LG Leipzig – Az.: 1 O 549/16 – Urteil vom 26.06.2019
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 15.000,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen gesetzlichen Basiszinssatz seit dem 18.03.2016 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ausstehende vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 519,79 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen gesetzlichen Basiszinssatz seit dem 18.03.2016 zu zahlen.
3. Von den Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger 40 %; die Beklagte trägt 60 %.
4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar; für den Kläger jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss: Der Streitwert wird auf 25.000,00 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um Schmerzensgeldansprüche aufgrund eines Verkehrsunfalls, der sich am 09.07.2013 um 16:15 Uhr auf der B87 in 04862 Mockrehna ereignet hat. Die Haftung dem Grunde nach ist unstreitig. Im Streit steht allein die Höhe.
Die Beklagte ist der Haftpflichtversicherer des Unfallverursachers, Herr S.
Der Kläger war 2009 aufgrund eines Suizidversuchs in stationärer Behandlung in dem Fachkrankenhaus … gGmbH. Anschließend nahm er mindestens zwei Jahre lang Antidepressiva ein.
Am Unfalltag, dem 09.07.2013, befuhr der Unfallverursacher auf dem Heimweg nach der Arbeit mit seinem Fahrzeug die B87. Im Fahrzeug des Unfallverursachers saß zu diesem Zeitpunkt auf der Rücksitzbank, angeschnallt hinter dem Fahrer, der Kläger. Aus ungeklärter Ursache geriet der Unfallverursacher mit dem von ihm geführten Fahrzeug von der rechten Fahrbahn ab und kollidierte mit mindestens drei auf der linken Fahrspur entgegenkommenden Fahrzeugen.
Aufgrund dieses Verkehrsunfalls wurde der Kläger schwerverletzt. Er wurde unmittelbar nach dem Zusammenstoß per Rettungswagen in das Kreiskrankenhaus „…“ gGmbH in T. verbracht. Vom 09.07.2013 bis einschließlich 24.07.2013 war der Kläger in der Chirurgie des vorgenannten Krankenhauses zur stationären Behandlung seiner aus dem Unfall heraus erlittenen Verletzungen. Dabei handelte es sich um:
– instabile Lendenwirbelkörper 5-Berstungsfraktur,
– Deckenplattenimpression Lendenkörper 4,
– Pneumonie rechts,
– Pleuritis rechts,
– Prellung des Thorax.
Am 11.07.2013 erfolgte der erste operative Eingriff. Es wurde eine perkutane dorsale Stabilisierung mit Fixateur interne L4 – S1 (Kinera mic) vorgenommen. Nach der Operation kam es zur Bildung einer Pneumonie und einer Basalpleuritis, weshalb eine systemische Antibiose erforderlich war. Insgesamt befand sich der Kläger zu diesem Zeitpunkt 16 Tage im Krankenhaus.
Mit Schreiben vom 22.07.2013 wurde die Beklagte zur Anerkennung ihrer uneingeschränkten Eintrittspflicht aufgefordert. Daraufhin anerkannte die Beklagte ihre Eintrittsverpflichtung dem Grunde nach.
Am 21.08.2013 erfolgte ein zweiter operativer Eingriff im Lendenwirbelbereich. Hierfür begab sich der Kläger vom 20.08.2018 bis 27.08.2013 (8 Tage) in stationäre Behandlung in das Kreiskrankenhaus T. „…“ gGmbH.
Am 17.09.2013 zahlte die Beklagte an den Kläger einen Schmerzensgeldvorschuss in Höhe von 5.000,00 Euro.
Vom 01.10.2013 bis 08.11.2013 (6 Wochen) befand der Kläger sich zu Rehabilitationsmaßnahmen in der Klinik … in K..
Mit Schreiben vom 07.11.2013 wurde die Beklagte zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von insgesamt mindestens 30.000,00 Euro aufgefordert. Daraufhin zahlte die Beklagte am 12.11.2017 einen weiteren Schmerzensgeldvorschuss in Höhe von 10.000,00 Euro.
Der Kläger war seit dem Unfallereignis durchgehend bis zum 26.11.2013 (20 Wochen) arbeitsunfähig.
Gemäß Bescheid des Landkreises Nordsachsen vom 16.12.2013 ist bei dem Kläger ein Grad der Behinderung von 30% festgestellt worden. Die Summe von 30% errechnet sich dabei wie folgt:
– 10% aufgrund des Bluthochdruckes des Klägers und
– 20% aufgrund der unfallbedingt eingetretenen Bewegungseinschränkungen.
