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Verkehrsunfall mit Personenschaden: Ersatzfähigkeit von Aktienkursverlusten

LG Kiel, Az.: 5 O 22/02

Urteil vom 10.06.2003

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger EUR 9.200,00 nebst 5% Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 26. März 2002 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagte 89% und der Kläger 11%.

3. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Für die Beklagte ist das Urteil vorläufig vollstreckbar.

Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

4. Der Streitwert beträgt Euro 10.300.

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Tatbestand

Verkehrsunfall mit Personenschaden: Ersatzfähigkeit von Aktienkursverlusten
Symbolfoto: Kasia Bialasiewicz/Bigstock

Der Kläger macht gegen die Beklagte als Haftpflichtversicherer eines verunfallten Fahrzeuges Ansprüche auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend.

Am 3. Juni 2001 ereignete sich in ………………im Kreis ……… ein Verkehrsunfall. An diesem Unfall war das Taxi mit dem amtlichen Kennzeichen ………….der Firma ……., in welchem der Kläger Insasse war, beteiligt. Das Taxi kam in einer Rechtskurve links von der Fahrbahn ab, glitt in den Straßengraben und gelangte von dort wieder auf die Fahrbahn. Der Kläger wurde von der Polizei im Straßengraben liegend aufgefunden. Durch den Unfall wurde der Kläger schwer verletzt. Er erlitt ein schweres Hirntrauma und lag bis zum 9. Juni 2001 in Koma und befand sich bis zum 20. Juni 2001 in stationärer Krankenhausbehandlung der Neurochirurgie der…………………….Kiel. Anschließend fand eine stationäre Behandlung in den ……… Kliniken statt. Der Kläger war zwischenzeitlich nicht in der Lage – wobei die Einzelheiten zwischen den Parteien umstritten sind – seine Umgebung wahrzunehmen oder zu handeln.

Die Beklagte ist Haftpflichtversicherer des verunfallten Fahrzeuges.

Der Kläger ist von Beruf Bankkaufmann und spekulierte aufgrund seiner beruflichen Erfahrungen seit Jahren mit Aktien. Der Kläger kaufte am 18. Mai 2001, am 21. Mai 2001 und am 29. Mai 2001 jeweils 1.000 QSC-Aktien zu den Stückkursen von EUR 4,26, EUR 4,21 sowie EUR 4,12 (Bl. 16 bis 18 d.A.). Diese Aktien verkaufte der Kläger am 18. Dezember 2001 zu einem Stückkurswert von EUR 1,27 (Bl. 20 d. A.).

Des weiteren kaufte der Kläger am 28. Mai 2001 1.000 Aktien der Kino-Welt-Medien AG zu einem Stückkurs von EUR 4,90 (Bl. 21 d.A.), welche er ebenfalls am 18. Dezember 2001 zu einem Stückkurs von EUR 0,39 (Bl. 23 d. A.) verkaufte.

Der Kläger forderte die Beklagte mit anwaltlichem Schreiben vom 31. August 2001 (Bl. 5 d.A.) unter Fristsetzung auf, einem ihn durch den späten Verkauf der Aktien entstandenen Schaden zu begleichen. Die Beklagte lehnte dies mit Schreiben vom 24. September 2001 ab.

Der Kläger behauptet, er habe in der Vergangenheit Aktien gekauft, um sie später wieder mit Gewinn zu verkaufen. Wenn die Kursentwicklung jedoch nicht in die erhoffte Richtung gegangen sei, sondern vielmehr einen negativen Verlauf genommen habe, habe er die Aktien schnell wieder abgestoßen und sich dann auf andere Aktien konzentriert. Durch sein solches frühzeitiges Abstoßen von Aktien, habe er größere Verluste verhindert. In der ersten Juniwoche des Jahres 2001 habe sich angebahnt, dass die Kursentwicklung hinsichtlich der von ihm gekauften Aktien einen negativen Verlauf nehmen werde. Auch sei es unter Fachleuten zu diesem Zeitpunkt bekannt gewesen, dass die Chancen auf dem neuen Markt, zu dem auch die von ihm erworbenen Aktien gehören, schlecht seien. Aufgrund dieser Umstände hätte er in der ersten Juniwoche 2001 seine Aktien verkauft. Dies sei ihm jedoch aufgrund der schweren Verletzungen, die er bei dem Unfall erlitten habe, nicht möglich gewesen. Er hätte die 3.000 QSC-Aktien Anfang Juni 2001 für einen Preis von EUR 3,50 pro Aktien verkaufen können. Dies stelle eine Differenz von EUR 2,23 zu dem tatsächlich am 18. Dezember 2001 erzielten Verkaufspreis dar, woraus sich ein Schaden von EUR 6.690,00 (3.000 x 2,23 EUR) ergäbe. Die 1.000 Aktien der Kino-Welt-Medien AG hätte er Anfang Juni 2001 zu einem Stückkurs von mindestens EUR 4,00 verkaufen können. Daraus ergäbe sich eine Differenz von EUR 2,61 zu dem Stückkurs vom 18. Dezember 2001. Ihm sei in bezug auf die Aktien der Kino-Welt-Medien AG ein Schaden in Höhe von EUR 3.610,00 (1.000 x 3,61 EUR) entstanden.

