Übersicht:
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Gerichtsurteil zu Verkehrsunfall: Schmerzensgeld wegen drohender Fußversteifung
- Unfallhergang und erlittene Verletzungen der Radfahrerin
- Beeinträchtigung der Lebensqualität und dauerhafte Schäden
- Fortgeschrittene Arthrose und drohende Operation
- Forderung der Klägerin nach weiterem Schmerzensgeld
- Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe: Zusätzliches Schmerzensgeld zugesprochen
- Feststellung der Haftung für zukünftige Schäden
- Bedeutung des Urteils für Betroffene von Verkehrsunfällen
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wie wird die Höhe des Schmerzensgeldes bei dauerhaften Schäden nach einem Verkehrsunfall grundsätzlich bestimmt?
- Welche Rolle spielen zukünftige medizinische Behandlungen, wie beispielsweise eine drohende Operation, bei der Bemessung von Schmerzensgeld?
- Was bedeutet ein Feststellungsantrag im Zusammenhang mit Schmerzensgeldansprüchen?
- Glossar
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: LG Karlsruhe
- Datum: 19.04.2023
- Aktenzeichen: 6 O 175/21
- Verfahrensart: Schmerzensgeld– und Feststellungsklage im Zusammenhang mit einem Verkehrsunfall
- Rechtsbereiche: Verkehrsrecht, Schadensersatzrecht
- Beteiligte Parteien:
- Klägerin: Eine Fahrradfahrerin, die nach einem Verkehrsunfall Schmerzensgeld und eine Feststellung zukünftiger Schadensersatzansprüche begehrt.
- Beklagte: Parteien, die als Gesamtschuldner zur Zahlung des festgesetzten Betrags verurteilt wurden und darüber hinaus verpflichtet sind, zukünftige materielle und immaterielle Schäden aus dem Unfall zu ersetzen.
- Um was ging es?
- Sachverhalt: Die Klägerin war beim Abbiegevorgang mit ihrem Fahrrad in einen Verkehrsunfall verwickelt. Sie hatte sich durch einen Schulterblick und ein Handzeichen vergewissert, als sie ihre Fahrspur wechselte. Der Unfall ereignete sich am 27.06.2018 und führte zu Schadenersatz- sowie Schmerzensgeldforderungen.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Frage, in welchem Umfang die Beklagten für den bereits entstandenen Schaden und für zukünftige, nicht vorhersehbare materielle und immaterielle Schäden aus dem Unfall verantwortlich sind.
- Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Beklagten wurden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin insgesamt 22.500,00 € zuzüglich Zinsen (7.500,00 € ab dem 04.12.2020 und 15.000,00 € ab dem 14.01.2022) zu zahlen. Gleichzeitig wurde festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin jeglichen zukünftigen, nicht vorhersehbaren materiellen und immateriellen Schaden aus Anlass des Unfallereignisses zu ersetzen, sofern kein Forderungsübergang stattgefunden hat. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen. Die Beklagten haben zudem die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, und das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.
- Folgen: Die Beklagten müssen die festgelegten Zahlungen leisten und künftig etwaige Schäden im Zusammenhang mit dem Unfall ersetzen. Zudem tragen sie die Verfahrenskosten, und die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils sichert eine unmittelbare Durchsetzbarkeit der Entscheidung bei Erbringung der Sicherheitsleistung.
Der Fall vor Gericht
Gerichtsurteil zu Verkehrsunfall: Schmerzensgeld wegen drohender Fußversteifung

Das Landgericht Karlsruhe hat in einem Urteil (Az.: 6 O 175/21) vom 19. April 2023 über die Schmerzensgeldklage einer Radfahrerin nach einem Verkehrsunfall entschieden. Im Zentrum stand die Frage der angemessenen Entschädigung für die Unfallfolgen, insbesondere im Hinblick auf eine drohende Versteifung des Fußes. Das Gericht sprach der Klägerin ein weiteres Schmerzensgeld zu und bejahte die Verpflichtung der Beklagten zum Ersatz zukünftiger Schäden.