Mit Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 18.03.2014 ist der Kläger einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt worden.
Mit Schreiben vom 09.04.2014 wurde die klägerische Schmerzensgeldforderung gegenüber der Beklagten auf 50.000,00 Euro erhöht und diese unter Fristsetzung bis zum 24.04.2014 aufgefordert, neben weiteren materiellen Schadensersatzansprüchen, die verbleibenden 35.000,00 Euro auf das Schmerzensgeld zu zahlen.
Mit Schreiben vom 17.10.2014 erklärte die Beklagte, sie halte ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000,00 Euro für angemessen und zahlte nochmals einen Restbetrag in Höhe von 10.000,00 Euro. Darüber hinaus erklärte die Beklagte, dass sie mit der Wirkung eines am 30.10.2014 rechtskräftigen Feststellungsurteils anerkennt, dass sie verpflichtet ist, an den Kläger alle zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden ab dem 30.10.2014 – und zwar unabhängig davon, ob die Schäden vorhersehbar oder nicht vorhersehbar sind – zu ersetzen, soweit diese aus dem Verkehrsunfall vom 09.07.2013 resultieren und ein Forderungsübergang auf Drittleistungsträger nicht stattgefunden hat.
Mit Schreiben vom 16.02.2015 wurde die Beklagte letztmalig zu einer Schmerzensgeldzahlung in Höhe von insgesamt 50.000,00 Euro und somit zur Begleichung eines Restbetrages in Höhe von 25.000,00 Euro aufgefordert. Dies lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 02.03.2015 ab.
Der Kläger behauptet weitere unfallbedingte Verletzungen bzw. dauerhafte Beeinträchtigungen. So habe er durch den Unfall einen hochgradig degenerativ veränderten Faserknorpel mit fokaler Auffaserung und Fibrininsudation erlitten. Zudem sei ihm als Folge des Unfalls eine geringgradig chronische Entzündungsreaktion sowie ein regressiv verändertes knöchernes Gewebe mit Markraumfibrose bescheinigt worden.
Des Weiteren habe der Kläger aufgrund des Unfallereignisses an einer posttraumatischen Belastungsstörung gelitten, welche im Rahmen der stationären Behandlung in der Klinik … K. bis zum Entlassungszeitpunkt des Klägers am 08.11.2013 vollständig rückläufig gewesen sei. Im Rahmen dieser Belastungsstörung habe er mit häufigen Flashbacks vor allem am Abend, mit Zukunftssorgen, mit der Tendenz zur Katastrophisierung, gedrückter Stimmung, Angst mit Panikattacken beim Autofahren sowie mit Ängsten um die Sicherheit seiner Familie zu kämpfen gehabt. Auch wenn diese Belastungsstörung vorüber sei, bestünde bei der Konfrontation mit Schlüsselsituationen nunmehr die erhöhte Wahrscheinlichkeit, dass der Kläger einen Rückfall erleide und sich deshalb erneut in eine stationäre, psychologische Behandlung begeben müsse. Diese Rückfallwahrscheinlichkeit und die damit verbundene, weitere Beeinträchtigung der Lebensführung des Klägers sei unter Berücksichtigung der individuellen Umstände, namentlich des stationären Aufenthaltes im Fachkrankenhaus … mit über zwei jähriger Medikation mit Antidepressiva, maßgeblich erhöht.
Des Weiteren leide der Kläger seit dem Unfallereignis auch unter erheblichen Beeinträchtigungen hinsichtlich des beruflichen Alltags sowie im Freizeitbereich, wie z.B. beim Fahrrad fahren und sonstigen sportlichen Aktivitäten. Darüber hinaus könne er seit dem Unfallereignis auch nur noch höchstens zwei bis drei Stunden am Stück sitzen und daher keine längeren Bus- oder Flugreisen mehr wahrnehmen.
Im Übrigen behauptet der Kläger, dass er nach wie vor aufgrund des Unfallereignisses Ibuprofen 600 sowie Pantropracol wegen der Dauerschmerzen einnehmen müsse. Zur Linderung der Schmerzen nehme er immer noch bis zu 3 x pro Woche Ibuprofen 600 und ergänzend zur Magenverträglichkeit der Ibuprofentabletten Pantropracol ein. Darüber hinaus nehme der Kläger 2x pro Woche physiotherapeutischen Behandlung in Anspruch.
