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Verkehrsunfall nach Aufhebung einer Rettungsgasse

AG Köln – Az.: 263 C 210/15 – Urteil vom 19.04.2016

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 799,67 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.03.2014 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 147,56 EUR zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin zu 37 % und die Beklagten zu 63 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beide Parteien dürfen die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Am 12.12.2013 befuhr die Klägerin gegen 7:20 Uhr mit ihrem Pkw O. amtliches Kennzeichen K-XX XX, die T-gasse in Köln in Fahrtrichtung Norden. Die T-gasse ist einspurig und als Einbahnstraße ausgestaltet. Die Geschwindigkeit ist auf 30 km/h beschränkt. Es herrschte zähflüssiger Berufsverkehr. Von hinten näherte sich ein Rettungswagen mit Einsatzhorn und Blaulicht. Die Klägerin und die ihr nachfolgenden Fahrzeuge fuhren an den rechten Fahrbahnrand, stoppten ihre Fahrzeuge und ließen das Rettungsfahrzeug vorbeifahren. Der Beklagte zu 1) befuhr mit dem bei der Beklagten zu 2) versicherten Pkw P., amtliches Kennzeichen K-XX XX, einige Fahrzeuge hinter der Klägerin. Nachdem der Rettungswagen ihn passiert hatte, folgte er dem Rettungswagen und fuhr an den rechts stehenden und wartenden Fahrzeugen vorbei. Als er sich in Höhe der Hausnummer 00 auf Höhe des Klägerfahrzeugs befand, fuhr die Klägerin nach links auf die Fahrbahn, um weiterzufahren. Die Fahrzeuge kollidierten miteinander in der Weise, dass das klägerische Fahrzeug vorne links und das Beklagtenfahrzeug hinten rechts beschädigt wurden. Die Klägerin holte einen Kostenvoranschlag ein, der Reparaturkosten in Höhe von 1.252,68 EUR ausweist, wobei sich die Parteien einig darüber sind, dass wegen des geringeren Lackieraufwands geschraubter Teile ein Abzug von 78,18 EUR gerechtfertigt ist. Mit Anwaltsschriftsatz vom 06.03.2014 forderte die Klägerin die Beklagte zu 2) zur Zahlung der Reparaturkosten und einer Auslagenpauschale in Höhe von 25 EUR, zusammen 1.277,68 EUR, bis zum 16.03.2014 auf.

Die Klägerin behauptet, sie habe vor dem Einordnen einen doppelten Schulterblick gemacht und habe geblinkt. Das Beklagtenfahrzeug habe man nicht erkennen können.

Die Klägerin beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 1.277,68 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17.03.2014 sowie außergerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 201,71 EUR zu zahlen

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, die Reparatur könne von der Werkstatt Auto-Service C. GmbH zu günstigeren Stundenverrechnungssätzen durchgeführt werden.

Die Beklagten meinen, die Klägerin müsse sich auf die günstigeren Verrechnungssätze verweisen lassen und einen Abzug wegen UPE-Aufschlägen gefallen lassen.

Das Gericht hat die Akten der Stadt Köln – Az. 000.000.000.000 – beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht. Wegen des weiteren Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist teilweise begründet.

Verkehrsunfall nach Aufhebung einer Rettungsgasse
(Symbolfoto: Stefan Weis/Shutterstock.com)

Der Klägerin steht ein Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz gegen die Beklagten gemäß §§ 7, 18 StVG, 115 VVG zu. Sie kann Erstattung von 2/3 ihres Schadens verlangen. Ein darüber hinausgehender Anspruch steht ihr indes nicht zu. Denn sie muss sich im Rahmen der Abwägung der Betriebsgefahren und der beiderseitigen Verkehrsverstöße einen Mitverschuldensanteil von 1/3 entgegenhalten lassen (§ 17 Abs. 2 StVG).

Der Unfall stellt für keine der Parteien ein unabwendbares Ereignis im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG dar, so dass die Ersatzpflicht der einen oder der anderen Seite nicht von vornherein ausgeschlossen ist. In derartigen Fällen hängt nach § 17 Abs. 1 StVG die Verpflichtung zum Schadensersatz wie auch der Umfang der Ersatzpflicht von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder dem anderen Teil verursacht worden ist. Im Rahmen der Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile der Fahrer der beteiligten Fahrzeuge unter Berücksichtigung der von beiden Kraftfahrzeugen ausgehenden Betriebsgefahren nach §§ 17 Abs. 1 StVG, 254 BGB sind nach der ständigen Rechtsprechung neben unstreitigen und zugestandenen Tatsachen nur bewiesene Umstände zu berücksichtigen.