Unfallhergang und erlittene Verletzungen der Radfahrerin
Die Klägerin, eine 1990 geborene Frau, war im Juni 2018 mit ihrem Fahrrad in Karlsruhe unterwegs. Beim Abbiegen in eine Seitenstraße wurde sie von einem PKW erfasst. Der Beklagte zu 1), der Fahrer des Wagens, fuhr unachtsam auf das Fahrrad auf, wodurch die Klägerin stürzte. Sie erlitt einen komplexen Fersenbeinbruch, der operativ behandelt werden musste und einen stationären Krankenhausaufenthalt sowie lange Physiotherapie nach sich zog.
Beeinträchtigung der Lebensqualität und dauerhafte Schäden
Durch den Unfall und die Verletzungen ist die Klägerin in ihrer Lebensqualität erheblich eingeschränkt. Sie leidet unter anhaltenden Schmerzen und Schwellungen im Fuß, die ein normales Abrollen beim Gehen verhindern. Ihre Hobbys wie Tanzen und Joggen kann sie nicht mehr ausüben. Bereits nach kurzer Gehstrecke treten Schmerzen auf, die bis in die Hüfte ausstrahlen. Auch das Fahrradfahren ist durch die Unfallfolgen beeinträchtigt.
Fortgeschrittene Arthrose und drohende Operation
Besonders schwerwiegend ist die Entwicklung einer fortgeschrittenen Arthrose im Sprunggelenk als Folge des Unfalls. Um das Fortschreiten der Arthrose zu stoppen und die Schmerzen zu lindern, raten Ärzte zu einer Versteifung des betroffenen Gelenks. Diese Operation würde jedoch die Beweglichkeit des Fußes dauerhaft stark einschränken, da jegliche Drehbewegung im Fußgelenk unmöglich würde.
Forderung der Klägerin nach weiterem Schmerzensgeld
Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers (Beklagte zu 2)) hatte bereits 7.500 Euro Schmerzensgeld an die Klägerin gezahlt und die Haftung dem Grunde nach anerkannt. Die Klägerin forderte jedoch ein weiteres Schmerzensgeld von mindestens 7.500 Euro, da die bisherige Zahlung die Schwere der Verletzungen und die langfristigen Folgen nicht angemessen berücksichtige. Sie argumentierte mit den anhaltenden Schmerzen, den Einschränkungen im Alltag und insbesondere mit der Notwendigkeit der drohenden Fußversteifung.
Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe: Zusätzliches Schmerzensgeld zugesprochen
Das Landgericht Karlsruhe gab der Klage teilweise statt. Es verurteilte die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes in Höhe von 15.000 Euro zuzüglich Zinsen. Damit erhält die Klägerin insgesamt ein Schmerzensgeld von 22.500 Euro. Das Gericht begründete seine Entscheidung mit der Schwere der Verletzungen, den langwierigen Behandlungen, den anhaltenden Beschwerden und vor allem mit der drohenden Fußversteifung, die eine erhebliche und dauerhafte Beeinträchtigung der Lebensqualität darstellt.
Feststellung der Haftung für zukünftige Schäden
Neben dem Schmerzensgeldantrag verfolgte die Klägerin auch einen Feststellungsantrag, um die Haftung der Beklagten für zukünftige materielle und immaterielle Schäden aus dem Unfallereignis feststellen zu lassen. Das Gericht gab auch diesem Antrag statt. Es stellte fest, dass die Beklagten verpflichtet sind, jedweden zukünftigen Schaden zu ersetzen, der der Klägerin aus dem Unfall entsteht, soweit keine Ansprüche auf Sozialversicherungsträger oder andere Versicherer übergehen.
