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Verkehrsunfall mit Personenschaden – Bewertungskriterien für Schmerzensgeldanspruch

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 12 U 179/18 – Urteil vom 17.06.2019

Auf die Berufungen der Klägerin und der Beklagten wird – unter Zurückweisung der Rechtsmittel im Übrigen – das am 5.10.2018 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Potsdam, Az. 1 O 425/17, teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld in Höhe von weiteren 2.800 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB aus 3.800 € seit dem 12.12.2014 bis zum 7.12.2016 und aus 2.800 € seit dem 8.12.2016 zu zahlen.

2. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 69,59 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB aus 399,59 € seit dem 30.12.2014 bis zum 12.02.2015 und aus 69,59 € seit dem 13.02.2015 zu zahlen.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 142,32 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 11.05.2017 zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in erster Instanz tragen die Klägerin zu 64 % und die Beklagte zu 36 %. Die Kosten für das Berufungsverfahren werden der Klägerin zu 71 % und der Beklagten zu 29 % auferlegt.

Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 7.104,73 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Klägerin macht Schadensersatz und Schmerzensgeld nach einem Verkehrsunfall geltend.

Am 9.11.2014 gegen 14:00 Uhr kam der Klägerin der vom zwischenzeitlich verstorbenen Herrn S… geführte und bei der Beklagten haftpflichtversicherte PKW … mit dem amtlichen Kennzeichen XXX entgegen und stieß mit dem Fahrzeug der Klägerin, einem PKW S… frontal zusammen. Die Beklagte ist für den eingetretenen Schaden in vollem Umfang einstandspflichtig.

Die Klägerin hat ihre Ansprüche wie folgt beziffert:

1. Die eingetretenen Verletzungen rechtfertigten ein Schmerzensgeld von mindestens 6.000 €. Abzüglich bereits gezahlter 2.200 € würde nunmehr noch 3.800 € geltend gemacht.

2. Ferner bestehe ein Anspruch auf Nutzungsausfallentschädigung i.H.v. 1.820 € für den Zeitraum 9.11.2014 bis 30.12.2014 (52 Tage) abzüglich anerkannter und gezahlter 595 € (für 17 Tage), mithin 1.225 €.

3. Es sei ein Mietmehraufwand von 430 € abzüglich gezahlter 330 €, mithin weitere 100 € zu erstatten.

4. Im Rahmen des Mehraufwandes bestünde ferner ein Ersatzanspruch bezüglich eines Stromabschlages für den Monat Dezember 2014 i.H.v. 74 €.

5. Die Zuzahlung für den Krankenhausaufenthalt i.H.v. 30 € sei ebenfalls zu erstatten.

6. Die Zuzahlung für die Physiotherapie i.H.v. 14,32 € sei auszugleichen.

7. Da sie in der Zeit vom 9.11.2014 bis 4.01.2015 verletzungsbedingt Haushaltstätigkeiten nicht habe verrichten können, stünde ihr Ersatz eines Haushaltsführungsschadens in Höhe von insgesamt 4.350,73 € abzüglich gezahlter 1.680 € zu.

8. Eine Auslagenpauschale von 30 € abzüglich gezahlter 25 €, mithin noch offener 5 Euro sei zu zahlen.

9. Auf die anfallenden außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.242,84 € habe die Beklagte lediglich 958,19 € gezahlt, so dass weitere 284,65 € zu erstatten seien.

10. Der Gerichtskostenvorschuss sei zu verzinsen.

Verkehrsunfall mit Personenschaden - Bewertungskriterien für Schmerzensgeldanspruch
(Symbolfoto: LightField Studios /Shutterstock.com)

