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Verkehrsunfall – Schadensersatzanspruch Frontschaden bei Heckanstoß

LG Düsseldorf – Az.: 11 O 142/14 – Urteil vom 29.11.2016

Die Beklagten werden über das Teilanerkenntnisurteil vom 22.01.2015 hinaus verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin weitere 1.043,75 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21.05.2014 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 413,60 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.05.2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 26 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 74 %, mit Ausnahme der Kosten für den gerichtlichen Sachverständigen, die die Klägerin zu tragen hat.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien dürfen die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig abwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Die Klägerin macht mit der Klage Schadensersatzansprüche aufgrund eines Verkehrsunfalls vom 03.12.2013 in L geltend. Die Parteien streiten insbesondere darüber, ob auch der geltend gemachte Frontschaden auf dem Verkehrsunfall beruht.

Der dem Grunde nach unstreitige Verkehrsunfall ereignete sich am 03.12.2013 gegen 18.45 Uhr in L an der Kreuzung L 154/P Straße in Höhe der Ausfahrt der BAB 52. Beteiligt an diesem Verkehrsunfall waren der Zeuge H als Fahrer des Pkws VW-Polo mit dem amtlichen Kennzeichen XXX, dessen Halterin die Klägerin ist, sowie der Beklagte zu 1) als Fahrer und Halter des Pkws der Marke Peugeot 607 mit dem amtlichen Kennzeichen XXX, welches bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversichert ist.

Der Zeuge H befuhr mit dem Fahrzeug der Klägerin die BAB 52, die er an der Anschlussstelle L-Nord verließ. Im Verlauf der Abfahrt der Autobahn musste er verkehrsbedingt abbremsen. In dieser Situation fuhr der Beklagte zu 1) mit seinem Fahrzeug von hinten auf.

Verkehrsunfall - Schadensersatzanspruch Frontschaden bei Heckanstoß
(Symbolfoto: tommaso79/Shutterstock.com)

Die grundsätzliche Haftung der Beklagten für den am Fahrzeug der Klägerin im Heckbereich entstandenen Schaden steht zwischen den Parteien außer Streit. Streitig ist dagegen, ob ein an dem Fahrzeug bestehender Schaden vorne links ebenfalls auf das Schadensereignis zurückzuführen ist.

Die Klägerin macht mit der Klage auf der Grundlage eines eingeholten Privatgutachtens des Sachverständigen I einen Nettofahrzeugschaden in Höhe von 4.390,41 EUR geltend, wobei sich der Heckschaden allein auf 3.275,19 EUR beläuft. Zudem macht die Klägerin einen merkantilen Minderwert an dem Fahrzeug in Höhe von 450,00 EUR geltend, Nutzungsausfallentschädigung für 5 Tage a 38,00 EUR, mithin 190,00 EUR, sowie eine Auslagenpauschale in Höhe von 25,00 EUR, insgesamt 5.813,91 EUR.

Die Klägerin behauptet, dass auch der an ihrem Fahrzeug bestehende Frontschaden auf das Unfallereignis zurückzuführen sei. Durch das Auffahren sei das klägerische Fahrzeug nämlich über die Fahrbahn hinaus auf den unbefestigten Randstreifen geschoben worden, wo sich neben Sand auch noch Bauschutt und insbesondere ein größerer Stein befunden habe. Dadurch sei der Schaden im Frontbereich entstanden. Der Zeuge H habe unmittelbar nach dem Unfall – nach Weiterfahrt – Schleifgeräusche wahrgenommen, die anschließende Nachsicht habe ergeben, dass vorne am Fahrzeug ein Teil der Bodenblechplastik abgebrochen gewesen sei.

Die Beklagten haben im schriftlichen Vorverfahren zunächst insgesamt Klageabweisung beantragt, sodann jedoch mit anwaltlichem Schriftsatz vom 14.01.2015 den klägerischen Anspruch in Höhe von 3.275,19 EUR teilweise unter Protest gegen die Kostenlast anerkannt. Die Kammer hat daraufhin am 22.01.2015 ein entsprechendes Teilanerkenntnisurteil (Bl. 46 f. GA) erlassen.

Die Klägerin beantragt, unter Berücksichtigung des Teilanerkenntnisurteils die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie einen Betrag in Höhe von 5.813,91 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 05.04.2014 zu zahlen, sowie die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie einen weiteren Betrag in Höhe der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten von netto 480,20 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 21.05.2014 zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie bestreiten, dass der Frontschaden an dem klägerischen Fahrzeug auf dem streitgegenständlichen Unfallereignis beruhe. Entsprechend stehe der Klägerin auch kein Anspruch auf Erstattung der Kosten für das eingeholte Sachverständigengutachten zu. Zudem bestreiten die Beklagten den geltend gemachten merkantilen Minderwert.

