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Verkehrsunfall –  Schadensersatzansprüche eines Leasingnehmers

AG Horb – Az.: 1 C 17/14 –  Urteil vom 19.08.2014

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Tatbestand

Am 06.03.2013 gegen 8.00 Uhr wurde ein Pkw, den die Klägerin bei der … AG geleast hatte, bei einem Verkehrsunfall auf der A81 auf Höhe Horb durch ein bei der Beklagten haftpflichtversichertes Fahrzeug beschädigt (Schadensmeldung, Anlage K5, Bl. 43 d.A.). Die Haftung der Beklagten zu 75% unter Berücksichtigung der Betriebsgefahr des klägerischen Fahrzeugs ist zwischen den Parteien unstreitig.

Bzgl. der am Fahrzeug der Klägerin entstandenen Schäden wurde am 28.03.2013 ein Gutachten des Kfz-Sachverständigenbüros A. erstellt (Anlage K4, Bl. Bl. 11-31 d.A.). Ausweislich des Gutachtens beträgt der Wiederbeschaffungswert des Fahrzeugs 21.300,00 € und der Restwert 8.850,00 €.

Mit Schreiben vom 25.03.2013 forderte die Klägerin die Beklagte auf, den ihr entstandenen Schaden einschließlich des Fahrzeugschadens von 12.450,00 € bis zum 08.04.2013 zu regulieren (Anlagen K1 und K2, Bl. 7, 8 d.A.).

Am 14.04.2013 erwarb die Klägerin das Fahrzeug bei der … AG zum Kaufpreis von 18.697,00 € (Rechnung. Anlage K7, Bl. 64 d.A.). Das Fahrzeug konnte die Klägerin zum Preis von 9.500.00 € weiterverkaufen (Rechnung, Anlage K6, Bl. 63 d.A.).

Auf den geltend gemachter, Fahrzeugschaden bezahlte die Beklagte 5.343,75 € (Abrechnungsschreiben, Anlage K3, Bl. 9, 10 d.A.).

Die Klägerin behauptet: Die Klägerin habe das Fahrzeug bei der … AG aufgrund der schweren Beschädigung zum Kaufpreis von 18.697,00 € erwerben müssen. Stark verunfallte Fahrzeuge müsse die Klägerin unmittelbar mit dem Schadensereignis von der Leasinggeberin erwerben, das Eigentum gehe de facto aufgrund dieses Vertrags mit dem schädigenden Ereignis auf die Klägerin über (Zeugnis M. L.,. Bl. 5 d.A.). Wie sich der Verkaufspreis ermittele, liege allein in der Verantwortlichkeit der … AG, die Klägerin könne hierzu keine Angaben machen.

Sofern bei der Schadensberechnung nicht der Kaufpreis der … AG zugrunde gelegt werde, sei vom vollen, vom Sachverständigen ermittelten Wiederbeschaffungswert auszugehen.

Die Argumentation der Beklagten, die Klägerin würde bei der Anschaffung Nachlässe in Höhe von 25% erzielen, verfange nicht. Soweit überhaupt solche Nachlässe erzielt werden könnten, – wobei der Vortrag ausdrücklich nicht als zugestanden gelten solle -, so könne dies allenfalls im Rahmen von entsprechenden Fahrzeugmengen erzielt werden. Bei Verunfallung eines Fahrzeugs sei jedoch nur dieses einzelne Fahrzeug zu ersetzen. Beim Kauf eines einzelnen Fahrzeugs sei regelmäßig kein Nachlass zu erzielen.