Das Landgericht Potsdam hat mit dem am 5.10.2018 verkündeten Urteil der Klägerin das beantragte Schmerzensgeld auf der Basis eines Gesamtschmerzensgeldbetrages von 6.000 €, die Unkostenpauschale auf der Basis von 30 €, sowie die Zuzahlung für die Krankenhausbehandlung i.H.v. 30 € zugesprochen und die Pflicht zur Erstattung der Zinsen auf die Gerichtskosten festgestellt. Zur Begründung hat es ausgeführt, bei der Bemessung des Schmerzensgeldes orientiere es sich an einem Urteil des Oberlandesgerichts Hamm vom 21.06.2016 und den festgestellten Verletzungen, einer dislozierten Sternumfraktur, einer HWS-Distorsion, beidseitigen Knieprellungen sowie einer Beckenprellung rechts mit einem dreitägigen Krankenhausaufenthalt und einer ca. achtwöchigen Krankschreibung bis zum 4.01.2015. Ein weitergehender Nutzungsausfallschaden und Haushaltsführungsschaden bestehe hingegen nicht. Der in der Berechnung der Beklagten zu Grunde gelegte Zeitraum von 17 Tagen zur Wiederherstellung des Fahrzeuges sei auch nach dem von der Klägerin eingeholten Sachverständigengutachten ausreichend. Darüber hinaus fehle es mit Blick auf die Krankschreibung an einem Nutzungswillen und der tatsächlichen Nutzungsmöglichkeit. Bezüglich des Haushaltsführungsschadens sei eine unfallbedingte Einschränkung im Umfang von 3,5 Stunden täglich schlüssig dargelegt. Bei einem Stundensatz von 7,61 € ergebe sich kein weitergehender Schadensersatzanspruch. Neben der zuzusprechenden Unkostenpauschale von 30 € bestünde jedoch kein Anspruch auf Zahlung weiterer Mietmehraufwendungen und der Stromvorauszahlung, da sich die Klägerin zumindest ersparte Eigenaufwendungen entgegenhalten lassen müsse. Die Verzinsungspflicht sei antragsgemäß auszusprechen. Hingegen bestünde wegen der bereits außergerichtlichen Überzahlung der Rechtsanwaltskosten hier kein weitergehender Anspruch.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die angefochtene Entscheidung Bezug genommen.

Das Urteil wurde der Klägerin am 10.10.2018 und der Beklagten am 12.10.2018 zugestellt. Mit dem am 19.10.2018 bei Gericht eingegangenem Schriftsatz hat die Beklagte Berufung eingelegt und diese am 7.11.2018 begründet. Die Klägerin hat gegen das Urteil am 9.11.2018 Berufung eingelegt und innerhalb der bis zum 10.01.2019 verlängerten Berufungsbegründungsfrist an diesem Tag begründet.

Die Beklagte führt aus, die Verletzungsfolgen bei der Klägerin rechtfertigten allenfalls ein Schmerzensgeld von 3.000 €. Das vom Landgericht in Bezug genommene Urteil des Oberlandesgerichts Hamm weiche zum einen von der sonstigen Judikatur ab und sei zudem nicht mit den streitgegenständlichen Verletzungen vergleichbar.

Die Unkostenpauschale sei mit 30 € übersetzt. Über die bereits gezahlten 25 € hinaus bestünde kein Anspruch.

Hinsichtlich der Zuzahlung zu den Krankenhauskosten seien eigene Ersparnisse für die Verpflegung, Wasser und Strom in Abzug zu bringen, so dass hier kein weiterer Anspruch bestehe.

Eine Verzinsungspflicht des Gerichtskostenvorschussanspruches bestünde nicht, da sich die Beklagte mit einem Kostenerstattungsanspruch nicht im Verzug befinde.

Im Übrigen verteidigt sie die landgerichtliche Entscheidung.

Sie beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Potsdam vom 5.10.2018 die Klage abzuweisen, soweit die Beklagte zur Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes von mehr als 800 € verurteilt wurde und die Berufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt:

1. Das Urteil des Landgerichts Potsdam vom 5.10.2018, Az. 1 O 425/17, wird – soweit das Landgericht Potsdam zu Ungunsten der Klägerin entschieden hat – auf die Berufung der Klägerin teilweise abgeändert und:

a) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 1.225 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB aus 1.820 € seit dem 27.01.2015 bis zum 22.02.2017 und aus 1.225 € seit dem 23.02.2017 zu zahlen.

b) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 174 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB aus 504 € seit dem 30.12.2014 bis zum 12.02.2015 und aus 174 € seit dem 13.02.2015 zu zahlen.

c) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere 2.685,05 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 9.12.2016 zu zahlen.

d) Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin weitere außergerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 284,65 € nebst Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit dem 11.05.2017 zu zahlen.

e) Es wird festgestellt, dass die Beklagte verpflichtet ist, auf weitere 285 € von der Klägerin eingezahlte Gerichtskosten (Gebühren und Auslagen) Zinsen i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem Zeitpunkt der Einzahlung der Gerichtskosten bei der Gerichtskasse bis zum Tag des Eingangs des Kostenfestsetzungsantrages bei Gericht zu zahlen, gegebenenfalls nach Maßgabe der ausgeurteilten Kostenquote.

2. Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung und hält die Berufung der Beklagten bereits für unzulässig, da sie lediglich das erstinstanzliche Vorbringen wiederhole. Das vom Landgericht ausgesprochene Schmerzensgeld sei angemessen, da es die schweren Verletzungen berücksichtige. Einzubeziehen seien auch die anhaltenden starken Schmerzen in Brust und Nacken mit teilweiser Atemnot. Diese Schmerzen hätten auch über den 5.01.2015 hinaus bestanden und eine weitergehende Behandlungsbedürftigkeit begründet. Hinzu trete die auch jetzt noch bestehende Angst beim Autofahren.

Die Anhebung der Unkostenpauschale von 25 € auf 30 € orientiere sich an der allgemeinen Preisentwicklung.

Hinsichtlich der Zuzahlung der Krankenhauskosten müsse sich die Klägerin keine Eigenersparnis entgegenhalten lassen. Aufgrund des kurzzeitigen und nicht planbaren Krankenhausaufenthaltes habe sie die bereits angeschafften Lebensmittel nicht verbrauchen können. Ferner werde bestritten, dass Sie innerhalb dieser drei Tage Strom und Wasser im Wert von 30 € erspart habe. Ihr Fall sei mit einer geplanten oder längeren Krankenhausbehandlung nicht vergleichbar.

Die Verzinsungspflicht der Gerichtskosten folge daraus, dass der Gerichtskostenvorschuss und die entsprechenden Zinsnachteile aus dem Unfallereignis und der daraus resultierenden Ersatzpflicht der Beklagten und nicht aus der in § 91 ZPO geregelten prozessualen Kostenerstattungspflicht folge.

Eine über 17 Tage hinausgehende Nutzungsausfallentschädigung sei deshalb zu zahlen, weil die Klägerin nicht über die notwendigen finanziellen Mittel verfügt habe, um ein Ersatzfahrzeug zu beschaffen. Erst mit der Zahlung am 4.12.2014 durch die Beklagte habe sie den Kreditvertrag für das unfallgeschädigte Fahrzeug ablösen können und den zur Realisierung des Restwertes benötigten Fahrzeugbrief anfordern können. Erst anschließend, am 22.12.2014 sei der Restwert von 400 € realisierbar gewesen. Die Anschaffung des Ersatzfahrzeuges wäre dann am 30.12.2014 erfolgt. Mithin seien 52 Tage Nutzungsausfallentschädigung zu leisten. Auch wenn die Klägerin das Fahrzeug krankheitsbedingt nicht selbst habe nutzen können, hätte es dem Ehegatten für umzugsbedingte Transporte zur Verfügung gestanden.

Bezüglich des Haushaltsführungsschadens sei zu berücksichtigen, dass sich die Klägerin im Umzug in ein neues Einfamilienhaus befunden habe. Daraus resultiere nach allgemeiner Lebenserfahrung ein deutlich erhöhter Haushaltsaufwand. Ferner war die Tochter der Klägerin zum Unfallzeitpunkt erst ein Jahr alt. Auch dies begründe einen erhöhten Aufwand, insbesondere beim Wäschewaschen, Aufhängen und Bügeln, beim Reinigen von Bad und Zimmern, dem Zubereiten der Mahlzeiten, beim Füttern, beim Betten machen, beim Lüften usw. könne vom Durchschnittsfall gemäß dem Tabellenwerk nach oben abgewichen werden. Hierbei sei auch zu beachten, dass neben der alten Wohnung auch das neue Einfamilienhaus, mithin quasi zwei Haushalte parallel zu führen waren. Dies habe insbesondere hinsichtlich des Fensterputzens auch in den Wintermonaten Auswirkungen. In der besonderen Situation der Klägerin sei auch keine Umorganisation von Haushaltstätigkeiten möglich und zumutbar gewesen. Der Stundensatz von 7,61 € sei zu gering bemessen. Mindestens seien 8,50 € in Ansatz zu bringen.

