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Verkehrsunfall – Reparaturverzögerungen bei Leasingfahrzeug

AG Hamburg-St. Georg, Az.: 923 C 76/17, Urteil vom 04.01.2018

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Der Kläger verlangt restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall.

Verkehrsunfall - Reparaturverzögerungen bei Leasingfahrzeug
Symbolfoto: Von Memory Stockphoto /Shutterstock.com

Der (vorsteuerabzugsberechtigte) Kläger war als Inhaber der … Eigentümer des Fahrschulwagens PKW Mercedes GLA 200 CDI mit dem amtlichen Kennzeichen … . Die Beklagte ist die Kfz-Haftpflichtversicherung des unfallgegnerischen Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen … . Die beiden Fahrzeuge waren am 11.10.2016 in einem Verkehrsunfall verwickelt, für dessen Folgen die Beklagte alleine haftet.

Das Klägerfahrzeug mußte unfallbedingt repariert werden und fiel für die Dauer der Reparatur aus. Während des Werkstattaufenthaltes (12.10. bis 11.11.2016) hatte der Leasinggeber des Fahrzeugs die Durchführung der Reparatur zunächst angewiesen, während der Kläger selbst als Leasingnehmer erwog, auf Totalschadensbasis abzurechnen und deshalb die Arbeiten in der Zeit vom 26.10. bis 04.11.2016 einstellen ließ, um sein weiteres Vorgehen zu prüfen.

Der Kläger mietete am 12.10.2016 bei der … einen Ersatz-Fahrschulwagen der Marke VW Golf an. Er verfügte in der Zeit vom 12.10.2016 bis 11.11.2016, also für insgesamt 31 Tage über das Mietfahrzeug. Die Firma … berechnete ihm dafür mit Rechnung vom 18.11.2016 (Anlage K 1) 7.035,- € (netto).

Die Beklagte rechnete über die Mietwagen kosten mit Scheiben vom 08.05.2017 (Anlage K 2 = B 5) ab. Sie zog von den reinen Netto-Mietwagenkosten (in Höhe von 6.138,- €) 25 % ersparte Eigenkosten, also 1.534,50 € ab und erstattete dem Kläger – nur – 5.500,50 €. Darauf beharrte sie auch mit weiterem Schreiben vom 12.05.2017 (Anlage K 3). Für vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten zahlte sie 347,60 € aus.

Der Kläger, der seinerseits einen Abzug für ersparte Eigenkosten in Höhe von allenfalls 3 % der gesamten Netto-Mietwagenkosten (in Höhe von 7.035,- €), also 211,05 € zugesteht, verlangt mit der Klage restliche 1.323,45 € und Freistellung von restlichen 66,30 € für vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten (ausgehend von einer 1,3 Geschäftsgebühr auf einen Geschäftswert von „bis zu 5.000,- €“ angesichts der Beauftragung nach Teilzahlung von 1.782,- €).

Der Kläger behauptet, sein Fahrschulwagen sei reparaturbedingt für 31 Tage ausgefallen und legt dazu dem Reparaturablaufplan vom 22.02.2017 (Anlage K 4) vor. Soweit die Arbeiten in der Zeit vom 26.10. bis 04.11.2016 vorübergehend auf Weisung des Klägers „eingestellt“ gewesen seien, sei diese Verzögerung dem Schädiger zuzurechnen, weil dem Kläger eine Überlegungsfrist zugestanden habe. Im übrigen sei es der Beklagten angesichts ihres vorgerichtlichen Regulierungsverhaltens verwehrt, den reparaturbedingten Fahrzeugausfall von 31 Tagen noch zu bestreiten. Er behauptet, die angefallenen Mietwagenkosten seien auch der Höhe nach „erforderlich“ gewesen und hält einen Abzug für ersparte Eigenkosten auch bei einem Fahrschulwagen allenfalls in Höhe von 3 % der Mietwagenkosten für berechtigt.

Der Kläger hat seinen Klagantrag hinsichtlich des Klagantrages zu 1. mit Schriftsatz vom 30.10.2017 betragsmäßig korrigiert.

Der Kläger beantragt zuletzt,

1. die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.323,45 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.05.2017 zu zahlen.

2. die Beklagte wird verurteilt, die Klägerin wegen der Kosten ihrer vorgerichtlichen Vertretung in Höhe von 66,30 € gegenüber der Kanzlei Voigt Rechtsanwaltsgesellschaft mbH freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte bestreitet, dass ein Werkstattaufenthalt von 31 Tage unfallbedingt erforderlich war. Sie bestreitet die Erforderlichkeit (Marktüblichkeit) der über bereits regulierte 5.500,50 € hinausgehenden Mietwagenkosten und verweist dazu auf ein im Internet recherchiertes Vergleichsangebot der Firma … (Anlage B 1). Sie hält bei Fahrschulwagen einen Abzug für ersparte Eigenkosten in Höhe von 25 % der reinen Mietwagenkosten für geboten. Im übrigen seien die angefallenen Mietwagenkosten hier im Verhältnis zum entgangenen Netto-Gewinn des Klägers unverhältnismäßig hoch.

Für die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die gewechselten Schriftsätze nebst dazu eingereichter Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Der Kläger hat gegen die Beklagte aus dem streitgegenständlichen Verkehrsunfallereignis vom 11.10.2016 keinen weitergehenden Anspruch auf Erstattung von Mietwagenkosten gem. §§ 823, 249 BGB, §§ 7, 17, StVG, § 115 VVG, § 1 PflVG, weil seine Ansprüche insoweit bereits vollständig erfüllt worden sind, § 362 BGB.