Nach dem unstreitigen Parteivortrag und dem gesamten Inhalt der mündlichen Verhandlung steht fest, dass die Klägerin unter Missachtung ihrer Pflichten aus § 10 StVO vom Fahrbahnrand in den fließenden Verkehr eingebogen ist und den Unfall mitverursacht hat. Zu Lasten der Klägerin greift damit der Anscheinsbeweis des § 10 StVO ein. Wer aus vom Fahrbahnrand auf die Straße einfahren will, muss die Gefährdung des fließenden Verkehrs ausschließen. Von ihm wird äußerste Sorgfalt verlangt. Das setzt Umblick, gegebenenfalls Rückschau und rechtzeitiges, deutliches Zeichengeben voraus (Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 41. Auflage § 10 StVO Rn 10). Kommt es im unmittelbaren zeitlichen und räumlichen Zusammenhang mit Ein- bzw. Anfahren zu einer Kollision mit dem fließenden Verkehr, so spricht der Anschein gegen den Einfahrenden (Hentschel/König/Dauer aaO Rn 11). Der Einfahrvorgang endet jedenfalls erst, wenn sich das Fahrzeug endgültig in den fließenden Verkehr eingeordnet hat, wofür jede Einflussnahme des Anfahrens auf das weitere Verkehrsgeschehen auszuschließen ist (KG, NZV 08, 413). Dass der Unfall nach dem Anfahren vom Fahrbahnrand auf die Straße geschehen ist, ist zwischen den Parteien unstreitig. Die Klägerin hat es nicht vermocht, den für ihr Verschulden sprechenden Anscheinsbeweis zu erschüttern. Dafür hätte sie Tatsachen vortragen müssen, die einen atypischen Geschehensablauf als möglich erscheinen lassen. Dem genügt ihr Vortrag nicht.

Dass die Klägerin ihren Pflichten nach § 10 StVO genügt hätte, hat sie zwar behauptet. Sie hat vortragen lassen, geblinkt zu haben und einen doppelten Schulterblick gemacht zu haben. Dafür hat sie indes keinen Beweis angeboten. Dass sie keine ausreichende Rückschau gehalten haben kann, ergibt sich im Übrigen auch aus den unstreitigen Umständen des Verkehrsunfalls. Hätte sie nämlich einen Schulterblick nach links gemacht, dann hätte sie das Beklagtenfahrzeug sehen müssen. Das versteht sich von selbst und ist gerade der Grund, weshalb der Gesetzgeber den Schulterblick beim Spurwechsel, Linksabbiegen und Anfahren vom Fahrbahnrand vorschreibt, nämlich, um Fahrzeuge im toten Winkel wahrzunehmen. Hinzu kommt, dass sich die Schäden am Beklagtenfahrzeug an der hinteren rechten Seite befinden, weshalb das Beklagtenfahrzeug im Moment des Unfalls schon teilweise am Klägerfahrzeug vorbeigefahren sein muss.

Weitere Verkehrsverstöße der Klägerin liegen nicht vor.

Soweit die Beklagten vorgetragen haben, die Klägerin habe selbst dem Rettungswagen folgen wollen, liegt darin nur eine bloße Vermutung, der nicht weiter nachzugehen war.

Umgekehrt trifft aber auch den Beklagten zu 1) eine erhebliche Mitschuld am Zustandekommen des Unfalls.

Dem Beklagten zu 1) ist vorzuwerfen, die Rettungsgasse zum Vordrängeln missbraucht zu haben (§ 1 Abs. 1 StVO). Damit hat er gegen das Rücksichtnahmegebot verstoßen. Gemäß § 38 Abs. 1 StVO sind alle Verkehrsteilnehmer verpflichtet, dem Rettungsfahrzeug freie Bahn zu verschaffen. Damit erfüllen sie einen im Allgemeininteresse liegenden Zweck, Verletzte schnellstmöglich retten zu können. Zu diesem Zweck haben sie dem mit Blauem Blinklicht und Einsatzhorn fahrenden Rettungsfahrzeug Vorfahrt zu gewähren. Ist das Rettungsfahrzeug vorbeigefahren und eine künftige Störung des Fahrwegs nicht mehr zu befürchten, ordnet sich der Verkehr wieder so ein, wie er zuvor gefahren ist. Im Interesse eines flüssigen Straßenverkehrs nehmen daher alle Verkehrsteilnehmer ihre alte Position wieder ein. Ein einzelner Verkehrsteilnehmer, der die „Unordnung“ nach dem Platzmachen für das Rettungsfahrzeug ausnutzt, um sich vorzudrängeln, handelt dabei rücksichtslos. Wie auch die Gasse gemäß § 11 Abs. 2 StVO nicht zum Vordrängeln genutzt werden darf (vgl. Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Auflage § 11 StVO Rn 9), so gilt dies auch für die innerorts gebildete Gasse in einer Einbahnstraße.