Seine Ehefrau sei mangels Kenntnis von dem Geschäft und den Aktivitäten des Klägers nicht in der Lage gewesen, sich um die Aktiengeschäfte zu kümmern. Auch sei seine Ehefrau nur Mitinhaberin der Aktien gewesen, die über die ……….Bank geführt worden seien.

Er ist der Ansicht, die Beklagte habe ihm den bezifferten Schaden zu ersetzen und behauptet ferner, das Taxi sei aufgrund überhöhter Geschwindigkeit von der Fahrbahn abgekommen.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn EUR 10.300,00 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagzustellung zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie ist der Ansicht, der Kläger sei nicht befugt, den Anspruch in eigenem Namen geltend zu machen und behauptet ergänzend hierzu, die Ehefrau sei Mitinhaberin des Aktiendepots gewesen.

Des weiteren sei der Unfall passiert, weil der Taxifahrer einem auf der Straße stehenden Reh habe ausweichen müssen. Der Fahrer habe dabei die Kontrolle über das Fahrzeug verloren und der Kläger sei aus dem Auto hinausgeschleudert worden, weil er, der Kläger, nicht angeschnallt gewesen sei. Wäre der Kläger vorschriftsmäßig angeschnallt gewesen, wäre es nicht zu den schweren Hirnverletzungen gekommen. Ferner sei unklar, ob der Kläger Anfang Juni die Aktien verkauft hätte, denn es sei auch denkbar und üblich, dass Personen, die sich mit dem Aktienhandel zu Spekulationszwecken befassen, bei sinkenden Kursen nicht verkaufen, sondern mögliche Kurssteigerungen abwarten und die Papiere halten. Ferner habe der Kläger den Schaden mitverursacht, da er zumindest ab dem 31. August 2001 in der Lage gewesen sei, sich um seine Aktien zu kümmern.

Das Gericht hat den Kläger gem. § 141 ZPO in seiner Sitzung am 26. Juli 2002 persönlich angehört (Bl. 50 bis 51 d. A.). Ferner hat das Gericht Beweis erhoben gemäß prozessleitender Verfügung vom 14. August 2002 (Bl. 60 d.A.) durch Vernehmung der Zeugen …… und ……. zu der Frage, ob der Kläger während der Fahrt angeschnallt war (Bl. 65 bis 67 d. A.). Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 29. August 2002 verwiesen. Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Erklärungen zum gerichtlichen Protokoll Bezug genommen.

Das Gericht hat mit Beschluss vom 15. Mai 2003 (Bl. 118 d. A.) das schriftliche Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO angeordnet. Nachdem die Parteien mit Schriftsätzen vom 22. April und 8. Mai 2003 (Bl. 116 u. 117 d. A.) ihr Einverständnis erklärt haben. Das Ende der Schriftsatzfrist wurde auf den 30. Mai 2003 bestimmt.

Die Klage wurde der Beklagten am 25. März 2002 zugestellt.

