LG Landshut, Az.: 52 O 2034/16, Urteil vom 12.01.2017
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 288,77 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab 17.09.2016 zu zahlen.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung der Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 6.373,44 €, ab Teilerledigterklärung vom 22.9.2016 auf 288,77 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin macht Schadensersatzansprüche nach einem Verkehrsunfall geltend.
Bei einem Verkehrsunfall am 3.6.2016 in E., welcher von dem bei der Beklagten versicherten PKW mit dem Kennzeichen – verursacht worden ist, wurde der PKW der Klägerin beschädigt. Die Beklagte hat mit Ausnahme eines Teilbetrages von 200,00 € für Wertminderung und 88,77 € für Mietwagenkosten den der Klägerin entstandenen Schaden, welcher mit insgesamt 6373,44 € zuzüglich vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten geltend gemacht war, am 18.8.2016 reguliert.

Die Klägerin trägt vor, die geltend gemachten Mietwagenkosten würden erheblich unter dem durchschnittlichen Normaltarif gemäß Schwacke Mietpreisspiegel 2015 liegen. Die von der Beklagten genannten Mietpreise seien bei einer realen Anmietsituation nicht erhältlich, insbesondere stehe die Anmietdauer mangels Kenntnis der genauen Reparaturdauer nicht fest, so dass im Rahmen des Standardtarifs Plus erhöhte Preise anfallen. Erforderlich sei außerdem eine Vorauszahlung des Mietpreises sowie die Hinterlegung einer Kaution. Ein Abzug für ersparte Eigenaufwendungen komme nicht in Betracht, bei einer Nutzung für 5 Tage und einer Fahrtstrecke von 324 km sei ein messbarer Vermögensvorteil nicht entstanden. Bei den vorgelegten Internetangeboten fehle die Vergleichbarkeit.
Die Klägerin beantragt zuletzt mit der am 16.9.2016 zugestellten und teilweise erledigten Klage,
die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 288,77 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie wendet ein, ersatzfähig sei nur der Normaltarif, nicht der geltend gemachte Unfallersatztarif. Nachdem das Mietfahrzeug erst 17 Tage nach dem Unfall angemietet worden sei, habe die Klagepartei die Verpflichtung gehabt, sich nach den Mietpreisen anderer Mietwagenunternehmen zu erkundigen. Der tatsächliche Normaltarif für Selbstzahler sei ausschließlich im Marktpreisspiegel Mietwagen Deutschland des Fraunhofer Instituts ermittelt, der Schwacke Mietpreisspiegel sei nicht anwendbar. Für das Postleitzahlengebiet – und eine Haftungsreduzierung auf 750,00 € betrage der Normaltarif für Selbstzahler in der Gruppe 7 in der 5-Tagespauschale 307,45 €, wobei eine Zustellung des Fahrzeugs möglich sei. Auch wenn sich der Kunde vorher nicht festlege, werde bei Pauschalen immer die tatsächliche Anmietdauer abgerechnet. Für die Klägerin seien für eine Anmietdauer von 5 Tagen im Normaltarif Preise zwischen 221,29 € brutto rund 403,95 € brutto zu erzielen gewesen.
Beweise wurden nicht erhoben. In Höhe der Bezahlung der Beklagten haben die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt. Das Gericht hat im Einverständnis der Parteien mit Beschluss vom 21.11.2016 Entscheidung im schriftlichen Verfahren angeordnet.
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Klage ist begründet. Der Klägerin stehen die über den bereits bezahlten Betrag hinaus geltend gemachten Ansprüche in vollem Umfang zu.
Soweit die Klägerin über die bereits regulierte Wertminderung von 100,00 € hinaus auf der Basis des vorgelegten Gutachtens gemäß Anlage K 3 einen weiteren Betrag in Höhe von 200,00 € geltend gemacht hat, hat die Beklagte keine Einwendungen erhoben.
Hinsichtlich der Mietwagenkosten sind die von der Beklagten vorgetragenen Vergleichspreise der verschiedenen Vermietfirmen als Vergleichswert nicht brauchbar. Herangezogen werden können nur die entsprechenden Tagesmietpreise. Die von der Beklagten in Bezug genommenen Pauschalangebote setzen voraus, dass sich der Kunde von vornherein auf einen bestimmten Rückgabetermin festgelegt. Dies ist ihm jedoch nicht möglich, wenn ihm die Reparaturdauer konkret nicht bekannt ist. Ohne Angabe des festen Rückgabetermins sind damit die Tagesmietpreise zugrundezulegen. Bei der Beurteilung eines Verschuldens ist immer von der Situation und Kenntnis bei der Anmietung auszugehen, soweit sich bei einer ex post Beurteilung geringere Kosten ergeben, können diese ein Verschulden bei Anmietung gerade nicht begründen. Weiter lassen die vorgelegten Vergleichsangebote auch nicht erkennen, ob sie auf Vorauszahlung beruhen. Legt man z.B. den Avis Standardtarif Plus als vergleichbare Normaltarif zugrunde, ergibt sich für das Fahrzeug der Klägerin mit 100 kW und einer Mietdauer von 5 Tagen ein Preis von 684,75 € brutto, der den mit der Rechnung vom 28.6.2016 (Anlage K 5) geltend gemachten Betrag um 49,77 € übersteigt, während das von der Beklagten vorgelegte Pauschalangebot 221,29 € beträgt, was darauf schließen lässt, dass hier besondere und nicht erkennbare Vorgaben gemacht wurden. Im Übrigen lässt die Beklagte außer Betracht, dass die von ihr genannte mögliche Zustellung/Abholung in der Regel weitere Kosten verursacht, die in dem entsprechenden Pauschalangebot naturgemäß nicht enthalten sind. Legt man hinsichtlich der Tagespreise den von der Beklagten bevorzugten Fraunhofer Mietpreisspiegel zugrunde, ergeben sich für die entsprechende Fahrzeugklasse 7 Tagesmietpreise von mindestens 65,99 € bis maximal 274,00 €, im Mittel 113,65 € brutto. Der von der Klägerin geltend gemachte Tagesmietpreis von 126,99 € brutto liegt damit eindeutig im Rahmen der marktüblichen Preise auch unter Berücksichtigung der Werte des Fraunhofer Mietpreisspiegels. Ein Verstoß gegen die Schadensminderungspflicht, welcher jedenfalls ein Verschulden der Klägerin voraussetzt, könnte allenfalls dann angenommen werden, wenn zu einem Preis angemietet wird, der außerhalb des angegebenen Rahmens liegt, selbst eine Ausschöpfung des Rahmens begründet kein Verschulden. Dafür, dass ein Unfallersatztarif zu Grunde gelegt wurde, bestehen keinerlei Anhaltspunkte, da die Rechnung ausdrücklich den Normaltarif ausweist. Eine Eigenersparnis von 10% ist nicht anzunehmen, da eine gefahrene Strecke von unstreitig 324 km und eine Anmietdauer von 5 Tagen einen geldwerten Vorteil für die Klägerin nicht erkennen lässt. Ins Gewicht fallen insoweit allenfalls die Benzinkosten, die jedoch auch für das Mietfahrzeug zu entrichten sind. Ein zu berücksichtigender ersparter Verschleiß des Fahrzeugs ist nicht erkennbar.
II.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91, 91a ZPO, die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 708 Nr. 11, 711 ZPO.