Der Kläger vertritt die Auffassung, dass das geforderte Schmerzensgeld von insgesamt 50.000,00 Euro angemessen und erforderlich sei.
Der Kläger beantragt:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ein weiteres angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichtes gestellt wird, nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen gesetzlichen Basiszinssatz seit dem 18.10.2014 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ausstehende vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 861,68 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen gesetzlichen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte vertritt die Auffassung, dass dem Kläger aus dem streitgegenständlichen Unfall kein weiteres Schmerzensgeld zustünde.
Sie behauptet, dass innerhalb von sechs Wochen eine solch hochgradige degenerative Veränderung des Faserknorpels nicht entstehen könne, diese also bereits vorher bestanden haben müsse. Gleiches gelte für die Entzündungsreaktion.
Auch das behauptete posttraumatische Belastungssyndrom könne ihrer Auffassung nach nicht unfallbedingt in Erscheinung getreten sein. So wiederspreche sich der Kläger. Zum einen schilderte er nämlich, wie er den Autounfall als Mitfahrer bewusst miterlebt und deshalb das Gefühl gehabt habe, jetzt sterben zu müssen. Zum anderen gab er im Rahmen seiner polizeilichen Vernehmung an, noch bei der Kollision geschlafen zu haben und erst durch den Aufprall wachgeworden zu sein.
Darüber hinaus sei der Kläger bereits vor dem Unfall psychisch instabil gewesen. Selbst wenn sich kurzzeitig nach der Kollision eine posttraumatische Belastungsstörung entwickelt haben sollte, sei diese jedenfalls am 08.11.2013 vollständig abgeklungen gewesen.
Das Gericht hat mit Beschluss vom 25.01.2017 ein Gutachten zu den streitigen körperlichen Auswirkungen des Unfalls eingeholt. Bezüglich des Ergebnisses wird auf das Gutachten vom 16.01.2018 (Bl. 85 ff. d. A.) verwiesen.
Mit weiterem Beschluss vom 06.09.2018 hat das Gericht ein Gutachten mit Blick auf die klägerseitig behauptete posttraumatische Belastungsstörung eingeholt. Hinsichtlich des Ergebnisses wird auf das Gutachten vom 14.12.2018 (Bl. 139 ff. d. A.) sowie die Anhörung des Sachverständigen im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 13.06.2019 Bezug genommen.
Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die Protokolle der mündlichen Verhandlungen vom 08.12.2016, 23.08.2018 sowie 13.06.2019 Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
I.
Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.
1. Die Klage ist zulässig. Das Landgericht Leipzig ist gemäß § 20 StVG örtlich sowie nach § 71 Abs. 1 i. V. m. § 23 GVG sachlich zuständig.
2. Die Klage ist jedoch nur teilweise begründet. Im Einzelnen wie folgt:
a) Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 15.000,00 Euro aus §§ 7 Abs. 1, 11 S. 2 StVG i. V. m. § 115 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 VVG zu.
Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs oder eines Anhängers, der dazu bestimmt ist, von einem Kraftfahrzeug mitgeführt zu werden, ein Mensch getötet, der Körper oder die Gesundheit eines Menschen verletzt oder eine Sache beschädigt, so ist der Halter gemäß § 7 Abs. 1 StVG verpflichtet, dem Verletzten den daraus entstehenden Schaden zu ersetzen.
Wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann nach § 11 S. 2 StVG auch eine billige Entschädigung in Geld gefordert werden.
Das Gericht hält als Entschädigung für die erlittenen einzubeziehenden körperlichen Schäden des Klägers ein Schmerzensgeld i. H. v. insgesamt 40.000,00 Euro für angemessen, aber auch ausreichend.