Nach dem unstreitigen Parteivortrag steht zudem fest, dass der Beklagte zu 1) das Klägerfahrzeug entgegen § 5 Abs. 3 StVO bei unklarer Verkehrslage überholt hat. „Überholen“ ist das Vorbeifahren von hinten nach vorn an einem Verkehrsteilnehmer, der sich auf derselben Fahrbahn in derselben Richtung bewegt oder nur mit Rücksicht auf die Verkehrslage anhält. Vorbeigefahren im Sinne von § 6 StVO wird dagegen an den nicht verkehrsbedingt, also in der Regel nicht in Fahrstellung haltenden Verkehrsteilnehmern, an haltenden, parkenden und liegen gebliebenen Fahrzeugen (Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, 42. Auflage § 5 Rn 18). Auch an den kurz vor dem Halten am Fahrbahnrand praktisch zum Stillstand gekommenen Fahrzeugen wird vorbeigefahren. Hier lag ein Überholen vor, denn die Klägerin hatte ihr Fahrzeug zwar zum Stillstand gebracht. Sie beabsichtigte aber – wie alle anderen Fahrzeuge auch – nach dem Passieren lassen des Rettungswagens weiterzufahren. Für den Beklagten zu 1) bestand eine unklare Verkehrslage im Sinne von § 5 Abs. 3 StVO. Unklar ist die Verkehrslage, wenn nach allen Umständen mit gefahrlosem Überholen nicht gerechnet werden darf (vgl. Hentschel/König/Dauer Straßenverkehrsrecht, 42. Auflage § 5 StVO Rn 34), etwa, wenn sich nicht verlässlich beurteilen lässt, was der Vorausfahrende jetzt sogleich tun wird, wenn er in seiner Fahrweise unsicher erscheint, wenn es den Anschein hat, er wolle abbiegen, ohne dass dies deutlich wird oder er suche eine Parkmöglichkeit (vgl. nur OLG Köln, VRS 96, 407).

Dies ist hier bereits auf der Grundlage des unstreitigen Parteivortrags zu bejahen. Denn die Klägerin hatte ihr Fahrzeug nur deshalb am rechten Fahrbahnrand zum Stillstand gebracht, um das Rettungsfahrzeug passieren zu lassen, wie es auch alle anderen Fahrzeuge vor und nach der Klägerin getan haben. Das ist zwischen den Parteien unstreitig, so dass es nicht der Vernehmung der beklagtenseits angebotenen Zeugen bedurfte. Sämtlichen Beteiligten war unter diesen Umständen klar bzw. hätte klar sein müssen, dass das Freimachen der Straße ausschließlich dem Zweck diente, das Rettungsfahrzeug passieren zu lassen, wozu die Verkehrsteilnehmer gemäß § 38 Abs. 1 StVO verpflichtet waren. Dass die Klägerin hier den Anschein erweckt hätte, sie habe ihr Fahrzeug aus anderen Gründen rechts angehalten, haben die Beklagten nicht geltend gemacht. Insbesondere haben sie nicht behauptet, sie habe rechts geblinkt oder in anderer Weise zu erkennen gegeben (etwa durch überlanges Warten nach dem Passieren des Rettungswagens), sie wolle dauerhaft rechts halten. Deshalb musste der Beklagte zu 1) damit rechnen, dass die Klägerin ihr Fahrzeug nach dem Vorbeifahren wieder in den Verkehr einordnen würde.

Dass die Klägerin auch links geblinkt hätte, was die unklare Verkehrslage für den Beklagten zu 1) noch verstärkt hätte, steht dagegen nicht fest. Die dafür beweisbelastete Klägerin hat diesbezüglich keinen Beweis angeboten, so dass es auch insofern nicht der Vernehmung der beklagtenseitigen Zeugen bedurfte.

Weitere Verstöße sind auf Seiten der Beklagten nicht festzustellen.

Insbesondere ist dem Beklagten zu 1) kein Verstoß gegen § 3 StVO wegen zu schnellen bzw. unangepassten Fahrens zu machen. Soweit die Klägerin dies behauptet hat, war die Behauptung bereits unsubstanziiert und auch nicht mit einem Beweisantritt versehen worden.