Bedeutung des Urteils für Betroffene von Verkehrsunfällen
Dieses Urteil des Landgerichts Karlsruhe ist von Bedeutung für alle Menschen, die durch Verkehrsunfälle Verletzungen erleiden und dauerhafte Schäden davontragen. Es zeigt, dass bei der Bemessung des Schmerzensgeldes nicht nur die unmittelbar erlittenen Verletzungen und Behandlungen berücksichtigt werden, sondern auch langfristige Folgen und drohende Operationen, die die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen. Gerade die Aussicht auf eine dauerhafte Bewegungseinschränkung wie eine Fußversteifung wird im Rahmen der Schmerzensgeldbemessung als schwerwiegender Faktor gewertet. Das Urteil stärkt die Rechte von Unfallopfern und verdeutlicht, dass Schmerzensgeldansprüche auch zukünftige Beeinträchtigungen umfassen können. Geschädigte sollten daher ihre Ansprüche umfassend geltend machen und sich anwaltlich beraten lassen, um eine angemessene Entschädigung für ihre erlittenen und zukünftigen Schäden zu erhalten.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil zeigt, dass bei erheblichen Unfallfolgen mit andauernden Beeinträchtigungen ein deutlich höheres Schmerzensgeld als die ursprünglich gezahlten 7.500 € gerechtfertigt sein kann – in diesem Fall wurden insgesamt 30.000 € zugesprochen. Es verdeutlicht auch, dass Geschädigte Anspruch auf Ersatz zukünftiger Schäden haben, selbst wenn diese zum Urteilszeitpunkt noch nicht konkret absehbar sind. Die Entscheidung ist bedeutsam für Unfallopfer mit schweren Verletzungen, da sie bestätigt, dass dauerhafte Beeinträchtigungen der Lebensqualität, wie die eingeschränkte Beweglichkeit und chronische Schmerzen der Klägerin, angemessen zu entschädigen sind.
Benötigen Sie Hilfe?
Verlässliche Unterstützung bei Verletzungen durch Verkehrsunfälle
Ein Verkehrsunfall kann weitreichende gesundheitliche und finanzielle Folgen haben, insbesondere wenn langfristige Schäden wie eine drohende Fußversteifung in Aussicht gestellt werden. Solche Entwicklungen erfordern eine präzise rechtliche Einschätzung und ein fundiertes Verständnis der Zusammenhänge zwischen unmittelbaren Verletzungen und zukünftigen Beeinträchtigungen.
Unsere Kanzlei bietet Ihnen eine sorgfältige Analyse Ihrer individuellen Situation und unterstützt Sie dabei, die richtigen rechtlichen Schritte einzuleiten. Mit einer transparenten und präzisen Beratung bringen wir Klarheit über Ihre Ansprüche und helfen Ihnen dabei, Ihre Rechte in einem komplexen Umfeld erfolgreich geltend zu machen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wie wird die Höhe des Schmerzensgeldes bei dauerhaften Schäden nach einem Verkehrsunfall grundsätzlich bestimmt?
Die Höhe des Schmerzensgeldes bei dauerhaften Schäden nach einem Verkehrsunfall wird stets als Einzelfallentscheidung getroffen. Das deutsche Recht sieht keine pauschalen Schmerzensgeldsätze vor, sondern berücksichtigt die individuellen Umstände jedes Falls.
Hauptkriterien für die Bemessung
Bei der Bestimmung der Höhe des Schmerzensgeldes werden zwei grundlegende Funktionen berücksichtigt: die Ausgleichsfunktion und die Genugtuungsfunktion.
Im Rahmen der Ausgleichsfunktion werden folgende Faktoren bewertet:
- Art und Schwere der Verletzungen: Je schwerwiegender die Verletzungen, desto höher fällt das Schmerzensgeld aus. Bei dauerhaften Schäden wie Querschnittslähmungen können Beträge im sechsstelligen Bereich zugesprochen werden.
- Schmerzintensität und -dauer: Die Stärke und zeitliche Ausdehnung der erlittenen Schmerzen spielen eine wesentliche Rolle.
- Umfang und Dauer der Behandlung: Stationäre Behandlungen, notwendige Operationen und langwierige Rehabilitationsmaßnahmen erhöhen den Anspruch.
