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Verkehrsunfall – Schmerzensgeldbemessung

LG Zweibrücken – Az.: 1 U 123/15 – Urteil vom 27.06.2018

1. Die Berufungen der Beklagten und der Klägerin gegen das Urteil des Einzelrichters der 4 Zivilkammer des Landgerichts Landau in der Pfalz vom 27.08.2015, Az. 4 O 2/13, werden mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass das Urteil des Landgerichts Landau in der Pfalz hinsichtlich der Ziffer 2 des Urteilstenors zur Klarstellung wie folgt neu gefasst wird:

Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin alle aus dem Verkehrsunfall vom … auf der … zwischen … und … künftig noch entstehenden unfallbedingten materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, soweit Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder Dritte übergegangen sind.

2. Von den Kosten des Berufungsverfahrens haben die Klägerin 36 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 64 % zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen.

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Gründe

I.

Die Klägerin begehrt von den Beklagten die Zahlung eines Schmerzensgeldes und die Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten für Zukunftsschäden.

Die am … geborene Klägerin war bis 2003 bei der … als Betriebsinspektorin tätig. In einem Attest …, vom 05.06.2003 heißt es u.a.:

„Subjektive Beschwerden: Über Jahre hinweg chron. Wirbelsäulenbeschwerden mit Nervenschmerzen; zudem ziehende Beschwerden in bd. Händen sowie funktionelle Behinderung bd. Schultergelenke.

Diagnose: chron. deg. LWS-Syndrom mit radiculärer Reizsymptomatik rechts … Adipositas permagna.

…“

In einem „Zurruhesetzungsgutachten“ vom 20.06.2003 des Arztes für Allgemeinmedizin und Sozialmedizin … heißt es zu „jetzigen Beschwerden“ der Klägerin:

„Klagt über Schmerzen im Bereich der HWS und LWS verbunden mit Schulter- Arm-Beschwerden und Ischiasbeschwerden rechts, daneben bestehen Sprunggelenksbeschwerden und Schmerzen im linken Handgelenk“.

Als Diagnosen hielt … Verschleißleiden der Wirbelsäule, ein Wirbelsäulen-Syndrom, Schulter-Arm-Beschwerden, ein Karpaltunnelsyndrom links, und ein operiertes Karpaltunnelsyndrom rechts fest. In seiner Beurteilung kommt er zu dem Ergebnis, dass die Klägerin weiterhin dienstunfähig und ein Ende der notwendigen Therapie nicht absehbar sei. Mit Urkunde vom 08.10.2003 wurde die Klägerin in den Ruhestand versetzt.

Am 25.01.2008 erlitt die Klägerin bei einem vom Beklagten zu 1 verschuldeten Verkehrsunfall folgende Verletzungen:

  • tiefreichende Weichteilverletzung im Bereich der beiden Kniegelenke mit Durchtrennungen von Nerven und Lymphgefäßen sowie Schädigung der Schleimbeutel;
  • Ausrenkung des Gelenks zwischen erstem Mittelfußstrahl und Mittelfußknochen rechts;
  • Ausrenkung des Grundgelenks der zweiten Zehe rechts;
  • Trümmerbruch des Gelenkkopfes des linken Oberarms;
  • Prellung des Hemithorax rechts;
  • Prellung Schlüsselbein/Schulterregion rechts und
  • Hämatome und Schwellungen an beiden Beinen und Füßen.

Die Klägerin wurde vom 25.01. bis 08.02.2008 stationär behandelt. Die Weichteilverletzungen an den Knien und die Fußwurzelverletzung rechts wurden operativ versorgt. Dabei wurden die Schleimbeutel der Kniegelenke entfernt. Die Behandlung der Trümmerfraktur des Gelenkkopfes des linken Oberarmknochens erfolgte konservativ. Der Bruch verheilte mit einer Deformierung des Oberarmkopfes, an dem sich knöcherne Randzacken bildeten und der nicht mehr zentriert in der Pfanne sitzt. Ein im Rahmen der Behandlung des rechten Mittelfußknochens eingebrachter Draht (Draht-Osteosynthese) wurde am 07.03.2008 ambulant entfernt.

Die Beklagte zu 2 zahlte auf den immateriellen Schaden der Klägerin aus dem Verkehrsunfall vom 25.01.2008 vorprozessual 22.500,00 €.

Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, sie leide unfallbedingt an erheblichen Dauerschäden. Im Bereich der linken Schulter bestehe eine lebenslange Minderung der Belastbarkeit und der Beweglichkeit; als Spätfolge seien eine Nekrose und ein künstliches Schultergelenk möglich. Im Bereich des rechten Knies drohe wegen der Entfernung des Schleimbeutels eine Arthrose und beim Knien bestünden unerträgliche Schmerzen aufgrund der unfallbedingten Verletzung eines Nervs und einer dadurch bedingten starken Nervenreizung. Infolge der Unterbrechung von Lymphbahnen und der Blutgefäße bestünden anhaltende schmerzhafte Weichteilschwellungen unterhalb des Knies. Im Bereich des linken Knies bestehe ebenfalls die Gefahr einer Arthrose wegen der Entfernung des Schleimbeutels. Auch hier bestünden unerträgliche Schmerzen beim Knien infolge von Verwachsungen bei der Heilung der Schnittverletzung. Im Bereich des rechten Fußes bestehe eine lebenslange Minderung der Beweglichkeit und der Belastbarkeit und eine unfallbedingt beginnende Arthrose an den geschädigten Stellen. Außerdem müsse die Klägerin seit dem Unfall Schuheinlagen tragen; mögliche Spätfolge sei eine Fehlstellung von Zehen.