Entscheidungsgründe

Die Klage hat überwiegend Erfolg.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von EUR 9.200,00 nebst Zinsen aus den §§ 7 Abs. 1, 8 a Abs. 1 StVG, 3 Abs. 1 PflVG zu.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist der Kläger aktivlegitimiert. Zwar behauptet die Beklagte, die Ehefrau des Klägers sei Mitinhaberin des betroffenen Aktiendepots gewesen, und insofern sei der Kläger nicht berechtigt, einen Spekulationsverlust lediglich im eigenen Namen geltend zu machen, jedoch vermochte der Kläger diesen Einwand substantiiert zu entkräften. Der Kläger trug ergänzend vor, dass seine Ehefrau lediglich Mitinhaberin der Aktien sei, welche bei der …geführt werden, nicht jedoch hinsichtlich der Aktiendepots, die bei der …geführt wurden. Ausweislich der Anlagen K 12 bis K 14, sowie K 17 (Bl. 16 ff. d. A.) ist ersichtlich, dass die QSC-Aktien und die Aktien der Kino-Welt-Medien AG ausschließlich bei der …geführt wurden. Insofern lässt sich daraus entnehmen, dass der Kläger alleiniger Inhaber der betreffenden Wertpapierdepots ist. Diesem ergänzenden Vortrag ist die Beklagte nicht entgegengetreten.

Nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Fahrzeughalter demjenigen zum Schadensersatz verpflichtet, dessen Körper oder Gesundheit beschädigt wurde und der Schaden durch den Betrieb des Fahrzeuges entstanden ist. Gem. § 3 Nr. 1 PflVG steht dem Kläger auch gegenüber dem Haftpflichtversicherer ein Direktanspruch zu.

Es lag ein Verkehrsunfall im Sinne von § 7 Abs. 1 StVG vor, denn der Unfall vom 3. Juni 2001 ereignete sich während des Betriebes des von der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeuges. Durch den Unfall erlitt der Kläger eine Gesundheitsbeschädigung, denn infolge des Unfalls stellte sich beim Kläger ein schweres Hirntrauma ein, woraufhin der Kläger vom 3. Juni bis zum 9. Juni 2001 sich im Koma und anschließend bis zum 20. Juni 2001 sich in stationärer Krankenhausbehandlung befand.

Durch den Unfall vom 3. Juni 2001 und damit durch den Betrieb des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeuges ist dem Kläger ein Schaden entstanden.

Der vom Kläger geltend gemachte Schaden steht in einem adäquaten Ursachenzusammenhang zu dem Betrieb des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeuges. Zwar begehrt der Kläger nicht Ersatz des Schadens, der ihm – wohlmöglich – an seinem Körper entstanden ist, sondern des Schadens, der ihm infolge des Unfalls dadurch entstanden ist, dass er die von ihm zuvor erworbenen Aktien nicht rechtzeitig veräußern konnte, und dadurch einen Vermögensschaden erlitt.

Dieser – dem Unfall zeitlich nachfolgender – Vermögensschaden, ist dem Fahrzeugbetrieb zuzurechnen und steht in einem adäquaten Ursachenzusammenhang. Nach der conditio sine qua non – Formel ist jede Bedingung kausal, die nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der konkrete Erfolg entfiele. Wäre das von der Beklagten haftpflichtversicherte Fahrzeug nicht verunfallt, hätte der Beklagte kein schweres Hirntrauma erlitten und wäre in der Lage gewesen, sein Aktiendepot ohne größeren Kursverlust Anfang Juni 2001 zu veräußern.

Nichts anderes ergibt sich aus der Anwendung der sogenannten Adäquanzlehre (vgl. Heinrichs in: Palandt, 62. Auflage, Vor § 249 BGB Rdnr. 58 ff.). Hiernach besteht ein adäquater Ursachenzusammenhang, wenn die Verursachung adäquat ist, also nicht bloß zufällig durch ein vom Kfz-Betrieb unabhängiges, nach der Erfahrung sonst unschädliches Ereignis ausgelöst wird (BGH, NJW 1952, S. 1010). Es ist nicht außerhalb jeglicher Lebenswahrscheinlichkeit, dass eine durch einen Verkehrsunfalls verletzte Person – notwendige – Bankgeschäfte nicht oder nicht rechtzeitig erledigen kann und ihr dadurch ein Schaden entsteht.