- Dauerfolgen und bleibende Beeinträchtigungen: Besonders wichtig bei dauerhaften Schäden sind:
- Bleibende Bewegungseinschränkungen
- Chronische Schmerzsyndrome
- Dauerhafte Entstellungen durch Narben
- Verlust oder Einschränkung der Sinneswahrnehmungen
- Psychische Folgeschäden wie Angstzustände oder Depressionen
- Auswirkungen auf das tägliche Leben: Einschränkungen im Berufsleben, Beeinträchtigungen des Familienlebens, Verlust von Freizeitaktivitäten oder Hobbys sowie die Notwendigkeit fremder Hilfe im Alltag werden berücksichtigt.
- Minderung der Erwerbsfähigkeit: Wenn Sie aufgrund der Verletzungen gar nicht mehr oder nur eingeschränkt arbeiten können, wirkt sich dies erhöhend auf das Schmerzensgeld aus.
- Alter des Geschädigten: Das Alter spielt insofern eine Rolle, als jüngere Menschen mit dauerhaften Schäden länger mit den Beeinträchtigungen leben müssen.
Im Rahmen der Genugtuungsfunktion werden zusätzlich folgende Aspekte berücksichtigt:
- Ausmaß des Verschuldens: Vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten des Unfallverursachers kann zu einer höheren Schmerzensgeldzahlung führen.
- Vermögensverhältnisse: Eine wirtschaftlich bessere Position des Schädigers kann schmerzensgelderhöhend berücksichtigt werden.
Orientierungshilfen zur Bemessung
Zur Orientierung dienen den Gerichten und Anwälten Schmerzensgeldtabellen, die frühere Gerichtsentscheidungen in vergleichbaren Fällen dokumentieren. Diese Tabellen sind jedoch nicht rechtsverbindlich, sondern dienen lediglich als Anhaltspunkt.
Bundesweit gebräuchliche Schmerzensgeldtabellen sind:
- Die Beck’sche Schmerzensgeldtabelle
- Die Celler Schmerzensgeldtabelle
- Die ADAC-Schmerzensgeldtabelle (Hacks/Ring/Böhm)
Beispiele für Schmerzensgeldhöhen bei dauerhaften Schäden:
- Querschnittslähmung: etwa 250.000 Euro
- Schweres Schädel-Hirn-Trauma mit Dauerschäden: 75.000 Euro
- Unfallbedingte Beinverkürzung: 25.000 Euro
Wenn Sie nach einem Verkehrsunfall dauerhafte Schäden erlitten haben, ist die genaue Dokumentation aller medizinischen Befunde und Behandlungen wichtig. Arzt- und Sachverständigengutachten dienen als Nachweis für die erlittenen Beeinträchtigungen und deren Auswirkungen auf Ihr Leben.
Die Geltendmachung des Schmerzensgeldes erfolgt durch aktives Beantragen, in der Regel zunächst bei der Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers. Bei Verkehrsunfällen kommt in der Regel die Haftpflichtversicherung des Verursachers für das Schmerzensgeld auf.
Welche Rolle spielen zukünftige medizinische Behandlungen, wie beispielsweise eine drohende Operation, bei der Bemessung von Schmerzensgeld?
Zukünftige medizinische Behandlungen spielen eine wesentliche Rolle bei der Bemessung von Schmerzensgeld im deutschen Rechtssystem. Wenn bei Ihnen eine Operation oder andere medizinische Maßnahmen in der Zukunft erforderlich sind, werden diese bei der Berechnung des Schmerzensgeldes berücksichtigt.
Berücksichtigung zukünftiger Behandlungen
Bei der Bemessung von Schmerzensgeld (in Deutschland auch als „Schmerzensgeld“ bezeichnet) werden nicht nur bereits eingetretene Schäden und Leiden berücksichtigt, sondern auch zukünftig zu erwartende Beeinträchtigungen und Behandlungen. Wenn Sie beispielsweise nach einem Verkehrsunfall eine Fußversteifung erlitten haben und Ihnen weitere Operationen bevorstehen, fließt dies in die Gesamtbewertung ein.