Die Kammer hat den unfallbeteiligten Beklagten zu 1) informatorisch zum Unfallhergang angehört. Zudem hat die Kammer Zeugen vernommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der informatorischen Anhörung und der Zeugenvernehmung wird Bezug genommen auf das Sitzungsprotokoll vom 24.03.2015 (Bl. 55 ff. GA). Die Kammer hat zudem Beweis erhoben durch Einholung schriftlicher Gutachten eines Sachverständigen sowie mündlicher Anhörung des Sachverständigen. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen N vom 11.08.2015 (Bl. 100 ff. GA), dessen Ergänzungsgutachten vom 18.01.2016 (Bl. 178 ff. GA) und 08.04.2016 (Bl. 215 ff. GA) sowie hinsichtlich der mündlichen Anhörung des Sachverständigen auf das Sitzungsprotokoll vom 08.11.2016.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist teilweise begründet.

Der Klägerin steht über den bereits anerkannten Teil (3.275,19 EUR für den Heckschaden) noch ein weiterer Schadensersatzanspruch gegen die Beklagten aufgrund des Verkehrsunfalls vom 03.12.2013 in Höhe von insgesamt 1.043,75 EUR zu. Ein darüber hinausgehender, geltend gemachter Schaden steht der Klägerin dagegen nicht zu, insoweit ist die Klage unbegründet.

Bezüglich des weitergehenden Schadens für die Beschädigungen am klägerischen Fahrzeug im Frontbereich, die betragsmäßig 1.115,22 EUR ausmachen, steht der Klägerin kein weiterer Anspruch zu. Denn die Klägerin hat nicht bewiesen, dass ihr Fahrzeug aufgrund des Verkehrsunfalls vom 03.12.2013 nicht nur im Anstoßbereich (Heck), sondern durch ein Überfahren eines Steins oder anderen Gegenstandes auch im Frontbereich beschädigt worden ist. Zwar hat der insoweit vernommene Zeuge H, der bei der Klägerin als Versandleiter angestellt ist, für die Kammer durchaus glaubhaft ausgesagt, dass er nach dem Unfallgeschehen, nachdem der Unfall polizeilich aufgenommen worden war und er anschließend seine Fahrt fortgesetzt hatte, ein klapperndes Geräusch wahrgenommen zu haben. Er habe dann auch angehalten und mit einer Taschenlampe vorne am Fahrzeug geleuchtet, weil er dort das Geräusch vernommen habe. Dabei sei ihm dann auch eine Plastikabdeckung aufgefallen, die sich gelöst hätte. Er hat jedoch ebenfalls ausgesagt, dass er diese zunächst einmal provisorisch wieder angesteckt habe, worauf das klappernde Geräusch nicht mehr aufgetreten sei.

Auch haben die vernommenen Polizeibeamten, die Zeugen T und C, bestätigt, dass es damals im Bereich der Abfahrt, insbesondere dann aber neben der L 154, eine Baustelle gegeben habe, auf dem Standstreifen oder Seitenstreifen neben der L 154 hätte sich damals durchaus Bauschutt befunden. Insofern wäre es zumindest dem Grunde nach möglich gewesen, dass das klägerische Fahrzeug über einen solchen Schutt geschoben worden sein könnte, wodurch ein Schaden auch im Frontbereich hätte eintreten können.