Ohne den Unfall hätte die Klägerin für die alte Wohnung im Dezember keine Heiz- und Nebenkosten mehr zahlen müssen. Die Beschränkung der Ersatzpflicht auf die Grundmiete von 330 € gehe daher fehl. Mithin seien 174 € zu erstatten. Eine Kostenersparnis liege nicht vor.

Die Erstattungspflicht der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten orientiere sich nach der berechtigten Forderung.

II.

Die Berufungen der Parteien sind form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Der Senat hat auch hinsichtlich der inhaltlichen Anforderungen keine Bedenken bzgl. der Zulässigkeit der Berufungen. Denn beide Berufungen setzen sich mit der landgerichtlichen Entscheidung auseinander und machen deutlich, aus welchen rechtlichen und tatsächlichen Gründen sie die Entscheidung für angreifbar halten.

Die Berufungen haben in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang teilweise Erfolg. Im Übrigen sind sie unbegründet.

Das Landgericht legt zutreffend den Forderungen der Klägerin gegen die Beklagte ein Anspruch aus §§ 7 Abs. 1, 17 StVG, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. § 3 Nr. 1 PflVersG, 115 VVG zu Grunde. Die Haftung der Beklagten erstreckt sich dabei auf den vollen Schadenersatz, ein Mitverschulden oder eine mitwirkende Betriebsgefahr muss sich die Klägerin nicht anrechnen lassen. Im Streit steht lediglich der Umfang der zu ersetzenden Schäden. Im Einzelnen:

1. Der Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes ist lediglich im Umfang von insgesamt 5.000 € begründet.

Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden (§ 253 II BGB).

Das Schmerzensgeld verfolgt dabei vordringlich das Ziel, dem Geschädigten einen Ausgleich für die erlittenen immateriellen Schäden zu gewähren und ihm zugleich Genugtuung für das ihm zugefügte Leid geben (BGH, NJW 1993, 1531; NZV 2017, 179, beck-online). Für die Bemessung der Schmerzensgeldhöhe sind Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Leiden und Entstellungen die wesentlichen Kriterien (vgl. BGHZ 18, 149, 154). Als objektivierbare Umstände sind u.A. maßgebend die Art und Schwere der Verletzungen, das durch diese bedingte Leiden, dessen Dauer, das Ausmaß der Wahrnehmung der Beeinträchtigung durch den Verletzten, die Dauer der Arbeitsunfähigkeit und der Grad des Verschuldens des Schädigers (BGH, NJW 1998, 2741, beck-online). Darüber hinaus sind die speziellen Auswirkungen des Schadensereignisses auf die konkrete Lebenssituation des Betroffenen zu berücksichtigen. Auch die beruflichen Folgen der Verletzung, das Alter und ihre Auswirkungen auf die Freizeitgestaltung des Geschädigten sind Faktoren bei der Bestimmung des Schmerzensgeldes. Verlangt die Klägerin für erlittene Körperverletzungen – wie im Streitfall – uneingeschränkt ein Schmerzensgeld, so werden auch alle diejenigen Schadensfolgen erfasst, die entweder bereits eingetreten und objektiv erkennbar waren oder deren Eintritt jedenfalls vorhergesehen und bei der Entscheidung berücksichtigt werden konnte (BGH, Urteil vom 10. Juli 2018 – VI ZR 259/15 –, Rn. 6, juris). Die Schmerzensgeldhöhe ist dabei in einer wertenden Gesamtschau aller Bemessungskriterien des konkreten sich an den von der Rechtsprechung sonst bei der Bemessung des Schmerzensgeldes angewandten Maßstäben zu orientieren (BGH, Urteil vom 18. November 1969 – VI ZR 81/68 –, Rn. 33, juris). Die Orientierung an in anderen Fällen von der Rechtsprechung zugebilligten Beträgen ist dabei nicht nur zulässig, sondern wenigstens als Ausgangspunkt auch erforderlich, weil sich eine unmittelbare Relation zwischen einer Geldentschädigung und den Beeinträchtigungen nicht gewinnen lässt. Inwieweit alsdann der Tatrichter die früheren Maßstäbe einhält oder – sei es unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Entwicklung, sei es im Zuge einer behutsamen Fortentwicklung der Rechtsprechung – überschreitet, liegt wiederum in seinem pflichtgemäßen, in der Revisionsinstanz nicht nachprüfbaren Ermessen (BGH, VersR 1970, 281; VersR 1976, 967 f.; VersR 1986, 59).