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Der Zurechnungszusammenhang zwischen der Betriebsgefahr des bei der Beklagten versicherten Kraftfahrzeuges und des Schadenseintritts ist auch nicht deshalb ausgeschlossen, weil der vom Kläger geltend gemachte Schaden nicht unmittelbar durch den Verkehrsunfall eingetreten ist, sondern vielmehr durch ein weiteres Ereignis, nämlich des Kursabfalls der vom Kläger zuvor erworbenen Aktien. Eine Zurechnung des Kursverlustes zu der Betriebsgefahr wäre erst dann ausgeschlossen, wenn die Ursächlichkeit des ersten Umstandes für das zweite Ereignis bei rechtlicher Wertung nach dem Schutzzweck völlig unerheblich wäre (vgl. BGH, DAR 1988, S. 159). Davon kann jedoch nicht ausgegangen werden. § 7 StVG schützt gegen eine von Kraftfahrzeugen ausgehende Betriebsgefahr ohne Rücksicht darauf, wie sich die Gefahr schädigend auswirkt (BGHZ 37, 316, KG, DAR 1976, S. 268). Soweit sich wie hier die Betriebsgefahr des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeuges in der konkreten Form des Unfalls verwirklicht hat, steht der vom Kläger geltend gemachte Schaden in Form des Kursverlustes in einem rechtlichten Zusammenhang.

Entgegen der Ansicht der Beklagten werden vom Schutzbereich des § 7 StVG auch solche Vermögensnachteile erfasst, die sich aus Spekulationsgeschäften ergeben. Von dem Schutzbereich des § 7 StVG nicht erfasst und damit nicht erstattungsfähig ist ein gesetzeswidrig erzielbarer Verdienst (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 37. Auflage, § 11 StVG, Rdnr. 2). Gewinne, die bei Aktienverkäufen und Käufen erzielt werden, stellen kein gesetzeswidrig erzielbaren Verdienst dar. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass der – fiktive – Gewinn aus Aktienspekulationen einen Vermögenswert darstellt und als solcher zu einem erstattungsfähigen Schadensersatzanspruch führt (BGH, NJW 1983, S. 758; NJW 2002, S. 2553 f.). Im Umkehrschluss hieraus ergibt sich, dass nicht nur der Gewinn, sondern auch der Verlust aus Aktienspekulationen einen anzuerkennenden Vermögenswert haben, der zur Erstattungsfähigkeit eines etwaigen Schadens führt. Hierfür spricht auch, dass der klägerische Verlust seiner wirtschaftlichen Betätigung zu zuordnen ist, denn der Spekulationsverlust ist das Spiegelbild zum Kursgewinn, dessen Realisierung zu Einkünften führt. Dann stellt das Spekulieren ein Erwerbsvorgang dar und der Spekulationsverlust führt zu einem ersatzfähigen Erwerbsschaden.

Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf die Unabwendbarkeit im Sinne von § 7 Abs. 2 StVG und damit auf den Ausschluss der Ersatzpflicht aus § 7 Abs. 1 StVG berufen. Unabwendbar ist ein Unfallereignis stets nur dann, wenn es auch durch die äußerste mögliche Sorgfalt nicht abgewendet werden kann und ein geistesgegenwärtiges Handeln über das gewöhnliche Maß hinaus nicht ausreicht, um den Unfall zu vermeiden (Hentschel, a.a.O., § 7 StVG Rdnr. 30 ff.). Für das Vorliegen der Unabwendbarkeit trägt grundsätzlich der Halter die Darlegungs- und Beweislast, weil es sich um die Ausnahme von der grundsätzlich angeordneten Haftung handelt, wobei zur äußersten Sorgfalt auch die Berücksichtigung aller Gefahrenmomente gehört (vgl. OLG Frankfurt am Main, Versicherungsrecht 1999, S. 771). Dass der Fahrer oder der Halter des verunfallten Taxifahrzeuges alle Gefahrmomente beachtet hat, hat die Beklagte nicht hinreichend dargelegt. Zwar behauptet die Beklagte, es sei zu dem Unfall gekommen, weil der Fahrer des Taxis einem auf der Straße stehenden Reh versucht habe auszuweichen. Diese Darstellung wurde vom Kläger bestritten. Weiterer Sachvortrag, der zu erwarten gewesen wäre im Hinblick auf den behaupteten Wildwechsel, erfolgte nicht, so dass die Beklagte den Haftungsausschluss nach § 7 Abs. 2 StVG nicht hinreichend dargelegt hat.

Auch war dem Beweisantritt durch Vernehmung der Polizeibeamten …(Bl. 35 d.A.) nicht nachzugehen, denn zum einen war nicht zu erwarten, dass die Zeugen zum Unfallhergang Bekundungen abgeben können und zum anderen wurde nicht dargelegt, dass die Zeugen Wildschäden gesehen, geschweige sichergestellt haben.

