OLG Nürnberg – Az.: 13 U 1187/20 – Urteil vom 20.08.2020
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Nürnberg-Fürth vom 13. März 2020, Az. 8 O 2688/19, abgeändert und wie folgt neu gefasst:
a) Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 5.000 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 5. Oktober 2018 zu bezahlen.
b) Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin weitere 142,32 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 3. Juli 2019 zu bezahlen.
c) Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.
3. Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Beschluss
Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 10.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Von der Darstellung des Tatbestandes wird abgesehen (§ 540 Abs. 2 i. V. m. § 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO).
II.
Die zulässige Berufung der Beklagten ist im tenorierten Umfang begründet. Im Übrigen ist sie unbegründet und war daher zurückzuweisen.
1. Die Berufung der Beklagten beanstandet zu Recht, dass das vom Erstgericht zugrunde gelegte Gesamtschmerzensgeld von 25.000 € zu hoch bemessen wurde. Der Klägerin steht nach Auffassung des Senats ein Schmerzensgeldanspruch in Höhe von insgesamt 20.000 € zu, der in Höhe der geleisteten 15.000 € bereits erfüllt wurde, so dass die Klägerin die Zahlung eines restlichen Schmerzensgeldes in Höhe von 5.000 € verlangen kann.
a) Die Klägerin ist bei dem Zusammenstoß mit dem Beklagtenfahrzeug und infolge des damit verbundenen Sturzes vom Fahrrad erheblich verletzt worden. Die für die Haftungsbegründung notwendigen Primärverletzungen im Kopfbereich stehen zur Überzeugung des Senats fest.
Entgegen der Auffassung der Berufungsbegründung war die den Beklagten zurechenbare, haftungsbegründende Primärverletzung der Klägerin gegeben und sie war auch erstinstanzlich unstreitig. Dies ergibt sich aus der Schilderung des Sachverhalts im unstreitigen Teil des Tatbestands des angegriffenen Urteils. Dort heißt es: „Der Beklagte zu 1) wollte mit dem damals bei der Beklagten zu 3) haftpflichtversicherten und von der Beklagten zu 2) gehaltenen Pkw nach rechts abbiegen. Hierbei übersah er die Klägerin und stieß mit ihr zusammen. Die Klägerin, die keinen Fahrradhelm trug, stürzte zu Boden, kam mit dem Kopf auf und verletzte sich schwer. Sie befand sich zwischen dem 26. September 2017 und dem 3. Oktober 2017 in stationärer Behandlung … Danach war sie noch bis zum 22. Oktober 2017 arbeitsunfähig erkrankt“. Damit sind Primärverletzungen im Kopfbereich der Klägerin als unstreitig dargestellt. Diese werden im Gutachten des Sachverständigen Dr. W. als ein Schädel-Hirn-Trauma infolge eines Hinterkopfanpralls beschrieben, ebenso auch schon in den Arztbriefen, die als Anlagen K 1, K 2 und K 4 vorgelegt worden sind. Ein Bestreiten der Primärverletzung in der Berufungsinstanz wäre als neuer Sachvortrag nach § 529 Abs. 1 Nr. 2, § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht zuzulassen.
Sofern die Berufungsbegründung in diesem Zusammenhang darauf abstellt, dass die Klägerin vor dem streitgegenständlichen Unfall auch von einem Pferd gefallen sei, stellt das die Primärverletzung infolge des Sturzes vom Fahrrad nicht infrage. Vielmehr betrifft dieser Punkt die Frage nach der Kausalität der Primärverletzung für die behaupteten Beschwerden, namentlich für den Verlust des Geruchssinns (Anosmie). Dafür – für die sog. haftungsausfüllende Kausalität – gilt entgegen der Rechtsauffassung der Berufung jedoch nicht das Beweismaß des § 286 ZPO, sondern dasjenige des § 287 ZPO (BGH, Urteil vom 29. Januar 2019 – VI ZR 113/17 – juris Rn. 12). Für Letzteres reicht die Bejahung einer überwiegenden Wahrscheinlichkeit aus. Das hat das Landgericht zutreffend erkannt.
b) Die Beklagten schulden der Klägerin die Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes von insgesamt 20.000 €, sodass die Klägerin nach erfolgter Zahlung von 15.000 € noch weitere 5.000 € beanspruchen kann.