Die Klägerin beantragt: Die Beklagte wird dazu verurteilt, an die Klägerin € 1.554,57 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.04.2013 zu bezahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet: Es sei völlig unerfindlich, wie die Klägerin bzw. ihre Leasinggeberin den Betrag von 18.697,00 €, zu dem die Klägerin das Fahrzeug angeblich habe erwerben müssen, ermittelt habe Sofern man von dem ursprünglich ermittelten Wiederbeschaffungswert im Schadensgutachten Altmann von netto 21.300,00 € ausgehe, ergebe sich unter Berücksichtigung dessen, dass die Klägerin als Großkundin bei der Anschaffung des Fahrzeuges erhebliche Nachlässe in Höhe von 25% erhalte, ein Wiederbeschaffungswert in Höhe von 15.975,00 €. Solche Preisnachlässe seien angesichts der wirtschaftlichen Bedeutung der Klägerin am Markt üblich.

Da die Klägerin zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens nicht Eigentümerin des beschädigten Fahrzeugs war, sei sie nicht aktivlegitimiert. Schadensersatzansprüche könnten nur von demjenigen geltend gemacht werden, der zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens Eigentümer sei.

Nach Schluss der mündlichen Verhandlung beantragte die Klägerin mit Schriftsatz vom 15.07.2014 ein Schriftsatzrecht, da sie sich darum bemühe, von der Leasinggeberin weitergehende Informationen zur Berechnung des Verkaufspreises zu erhalten. Der Schriftsatz gab keinen Anlass, die mündliche Verhandlung wieder zu eröffnen, da die Klägerin bereits mit der Terminsverfügung vom 11.04.2014 darauf hingewiesen worden war, dass der von der Klägerin angesetzte Wiederbeschaffungswert nicht nachvollziehbar sei und eine Begründung dafür, warum die Klägerin das Fahrzeug zu diesem Preis erwerben musste, fehle (§ 156 Abs. 1 ZPO).

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig. Das Amtsgericht Horb ist örtlich zuständig, da sich der Verkehrsunfall im Amtsgerichtsbezirk Herb ereignet hat (§ 32 ZPO).

II.

Die Klage ist unbegründet.

1. Die Klage scheitert allerdings nicht daran, dass die Klägerin zum Zeitpunkt des Unfallgeschehens nicht Eigentümerin des Fahrzeugs war. Die Klägerin war als Leasingnehmerin Besitzerin des Fahrzeugs. Ihr stehen deshalb Ansprüche wegen Besitzverletzung zu. Diese betreffen auch den Fahrzeugschaden (vgl. Reinking/Eggert, Der Autokauf. 11. Aufl. 2012, Rn. L 531; Hohloch, NZV 1992, 1, 7).

2. Die Klage ist unbegründet, weil die Klägerin die Höhe des Fahrzeugschadens nicht substantiiert dargelegt hat.

a) Die Klägerin berechnet ihren Fahrzeugschaden konkret, indem sie den Kaufpreis, den sie an die … AG bezahlt hat, als Grundlage für den durch den Verkehrsunfall verursachten die Fahrzeugschaden ansetzt. Bei dieser konkreten Schadensberechnung müsste die Klägerin jedoch darlegen, aus welchen Gründen der Fahrzeugschaden mit 18.697,00 € anzusetzen ist. Eine Begründung hierfür fehlt. Der Verweis darauf, dass die Ermittlung des Kaufpreises allein in der Verantwortlichkeit der … AG liege und die Klägerin hierzu keine Angaben mache könne, genügt nicht. Der Verweis entbindet die Klägerin nicht von der Pflicht, den geltend gemachten Schaden nachvollziehbar darzulegen. Denn es ist offensichtlich, dass die Beklagte nicht verpflichtet ist. jeglichen von der der … AG (willkürlich) festgesetzten Kaufpreis als Grundlage für eine Berechnung des Fahrzeugschadens zu akzeptieren. Die Beklagte ist nur verpflichtet, den erforderlichen Geldbetrag zur Schadensbeseitigung zu ersetzen, d.h. die Aufwendungen, die ein verständiger, wirtschaftlich denkender Mensch in der Lage des Geschädigten für zweckmäßig und notwendig halten durfte (vgl. Palandt-Grüneherg, BGB, 73. Aufl. 2014, § 249 Rn. 12). Sollte sich die Klägerin tatsächlich verpflichtet haben, jeglichen von der … AG ohne Begründung festgesetzten Preis zu akzeptieren, entspräche dies nicht dem Handeln eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen. Die Klägerin müsste daher darlegen, warum der vorgetragene Kaufpreis angemessen war bzw. wie sich dieser Kaufpreis errechnet. Dies hat sie nicht getan.