1) Die Bemessung des Schmerzensgeldes orientiert sich an dessen Funktion, Ausgleich für die Schädigung immaterieller Rechtsgüter zu schaffen. Der Verletzte soll durch das Schmerzensgeld in die Lage versetzt werden, sich Erleichterungen und Annehmlichkeiten zu verschaffen, deren Genuss ihm durch die Verletzung unmöglich gemacht worden sind. Bei der Höhe des Schmerzensgeldes sind alle in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Als wesentliche Bemessungsfaktoren stehen der Umfang und die Dauer der Schmerzen, verbleibende Behinderungen und Leiden sowie die durch die unfallbedingten Dauerschäden verursachte Beeinträchtigung der Lebensführung im Vordergrund (vgl. BGHZ 128, 118, 120; BGH, VersR 2001, 876). Zudem ist ein allgemeines „Schmerzensgeldgefüge“ zu berücksichtigen. Aus Gründen der rechtlichen Gleichbehandlung soll die Größenordnung dem Betragsrahmen entsprechen, der in vergleichbaren Fällen zugrunde gelegt worden ist (vgl. z. B. OLG Zweibrücken Urteil vom 27.06.2018, Az.: 1 U 123/15).
Die Genugtuung, die der Schädiger dem Geschädigten schuldet, kann gleichfalls ein Faktor sein, der die Höhe des Schmerzensgeldes beeinflusst. Die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes führt dann zur Erhöhung des Schmerzensgeldes, wenn der immaterielle Schaden durch ein besonders leichtfertiges Verhalten des Schädigers verursacht worden ist. Kann dem Schädiger nur der Vorwurf einer einfachen Fahrlässigkeit gemacht werden, spielt die Genugtuungsfunktion in der Regel nur eine untergeordnete Rolle (OLG Zweibrücken, a.a.O.).
2) Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze hält das Gericht ein Schmerzensgeld von insgesamt 40.000,00 Euro für angemessen. Im Einzelnen wie folgt:
(a) Zwischen den Parteien ist zunächst unstreitig, dass der Kläger durch den Unfall Frakturen an zwei Lendenwirbelkörpern sowie eine Thoraxprellung erlitten hat. Aufgrund der erforderlichen Operationen bildeten sich zudem eine Pneumonie (Lungenentzündung) sowie eine Pleuiritis (Rippen- bzw. Brustfellentzündung). Der Kläger befand sich insgesamt 24 Tage in stationärer Behandlung sowie sechs Wochen in einer Rehabilitationsklinik. Er war 20 Wochen arbeitsunfähig.
(b) Nach Einholung des Sachverständigengutachtens zu den streitigen körperlichen Auswirkungen des Unfalls steht für das Gericht weiterhin fest:
Die degenerativen Veränderungen des Faserknorpels sowie die chronische Entzündungsreaktion sind traumatisch bedingt und ausschließlich auf den Unfall am 09.07.2013 zurückzuführen. Das Trauma-Ereignis, welches 6 Wochen zurücklag, war von der Art und Schwere her geeignet, diese traumatisch bedingten degenerativen Veränderungen der Bandscheibe hervorzurufen.
Der Kläger leidet aus diesen Gründen noch heute an Funktions- und Bewegungsstörungen im Bereich der Wirbelsäule, welche zur Folge haben, dass er bestimmte Tätigkeiten, wie z. B. sportliche Aktivitäten oder das Tragen schwerer Lasten, nicht mehr oder nur noch unter erheblichen Schmerzen ausüben kann.
Aus diesen Gründen ist auch davon auszugehen, dass der Kläger – zumindest in Einzelfällen – bei Bedarf Schmerzmedikamente, wie Ibuprofen 600 mg und ergänzend Pantoprazol 40 mg zu sich nehmen muss und nimmt.
Die Beschwerden an der linken Schulter sind hingegen nicht mit dem Unfallereignis in Zusammenhang zu bringen.
Das Gericht schließt sich diesen Ausführungen des Sachverständigen vollumfänglich an, weil sie von diesem stringent und nachvollziehbar dargestellt und begründet worden sind.
(c) Des Weiteren steht nach Einholung des psychologischen Gutachtens und der Anhörung des Sachverständigen in der letzten mündlichen Verhandlung zur Überzeugung des Gerichts fest, dass der Kläger nicht an einer posttraumatischen Belastungsstörung, sondern vielmehr an einer Anpassungsstörung leidet.
Der Sachverständige hat plausibel und überzeugend ausgeführt, welche Kriterien bei der Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung vorliegen müssten und inwieweit diese bei dem Kläger vorzufinden bzw. zu bestätigen waren. Im Ergebnis hielt der Sachverständige fest, dass der Vollbeweis einer posttraumatischen Belastungsstörung beim Kläger nicht geführt werden könne. Er zeige jedoch psychische Symptome in Reaktion auf den Unfall. Die initiale Anpassungsstörung wie auch die nachfolgende psychische Symptomatik seien seiner Auffassung nach mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auf das Unfallereignis am 09.07.2013 zurückzuführen. Es bestünde insoweit auch kein relevanter Vorschaden (vgl. S. 16 des Gutachtens). Der Sachverständige hielt allerdings auch fest, dass der Kläger die Möglichkeit einer ambulanten psychotherapeutischen Behandlung, die zu einer deutlichen Verbesserung der Restsymptomatik führen könnte, ablehnt.
