmitglieder und besondere Pflegebedürfnisse eine Rolle. Die ärztlichen Dokumente helfen dabei, den prozentualen Grad der Einschränkung zu ermitteln, der dann auf die üblicherweise im Haushalt zu leistenden Arbeitsstunden angewendet wird.
Es ist wichtig zu betonen, dass die ärztlichen Unterlagen nicht nur die körperlichen Einschränkungen erfassen sollten, sondern auch psychische Beeinträchtigungen, die sich auf die Haushaltsführung auswirken können. Ein umfassendes Gutachten berücksichtigt beide Aspekte und ermöglicht so eine ganzheitliche Beurteilung der Situation.
In der Praxis dienen die ärztlichen Atteste und Gutachten auch als Grundlage für Verhandlungen mit der Versicherung des Schädigers. Je präziser und detaillierter die medizinischen Unterlagen sind, desto fundierter kann die Forderung nach Ersatz des Haushaltsführungsschadens begründet werden.
Es ist zu beachten, dass Gerichte bei der Bewertung ärztlicher Atteste und Gutachten kritisch vorgehen. Sie prüfen die Plausibilität der Aussagen und setzen sie in Beziehung zu anderen Beweismitteln wie Zeugenaussagen oder dem persönlichen Eindruck vom Geschädigten. In komplexen Fällen kann das Gericht auch einen gerichtlichen Sachverständigen bestellen, um eine neutrale Einschätzung zu erhalten.
Die ärztlichen Unterlagen sollten möglichst zeitnah nach dem schädigenden Ereignis erstellt werden, um den unmittelbaren Zusammenhang zwischen Unfall und Einschränkungen zu dokumentieren. Regelmäßige Folgeatteste können den Verlauf der Beeinträchtigungen nachzeichnen und sind besonders bei längerfristigen oder dauerhaften Schäden von Bedeutung.
Abschließend lässt sich sagen, dass ärztliche Atteste und Gutachten das Fundament für die Berechnung des Haushaltsführungsschadens bilden. Sie liefern die notwendigen medizinischen Fakten, um die rechtliche Bewertung des Schadens vorzunehmen und eine angemessene Entschädigung zu ermitteln.
Wie setze ich meinen Anspruch auf Haushaltsführungsschaden durch und welche Fristen muss ich beachten?
Der Anspruch auf Haushaltsführungsschaden kann auf verschiedene Weise durchgesetzt werden. Zunächst ist es ratsam, den Schaden gegenüber dem Unfallverursacher oder dessen Haftpflichtversicherung geltend zu machen. Dies geschieht in der Regel schriftlich, wobei der entstandene Schaden detailliert dargelegt werden sollte. Hierbei ist es wichtig, möglichst genau zu dokumentieren, welche Tätigkeiten im Haushalt vor dem Unfall ausgeführt wurden und welche nun nicht mehr oder nur eingeschränkt möglich sind.
Um den Anspruch zu untermauern, können verschiedene Nachweise hilfreich sein. Dazu gehören ärztliche Atteste, die die Einschränkungen belegen, sowie Fotos oder Videoaufnahmen, die den Zustand des Haushalts vor und nach dem Unfall zeigen. Auch Zeugenaussagen von Familienangehörigen oder Freunden können die Glaubwürdigkeit der Ansprüche stärken.
Bei der Berechnung des Schadens gibt es verschiedene Methoden. Eine Möglichkeit ist die Differenzmethode, bei der die Differenz zwischen dem Zeitaufwand für Haushaltstätigkeiten vor und nach dem Unfall ermittelt wird. Diese Differenz wird dann mit einem angemessenen Stundensatz multipliziert. Eine andere Option ist die Verwendung von Tabellen, die den durchschnittlichen Zeitaufwand für verschiedene Haushaltsgrößen und -zusammensetzungen aufzeigen.
Hinsichtlich der Fristen ist zu beachten, dass der Anspruch auf Haushaltsführungsschaden der regelmäßigen Verjährungsfrist von drei Jahren unterliegt. Diese Frist beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat oder ohne grobe Fahrlässigkeit hätte erlangen müssen.