aa) Die Schmerzensgeldhöhe muss unter umfassender Berücksichtigung aller für die Bemessung maßgebenden Umstände festgesetzt werden und in einem angemessenen Verhältnis zur Art und Dauer der Verletzungen stehen; dabei ist in erster Linie die Höhe und das Maß der entstandenen Lebensbeeinträchtigung zu berücksichtigen (BGH, Be-schluss vom 16. September 2016 – VGS 1/16 -, juris Rn. 49, 54; Palandt/Grüneberg, BGB, 79. Aufl., § 253 Rn. 15). Für die Bestimmung der „billigen Entschädigung in Geld“ (Schmerzensgeldbemessung) sind vom Gericht im jeweiligen Einzelfall alle für die Bemessung maßgeblichen Umständen einschließlich derjenigen Spätfolgen, soweit sie bereits jetzt objektiv vorhersehbar sind (vgl. BGH, NJW-RR 2006, 712), heranzuziehen.
Soweit nicht im Einzelfall, insbesondere bei Verletzungen durch Vorsatztaten, die Genugtuungsfunktion besondere Bedeutung erlangt, orientiert sich die Schmerzensgeldbemessung in erster Linie an der Ausgleichsfunktion der Zahlung. Dieser sind allerdings von vorneherein allein deshalb Grenzen gesetzt, weil die Folgen einer körperlichen Verletzung mit Geld – anders als bei materiellen Schäden – regelmäßig nicht zu beseitigen sind.
Der Schmerzensgeldanspruch des § 253 Abs. 2 BGB ist daher seinem Inhalt nach nicht mit einem Schadensersatzanspruch, welcher den Ersatz von Sach- und Vermögensschäden ermöglichen soll, gleichzusetzen. Die Wiederherstellungsfunktion lässt sich hier nicht wie bei der Naturalherstellung von Vermögensschäden durchführen. Es gibt insoweit keine wirkliche Wiedergutmachung. Es soll zwar auch ein Ausgleich vorgenommen werden, dieser ist aber rechnerisch nicht streng festlegbar. Das alleinige Abstellen auf den Ausgleichsgedanken ist unmöglich, weil immaterielle Schäden sich nie und Ausgleichsmöglichkeiten nur beschränkt in Geld ausdrücken lassen (grundlegend BGH, Beschluss vom 6. Juli 1955, – GSZ 1/55 -, juris Rn. 17). Der Ausgleichszweck gibt, je größer der immaterielle Schaden ist, für die Bemessung der Entschädigung nur einen recht groben Anhalt. Das zeigt sich besonders dann, wenn der immaterielle Schaden so groß ist, dass ein Ausgleich überhaupt kaum denkbar ist (BGH, a.a.O.).
Da immaterielle Schäden in Geld überhaupt nicht unmittelbar messbar sind, müssen die durch Übereinkunft der Rechtsprechung bisher gewonnenen Maßstäbe in der Regel den Ausgangspunkt für die tatrichterlichen Erwägungen zur Schmerzensgeldbemessung bilden (BGH, Urteil vom 18. November 1969 – VI ZR 81/68 – juris Rn. 33; KG, Urteil vom 2. September 2002 – 12 U 1969/00 -, juris Rn. 103; beide je m. w. N.). In Schmerzensgeldtabellen erfassten „Vergleichsfälle“ sind dabei im Rahmen des zu beachtenden Gleichheitsgrundsatzes als Orientierungsrahmen zu berücksichtigen, ohne dabei verbindliche Präjudizien zu sein (OLG München, Urteil vom 24. November 2017 – 10 U 952/17 -, juris Rn. 8, m. w. Nw.). Bei der Ausübung des Ermessens hat das Gericht unabhängig von den stets zu beachtenden Besonderheiten des Einzelfalls zu berücksichtigen, dass vergleichbare Verletzungen annähernd gleiche Entschädigungen zur Folge haben (MüKoBGB/Oetker, 8. Aufl., § 253 Rn. 37). Die in den in Schmerzensgeldtabellen zusammengetragenen „Vergleichsfälle“ hindern das zur Entscheidung berufene Gericht zwar nicht, die Entschädigung im konkreten Einzelfall abweichend festzulegen. Allerdings bedarf es einer besonderen Begründung, wenn von der Größenordnung, in der sich die Schmerzensgelder der Gerichte in vergleichbaren Fällen bewegen, signifikant abgewichen wird (OLG Celle, Urteil vom 16. Oktober 1996, – 20 U 17/96 -, juris Rn. 4).
bb) Die Anwendung dieser Grundsätze führt zu dem Ergebnis, dass im Streitfall ein Gesamtschmerzensgeld in Höhe von 20.000 € in einem angemessenen Verhältnis zu Art und Dauer der erlittenen Verletzungen und der entstandenen Lebensbeeinträchtigungen der Klägerin steht. Der Senat hat bei der Bemessung des Schmerzensgeldes insbesondere folgende Faktoren berücksichtigt:
(1) Die Klägerin wurde aufgrund des Unfalls erheblich verletzt. Sie hat unfallbedingt eine Kalottenfraktur links okzipital, eine Subarachnoidalblutung frontbasal beidseits, eine Kopfplatzwunde okzipital und eine Prellung des Lendenwirbelsäule erlitten. Dies belegt der Arztbrief des St. Th. Krankenhauses vom 26. September 2017 (K 1).