Die Klägerin hat erstinstanzlich ein weiteres Schmerzensgeld von mindestens 40.000,00 € und den Ersatz eines Haushaltsführungsschaden von 3.500,00 € geltend gemacht.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 3.500,00 € zu zahlen nebst 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 07.02.2008;

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin ein weiteres Schmerzensgeld in Höhe von 40.000,00 € zu zahlen nebst 5 Prozentpunkten hieraus über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 07.02.2008;

3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, alle materiellen und immateriellen Schäden der Klägerin aus dem Unfallereignis vom 25.01.2008, soweit sie nicht auf Sozialversicherungsträger übergangen sind, zu zahlen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie haben bestritten, dass die Dauerschäden unfallbedingt seien. Die von der Klägerin beklagten Beeinträchtigungen seien auf unfallunabhängige Faktoren zurückzuführen. Abweichende Feststellungen bisheriger (Privat-)Gutachter seien nicht verwertbar, weil Feststellungen zu dem gesundheitlichen Zustand der Klägerin vor dem Unfall wegen der Nichtvorlage eines Vorerkrankungsverzeichnisses fehlen würden.

Verkehrsunfall - Schmerzensgeldbemessung
(Symbolfoto: Von tommaso79/Shutterstock.com)

Das Landgericht hat nach Anhörung der Klägerin und der Erhebung von Sachverständigenbeweis der Klage auf Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes in Höhe von 12.500,00 € und auf Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten für unfallbedingte materielle und immaterielle Schäden der Klägerin stattgegeben. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die unfallbedingten Verletzungen der Klägerin und die durch die Sachverständigen festgestellten Dauerschäden ein Schmerzensgeld von insgesamt 35.000,00 € rechtfertigen würden. Vom Sachverständigen … festgestellte Vorschäden in Form von Kniearthrosen beidseits würden die Haftung der Beklagten nicht mindern, weil dem Schädiger grundsätzlich auch jene Auswirkungen seiner Verletzungshandlung zuzurechnen seien, die sich erst deshalb ergäben, weil der Verletzte bereits einen Körperschaden oder eine sonstige konstitutionelle Schwäche gehabt habe.

Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen und den Einzelheiten der rechtlichen Beurteilung wird auf Tatbestand und Gründe der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Mit ihrer Berufung verfolgen die Beklagten ihren Klageabweisungsantrag weiter. Sie rügen, dass der Erstrichter der Klägerin entgegen dem Antrag der Beklagten nicht aufgegeben habe, ein Vorerkrankungsverzeichnis vorzulegen. Die Klägerin erstrebt mit ihrer Berufung die Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, aber 10.000,00 € nicht unterschreiten solle; die Abweisung der Klage auf Zahlung eines weiteren Haushaltsführungsschadens nimmt die Klägerin hin.

Die Beklagten beantragen, das Urteil des Landgerichts Landau vom 27.08.2015, 4 O 2/13, teilweise abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

Die Klägerin beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen und im Wege der Berufung das Urteil des Landgerichts Landau vom 27.08.2015, 4 O 2/13, zugestellt am 03.09.2015, abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes weiteres über das in Ziffer 1 des Urteils des Landgerichts Landau festgesetzte Schmerzensgeld zu zahlen, das jedoch nicht unter 10.000 € liegen sollte.

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen … vom 12.06.2017 (Bl. 440 ff. d.A.) und eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen … vom 26.02.2018 (Bl. 549 ff. d.A.).

Auf die in beiden Rechtszügen gewechselten Schriftsätze und vorgelegten Urkunden wird zur Ergänzung des Tatbestands Bezug genommen.

II.

Die zulässigen Berufungen bleiben jeweils erfolglos. Der Klägerin steht aus dem streitgegenständlichen Unfall ein Schmerzensgeld in Höhe von insgesamt 35.000 € zu. Hiervon hat die Beklagte zu 2 vorgerichtlich bereits 22.500 € gezahlt. Das Landgericht hat der Klägerin daher zu Recht weitere 12.500 € zugesprochen.

1.