Es ist wichtig zu wissen, dass die Verjährungsfrist durch bestimmte Maßnahmen gehemmt werden kann. Dies geschieht beispielsweise durch Verhandlungen zwischen dem Geschädigten und dem Schädiger oder dessen Versicherung über den Anspruch. Auch die Einleitung eines gerichtlichen Mahnverfahrens oder die Erhebung einer Klage führen zur Hemmung der Verjährung.
Sollte die außergerichtliche Geltendmachung des Anspruchs nicht zum gewünschten Erfolg führen, bleibt die Möglichkeit, den Anspruch gerichtlich durchzusetzen. Hierbei ist zu beachten, dass je nach Höhe des Streitwerts entweder das Amtsgericht oder das Landgericht zuständig ist. Bei einem Streitwert bis 5.000 Euro ist das Amtsgericht zuständig, darüber das Landgericht.
Im gerichtlichen Verfahren obliegt es dem Geschädigten, den Haushaltsführungsschaden substantiiert darzulegen und zu beweisen. Dies bedeutet, dass detailliert aufgezeigt werden muss, welche konkreten Einschränkungen bestehen und wie sich diese auf die Haushaltsführung auswirken. Das Gericht kann dann gemäß § 287 ZPO den Schaden schätzen, wenn eine genaue Berechnung nicht möglich ist.
Es ist zu beachten, dass der Anspruch auf Haushaltsführungsschaden auch dann besteht, wenn keine tatsächlichen Kosten für eine Haushaltshilfe entstanden sind. Auch wenn Familienangehörige oder Freunde die Haushaltsführung übernehmen, kann der Schaden geltend gemacht werden. Dies wird als fiktiver Haushaltsführungsschaden bezeichnet.
Bei der Durchsetzung des Anspruchs ist es wichtig, alle relevanten Unterlagen sorgfältig aufzubewahren. Dazu gehören neben den bereits erwähnten ärztlichen Attesten und Nachweisen über den Zustand des Haushalts auch Rechnungen für eventuell engagierte Haushaltshilfen oder Belege für Mehraufwendungen, die durch die Einschränkungen entstanden sind.
Welche Besonderheiten gibt es bei der Berechnung des Haushaltsführungsschadens für bestimmte Personengruppen (z.B. Hausfrauen, Rentner, Alleinerziehende)?
Bei der Berechnung des Haushaltsführungsschadens gibt es je nach Personengruppe einige wichtige Besonderheiten zu beachten. Für Hausfrauen und Hausmänner, die sich hauptberuflich um den Haushalt kümmern, fällt der Schaden in der Regel besonders hoch aus. Hier wird der gesamte Zeitaufwand für die Haushaltsführung zugrunde gelegt, da diese Personen üblicherweise den größten Teil ihrer Arbeitszeit für den Haushalt aufwenden. Die Gerichte gehen bei Hausfrauen oft von einer wöchentlichen Arbeitszeit von 39 bis 55 Stunden aus, je nach Größe des Haushalts und Anzahl der zu versorgenden Personen.
Bei Rentnern stellt sich die Situation etwas anders dar. Zwar haben sie mehr Zeit für den Haushalt zur Verfügung, jedoch wird berücksichtigt, dass sie aufgrund ihres Alters möglicherweise nicht mehr so leistungsfähig sind wie jüngere Personen. Die Gerichte setzen daher bei Rentnern häufig einen reduzierten Stundensatz an. Gleichzeitig wird aber auch beachtet, dass Rentner oft einen höheren Anspruch an die Haushaltsführung haben und mehr Zeit dafür aufwenden.
Für Alleinerziehende ergeben sich wiederum andere Aspekte. Sie müssen neben der Erwerbstätigkeit den gesamten Haushalt alleine bewältigen und zusätzlich die Kinderbetreuung stemmen. Bei der Schadensberechnung wird daher der erhöhte Aufwand für die Kinderbetreuung besonders berücksichtigt. Auch wird beachtet, dass Alleinerziehende oft effizienter wirtschaften müssen und daher möglicherweise weniger Zeit für einzelne Haushaltstätigkeiten aufwenden.
