LG Hamburg – Az.: 306 S 10/18 – Beschluss vom 12.02.2018
1. Die Kammer beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Barmbek vom 22.12.2017, Aktenzeichen 811b C 169/17, durch einstimmigen Beschluss gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.
2. Die Klägerin kann hierzu binnen 2 Wochen Stellung nehmen.
Gründe
Die Berufung der Klägerin hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg.
Das Amtsgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung die Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Begründung wird vollen Umfangs Bezug genommen auf die Gründe des angefochtenen Urteils. Die Berufungsbegründung bietet keinen Anlass zu einer anderweitigen Beurteilung der Sach- und Rechtslage.
Bei der Abwägung der gegenseitigen Betriebsgefahren und Verursachungsbeiträge gemäß § 17 StVG hat das Amtsgericht zutreffend einen Verstoß der Klägerin gegen die Vorschrift des § 8 Abs. 2 StVO zugrunde gelegt. Denn das Vorfahrtsrecht des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeugs gemäß § 8 Abs. 1 S. 1 StVO hat sich über die gesamte Breite der Fahrbahn der Straße F. erstreckt. Selbst wenn sich der Fahrer des bei der Beklagten haftpflichtversicherten Fahrzeug nach dem Vorbeifahren an einem parkenden Fahrzeug vor der Einmündung der Straße I. nicht wieder rechtsseitig eingeordnet haben sollte, führt dieses im konkreten Fall zu keiner anderen Beurteilung der Haftungslage. Denn das Rechtsfahrgebot gemäß § 2 Abs. 2 StVO dient dem Schutz der Verkehrsteilnehmer, die sich in Längsrichtung auf derselben Straße bewegen (vgl. Hentschel-König, 43. Aufl., § 2 StVO Rz. 33 m.w.N.). Dagegen wird durch dieses Gebot, wie das Amtsgericht völlig richtig ausführt, der einbiegende, wartepflichtige Verkehr aus der untergeordneten Straße nicht geschützt. Entgegen der von der Klägerseite zitierten Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg-Bergedorf befindet sich ein Fahrzeug, dass aus der wartepflichtigen Straße einbiegt, auch nicht etwa schon mit dem Beginn des Einbiegens „im Gegenverkehr“.
Soweit die Klägerin schriftsätzlich vortragen lässt, dass das bei der Beklagten haftpflichtversicherte Fahrzeug „mindestens 45 km/h“ gefahren sei, steht dieses Vorbringen in einem ganz eklatanten Widerspruch zu den Angaben der persönlich angehörten Klägerin in der mündlichen Verhandlung. Dieser schriftsätzliche Vortrag, der in der Berufungsbegründung sogar noch wiederholt wird, erfolgt nach der eigenen Unfallschilderung der Klägerin ersichtlich ins Blaue hinein, wenn nicht sogar wider der prozessualen Wahrheitspflicht. Schon von daher war das Amtsgericht nicht gehalten, über diese Behauptung ein unfallanalytisches Sachverständigengutachten einzuholen. Abgesehen davon dürften im vorliegenden Fall aber auch mangels einer genaueren Unfalldokumentation (Bremsspuren/Unfallendstellung) keine hinreichenden Anknüpfungstatsachen für eine entsprechende Feststellung durch einen Sachverständigen vorliegen. Da die Klägerin selbst angegeben hat, zum Zeitpunkt der Kollision selbst „noch ein wenig in Bewegung“ gewesen zu sein, kann auch aus der bloßen Auswertung der Unfallspuren an den Fahrzeugen kein solcher Rückschluss gezogen werden.
Da sich die Klägerin bezüglich der behaupteten Geschwindigkeit nicht auf den Zeugen W. musste dieser auch nicht vom Amtsgericht vernommen werden.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Auch erscheint eine Entscheidung des Berufungsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung nicht erforderlich. Eine mündliche Verhandlung ist nicht geboten.
Die Kammer regt aufgrund der fehlenden Erfolgsaussichten der Berufung dringend eine Berufungsrücknahme an, um zumindest die Gerichtskosten für das Berufungsverfahren zu reduzieren.