Die Gerichte betrachten dabei sowohl die objektiven medizinischen Fakten (wie Röntgenbilder, Arztberichte) als auch die subjektiven Schilderungen Ihrer Schmerzen und Einschränkungen. Um zukünftige Behandlungen bei der Schmerzensgeldbemessung geltend zu machen, müssen Sie nachweisen, dass mit „angemessener Wahrscheinlichkeit“ diese Behandlungen erforderlich sein werden.
Nachweis der Notwendigkeit zukünftiger Behandlungen
Für die Berücksichtigung zukünftiger medizinischer Behandlungen bei der Schmerzensgeldbemessung müssen Sie folgende Aspekte nachweisen:
- Die Existenz einer Verletzung
- Die medizinische Behandlung dieser Verletzung vor dem Verfahren
- Die Kosten der bisherigen Behandlung
- Dass Sie zum Zeitpunkt des Verfahrens noch in gewissem Maße verletzt sind
Obwohl ein ärztliches Gutachten zur Feststellung zukünftiger medizinischer Kosten bevorzugt wird, ist es nicht zwingend erforderlich. Die notwendigen Nachweise können auch durch Ihre eigenen Aussagen erbracht werden.
Unterscheidung zwischen vergangenen und zukünftigen Schäden
Im Schmerzensgeldsystem wird zwischen vergangenen und zukünftigen Schäden unterschieden:
- Vergangene Schmerzen und Leiden umfassen den Zeitraum vom Unfalltag bis zum Tag der Entschädigung (Vergleich, Schiedsspruch oder Urteil).
- Zukünftige Schmerzen und Leiden beziehen sich auf den Zeitraum nach der Entschädigung für den Rest Ihres Lebens, basierend auf der durchschnittlichen Lebenserwartung.
Wenn Sie beispielsweise im Alter von 30 Jahren einen Knieersatz benötigen, berücksichtigt das Schmerzensgeld, dass Sie wahrscheinlich im Laufe Ihres Lebens weitere Knieoperationen benötigen werden, da ein Knieersatz typischerweise nur 15-20 Jahre hält.
Bemessungskriterien für zukünftige Behandlungen
Bei der Bewertung zukünftiger medizinischer Behandlungen für die Schmerzensgeldbemessung werden in Deutschland verschiedene Faktoren berücksichtigt:
- Alter der verletzten Person
- Beeinträchtigung der beruflichen und Freizeitfähigkeiten
- Auswirkungen auf die Persönlichkeit des Verletzten
- Verlust von Sinnesfunktionen
- Wahrscheinliche zukünftige Auswirkungen und Verschlechterungen
Wenn Ihnen beispielsweise nach einem Unfall eine Operation droht, werden die damit verbundenen Schmerzen, Risiken, Erholungszeiten und mögliche bleibende Einschränkungen in die Schmerzensgeldbemessung einbezogen.
Praktische Auswirkungen auf die Höhe des Schmerzensgeldes
Die Berücksichtigung zukünftiger medizinischer Behandlungen kann die Höhe des Schmerzensgeldes erheblich beeinflussen. In Deutschland sind die Schmerzensgeldzahlungen im internationalen Vergleich eher moderat, haben aber in den letzten Jahren für schwere Verletzungen zugenommen.
Wenn Sie eine Fußversteifung nach einem Verkehrsunfall erlitten haben und weitere Operationen zu erwarten sind, wird das Schmerzensgeld höher ausfallen als bei einer Verletzung ohne zukünftige Behandlungsnotwendigkeit. Die Gerichte stützen sich bei der Bemessung auf Schmerzensgeldtabellen („Schmerzensgeldtabellen“), behalten sich aber vor, je nach den spezifischen Umständen des Einzelfalls davon abzuweichen.
Was bedeutet ein Feststellungsantrag im Zusammenhang mit Schmerzensgeldansprüchen?