Bei Erwerbstätigen, die neben ihrem Beruf den Haushalt führen, wird der Zeitaufwand für die Haushaltsführung entsprechend geringer angesetzt. Hier kommt es auf die individuelle Situation an, etwa ob es sich um einen Single-Haushalt oder eine Familie handelt. Gerichte berücksichtigen dabei, dass Erwerbstätige oft abends und am Wochenende Hausarbeiten erledigen.
Ein wichtiger Faktor bei allen Personengruppen ist die Größe und Ausstattung des Haushalts. Ein großes Haus mit Garten erfordert naturgemäß mehr Pflege als eine kleine Stadtwohnung. Auch die Anzahl der im Haushalt lebenden Personen spielt eine Rolle. Je mehr Personen versorgt werden müssen, desto höher fällt in der Regel der Haushaltsführungsschaden aus.
Bei der Berechnung wird zudem berücksichtigt, inwieweit die geschädigte Person noch in der Lage ist, bestimmte Haushaltstätigkeiten selbst auszuführen. Hierfür wird oft ein Prozentsatz der Einschränkung ermittelt. Kann jemand beispielsweise nur noch 60% der früheren Haushaltstätigkeiten erledigen, wird der Schaden für die verbleibenden 40% berechnet.
Es ist wichtig zu betonen, dass die Gerichte bei der Berechnung des Haushaltsführungsschadens einen gewissen Ermessensspielraum haben. Sie orientieren sich zwar an Tabellen und Richtwerten, berücksichtigen aber immer auch die individuellen Umstände des Einzelfalls. Für eine möglichst genaue Berechnung ist es daher ratsam, detailliert darzulegen, welche Tätigkeiten vor dem Schadensfall in welchem Umfang ausgeführt wurden und wie stark die Einschränkung nun ist.
Unabhängig von der Personengruppe gilt: Der Haushaltsführungsschaden kann auch dann geltend gemacht werden, wenn keine Ersatzkraft eingestellt wurde. Es handelt sich um einen sogenannten normativen Schaden, bei dem die hypothetischen Kosten für eine Ersatzkraft zugrunde gelegt werden. Dies ermöglicht es auch Personen, die sich trotz Einschränkungen weiterhin selbst um den Haushalt kümmern, eine Entschädigung zu erhalten.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Haushaltsführungsschaden: Dies ist der finanzielle Ausgleich, den eine Person erhält, wenn sie aufgrund eines Unfalls ihren Haushalt nicht mehr selbstständig führen kann. Es deckt Kosten für Ersatzkräfte oder Dienstleistungen ab, die normalerweise von der verletzten Person erledigt würden.
- Schmerzensgeld: Eine finanzielle Entschädigung für körperliche und seelische Schmerzen, die durch einen Unfall verursacht wurden. Die Höhe des Schmerzensgeldes hängt von der Schwere der Verletzung, den individuellen Umständen des Opfers und der gängigen Rechtsprechung ab.
- Feststellungsantrag: Ein Antrag an das Gericht, um festzustellen, dass der Schädiger für alle zukünftigen Schäden aus dem Unfall haftet. Dies ist relevant, wenn noch nicht alle Unfallfolgen absehbar sind. Im genannten Fall wurde der Feststellungsantrag abgelehnt, da alle Schäden bereits bezifferbar waren.
- Gutachten: Ein schriftlicher Bericht eines Sachverständigen, der aufgrund seiner Fachkenntnisse eine Einschätzung zu einem bestimmten Sachverhalt abgibt. Im vorliegenden Fall wurden medizinische Gutachten eingeholt, um den Schweregrad der Verletzung und die daraus resultierende Einschränkung der Klägerin im Haushalt zu beurteilen.
- HWS-Syndrom (Halswirbelsäulensyndrom): Eine Sammelbezeichnung für verschiedene Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule, die häufig nach einem Schleudertrauma auftreten. Typische Symptome sind Nackenschmerzen, Kopfschmerzen, Schwindel und Bewegungseinschränkungen.