Unstreitig sind der Bemessung die von der Klägerin erlittenen Verletzungen einer dislozierten Sternumfraktur, einer HWS-Distorsion, beidseitigen Knieprellungen sowie einer Beckenprellung rechts mit einem dreitägigen Krankenhausaufenthalt und einer Krankschreibung bei einer Arbeitsunfähigkeit von 100 % vom 9.11.2014 bis zum 4.01.2015 sowie eine ebenfalls attestierte Minderung der Erwerbstätigkeit von 10 % bis zum 6.07.2015 bei physiotherapeutischer Behandlung zu berücksichtigen. Ferner ist es nachvollziehbar, wenn die Klägerin im zeitlichen Zusammenhang mit dem Unfall Ängste vor dem Autofahren wie auch um die Gesundheit ihrer Tochter schildert. Denn eine Frontalkollision von Kraftfahrzeugen stellt ein besonders einschneidendes Ereignis dar, das sich ohne weiteres einprägt. Ebenfalls nachvollziehen lassen sich weitere Schmerzen über den Zeitraum der Krankschreibung hinweg. Damit stellen sich erhebliche unfallbedingte Beschwerden dar, die jedoch, anders als vom Erstgericht angenommen, lediglich ein Schmerzensgeld von 5.000 € rechtfertigen. Dabei orientiert sich der Senat in erster Linie an der Entscheidung des OLG München (Urteil vom 12. Januar 2018 – 10 U 958/17 –, Rn. 4, juris). Soweit das Landgericht auf eine Entscheidung des OLG Hamm vom 21.01.2016 – 32 SA 69/15 – abstellt, handelt es sich um eine vorläufige Bewertung im Rahmen einer Zuständigkeitsbestimmung. Zudem lagen bei dem dortigen Kläger eine dauerhafte MdE von 10 % und weitergehende Beeinträchtigungen vor.

Hierauf hat die Beklagte bereits 2.200 € gezahlt, so dass ein offener Anspruch von 2.800 € verbleibt.

2. Zu Recht hat das Landgericht keine über die vorprozessual für 17 Tage gezahlte Nutzungsausfallentschädigung hinausgehende Entschädigungspflicht angenommen.

Die Ersatzbeschaffung war innerhalb der Wiederbeschaffungsdauer von 17 Tagen grundsätzlich möglich. Dies zeigt der Fahrzeugerwerb und Zulassung zum 30.12.2014. Dass die Klägerin allerdings nicht in der Lage war, den früheren Fahrzeugerwerb vorzufinanzieren, legt sie nicht substantiiert dar. Weder legt sie ihre Einkommens- und Vermögensverhältnisse offen, noch hat sie die Zahlung der Beklagten auf den Fahrzeugschaden tatsächlich für den Neuerwerb verwendet.

Zudem legt sie einen spürbaren Nutzungsausfall nicht hinreichend dar. Dass sie selbst das Fahrzeug nutzen wollte bzw. konnte, trägt sie nicht vor. Soweit sie auf die Nutzung des Fahrzeugs für Umzugstransporte durch den Lebensgefährten verweist, bleibt der Vortrag ebenfalls unklar. So trägt sie vor, der Umzug sei aufgrund des Unfalls um einen Monat verschoben worden. Die fehlende Transportmöglichkeit kann sich schon deshalb nicht ausgewirkt haben. Zudem erschließt sich mangels Vortrags kein Bedarf für eine tägliche Nutzung.