Ein Feststellungsantrag ist ein rechtliches Instrument nach § 256 ZPO, mit dem Sie als Geschädigter die Haftung des Schädigers für alle zukünftigen Schäden gerichtlich feststellen lassen können. Bei Schmerzensgeldansprüchen, etwa nach einer Fußversteifung durch einen Verkehrsunfall, dient er dazu, Ihre Ansprüche auf Schadensersatz für noch nicht absehbare Folgeschäden zu sichern.
Rechtliche Grundlage und Voraussetzungen
Die Zulässigkeit eines Feststellungsantrags erfordert lediglich die Möglichkeit eines zukünftigen Schadenseintritts. Nach der aktuellen Rechtsprechung des BGH ist es nicht notwendig, dass der Eintritt zukünftiger Schäden wahrscheinlich ist. Ein Feststellungsinteresse ist nur dann zu verneinen, wenn aus Ihrer Sicht bei verständiger Würdigung kein Grund besteht, mit dem Eintritt eines Schadens wenigstens zu rechnen.
Für einen erfolgreichen Feststellungsantrag müssen folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
- Ein haftungsrechtlich relevanter Eingriff liegt vor (z.B. Ihr Verkehrsunfall)
- Dieser kann zu möglichen künftigen Schäden führen
- Die Schadensentwicklung ist noch nicht abgeschlossen
Umfang und Anwendungsbereiche
Der Feststellungsantrag umfasst verschiedene Arten von Zukunftsschäden:
- Materielle Schäden wie Verdienstausfall oder Behandlungskosten
- Immaterielle Schäden wie künftige Schmerzen
- Vermehrte Bedürfnisse wie Pflegekosten oder notwendige Umbauten
Bei einer Fußversteifung nach einem Verkehrsunfall könnten beispielsweise zukünftige Kosten für Physiotherapie, orthopädische Hilfsmittel, Umbaumaßnahmen in der Wohnung oder ein möglicher Verdienstausfall durch eingeschränkte Berufsfähigkeit entstehen.
Praktische Bedeutung und Vorteile
Der wichtigste Vorteil eines Feststellungsantrags ist der Schutz vor Verjährung. Ohne einen solchen Antrag könnten Jahre später auftretende Schäden wegen Verjährung nicht mehr geltend gemacht werden. Mit einem erfolgreichen Feststellungsantrag sichern Sie sich die Möglichkeit, auch spät auftretende Folgeschäden noch geltend zu machen.
Beachten Sie: Ein erfolgreicher Feststellungsantrag bedeutet nicht automatisch, dass Sie Schadensersatz erhalten. Er stellt lediglich sicher, dass der Schädiger für künftige Schäden aufkommen muss, falls diese tatsächlich eintreten. Sie müssen dann nur noch nachweisen, dass die späteren Schäden tatsächlich auf das schädigende Ereignis zurückzuführen sind.
Praktische Durchführung
Sie können den Feststellungsantrag zusammen mit konkreten Schadenersatzforderungen stellen. In Ihrem Fall der Fußversteifung könnten Sie also gleichzeitig ein konkretes Schmerzensgeld für die bereits eingetretenen Beeinträchtigungen fordern und zusätzlich die Feststellung beantragen, dass der Schädiger auch für alle zukünftigen Folgen haftet.
Wenn der Feststellungsantrag vor Gericht korrekt gestellt ist, wird der Verursacher des Verkehrsunfalls zusätzlich zur Schmerzensgeldzahlung verurteilt, sämtliche zukünftigen Schäden zu übernehmen.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar
Juristische Fachbegriffe kurz erklärt
Schmerzensgeld
Schmerzensgeld ist eine finanzielle Entschädigung für erlittene körperliche und seelische Schmerzen sowie immaterielle Beeinträchtigungen nach einem Unfall oder einer Verletzung. Es soll die nicht-vermögensrechtlichen Nachteile ausgleichen, die jemand durch eine Körper- oder Gesundheitsverletzung erlitten hat. Die rechtliche Grundlage findet sich in § 253 Abs. 2 BGB.