- Arbeitsunfähigkeit: Die vorübergehende Unfähigkeit einer Person, ihre berufliche Tätigkeit auszuüben, aufgrund einer Krankheit oder Verletzung. Im Zusammenhang mit dem Haushaltsführungsschaden ist die Arbeitsunfähigkeit relevant, da sie den Umfang der Einschränkungen im Haushalt beeinflusst.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB (Schadensersatzpflicht): Der Schädiger hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Im vorliegenden Fall ist die Beklagte (Versicherung) verpflichtet, den Zustand wiederherzustellen, der ohne den Unfall bestehen würde, d.h. sie muss der Klägerin den entstandenen Schaden ersetzen. Dies umfasst sowohl materielle Schäden (z.B. Reparaturkosten) als auch immaterielle Schäden (z.B. Schmerzensgeld).
- § 287 ZPO (Schätzung der Schadenshöhe): Kann die Höhe des Schadens nicht exakt berechnet werden, so ist sie vom Gericht nach freier Überzeugung zu schätzen. Im vorliegenden Fall wurde die Höhe des Haushaltsführungsschadens geschätzt, da eine exakte Berechnung nicht möglich war. Das Gericht stützte sich dabei auf die Angaben der Klägerin und medizinische Gutachten, um eine angemessene Entschädigung festzusetzen.
- § 17 StVG (Haftung des Fahrzeughalters): Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. Im vorliegenden Fall ist die Beklagte als Halterin des unfallverursachenden Fahrzeugs grundsätzlich zum Schadensersatz verpflichtet, da ihr Versicherungsnehmer den Unfall allein verschuldet hat.
- § 823 Abs. 1 BGB (Schadensersatzpflicht bei Verletzungshandlungen): Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. Im vorliegenden Fall hat der Versicherungsnehmer der Beklagten durch fahrlässiges Handeln die Klägerin verletzt und muss daher für den entstandenen Schaden aufkommen.
- § 253 Abs. 2 BGB (Immaterieller Schaden): Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden. Im vorliegenden Fall wurde der Klägerin ein Schmerzensgeld zugesprochen, um den immateriellen Schaden, den sie durch die Verletzungen erlitten hat, auszugleichen.
Das vorliegende Urteil
LG Tübingen – Az.: 5 O 155/14 – Urteil vom 27.10.2015
* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.
→ Lesen Sie hier den vollständigen Urteilstext…
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 3.056,55 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit 14.12.2012 zu bezahlen.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin 70 %, die Beklagte 30 %.
4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
Streitwert: 10.000 €
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen eines Verkehrsunfalls vom … Dezember 2012 auf der Kreisstraße 6… D… – N… Die Klägerin war mit dem PKW Opel Corsa Ihres Mannes unterwegs (…). Verkehrsbedingt musste sie anhalten. Ihr Fahrzeug war zum Stillstand gekommen. Von hinten fuhr das bei der Beklagten versicherte Fahrzeug, ein BMW 730, amtliches Kennzeichen …, auf das stehende Fahrzeug mit der Klägerin auf. Der Opel Corsa, den die Klägerin benutzte, hatte eine spezialverstärkte Stoßstange, die ausfahrbar war, um als Fahrradträger genutzt werden zu können.
Die Klägerin erlitt Verletzungen. Sie wurde vom Roten Kreuz in die … Klinik gefahren und wurde dort stationär drei Tage behandelt.
In der Folgezeit bescheinigte ihr ein behandelnder Arzt länger widrige Arbeitsunfähigkeit (100 % bis 13.2.2013, 50 % bis 12.3.2013, 25 % bis 21.5.2013, 20 % bis 17.11.2013).
Der Unfallhergang und die alleinige Haftung der Beklagten sind unstreitig.
Die Klägerin trägt vor, sie habe ihren Haushalt nicht in der gewohnten Weise führen können, habe erhebliche Schmerzen gehabt, habe ein erhebliche HWS-Trauma mit dauerhaften Beeinträchtigungen erlitten.