3. Die Mehraufwendungen im Umfang von 100 € Mietnebenkosten und 74 € Stromabschlag hat das Landgericht in dieser Form zu Recht nicht zugesprochen. Nachdem der Mietvertrag der alten Wohnung zum 30.11.2014 gekündigt und der Neubezug des Einfamilienhauses für den 1.12.2014 geplant war, können hier zwar grundsätzlich unfallkausale Mehraufwendungen entstehen, die jedenfalls in der von der Beklagten anerkannten und gezahlten Grundmiete i.H.v. 330 € liegen. Bei den nunmehr geltend gemachten Auslagen handelt es sich aber um Nebenkosten zur Miete. Als Verbrauchskosten gehen diese auf die allgemeine Lebensführung zurück. Allenfalls die insoweit anfallenden Grund-/Festkosten, die bei einem rechtzeitigen Umzug nicht angefallen wären, sind ersatzfähig. Auf der Grundlage der Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2014 (Anlage K52 und K53) beziffern sich die Grundkosten bezogen auf 31 Tage auf insgesamt 44,59 €. Etwaige Mehrkosten die dadurch entstehen, dass zusätzliche Verbrauchskosten ohne „Mehrwert“ für die Klägerin aufgrund der Doppelnutzung entstehen schätzt der Senat gemäß § 287 ZPO auf rd. 25 €. Damit sind von der Beklagten 69,59 € zu zahlen.

4. Im Grundsatz ist die von der Klägerin zu leistende Zuzahlung während der Krankenhausbehandlung als Schaden zu ersetzen. Berechtigt ist allerdings der Einwand der Beklagten, dass sich die Klägerin gegenüber den Kosten für die Zuzahlung im Krankenhaus von 10 €/Tag ersparte häusliche Aufwendungen entgegenhalten lassen muss (vgl. dazu Küppersbusch/Höher, Ersatzansprüche bei Personenschäden, 12. Aufl., Rn. 240ff m. w. N.). Die ersparten häuslichen Aufwendungen betreffen in erster Linie Verpflegungskosten und werden vom Senat auf 10 € pro Tag geschätzt (§ 287 ZPO) (vgl. ebenso OLG Hamm, Urteil vom 31. Mai 2001 – 6 U 28/01 –, Rn. 18; Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 28. November 2013 – 7 U 158/12 –, Rn. 44, juris). Nicht mindernd zu berücksichtigen ist die Kurzzeitigkeit des Krankenhausaufenthalts. Dieser spricht vielmehr dafür, dass die bereits vorhandenen Lebensmittel bei Rückkehr aus dem Krankenhaus noch verwendet werden können. Ersparnisse treten weiter u.A. bei Strom und Wasser ein.

5. Zu Recht hat das Landgericht einen Haushaltsführungsschaden in, den vorprozessual gezahlten Betrag übersteigender Höhe nicht zugesprochen. Denn der Vortrag hierzu ist unsubstantiiert. Zwar hat sie eine tabellarische Übersicht vorgelegt, aus der Tätigkeiten und Zeiten hervorgehen, die nach ihrem Vortrag verletzungsbedingt nicht von ihr realisiert werden konnten. Diese Übersicht ist jedoch nicht unterlegt. So fehlt die Darstellung der konkreten Lebenssituation der Klägerin vor und nach dem Unfall und die substantiierte Darstellung, welche Beeinträchtigungen daran hindern, diese bestimmten Haushaltstätigkeiten auszuführen und in welchem Umfang bislang tatsächlich ausgeführte Arbeiten im Haushalt unfallbedingt nicht mehr oder nicht mehr in dem Umfang möglich oder zumutbar und auch nicht durch den Einsatz von Haushaltstechnik oder Umorganisation kompensierbar sind. Denn zunächst müsste sie selbst im Einzelnen vortragen, welche Tätigkeiten sie im Haushalt vor dem Unfall verrichtet hat, infolge des Unfalls aber überhaupt nicht mehr oder nur noch eingeschränkt ausüben und nicht anderweitig (zumutbar) ausgleichen kann (vgl. BHHJ/Jahnke, 25. Aufl. 2018, BGB § 842 Rn. Randnummer 113a; NJOZ 2016, 16; Pardey: Der Haushaltsführungsschaden bei Verletzung (Teil 3) in SVR 2018, 165, 169; Münchener Kommentar zum StVR/Almeroth, 1. Aufl. 2017, BGB § 252 Rn. 40ff; OLG Frankfurt, Urteil v. 18.10.2018 – 22 U 97/16 – NJW 2019, 442, beck-online; OLG Celle, Urteil vom 14. Dezember 2006 – 14 U 73/06 –, Rn. 28, juris). Dabei entspricht die MdE nicht der MdH. Vielmehr gehört es schon zur Schlüssigkeit des Vortrags eine Entwicklung vom Krankenhausaufenthalt hin zur Erwerbsfähigkeit anzunehmen. Dabei muss ebenfalls berücksichtigt werden, dass die berufstätige Klägerin vor dem Unfall neben ihrer Erwerbstätigkeit im Umfang von täglich etwa 9 Stunden (geltend gemacht 63,44 Std. wöchentlich) im Haushalt tätig gewesen sein will. Aus dem Vortrag wird nicht erkennbar, aus welchen konkreten Gründen die Klägerin nach dem Unfall nicht in der Lage gewesen sein soll, das Kind zu wecken, zu füttern und zu betreuen oder die Wohnung zu lüften. Die Zubereitung von Mahlzeiten (welche?) soll 2 Stunden täglich beanspruchen. Sie war jedoch vor dem Unfall erwerbstätig und das Kind vor und nach dem Unfall in einer Kindertagesstätte, wobei die eigentliche Betreuungszeit offen bleibt. Welchen Zuschnitt die Wohnung aufweist und welchen Anteil der Partner an den Hausarbeiten hat, bleibt unklar. Damit sind allein die von der Beklagten anerkannten Aufwände, die sich zumindest in den ersten 4 Wochen durchaus mit den von Schulz-Borck/Hofmann in Tabelle 1 ermittelten Zeitaufwänden vergleichen lassen, sowie nachfolgend abgestuft, zugrunde zu legen. Hinsichtlich des Stundensatzes ist die Nettovergütung anzusetzen. Bei einem Mindestlohn von 8,50 €/Std. bleibt der Nettobetrag unterhalb der bereits ausgeglichenen 8 €/Std. Zwar wird mit nachvollziehbaren Gründen vertreten, im Rahmen der Schätzung gemäß § 287 ZPO einer Berechnung 8,50 €/Std. Brutto = Netto zugrunde zu legen. Allerdings setzt eine Anpassung des auszuurteilenden Betrages auch hier die schlüssige Darlegung des Umfangs des Haushaltsführungsschadens voraus.