Bei Abwägung der gegenseitigen Verkehrsverstöße, dem verkehrswidrigen Anfahren vom Fahrbahnrand auf die Straße und dem rücksichtslosen Vordrängeln unter Benutzung der für das Rettungsfahrzeug gebildeten Rettungsgasse und dem Überholen trotz Überholverbots, und der Betriebsgefahren gewichtet das Gericht das Verschulden auf Beklagtenseite deutlich stärker als auf Klägerseite. Der Beklagte zu 1) hat sich sehenden Auges und missbräuchlich in eine gefährliche Situation begeben, mit der andere Verkehrsteilnehmer nur bedingt rechnen konnten. Er hätte den Unfall leicht vermeiden können, wenn er sich wie alle anderen auch nach dem ihm vorausfahrenden Fahrzeug auf die Straße eingeordnet hätte. Die Klägerin hätte den Unfall auch leicht vermeiden können, wenn sie den vorgeschriebenen Schulterblick gemacht hätte. Ihr Verschulden ist aber als leicht fahrlässig einzustufen. Da sie die Rettungsgasse nur für das Rettungsfahrzeug gebildet hat und sich kein zweites Rettungsfahrzeug näherte, bestand aus ihrer Sicht wenig Veranlassung für die Annahme, dass sich ein anderes Fahrzeug hinter dem Rettungswagen befindet. Sie muss zwar mit verkehrswidrigem Verhalten anderer Verkehrsteilnehmer rechnen. Ihr Verschulden, dies nicht getan zu haben, gewichtet das Gericht allerdings nicht als so gravierend wie das Fehlverhalten des Beklagten zu 1). Dessen Verschulden bewertet das Gericht hier unter Berücksichtigung aller Umstände mit 2/3.

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Die Klägerin kann von den Beklagten Zahlung von 2/3 der Reparaturkosten in Höhe von 1.174,51 EUR verlangen, nämlich 783 EUR.

Wegen des unstreitig etwas geringeren Lackieraufwands waren 78,18 EUR von dem im Kostenvoranschlag ausgewiesenen Betrag abzuziehen.

Weitere Abzüge muss sich die Klägerin nicht gefallen lassen.

Die Klägerin muss sich nicht auf die niedrigeren Löhne der Werkstatt Auto-Service C. GmbH verweisen lassen.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes, der das Amtsgericht auch folgt, kann der Schädiger zwar den Geschädigten unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit in einer mühelos und ohne Weiteres zugänglichen „freien Fachwerkstatt“ verweisen, wenn er darlegt und gegebenenfalls beweist, dass eine Reparatur in dieser Werkstatt vom Qualitätsstandard her der Reparatur in einer markengebundenen Fachwerkstatt entspricht. Das gilt aber nur dann, wenn der Geschädigte seiner fiktiven Schadensberechnung die üblichen Stundenverrechnungssätze einer markengebundenen Fachwerkstatt zugrunde legt (vgl. nur BGH, Urteil vom 20.10.2009, VI ZR 53/09; BGH, Urteil vom 29.04.2003, VI ZR 398/02). Das ist aber hier gar nicht der Fall. Denn dem Kostenvoranschlag lässt sich nicht entnehmen, dass es sich um eine markengebundene Fachwerkstatt handelt. Etwas anderes haben die Beklagten auch nicht behauptet.