Dabei kann die – streitige – Dauer der unfallbedingt „erforderlichen“ Reparatur hier im Ergebnis sogar dahinstehen. Die Beklagte ist jedoch unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gehindert, diese Einwendung im Prozess zu erheben, weil ihr vorgerichtliches Regulierungsverhalten – auch für den Kläger erkennbar – gerade mit keinem rechtsverbindlichen Anerkenntnis verknüpft worden war – im Gegenteil. Die Beklagte verwies in ihren Regulierungsschreiben ausdrücklich darauf, dass die Zahlung ohne Anerkennung einer Rechtspflicht erfolge.

Der Kläger kann nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB Ersatz der Mietwagenkosten nur für denjenigen Zeitraum beanspruchen, in dem sein Fahrzeug „unfallbedingt“, also gerade wegen der durch den Unfall erforderlich gewordenen Reparaturarbeiten ausgefallen ist. Dabei ist es zunächst Sache des Geschädigten, die unfallbedingt notwendige Reparaturdauer konkret darzulegen und ggf. zu beweisen (zum Ganzen: Palandt-Grüneberg, BGB, 77. Auflage, 2018, § 249 RN 37 m.w.N.).

Dabei fallen Verzögerungen im Reparaturablauf, wie sie etwa durch Schwierigkeiten bei der Ersatzteilbeschaffung durch die Werkstatt anfallen können, grundsätzlich in den Risikobereich des Schädigers. In den Risikobereich des Geschädigten fallen demgegenüber Umstände, die aus seiner eigenen Sphäre rühren, wie etwa Abstimmungsschwierigkeiten zwischen ihm selbst und seinem Leasinggeber über die Frage der Reparaturfreigabe. So liegt der Fall hier, denn dass der Leasinggeber ohne Rücksprache mit dem Kläger als Leasingnehmer die Reparaturfreigabe bereits erteilt haben mag (laut Reparaturablaufplan „Freigabe durch Kunde und Leasing am 17.10.16 erteilt.“), während der Kläger sich das noch einmal überlegen wollte und deshalb die – bereits am 19.10.2016 begonnenen und durch die Ersatzteilbestellung vom 20.10.2016 fortgesetzten – Arbeiten insgesamt 10 Tage lang (26.10. – 04.11.16) ruhen ließ, kann dem Schädiger nicht zugerechnet werden. In dieser Zeit war das Fahrzeug schon nicht „unfallbedingt“ ausgefallen. Im übrigen erscheint eine „Überlegungszeit“ von 10 Tagen angesichts des zu dem Zeitpunkt bereits erfolgten Reparaturfortschritts auch unangemessen hoch.

Jedenfalls aber muss sich der Geschädigte im Wege der Vorteilsausgleichung die für die Dauer seines Fahrzeugausfalls ersparten Eigenaufwendungen anrechnen lassen. Die Höhe der ersparten Eigenkosten bemißt sich nach den maßgeblichen technischen und wirtschaftlichen Verhältnissen und ist bei gewerblich genutzten Fahrzeugen wegen der deutlich intensiveren Nutzung als bei privat genutzten Fahrzeugen regelmäßig höher anzusetzen (Palandt, a.a.O., § 249 RN 36). Der Geschädigte erspart schließlich neben den sog. beweglichen Betriebskosten (Öl, Schmierstoffe, Reifen, Reparatur- und Inspektionsanteil) bei einem Fahrschulwagen während der Dauer des Werkstattaufenthaltes auch in ganz erheblichem Maße den sog. „Eigenverschleiß“ und hat den Vorteil des in der Zeit des Wagenstillstandes unterbliebenen Wertverlustes seines Autos. Das wiegt angesichts der gegenüber einem Privatfahrzeug deutlich höheren durchschnittlichen Jahresfahrleistung eines Fahrschulwagens, der nicht nur werktäglich im Takt der Fahrstunden (ggf. auch von mehreren Fahrlehrern) praktisch durchgehend genutzt wird (Standzeiten, wie etwa bei Taxis üblich, können bei Fahrschulwagen durch Vorausplanung der Fahrstunden regelmäßig vermieden werden.), sondern darüber hinaus auch für Nacht- und Überlandfahrten, ggf. sogar am Wochenende genutzt wird und angesichts der laufenden Benutzung durch fahrtechnisch wenig versierte Fahranfänger und des damit einhergehenden erhöhten Verschleißes besonders schwer.

Das Gericht schätzt den danach gebotenen pauschalen Abzug für einen Fahrschulwagen gem. § 287 ZPO auf jedenfalls 25 % der reinen Mietwagenkosten (vgl. LG Karlsruhe, Urteil vom 17.12.2012, Az.: 8 O 285/12; OLG Hamm, Urteil vom 12.06.1991, Az.: 13 U 255/90; LG Saarbrücken Urteil vom 05.04.2012, Az.: 13 S 15/12; s. auch Palandt, a.a.O., § 249 RN 36).

Nachdem die Beklagte hier bei der Regulierung eben diesen Abzug angesetzt hat, war die auf weitergehende Zahlung gerichtete Klage abzuweisen.

Nach dem Zuvorgesagten hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Erstattung über bereits gezahlte 347,60 € hinausgehende vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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