Mangels substantiierten Tatsachenvortrags dazu, wie sich die Höhe des an Volkswagen AG zu zahlenden Kaufpreises bestimmt, kam es auf den Beweisantritt der Klägerin zu der Behauptung, dass die … AG einen Kaufpreis von 18.697,00 € verlangt hat, nicht an.

b) Die Klägerin kann den erforderlichen Aufwand zur Schadensbehebung grundsätzlich auch fiktiv bzw. abstrakt auf der Basis eines Sachverständigengutachtens berechnen (Palandt-Grüneberg, BGB, 73. Aufl. 2014, § 249 Rn. 14). Auch unter Zugrundelegung einer fiktiven Abrechnung nach dem Wiederbeschaffungswert ist die Klage jedoch nicht begründet. Da die Klägerin an dem Schadensfall nicht verdienen soll, müsste sie sich hierbei auf den vom Gutachter ermittelten Wiederbeschaffungswert einen etwaigen Preisnachlass, den sie aufgrund ihrer wirtschaftlichen Bedeutung am Markt erzielt, anrechnen lassen (für die Anrechnung eines Werksrabatts vgl. Palandt-Grüneberg, aaO., § 249 Rnl. 16). Denn den Nachlass, den die Klägerin hierbei erzielen kann, erhält sie unabhängig von dem Verkehrsunfall allein auf Grund ihrer dauerhaften, großen Nachfrage an Neufahrzeugen.

Die Klägerin hat sich zu dem von der Beklagten vorgebrachten Einwand, sie würde aufgrund ihrer Marktstellung bei der Anschaffung eines neuen Fahrzeugs Preisnachlässe bis zu 25% erhalten, nicht substantiiert geäußert, sondern lediglich angegeben, dass der entsprechende Vortrag nicht zugestanden werden soll. Die Klägerin hätte sich gem. § 138 Abs. 2 ZPO jedoch ausdrücklich dazu äußern müssen, ob und ggf. in welchem Umfang sie bei der Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs einen Nachlass erzielt. Dass die Klägerin als eine der größten europäischen Autovermieter bei der Anschaffung eines Ersatzfahrzeugs keinerlei Nachlass im Vergleich zu dem von einem Privatkäufer zu zahlenden Kaufpreis erhält, hält das Gericht angesichts der fortlaufenden Nachfrage nach Neufahrzeugen durch die Klägerin auch dann für nicht nachvollziehbar, wenn es um die Anschaffung eines einzelnen Neufahrzeugs geht.

Legt man den von der Beklagten vorgetragenen Preisnachlass von 25% zugrunde, beträgt der Wiederbeschaffungswert lediglich 15.975,00 € (75% von 21.300,00 €). Auf diesen Wiederbeschaffungswert ist der erzielte Kaufpreis beim Weiterverkauf des Fahrzeugs in Höhe von 9.500,00 € anzurechnen, so dass ein restlicher Fahrzeugschaden von 6.475,00 € verbleibt, den die Beklagte zu 75%, mithin in Höhe von 4.856,25 € zu ersetzen hätte. Tatsächlich bezahlt hat die Beklagte auf den Fahrzeugschaden aber bereits 5.343,75 €, so dass der Klägerin auf der Basis der fiktiven Abrechnung kein weiterer Schadensersatzanspruch hinsichtlich des geltend gemachten Fahrzeugschadens zusteht.

III.

Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 91 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

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