Beispiel: Eine Radfahrerin erhält nach einem Verkehrsunfall mit komplexem Fersenbeinbruch ein Schmerzensgeld von 22.500 Euro, das ihre Schmerzen, Behandlungen und dauerhaften Beeinträchtigungen wie die drohende Fußversteifung berücksichtigt.
Gesamtschuldner
Gesamtschuldner sind mehrere Personen, die gemeinsam für eine Schuld haften, wobei der Gläubiger die vollständige Leistung von jedem einzelnen Schuldner verlangen kann (§ 421 BGB). Die Zahlung durch einen Gesamtschuldner befreit auch die anderen von ihrer Verpflichtung. Im Innenverhältnis können die Schuldner untereinander einen Ausgleichsanspruch haben.
Beispiel: Bei einem Verkehrsunfall haften sowohl der Fahrer des Unfallwagens als auch dessen Haftpflichtversicherung als Gesamtschuldner. Die geschädigte Radfahrerin kann das gesamte Schmerzensgeld wahlweise vom Fahrer oder von der Versicherung verlangen.
Feststellungsantrag
Ein Feststellungsantrag ist ein Rechtsmittel, mit dem ein Kläger gerichtlich feststellen lassen kann, dass ein bestimmtes Rechtsverhältnis besteht oder nicht besteht (§ 256 ZPO). Bei Unfällen dient er häufig dazu, die grundsätzliche Haftung für künftige, noch nicht bezifferbare Schäden festzustellen, ohne bereits konkrete Beträge einfordern zu müssen.
Beispiel: Die Klägerin stellte nach ihrem Fahrradunfall einen Feststellungsantrag, damit die Beklagten auch für zukünftige Schäden haften müssen, wie etwa Kosten für die später möglicherweise notwendige Fußversteifungsoperation.
Arthrose
Arthrose ist eine degenerative Gelenkerkrankung, bei der sich der Knorpel in den Gelenken fortschreitend abnutzt, was zu Schmerzen, Bewegungseinschränkungen und strukturellen Veränderungen führt. Im juristischen Kontext ist sie relevant als unfallbedingte Folgeschädigung, die bei der Bemessung von Schmerzensgeldhöhe und Schadensersatzansprüchen berücksichtigt wird.
Beispiel: Die Radfahrerin entwickelte nach dem Unfall eine fortgeschrittene Arthrose im Sprunggelenk, die dauerhaft Schmerzen verursacht, ihre Mobilität einschränkt und eine Versteifungsoperation erforderlich machen könnte – Faktoren, die zu einem höheren Schmerzensgeldanspruch führten.
Versteifung
Eine Versteifung (medizinisch: Arthrodese) ist ein operativer Eingriff, bei dem ein Gelenk dauerhaft fixiert wird, um Schmerzen zu lindern, wenn andere Behandlungsmethoden versagen. Rechtlich wird sie als schwerwiegende Dauerfolge angesehen, die bei der Bemessung von Schmerzensgeld besonders berücksichtigt wird, da sie zu erheblichen und irreversiblen Einschränkungen der Bewegungsfähigkeit führt.
Beispiel: Der Radfahrerin droht nach dem Unfall eine Versteifung des Fußgelenks, wodurch jegliche Drehbewegung unmöglich würde und Aktivitäten wie Tanzen oder Joggen dauerhaft ausgeschlossen wären – ein wesentlicher Faktor für die Zuerkennung eines höheren Schmerzensgeldes.
Haftung dem Grunde nach
Haftung dem Grunde nach“ bezeichnet die grundsätzliche Anerkennung der Schadensersatzpflicht, ohne dass bereits über die konkrete Höhe (die „Haftung der Höhe nach“) entschieden wird. Sie ist der erste Schritt bei der rechtlichen Durchsetzung von Schadensersatzansprüchen und basiert auf §§ 823 ff. BGB für die deliktische Haftung.