Die Haftung der Beklagten wird auch nicht durch § 8 a Abs.1 StVG ausgeschlossen. Nach dieser Norm haftet der Halter eines Fahrzeuges nach § 7 StVG für den Fall, dass eine durch ein Kraftfahrzeug beförderte Person getötet oder verletzt wird, nur dann, wenn es sich um eine entgeltliche, geschäftsmäßige Personbeförderung handelt.

Als ersatzfähiger Schaden steht dem Kläger ein Betrag in Höhe von EUR 9.200,00 zu. Soweit der Kläger seinen Schaden mit EUR 10.300,00 beziffert, war die Klage in Höhe von EUR 1.100,00 abzuweisen.

Bei dem von dem Kläger geltend gemachten Schaden handelt es sich um einen Spekulationsverlust in Höhe von EUR 10.300,00. Dieser Schaden ist dem Kläger dadurch entstanden, dass er die von ihm zuvor erworbenen Aktien nicht rechtzeitig verkaufen konnte.

Der Kläger hat Umstände dargelegt und zur gerichtlichen Überzeugung bewiesen, aus denen sich ergibt, dass er den als Schaden geltend gemachten Verlust vermieden hätte, wenn er die Aktien Anfang Juni 2001 verkauft hätte.

Der Kläger war Anfang Juni 2001 nicht in der Lage, die Aktienpakete, die sich im Wertverlust befanden, zu verkaufen, da er bis zum 09.06.2001 in Koma lag und sich bis zum 20.06.2001 in stationärer Behandlung in der Klinik … befand. Der Kläger hätte jedoch, wovon das Gericht überzeugt ist, die Aktienpakete bereits Anfang Juni 2001 verkauft, sofern er dazu in der Lage gewesen wäre. Die gerichtliche Überzeugung stützt sich überwiegend auf die vom Kläger zur Akte gereichten An- und Verkaufsbelegen (Bl. 6 bis 15 d. A.). Aus den Belegen geht hervor, dass der Kläger in der Vergangenheit Aktien, die einen negativen Kursverlauf genommen haben, abgestoßen hat, um Verluste zu vermeiden. Zudem hätte er auch von den negativen Kursentwicklungen und den sich verschlechternden Zukunftsaussichten auf den neuen Markt, dem die Aktienpakete angehörten, Kenntnis erlangt, da er als Bankkaufmann – nach seinem eigenen unwidersprochenen Vortrag – mit dem Börsengeschäft beruflich in Kontakt stand.

Der Schadensersatzanspruch des Klägers ist gem. § 9 StVG i.V.m. § 254 Abs. 2 BGB aufgrund seines Mitverschuldens auf EUR 9.200,00 zu reduzieren. Der Kläger hat die sich aus § 254 Abs. 2 BGB ergebende Schadensminderungspflicht verletzt, da er den Verkauf der Aktienpakete nicht vor dem 18. Dezember 2001 veranlasst hat, obwohl er – nach seinem eigenen Vortrag – dazu in der Lage gewesen ist. Dem Kläger ist zwar zu Gute zu halten, wie sich aus dem Entlassungsbericht der Klinik … (Bl. 25 d.A.) ergibt, dass es ihm zum Zeitpunkt der Entlassung aus der Klinik am 20. Juni 2001 noch nicht möglich gewesen ist, sich um seine Aktiengeschäfte zu kümmern, da er örtlich, zeitlich und situativ desorientiert war. Seine gesundheitliche Situation hat sich jedoch spätestens zum 31. August 2001 verändert. Dies ergibt sich daraus, dass der Kläger und seine Frau sich Ende August 2001 einig gewesen sind, dass mit den Aktien etwas passieren müsse. Daraufhin haben sie Kontakt mit ihren Anwalt aufgenommen, woraufhin dieser mit Schreiben vom 31. August 2001 (Bl. 5 d.A) den klägerischen Schaden erstmals bezifferte. Hätte der Kläger, worauf die Beklagte zutreffend hinweist, Anfang September den Verkauf seiner Aktienpakete veranlasst, wäre nur ein Spekulationsverlust von EUR 9.200,00 eingetreten, da die Aktienpakete zu diesem Zeitpunkt noch einen Wert von EUR 5.200,00 gehabt hätten.