Die Frage, ob sich der Geschädigte bei fiktiver Abrechnung, wenn der Reparaturkalkulation der Stundenverrechnungssatz einer nicht markengebundenen Fachwerkstatt zu Grunde liegt, auf eine billigere Werkstatt innerhalb oder außerhalb seines Wohnortes verweisen lassen muss, verneint das Gericht (vgl. OLG München, Urteil vom 13.09.2013, 10 U 859/13). Ziel des Schadensersatzes ist die Totalreparation. Zwar ist der Geschädigte unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Doch genügt im allgemeinen, dass er den Schaden auf der Grundlage eines von ihm eingeholten Kostenvoranschlags oder Sachverständigengutachtens berechnet. Bei dem Bemühen um eine wirtschaftlich vernünftige Objektivierung des Restitutionsbedarfs darf nicht das Grundanliegen dieser Vorschrift aus den Augen verloren werden, dass dem Geschädigten bei voller Haftung des Schädigers ein möglichst vollständiger Schadensausgleich zukommen soll. Die Schadensrestitution darf nicht beschränkt werden auf die kostengünstigste Wiederherstellung der beschädigten Sache (BGH, VersR 2003, 920). Der Geschädigte ist in den durch das Wirtschaftlichkeitsgebot und das Verbot der Bereicherung gezogenen Grenzen grundsätzlich frei in der Wahl und in der Verwendung der Mittel zur Schadensbehebung (BGH, NJW 2005, 1108). Das gilt uneingeschränkt auch bei fiktiver Abrechnung. Er ist weder dazu verpflichtet, sein Fahrzeug zu reparieren, noch es zur Reparatur in eine bestimmte Werkstatt zu geben. Es bleibt ihm überlassen, ob, wann und auf welche Weise er sein Fahrzeug tatsächlich instand setzt. Diesen Grundsätzen widerspräche es, wenn der Geschädigte bei der fiktiven Abrechnung letztlich auf bestimmte Stundenverrechnungssätze der billigsten, von der Versicherung ausgesuchten Werkstatt in der Region beschränkt wäre, weil dies in die freie Dispositionsbefugnis des Geschädigten eingreift, etwa wenn er sein Fahrzeug gar nicht repariert, sondern veräußert. Der zur Schadensbeseitigung erforderliche Betrag im Sinne von § 249 Abs. 2, S. 1 BGB wird nicht durch die besonders günstigen Stundenverrechnungssätze einer von der Versicherung ausgesuchten Werkstatt bestimmt, sondern bemisst sich auch bei fiktiver Abrechnung danach, welche Reparaturkosten anfallen. Maßgeblich sind insoweit die durchschnittlichen ortsüblichen Sätze in seiner Wohngemeinde. Der Geschädigte ist nicht gehalten, die billigste Werkstatt zu wählen. Dass die im Kostenvoranschlag genannten Stundenverrechnungssätze die durchschnittlichen, ortsüblichen Sätze übersteigen, ist nicht ersichtlich und auch nicht behauptet worden.

Die Klägerin muss sich keine Abzüge wegen UPE-Aufschlägen gefallen lassen. Zu dem erforderlichen Geldbetrag im Sinne von § 249 Abs. 2 S. 1 BGB gehören nach zutreffender und herrschender Ansicht in der Rechtsprechung auch bei fiktiver Abrechnung die UPE-Aufschläge und die Verbringungskosten, wenn sie nach den örtlichen Gepflogenheiten auch bei einer Reparatur angefallen wären (OLG Düsseldorf, Urteil vom 06.03.2012, 1 U 108/11; OLG Hamm, Urteil vom 30.10.2012, 9 U 5/12; AG Köln, Urteil vom 09.08.2011, 268 C 218/10; AG Köln, Urteil vom 14.01.2010, 264 C 118/09; AG Köln, Urteil vom 06.05.2010, 262 C 518/09). Das Gericht folgt nicht der teilweise vertretenen Auffassung, dass diese Kosten nur dann erstattungsfähig sind, wenn sie tatsächlich angefallen sind. Denn diese Auffassung lässt außer Acht, dass die Bestimmung des erforderlichen Geldbetrages gemäß § 249 Abs. 1 Satz 1 BGB auf Gutachtenbasis einen konkreten Reparaturnachweis gerade nicht verlangt. Insofern gilt nichts anderes als hinsichtlich der Stundenverrechnungssätze. Durch die Neuformulierung des § 249 Abs. 2 S. 2 BGB wird deutlich, dass lediglich bei Geltendmachung der Mehrwertsteuer ein konkreter Nachweis erforderlich ist. Weitere Einschränkungen hat der Gesetzgeber nicht formuliert. Maßgeblich ist allein, ob die sogenannten UPE-Aufschläge und die Verbringungskosten bei einer Reparatur in einer örtlichen Werkstatt üblicherweise anfallen (vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 16.06.2008, 1 U 246/07; LG Köln, Urteil vom 31.05.2006, 13 S 4/06; AG Hamburg, Urteil vom 18.09.2008, 51a C 104/08; AG Aachen, Urteil vom 17.08.2005, 8 C 195/05). Davon ist auf der Grundlage des vorgelegten Kostenvoranschlags auszugehen. Das genügt als substanziierter Sachvortrag der Klägerin.

Die Klägerin kann 2/3 der Auslagenpauschale verlangen, nämlich 16,67 EUR.

Zusammen ergibt dies den tenorierten Betrag.

Der Zinsanspruch beruht auf §§ 280, 286, 288 BGB.

Der Anspruch auf Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren ergibt sich aus § 249 BGB (1,3 Geschäftsgebühr aus 799,67 EUR zzgl. Auslagen und Mehrwertsteuer).

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Streitwert: 1.277,68 EUR

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