(2) Die Klägerin befand sich verletzungsbedingt vom 25. September 2017 bis 3. Oktober 2017, also für neun Tage, in stationärer Behandlung (K 1, K 2). Anschließend war sie bis 20. Oktober 2017 arbeitsunfähig krank (K 3).
(3) Ferner ist bei der Bemessung des Schmerzensgeldes zu berücksichtigen, ein Dauerschaden in Form des Verlustes des Geruchssinns verblieben ist, was vor dem Hintergrund, dass die im Unfallzeitpunkt erst 27 Jahre alt war, erhebliches Gewicht hat.
Zutreffend hat sich das Landgericht insoweit die – auch vom Senat geteilte – Überzeugung gebildet, dass der Verlust des Geruchssinns mit der erforderlichen überwiegenden Wahrscheinlichkeit auf den Sturz vom Fahrrad zurückzuführen ist. Dies hat der Sachverständige Dr. W. in seinem Gutachten eindeutig ausgeführt. Danach kann es aus sachverständiger Sicht als mehr als überwiegend wahrscheinlich angesehen werden, dass die bei der Klägerin nachgewiesene Anosmie Folge des am 22. September 2017 erlittenen Traumas ist (schriftliches Gutachten vom 18. Dezember 2019, S. 21). Diese Einschätzung hat der Sachverständige in Kenntnis des Umstandes abgegeben, dass die Klägerin nach eigenem Bekunden ein Jahr vor dem streitgegenständlichen Unfall eine Gehirnerschütterung nach einem Sturz von einem Pferd erlitten habe, wobei nach diesem Sturz das Riechvermögen sicher erhalten gewesen sei (Gutachten, S. 6). Im weiteren Fortgang des Gutachtens hat der Sachverständige die Einschätzung abgegeben, dass er es für weitaus weniger wahrscheinlich halte, dass der Sturz vom Pferd zu einer Anosmie geführt habe, wobei einschränkend festzustellen sei, dass hierüber keinerlei Befunde zur Verfügung gestanden hätten. Allerdings hat der Sachverständige festgestellt, dass das streitgegenständliche Unfallereignis nachweislich zu einer bildmorphologisch sichtbaren Schädigung des Gehirns an der vorderen Schädelbasis geführt habe. Dies stelle einen typischen Unfallmechanismus für einen Verlust des Geruchssinns dar. Hierbei komme es zu einer Schädigung des Nervus olfactorius und/oder der sich hieran anschließenden Strukturen des Riechhirns. Diese Erwägungen des Sachverständigen hält der Senat für nachvollziehbar und überzeugend.
Die vorstehend skizzierten Erörterungen des Sachverständigen stehen in Übereinstimmung mit den Ausführungen der Klägerin bei ihrer informatorischen Anhörung vor dem Landgericht. Die Klägerin hat dort eingehend geschildert, inwieweit sie durch den Verlust des Geruchssinns und die Beeinträchtigungen des Geschmackssinns eingeschränkt wird. Das Landgericht hat die Klägerin aufgrund des eigenen persönlichen Eindrucks als glaubwürdig eingeschätzt. Der Senat sieht keinen Anlass, dies anders zu werten.
(4) Der Senat hat ferner bei der Bemessung des Schmerzensgelds einbezogen, dass die Verletzungen der Klägerin durch ein erhebliches Maß an Fahrlässigkeit des Beklagten zu 1) verursacht wurden, der am helllichten Tag beim Rechtsabbiegen im Kreuzungsbereich die geradeaus fahrende Klägerin übersehen hat.
(5) Der Senat teilt die Rechtsauffassung des Erstgerichts, dass nicht zulasten der Klägerin im Sinne eines Mitverschuldens berücksichtigt werden kann, dass diese bei der zum Unfall führenden Fahrradfahrt keinen Schutzhelm getragen hat. Der Bundesgerichtshof hat in seinem Urteil vom 17. Juni 2014 (VI ZR 281/13) zutreffend ausgesprochen, dass jedenfalls bis zum Jahr 2011 grundsätzlich kein Mitverschulden dadurch begründet wurde, dass ein Radfahrer bei einem Unfall keinen Helm getragen hat.