6. Die gemäß § 287 ZPO zu schätzende Unkostenpauschale bemisst der Senat regelmäßig mit 20 € (vgl. nur Senat, Beschluss vom 29. November 2018 – 12 U 92/18 –, Rn. 33; KG Berlin, Urteil vom 05. April 2018 – 22 U 47/16 –, Rn. 21, juris) und geht jedenfalls nicht über die vorprozessual zugestandenen 25 € hinaus. Dabei ist dem Umstand Rechnung zu tragen, dass aufgrund moderner Kommunikationsmittel und der regelmäßig vorhandenen Flatrate durch die Geltendmachung der Schadensersatzansprüche kaum zusätzliche Kosten zu den ohnehin erstattungsfähigen Kosten entstehen.

7. Auf der Grundlage der berechtigten Forderungen der Klägerin bei einem Streitwert von bis zu 19.000 € ergeben sich vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i.H.v. 1.100,51 €/br. Abzgl. bereits gezahlter 958,19 € verbleibt ein begründeter Erstattungsanspruch von 142,32 €.

8. Die erhobene Feststellungsklage zur Verzinsung des Gerichtskostenvorschusses ist unzulässig, da die Klägerin Leistungsklage erheben könnte (vgl. dazu BGH, Urteil vom 18. Februar 2015 – XII ZR 199/13 –, Rn. 32, juris). Aber auch in der Sache steht der Klägerin kein Verzinsungsanspruch zu, da sich die Beklagte mit dem Kostenerstattungsanspruch nicht in Verzug befindet. Allenfalls stünde ein konkreter Zinsschaden im Raum, der aus dem Erstattungsanspruch der konkreten Rechtsverfolgungskosten resultiert. Solche hat die Klägerin jedoch nicht geltend gemacht (vgl. OLG München, Urteil vom 30. November 2016 – 7 U 2038/16 –, Rn. 22 m.w.N. Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 01. Februar 2019 – 1 U 42/18 – und Urteil vom 27. Juni 2018 – 12 U 13/18 –, Rn. 39; OLG Frankfurt, Urteil vom 28. April 2017 – 29 U 166/16 –, Rn. 74, juris)

9. Der Zinsanspruch folgt aus §§ 286, 288 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91, 97, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass, da die Gründe des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

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