Die Klägerin stellt folgenden Antrag:
Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin allen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin aus dem Verkehrsunfall mit dem Versicherungsnehmer K… der Beklagten am …12.2012 gg. 17 Uhr auf der Landesstraße K… entstanden ist und noch entsteht, soweit der Anspruch nicht auf einen Sozialversicherungsträger oder andere Dritte übergegangen ist.
Hilfsweise stellt sie folgenden Antrag:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 8.750,00 € abzüglich bezahlter Vorschüsse zu bezahlen, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 14. Dezember 2012.
2. Insoweit wird der Antrag aus der Klagschrift gestellt mit der Maßgabe, dass dieser dann nur noch künftige materielle und immaterielle Schäden aus diesem Unfallereignis betreffen soll.
Die Beklagte beantragt, Klageabweisung.
Sie bestreitet die vorgetragene Intensität der Verletzung und das HWS-Trauma selbst, ebenso dauerhafte Beeinträchtigungen und die Arbeitsunfähigkeit.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass ein Feststellungsinteresse nicht mehr gegeben ist, sondern der gesamte materielle und immaterielle Schaden beziffert werden könne.
Wegen der weiteren Einzelheiten, auch zu den geringfügigen sonstigen Schadenspositionen, wird auf die Schriftsätze der Bevollmächtigten nebst Anlagen sowie die mündliche Verhandlung Bezug genommen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Beiziehung der Unfallakten bei der Stadt … sowie Einholung zweier schriftlicher Gutachten, bei der Dekra … in Bezug auf die Kollisionsgeschwindigkeit und die Beschleunigungskräfte und bei Professor Dr. …, ehemals … Klinik T… bezüglich eines HWS-Trauma und etwaiger Folgen. Auf die schriftlichen Gutachten wird Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist teilweise begründet.
Die alleinige Haftung der Beklagten ist unstreitig.
Zum Unfallhergang steht nach der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts fest, dass die Kollisionsgeschwindigkeit, mit der das bei der Beklagten versicherte Fahrzeug auf das stehende Fahrzeug der Klägerin auffuhr, 15-20 km/h betrug. Dies führt zu einer kollisionsbedingten Geschwindigkeitsveränderung des klägerischen Fahrzeugs von 10-16 km/h, unter Berücksichtigung der Kollisionsdauer entsprechend 27 – 55 m/s2 in Längsrichtung, Querbeschleunigungskräfte konnte der Gutachter nicht feststellen. Damit erreicht die kollisionsbedingte Beschleunigung einen Bereich, in dem nach umfassenden und nachvollziehbaren Aussagen von Prof. Dr. … ein Halswirbelsäulenschleudertrauma möglich ist.
Der medizinische Sachverständige stuft den Schweregrad mit I-II ein, wobei er sowohl die Kollisionsgeschwindigkeit und die Beschleunigung als auch die erhebliche Strukturveränderung im Bereich des schweren Heckträgers für Fahrräder einbezogen hat. Danach war der Eintritt des HWS-Syndroms für das Gericht ausreichend zu seiner Überzeugung bewiesen.
Überzogene Anforderungen an einen solchen Beweis können nicht gestellt werden, da der Geschädigte keinerlei Möglichkeit hat, gerade im Grenzbereich objektivierbare Umstände vorzutragen, was nicht zur Entlastung des Unfallverursachers führen kann. Umgekehrt ist es der Beklagten nicht gelungen, durch die Gutachten den Nachweis zu führen, dass die von der Klägerin geschilderten Folgen, jedenfalls für die ersten Monate, nicht so eingetreten wären.
Aus den Gutachten ergibt sich jedoch umgekehrt auch zweifelsfrei, dass keine dauerhaften Beeinträchtigungen unfallbedingt entstanden sind, sondern diese auf Vorerkrankungen zurückzuführen sind.
Eine Arbeitsunfähigkeit ist nach sechs Monaten auch in Teilbereichen nicht mehr gegeben, der medizinische Gutachter führt insoweit nachvollziehbar aus, dass für die ersten drei Monate eine Einschränkung von 20 %, für weitere drei Monate von 10 % gegeben ist.