Allein mit einem Verletzungsrisiko und der Kenntnis davon ist ein verkehrsgerechtes Verhalten jedenfalls nicht begründen (BGH, a.a.O. , juris Rn. 11). Andernfalls müsste bei jeder Tätigkeit mit ähnlichem oder höheren Kopfverletzungsrisiko ein Mitverschulden bejaht werden, wenn der durch einen Sturz Geschädigte keinen Helm getragen hätte. Dies würde dann beispielsweise auch für das Besteigen von Haushaltsleitern gelten.
Auch der heutige Erkenntnisstand hinsichtlich der Möglichkeiten, dem Verletzungsrisiko durch Schutzmaßnahmen zu begegnen, rechtfertigt noch nicht den Schluss, dass ein Radfahrer sich nur dann verkehrsgerecht verhält, wenn er einen Helm trägt (BGH, a.a.O. , juris Rn. 11).
Anlass für die Annahme eines Mitverschuldens durch das Nichttragen eines Schutzhelms könnte nach Auffassung des Bundesgerichtshofs dann vorliegen, wenn im Unfallzeitpunkt nach allgemeinem Verkehrsbewusstsein das Tragen eines Helms beim Fahrradfahren zum eigenen Schutz erforderlich ist (BGH a.a.O. , juris-Rn. 9). Zu einem solchen allgemeinen Verkehrsbewusstsein, konkret bezogen auf das Tragen von Fahrradhelmen und nicht auf allgemeine Sicherheitserwägungen, haben die Beklagten jedoch schon nicht substantiiert vorgetragen.
Im Übrigen ist auch gerichtsbekannt, dass ein derartiges allgemeines Verkehrsbewusstsein nach wie vor nicht besteht. Ein Mitglied des Senats führt im Nürnberger Stadtgebiet regelmäßig eigene Verkehrszählungen zu dieser Frage durch. Diese Zählungen, die sämtliche jeweils in einem jeweils vordefinierten Zeitraum zufällig wahrgenommenen Radfahrer (ohne Rennradfahrer in voller Montur und ohne Kinder auf Kinderfahrrädern) erfasst (an verschiedenen Tagen, Zählung jeweils in Zeitfenstern zwischen 10 und 15 Minuten, vormittags zwischen 8.00 und 9.15 Uhr sowie abends zwischen 17.00 und 19.30 Uhr), ergaben folgendes Bild:
Beobachtungszeitraum Anteil Helmträger gesamt ohne Helm mit Helm von bis
2015 14,85% 6.976 5.940 1.036 14.04.2015 18.09.2015
2016 14,40% 7.502 6.422 1.080 29.03.2016 23.09.2016
2017 15,75% 4.945 4.166 779 27.02.2017 31.08.2017
2020 21,46% 997 783 214 07.07.2020 28.07.2020
Die Ergebnisse entsprechen im Wesentlichen denjenigen aus amtlichen Quellen. Nach den Erhebungen der Bundesanstalt für Straßenwesen trugen Jahr 2019 (https://www.bast.de/BASt_2017/DE/Publikationen/DaFa/2020-2019/2020-02.html?nn=1836400) über alle Altersgruppen hinweg innerorts 18,0 %, außerorts 22,8 % Prozent der beobachteten Fahrradfahrer und Fahrradfahrerinnen einen Schutzhelm, wobei die Quoten insbesondere innerorts vor allem bei jüngeren Erwachsenen noch erheblich niedriger sind (bei den 17- bis 21-Jährigen lediglich 7,8 %, bei den 22- bis 30-Jährigen 8,2 % und bei den 31- bis 40-Jährigen 14,9 %).
Es ist zwar in den letzten zehn Jahren eine leichte Steigerung der im hier interessierenden Alltagsradverkehr helmtragenden Radfahrer zu beobachten (vgl. auch Grafik in der genannten Publikation der Bundesanstalt für Straßenwesen). Die bei weitem überwiegende Mehrheit (rund 80 %) der erwachsenen Bevölkerung nutzt aber jedenfalls nach wie vor keinen Helm beim Fahrradfahren, insbesondere nicht innerorts im Alltagsradverkehr. Eine allgemeine Verkehrsauffassung des Inhalts, dass Radfahren eine Tätigkeit darstellt, die generell derart gefährlich ist, dass sich nur derjenige verkehrsgerecht verhält, der einen Helm trägt, besteht nach wie vor nicht.