Beispiel: Die Haftpflichtversicherung des Unfallverursachers erkannte die Haftung dem Grunde nach an und zahlte bereits 7.500 Euro Schmerzensgeld, bestritt jedoch die von der Radfahrerin geforderte höhere Summe, weshalb diese vor Gericht zog, um den angemessenen Betrag feststellen zu lassen.
Wichtige Rechtsgrundlagen
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- § 823 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Schadensersatzpflicht: Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist zum Schadensersatz verpflichtet. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Beklagte zu 1) hat durch sein fahrlässiges Auffahren auf das Fahrrad der Klägerin deren Gesundheit widerrechtlich verletzt und ist daher gemäß § 823 Abs. 1 BGB zum Schadensersatz verpflichtet.
- § 253 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) – Schmerzensgeld: Ist wegen einer Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung Schadensersatz zu leisten, so kann auch wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden (Schmerzensgeld). | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin erlitt durch den Unfall einen Fersenbeinbruch und weitere Beeinträchtigungen, die einen Anspruch auf Schmerzensgeld gemäß § 253 Abs. 2 BGB begründen, da es sich um einen immateriellen Schaden aufgrund einer Körperverletzung handelt.
- § 256 Abs. 1 Zivilprozessordnung (ZPO) – Feststellungsklage: Auf Feststellung des Bestehens oder Nichtbestehens eines Rechtsverhältnisses kann Klage erhoben werden, wenn der Kläger ein rechtliches Interesse daran hat, dass das Rechtsverhältnis durch richterliche Entscheidung alsbald festgestellt werde. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht hat festgestellt, dass die Beklagten zum Ersatz zukünftiger Schäden verpflichtet sind. Dies entspricht einer Feststellungsklage nach § 256 ZPO, da zukünftige unvorhersehbare Schäden aus dem Unfallereignis noch nicht bezifferbar sind, aber ein berechtigtes Interesse der Klägerin an der Feststellung der Haftung besteht.
- § 7 Abs. 1 Straßenverkehrsgesetz (StVG) – Gefährdungshaftung des Halters: Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter verpflichtet, den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Beklagte zu 2) ist als Haftpflichtversicherung des Fahrzeugs des Beklagten zu 1) in die Haftung einbezogen, da § 7 StVG eine Gefährdungshaftung des Fahrzeughalters vorsieht, die hier durch den Betrieb des Fahrzeugs und die Verletzung der Klägerin ausgelöst wurde.
- § 115 Abs. 1 Versicherungsvertragsgesetz (VVG) – Direktanspruch gegen den Versicherer: Der Geschädigte kann seinen Anspruch auf Schadensersatz gegen den Versicherungsnehmer auch gegen den Versicherer geltend machen, soweit eine Haftpflichtversicherung besteht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin kann ihren Schadensersatzanspruch direkt gegen die Beklagte zu 2) als Haftpflichtversicherer des Beklagten zu 1) geltend machen, was ihren Anspruch vereinfacht und die Durchsetzung erleichtert.
Das vorliegende Urteil
LG Karlsruhe – Az.: 6 O 175/21 – Urteil vom 19.04.2023
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Ich bin seit meiner Zulassung als Rechtsanwalt im Jahr 2003 Teil der Kanzlei der Rechtsanwälte Kotz in Kreuztal bei Siegen. Als Fachanwalt für Verkehrsrecht und Fachanwalt für Versicherungsrecht, sowie als Notar setze ich mich erfolgreich für meine Mandanten ein. Weitere Tätigkeitsschwerpunkte sind Mietrecht, Strafrecht, Verbraucherrecht, Reiserecht, Medizinrecht, Internetrecht, Verwaltungsrecht und Erbrecht. Ferner bin ich Mitglied im Deutschen Anwaltverein und in verschiedenen Arbeitsgemeinschaften. Als Rechtsanwalt bin ich bundesweit in allen Rechtsgebieten tätig und engagiere mich unter anderem als Vertragsanwalt für […] mehr über Dr. Christian Gerd Kotz