Zusammenfassend führte der Sachverständige aus, dass der Kläger auf Grund des Unfalls eine typische posttraumatische Reaktion zeige, die jedoch die Kriterien für eine posttraumatische Belastungsstörung nicht ausreichend erfüllt. Stattdessen werde die Diagnose einer Anpassungsstörung gestellt. Der Kläger leide aktuell als Unfallfolge unter weiter andauernden psychischen Symptomen in nicht krankheitswertiger Form. Von einer erhöhten Rückfallwahrscheinlichkeit bei Konfrontation mit Schlüsselreizen sei nicht auszugehen.
(d) Nach alledem hält das Gericht einen Schmerzensgeldanspruch von 40.000,00 Euro für angemessen, wobei im Rahmen der Tenorierung zu berücksichtigen ist, dass die Beklagte bereits 25.000,00 Euro an den Kläger gezahlt hat. Im Einzelnen wie folgt:
Das Gericht geht mit Blick auf die erheblichen direkt unfallbedingten Verletzungen, insbesondere der Frakturen an zwei Lendenwirbelkörpern sowie der Thorax-Prellung, von einem Schmerzensgeldanspruch i. H. v. 20.000,00 Euro aus. Dabei war insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger insgesamt ca. 20 Wochen arbeitsunfähig war und sich knapp neuneinhalb Wochen in Krankenhaus- bzw. Rehabilitationseinrichtungen aufhalten musste.
Darüber hinaus sind die erheblichen Dauerschäden, nämlich die hochgradig degenerative Veränderung des Faserknorpels neben der hochgradig chronischen Entzündungsreaktion sowie den Bewegungseinschränkungen im Brust- und Lendenwirbelsäulenbereich zu berücksichtigen. Für diese Dauerschäden hält das Gericht die Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes i. H. v. 15.000,00 Euro für angemessen.
Abschließend ist im vorliegenden Fall mit einzubeziehen, dass der Kläger auf Grund des Ereignisses unter psychischen Symptomen, nämlich einer Anpassungsstörung, leidet. Mit Blick hierauf vertritt das Gericht die Auffassung, dass ein zusätzliches Schmerzensgeld i. H. v. 5.000,00 Euro als gerechtfertigt aber auch ausreichend erscheint. Dabei war zugunsten der Beklagten insbesondere zu berücksichtigen, dass – so die Ausführungen des Sachverständigen im Rahmen der mündlichen Verhandlung – die Therapie in K. falsch angegangen wurde und der Kläger selbst eine weiterführend ambulante psychotherapeutische Behandlung ablehnte.
b) Der Zinsanspruch des Klägers besteht ab Rechtshängigkeit. Der Kläger hat zwar eine Verzinsung ab 18.10.2014 beantragt, er erklärte jedoch in der Klagebegründung eindeutig, dass die Zinsen als Prozesszinsen geltend gemacht würden.
c) Bei der Berechnung der Rechtsanwaltsgebühren ist zum einen von einem Streitwert von 40.000,00 Euro auszugehen. Zum anderen war die Gebührentabelle bis zum 31.07.2013 anzuwenden. Der Prozessvertreter des Klägers berechnete seine Gebühren im Rahmen der Klageschrift an der alten Tabelle, so dass das Gericht davon ausgeht, dass diese unter den Voraussetzungen des § 60 RVG noch anzuwenden ist. Insgesamt setzen die Rechtsanwaltskosten sich deshalb zusammen aus der Geschäftsgebühr i. H. v. 1.172,60 Euro, der Dokumentenpauschale von 30,25 Euro, der Pauschale für Post und Telekommunikation von 20,00 Euro sowie der Gerichtskosten für Akteneinsicht von 12,00 Euro. Zzgl. USt. abzzgl. bereits erfolgter Zahlung der gegnerischen Haftpflichtversicherung von 949,68 Euro ergibt sich der tenorierte Betrag.