Etwas anderes mag für bestimmte Formen des sogenannten sportlichen Radfahrens gelten, die mit erheblich gesteigertem (Kopf-)Verletzungsrisiko verbunden sind, etwa beim Rennradfahren mit tiefer Kopfhaltung und Fixierung der Schuhe an den Pedalen oder beim Mountainbike-Fahren im freien Gelände. Derartiges ist aber nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens.
(6) Das vom Senat für angemessen erachtete Gesamtschmerzensgeld in Höhe von 20.000 € fügt sich auch in den Rahmen der durch die Rechtsprechung zu vergleichbaren Verletzungen zuerkannten Schmerzensgeldbeträgen ein. Der Senat hat – unter Berücksichtigung der Geldentwertung – insbesondere folgende Entscheidungen (alle in Hacks/Wellner/Häcker, Schmerzensgeldbeträge 2019, 37. Aufl.) berücksichtigt:
(a) OLG Düsseldorf, Urteil vom 10. Dezember 1999 – 22 U 98/99: Schädelbruch mit Gehirnerschütterung und Kopfplatzwunde bei einem 33-jährigen Mann durch eine vorsätzliche Körperverletzung. Infolgedessen Verlust des Geschmacks- und Geruchsvermögens, häufige Kopfschmerzen, Lichtempfindlichkeit und Konzentrationsschwäche; Schmerzensgeld inflationsbereinigt i. H. v. 19.624 €.
(b) OLG Schleswig, Urteil vom 4. Februar 1993 – 7 U 241/91: Gehirnerschütterung, Rippenserienfraktur, Kopfplatzwunde bei einem 35-jährigen Mann, drei Wochen Krankenhausaufenthalt und zwei Wochen ambulante Behandlung. Vollständiger Verlust des Geruchssinns, weitgehender Verlust des Geschmackssinns; Schmerzensgeld inflationsbereinigt i. H. v. 18.194 €.
(c) OLG Hamm, Urteil vom 18. November 2003 – 9 U 56/03: Infolge einer vorsätzlichen Körperverletzung eine Frontalhirnkontusion, posttraumatisches Hirnödem, beidseitige komplett aromatische Anosmie, Gesichtssensibilitätsstörungen, Kieferhöhlenvorder- und Hinterwandfraktur links, Jochbogenfraktur links, Hörstörung rechts. Zwei Krankenhausaufenthalte von drei und fünf Wochen, acht Monate arbeitsunfähig krank. Kompletter Riechverlust, Hörminderung, Ohrgeräusche, Gefühlsstörung im Bereich der linken Wange, Gleichgewichts und Konzentrationsstörung, Kopfschmerzen mit reaktiver Depression und Behinderung von 70 %; Schmerzensgeld inflationsbereinigt i. H. v. 24.961 €.
(d) OLG Hamm, Urteil vom 23. Januar 1997 – 6 U 163/96: Schädelbruch mit Hirnbeteiligung, schweres HWS Syndrom, zwei Wochen stationärer Krankenhausaufenthalt und über vier Monate arbeitsunfähig. Verlust des Geruchssinns durch Abriss der Riechnerven; Schmerzensgeld inflationsbereinigt i. H. v. 23.250 €.
Die in vorstehenden Entscheidungen ausgewiesenen Schmerzensgelder von über 20.000 € bezogen sich auf schwerere Verletzungsbilder als das der Klägerin, sodass sie hier als Anhaltspunkt dafür herangezogen wurden, das angemessene Schmerzensgeld entsprechend niedriger zu bemessen.
2. Vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten sind aus dem berechtigten Betrag von 20.000 € i. H. v. 1.171,67 € angefallen. 1.029,35 € sind bereits reguliert worden (B 1), sodass ein Rest von 142,32 € verbleibt, der hier zuzusprechen war.
III.
1. Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO.
2. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, §§ 711, 713 ZPO.
3. Die Streitwertfestsetzung für die Berufungsinstanz ergibt sich aus § 47 GKG, § 3 ZPO.
2. Revision war nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Im Kern des Rechtsstreits stehen Fragen nach der Würdigung und Gewichtung tatsächlicher Umstände, die für die Schmerzensgeldbemessung von Belang sind. Soweit es um Rechtsfragen geht, folgt der Senat der bestehenden höchstrichterlichen Rechtsprechung.