Es war dem Kläger auch zuzumuten, seine Aktienpakete mit Verlust Ende August 2001 zu veräußern. Soweit er trotz des Niedergangs am neuen Markt, der gerichtsbekannt ist, die Aktien hält und damit einen weiteren Verlust in Kauf nimmt, vergrößert er seinen Vermögensschaden. Diesen weiteren Schaden kann er nicht von der Beklagten ersetzt verlangen, denn dieser Schaden ist durch seinen eigenen Entschluss entstanden und steht nicht mehr in einem rechtlichen Zusammenhang mit der sich im Unfall verwirklichten Betriebsgefahr.

Ein weiteres Mitverschulden des Klägers im Sinne von § 254 Abs. 1 BGB ist nicht bewiesen. Soweit die Beklagte behauptet, der Kläger sei beim Unfall nicht angeschnallt gewesen, konnte die Beweisaufnahme diese Behauptung nicht bestätigen. Weder der Zeuge …, der von beiden Parteien benannt worden ist, noch die Zeugin … haben die Behauptung der beklagten Partei bestätigt. Der Zeuge …hat bekundet, der Kläger habe auf seinem Beifahrersitz gesessen und sei zum Zeitpunkt des Unfalls im Taxi angeschnallt gewesen. Die Zeugin …hat bekundet, der Kläger habe zunächst auf einem der hinteren Sitze gesessen und habe sich dann, als sie und ihre Cousine aus dem Taxi ausgestiegen seien, nach vorne auf dem Beifahrersitz gesetzt. Sie wisse genau, dass er angeschnallt war. Sie habe sich mit dem Kläger aus dem Fenster noch darüber unterhalten, dass beide am nächsten Tag grillen wollten. In diesem Zusammenhang habe sie wahrgenommen, dass der Kläger angeschnallt gewesen sei.

Auf das zunächst beantrage Sachverständigengutachten (Bl. 67 d.A.) zu der Frage, ob der Kläger zum Unfallzeitpunkt angeschnallt war, hat die beklagte Partei am 14. Januar 2003 (Bl. 92 d.A.) verzichtet.

Das Gericht hat den ersatzfähigen Schaden nach § 287 Abs. 1 nach freier Überzeugung geschätzt. Nach dieser Vorschrift entscheidet das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung, wenn unter den Parteien streitig ist, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe.

Das Gericht schätzt den Schaden durch einen Vergleich der Aktienwerte zum Zeitpunkt Anfang Juni 2001 und am 31.August 2001.

Anfang Juni 2001 besaß die QSC-Aktie, wie sich aus Anlage K 15 (Bl. 19 d.A.) ergibt, noch einen Wert von EUR 3,50. Am 31.08.2001 lag der Aktienwert bei EUR 1,48. Dieser Wert ergibt sich aus einer Auskunft, die das Gericht bei der … eingeholt hat (Bl. 68 d.A.). Insofern ergibt sich ein Differenzbetrag von EUR 2,02. Der Differenzbetrag multipliziert mit der Anzahl der Aktien (3.000 x 2,02 EUR) ergibt einen Schadensbetrag in Höhe von EUR 6.060,00.

Die Kino-Welt-Medien AG-Aktie hatte Anfang Juni 2001 noch einen Wert von EUR 4,00, wie sich aus Anlage K 18 (Bl. 21 d.A.) ergibt. Der Wert der einzelnen Kino-Welt-Medien AG-Aktie am 31.08.2001 betrug nach der Auskunft der … (Bl. 69 d.A.) 0,86 EUR. Demnach ergibt sich ein Differenzbetrag in Höhe von EUR 3,14 pro Aktie. Der Differenzbetrag multipliziert mit der Anzahl der Aktien (1.000 x 3,14 EUR) ergibt einen ersatzfähigen Schaden in Höhe von EUR 3.140,00.

Die Summe beider ersatzfähiger Schäden beläuft sich demnach auf EUR 9.200,00.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus dem Gesichtspunkt des Verzuges. Die Beklagte befindet sich infolge der Zustellung der Klageschrift am 25. März 2002 seit dem 26. März 2002 in Verzug.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.

Die Regelung der vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich für den Kläger aus § 709 ZPO, für die Beklagte aus §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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