Unter Berücksichtigung all dieser Umstände, dazuhin dem alleinigen Verschulden des Versicherungsnehmers der Beklagten, der erhöhten Betriebsgefahr des schweren Fahrzeuges der Beklagtenseite, dem bisherigen zögerlichen Regulierungsverhalten, das sich lediglich in einer Akontozahlung von 1.233,45 € niedergeschlagen hat, sowie den Verletzungen, soweit nachgewiesen wurden, erscheint insgesamt ein Schmerzensgeld von 3000 € angemessen.
Die Sachschäden der Klägerin belaufen sich auf 293,45 € und 93,58 €, insgesamt geschätzt gemäß § 287 ZPO somit auf 330 €.
Der Haushaltsführungschaden der Klägerin beläuft sich auf 960 €, wobei auch hier § 287 ZPO Eingang gefunden hat. Insoweit ist anzumerken, dass die Klage nicht nur im Grenzbereich der Schlüssigkeit, sondern auf der Grenzlinie zur Unschlüssigkeit hinsichtlich der Darstellung des Haushaltsführungsschadens liegt. Bei der Berechnung ging das Gericht, dem die Arbeiten im Haushalt bekannt sind, sowohl in einem Zweipersonenhaushalt als auch einem größeren Haushalt, von folgenden Stundenmengen aus: 31 Stunden pro Woche, basierend auf Montag bis Freitag je 3 Stunden, einmal zwei weitere Stunden für Reinigung, Samstag 8 Stunden inklusive Garten, Sonntag 6 Stunden. Im Hinblick auf die familiäre Situation erfolgt sodann eine Korrektur im Hinblick auf die Haushaltsstruktur; danach war von einer Beteiligung des Ehemanns mit 40 % auszugehen, so dass 60 % bei der Klägerin verbleiben. Danach war wie folgt zu rechnen: Eine halbe Woche (stationär) mit 0,5 * 31 h * 60 % Anteil * 100 % Arbeitsunfähigkeit, bis drei Monate nach dem Unfall entsprechend 12,5 Wochen a 31 Stunden * 60 % * 20 % Arbeitsunfähigkeit, 13 Wochen a 31 Stunden * 60 % * 10 % Arbeitsunfähigkeit; die Addition der Beträge mit 12 €/Stunde ergibt einen Betrag von 959,76 €, gemäß § 287 ZPO geschätzt auf 960 €.
Der Stundensatz von zwölf Euro wurde unter Anwendung von § 287 den Entschädigungsnormen des § 21 JVEG entnommen. Der Gesetzgeber geht dabei davon aus, dass, wenn ein Unfallopfer eine Aussage bei Gericht macht, der Entschädigungsbetrag für diese unfallbedingt angefallene Hausarbeitsstunde mit zwölf Euro (zum damaligen Zeitpunkt) zu entschädigen war. Dieser Wertung folgt das Gericht, ohne weitere Gutachten hierzu einzuholen. (Vergleiche Landgericht Tübingen, Urteil vom 10.12.2013 – 5 O 80/13, juris Rn. 41).
Danach war wie folgt abzurechnen: Schmerzensgeld 3000 €, Haushaltsführungsschaden 960 €, sonstige Schäden 330 €, Gesamtschaden 4.290 € für materielle und immaterielle Schäden. Abzüglich des bezahlten Betrages ergibt sich der titulierte Betrag.
In der Sache selbst war damit lediglich dem Hilfsantrag Zf. 1 teilweise stattzugeben. folgen. Der ursprüngliche Feststellungsantrag und den Hilfsantrag Zf. 2 scheitern am fehlenden Feststellungsinteresse. Alle Schäden sind bezifferbar, weitere Schäden und Folgen, auch immaterieller Art, sind nach dem Gutachten nicht vorhanden. Fortdauernde etwaige Beschwerden sind danach nicht vom Unfall verursacht.
Die Kostenentscheidung oder § 92 ZPO, die Entscheidung über die Vollstreckbarkeit auf § 709 ZPO.