AG Darmstadt – Az.: 316 C 151/15 – Urteil vom 28.04.2016
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 900,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.01.2015 zu zahlen.
Die Beklagten werden weiter verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 85,68 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 16.07.2015 zu zahlen.
Die Kosten des Rechtsstreits haben die Beklagten als Gesamtschuldner zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Beklagten bleibt es nachgelassen, die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin begehrt Schmerzensgeld aufgrund eines Verkehrsunfalls, der sich am 20.08.2014 um ca. 08:00 Uhr auf der R-straße in D ereignete. Die vollumfängliche Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist unstreitig.
Die Klägerin befuhr die R-strasse und stand auf der linken Fahrspur der Kreuzung R-straße/ An der P. Vor der Klägerin stand ein Zweirad, davor ein Pkw, der links in die Straße „An P.“ einbiegen wollte. Die Beklagte zu 1) fuhr von hinten auf das Fahrzeug der Klägerin auf und schob dieses ca. einen Meter nach vorne.
Durch den Unfall entstand ein wirtschaftlicher Totalschaden am Fahrzeug der Klägerin. Der Durchgangsarzt stellt bei der Klägerin eine HWS Distorsion fest (Bl. 10 d.A.).
Im Nachschaubericht vom 27.08.2014 (Bl. 11 d.A.) bescheinigte der Durchgangsarzt Schmerzen im Nacken und Druckschmerz paravertebral entlang der HWS mit tastbarer muskulärer Verhärtung linksseitig und endgradiger Einschränkung der Drehbewegung der HWS sowie der Inklination und Retroflexion.
Bei einer späteren Untersuchung wurde bei der Klägerin eine Myotonie und eine degenerative Veränderung und dorsale Bandscheibenvorwölbung in C5/6 und C6/7 festgestellt (Bl. 13 d.A.).
Der Klägerin wurden Novalgin, Voltaren, Pantozol und Ortoton verordnet (Bl. 18 f. d.A.).
Die Beklagte zu 2) leistete zunächst ein Schmerzensgeld in Höhe von 200,00 €.
Mit Schreiben vom 12.01.2015 (Bl. 23 ff. d.A.) forderte der Klägervertreter die Beklagte zu 2) auf, ein Schmerzensgeld von weiteren 1.300,00 € zu leisten.
Unter dem 05.02.2015 wies die Beklagte zu 2) weitere 100,00 € an. Auf ein weiteren Anwaltsschreiben vom 12.02.2015 zahlte die Beklagte zu 2) nochmals 300,00 €.
Mit Schreiben vom 16.03.2015 (Bl. 27 d.A.) lehnte die Beklagte zu 2) eine weitere Leistung von Schmerzensgeld ab.
Die Klägerin behauptet, sie habe unfallbedingt länger unter Schmerzen im Nacken gelitten.
Unfallbedingt habe sie ab dem 28.08.2014 jeweils zwei Sitzungen pro Woche Krankengymnastik mit Massage und Fango durchführen müssen. Sie, die Klägerin, sei unfallbedingt vom 20.08.2014 bis 22.08.2014 (Bl. 15 d.A.) und vom 01.09.2014 bis 05.09.2014 krankgeschrieben gewesen. Unfallbedingt hätte sie in ihrem lange geplanten Erholungsurlaub das umfangreiche Sportprogramm in Form von Tennis, Go-Kart und Golf nicht wahrnehmen können. Selbst das Baden sei ihr aufgrund ihrer starken Schmerzen verwehrt geblieben. Aufgrund unfallbedingter erheblicher Schmerzen im Kopf- und Nackenbereich sei ihr die Arbeit erheblich erschwert gewesen.
Die Klägerin beantragt,
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 900,00 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 27.01.2015 zu zahlen.
2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 85,68 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten ab Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Klägerin wurde informatorisch angehört. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der informatorischen Anhörung wird auf das Protokoll der öffentlichen Sitzung vom 08.10.2015 (Bl. 53 ff. d.A.) Bezug genommen. Des Weiteren hat das Gericht gemäß Beweisbeschluss vom 08.10.2015 (Bl. 57 f. d.A.) Beweis erhoben durch Einholung eines medizinischen Sachverständigengutachtens. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dr. med. G. wird auf die bei Bl. 62 ff. d.A. befindliche Ausfertigung Bezug genommen. Der Sachverständige hat sein Gutachten unter dem 26.02.2016 ergänzt. Bezüglich des Ergänzungsgutachtens wird auf die bei Bl. 89 ff. d.A. befindliche Ablichtung Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
Der Klägerin steht gegen die Beklagten als Gesamtschuldner ein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe der beantragten weiteren 900,00 € aus §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1 und 3, 11 Satz 2 StVG i.V.m. §§ 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG, 2 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 PflVersG zu.
Die Klägerin erlitt aufgrund des Verkehrsunfalls vom 20.08.2014 auf der R-strasse in D. eine HWS Distorsion 2. Grades. Dies steht zur Überzeugung des Gerichts aufgrund des Sachverständigengutachtens des Dr. med. G. vom 16.12.2015 fest. Der Sachverständige hat dort ausgeführt, dass die entsprechenden Untersuchungsbefunde im D-Arztbericht von Herrn Dr. med. S. für eine HWS-Verletzung mit Schweregrad 2, die Beschwerden im Bereich der HWS, sogenannte muskuloskelettale Untersuchungsbefunde und einen muskulären Hartspann voraussetzen, sprechen.
Des Weiteren hat der Sachverständige überzeugend ausgeführt, dass es sich bei den von Beklagtenseite angeführten Myotonien nur um die Bezeichnung eines erhöhten Spannungszustandes eines oder mehrerer Muskeln handelt, nicht aber um eine Vorerkrankung der Klägerin in dem unfallbetroffenen Bereich.
Der Sachverständige hat auch ausgeführt, dass die von der Klägerin angeführten Beschwerden für einen Zeitraum von höchstens drei Monaten nachvollziehbar sind. Hierein fallen sowohl die von der Klägerin angeführten Krankschreibungen, als auch die Behandlungen mit Fango und Massage.
Insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdezeitraum auch in den Urlaubszeitraum der Klägerin fiel, hält das Gericht ein Schmerzensgeld von 1.500,00 € für angemessen. Dabei war es für das Gericht nicht von Bedeutung, ob der Klägerin ein Baden im offenen Meer nun möglich war oder nicht, jedenfalls konnte sie die übrigen Angebote, wie Tennis, Golf und Go-Kart fahren nachweislich nicht nutzen.
Aufgrund der vorgerichtlichen Zahlung der Beklagten zu 2) in Höhe von 600,00 €, war der Klägerin ein weiteren Schmerzensgeld von 900,00 € zuzusprechen.
Die Zinsentscheidung folgt aus §§ 280 Abs. 2, 286, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
Als Kosten der erforderlichen Rechtsverteidigung sind der Klägerin auch die außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten ihres Prozessbevollmächtigten zu erstatten. Die Geltendmachung einer 1,3-fachen Geschäftsgebühr zuzüglich Auslagen und Mehrwertsteuer ist üblich und angemessen.
Die Zinsentscheidung hierauf ergibt sich aus §§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 und 708 Nr. 11, 711 ZPO.