Für die Kammer steht jedoch aufgrund der weiteren Beweisaufnahme durch Einholung schriftlicher Gutachten und mündlicher Anhörung des Sachverständigen N fest, dass der ebenfalls geltend gemachte Frontschaden, den die Klägerin ausweislich des von ihr eingeholten Privatgutachtens des Sachverständigen I ebenfalls geltend macht, nicht auf das streitgegenständliche Unfallereignis zurückzuführen ist. Der Sachverständige hat sich dabei eingehend und zutreffend mit sämtlichen Anknüpfungstatsachen beschäftigt, die sich aus dem gesamten Akteninhalt einschließlich der seitens der Klägerin überreichten privaten Sachverständigengutachten ergeben. Dabei ist er für die Kammer absolut nachvollziehbar und überzeugend zu dem Ergebnis gelangt, dass die geltend gemachten Schäden im Frontbereich gerade nicht auf den hier streitgegenständlichen Unfall zurückgeführt werden können. Dabei hat der Sachverständige bereits in seinem schriftlichen Gutachten und noch einmal in seiner mündlichen Anhörung zum Ausdruck gebracht, dass die Intensität des Heckanstoßes nicht geeignet war, das Fahrzeug im Heckbereich derart anzuheben, dass es im Frontbereich zu einer Berührung mit dem Fahrzeugboden gekommen wäre. Ein maßgebliches Argument des Sachverständigen dafür, dass die Schäden im Frontbereich, die geltend gemacht werden, sich nicht dem streitgegenständlichen Verkehrsunfall zuordnen lassen, ist darüber hinaus, dass zwar im Frontbereich des klägerischen Fahrzeugs an dem Ladeluftkühler ein erheblicher Schaden vorliegt, der davor und tiefer liegende Frontspoiler jedoch keine Schäden aufweist bzw. lediglich geringe Kratzspuren. Dem hätte aber so sein müssen, wenn die geltend gemachten Schäden im Frontbereich insgesamt bei dem Verkehrsunfall vom 03.12.2013 entstanden wären. Darüber hinaus seien die im dortigen Bereich eingetretenen Schäden, wie sie beispielsweise auf dem Lichtbild 011 (Bl. 111 GA) dokumentiert sind, von einem solchen Ausmaß, dass hier erhebliche Energie eingewirkt haben müsse. Dem stünde aber entgegen, dass an dem Unterboden, wie er beispielsweise auf Lichtbild Nr. 13 (Bl. 113 GA) dokumentiert sei, keine entsprechenden Schäden vorhanden sind. Dies müsste nach den Ausführungen des Sachverständigen aber der Fall sein, wenn die vorerwähnten Abplatzungen bei diesem Unfallereignis eingetreten wären. Die Schäden lassen sich daher nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen, der sich auch eingehend mit den Einwendungen des Privatsachverständigen I auseinandergesetzt hat, nicht auf das streitgegenständliche Unfallereignis zurückführen.

Der Klägerin steht gegen die Beklagten dagegen ein Anspruch auf Ersatz des merkantilen Minderwerts an ihrem Fahrzeug in Höhe von 450,00 EUR zu. Der gerichtlich bestellte Sachverständige hat dazu ausgeführt, dass die von dem Privatsachverständigen I diesbezüglich ermittelten Werte zutreffend seien.

Die Klägerin kann zudem anteilig Ersatz für die Kosten des Gutachtens I beanspruchen. Das Gutachten ist, anders als in der von den Beklagten zitierten Entscheidung (OLG Düsseldorf Beschluss vom 10.07.2012, 1 I W 19/12, zitiert nach Juris) nicht unbrauchbar, weil es unter Berücksichtigung erheblicher Vorschäden zu falschen Ergebnissen komme; die Positionen des Heckschadens lassen sich vielmehr eindeutig von denen des Frontschadens abgrenzen. Unter Berücksichtigung der gleichen Relation, in welcher die Höhe des Heckschadens zu der des Frontschadens steht (75 % : 25 %), kann die Klägerin auch Ersatz der Gutachtenkosten beanspruchen, mithin in Höhe von 568,75 EUR. Die Kammer hat diesbezüglich den Schaden der Klägerin gemäß § 287 ZPO geschätzt. Darüber hinaus steht der Klägerin Anspruch auf eine Auslagenpauschale in Höhe von 25,00 EUR zu. Mithin beträgt der der Klägerin noch zustehende Gesamtanspruch 1.043,75 EUR.

Darüber hinaus stehen ihr als Schadensersatz vorgerichtliche Rechtsanwaltsgebühren in zuerkannter Höhe (1,3 Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2300 VV RVG aus einem Gegenstandswert von bis 5.000,00 EUR in Höhe von 393,60 EUR zzgl. 20,00 EUR Auslagenpauschale gemäß 7002 VV RVG) zu.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 96, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Soweit die Beklagten den Anspruch teilweise anerkannt haben, handelt es sich nicht um ein sofortiges Anerkenntnis im Sinne des § 93 ZPO. Denn die Beklagten haben zunächst insgesamt Klageabweisung beantragt, obwohl die Positionen bezüglich des Heckschadens ohne weiteres aus dem vorgelegten Gutachten I zu entnehmen waren. Insbesondere der diesbezüglich sachkundigen Beklagten zu 2) wäre es möglich gewesen, die entsprechenden Positionen zu addieren und den sich ergebenden Gesamtbetrag sofort anzuerkennen.

Im Hinblick darauf, dass die Beweisaufnahme durch Einholung eines Sachverständigengutachtens aber nicht die Behauptung der Klägerin bewiesen hat, dass auch der Frontschaden auf dem Unfallereignis beruht, hat die Kammer die diesbezüglichen Kosten der Klägerin gemäß § 96 ZPO auferlegt.

Streitwert:

Bis 22.01.2015: 5.813,91 EUR

danach: 2.538,72 EUR.

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