Die Klägerin kann von den Beklagten aus § 7 Abs. 1, § 11 Satz 2 StVG, § 823 Abs. 1, § 253 Abs. 2 BGB, § 115 Abs. 1 VVG ein Schmerzensgeld beanspruchen. Als Ausgleich für die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung bereits entstandenen immateriellen Unfallschäden hält der Senat mit dem Landgericht ein Schmerzensgeld von insgesamt 35.000 € für angemessen.

a) Die Bemessung des der Klägerin zustehenden Schmerzensgeldes orientiert sich an dessen Funktion, Ausgleich für die Schädigung immaterieller Rechtsgüter zu schaffen. Die Verletzte soll durch das Schmerzensgeld in die Lage versetzt werden, sich Erleichterungen und Annehmlichkeiten zu verschaffen, deren Genuss ihr durch die Verletzung unmöglich gemacht worden sind (vgl. OLG Hamm, Urt. v. 21.12.2010 – 21 U 14/08, juris Rn 62). Bei der Höhe des Schmerzensgeldes sind alle in Betracht kommenden Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Als wesentliche Bemessungsfaktoren stehen der Umfang und die Dauer der Schmerzen, verbleibende Behinderungen und Leiden sowie die durch die unfallbedingten Dauerschäden verursachte Beeinträchtigung der Lebensführung im Vordergrund (vgl. BGHZ 128, 118, 120; BGH, VersR 2001, 876). Zudem ist ein allgemeines „Schmerzensgeldgefüge“ zu berücksichtigen (vgl. Senatsurteile vom 15.10.2014 – 1 U 17/14 und vom 02.09.2015 -1 U 192/14). Aus Gründen der rechtlichen Gleichbehandlung soll die Größenordnung dem Betragsrahmen entsprechen, der in vergleichbaren Fällen zugrunde gelegt worden ist (OLG Hamm, aaO.).

Die Genugtuung, die der Schädiger dem Geschädigten schuldet, kann gleichfalls ein Faktor sein, der die Höhe des Schmerzensgeldes beeinflusst (vgl. BGHZ 18, 249; OLG Hamm, aaO.). Die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes führt dann zur Erhöhung des Schmerzensgeldes, wenn der immaterielle Schaden durch ein – hier nicht feststellbares – besonders leichtfertiges Verhalten des Schädigers verursacht worden ist (vgl. G. Müller, VersR 2003, 14). Kann dem Schädiger nur der Vorwurf einer einfachen Fahrlässigkeit gemacht werden, spielt die Genugtuungsfunktion in der Regel nur eine untergeordnete Rolle (BGHZ 120, 1, 7; G. Müller, ZFS 2005, 54).

Auch das Regulierungsverhalten des Haftpflichtversicherers kann ein das Schmerzensgeld erhöhender Umstand sein, wenn der Versicherer auf ein zu erwartendes erhebliches Schmerzensgeld aus nicht nachvollziehbaren Gründen nicht einmal einen angemessenen Vorschuss leistet, mithin eine der Klägerin zustehende Entschädigung objektiv willkürlich einbehält (vgl. OLG Frankfurt, NJW 1999, 2447; OLG Naumburg VersR 2002, 1569; OLG Köln MedR 2015, 737; OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.08.2014 – I-1 U 52/12-, juris Rn. 55).

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b) Gemessen an diesen Vorgaben hält der Senat ein Schmerzensgeld von insgesamt 35.000 € für angemessen.

Zwischen den Parteien ist unstreitig, dass die Beklagten für den Schaden der Klägerin aus dem Verkehrsunfall vom … dem Grunde nach in vollem Umfang einzustehen haben. Unstreitig sind weiter die unfallbedingten Primärverletzungen der Klägerin (Protokoll der Sitzung des Landgerichts vom 25.04.2013, Seite 2, Bl. 45 d.A.). Sie betreffen den Bereich der linken Schulter, die beiden Kniegelenke, den rechten Mittelfuß und den rechten Zeh der Klägerin. Danach sind bei der Bemessung des Schmerzensgelds tiefreichende Weichteilverletzungen im Bereich der beiden Kniegelenke mit Durchtrennungen von Nerven und Lymphgefäßen sowie die Schädigung der Schleimbeutel, die Ausrenkung des Gelenks zwischen erstem Mittelfußstrahl und Mittelfußknochen rechts, die Ausrenkung des Grundgelenks der zweiten Zehe rechts, der Trümmerbruch des Gelenkkopfes des linken Oberarms, die Prellung des Hemithorax rechts, die Prellung in der Schulterregion rechts sowie Hämatome und Schwellungen an beiden Beinen und Füßen zu berücksichtigen. Weiter sind zu berücksichtigen der stationäre Aufenthalt der Klägerin vom 25.01. bis 08.02.2008 im Klinikum … mit operativer Versorgung der Weichteilverletzungen an den Knien (Entfernung der Schleimbeutel) und der Fußwurzelverletzung rechts sowie die ambulante Drahtentfernung am rechten Fuß am 07.03.2008. Als ein das Schmerzensgeld erhöhender Faktor ist zudem zu berücksichtigen, dass der Trümmerbruch der linken Schulter nur mit einer Deformierung des Oberarmkopfes, an dem sich knöcherne Randzacken gebildet haben und der nicht mehr zentriert in der Pfanne sitzt, verheilt ist.

Danach erlitt die Klägerin durch den Unfall schwere Primärverletzungen, die – wie die gerichtlichen Sachverständigen nachvollziehbar festgestellt haben – nicht folgenlos ausheilten. Wegen der unfallbedingten Verletzungen wurde die Klägerin 15 Tage stationär behandelt, wobei die Verletzungen an den Knien und am rechten Fuß operativ versorgt werden mussten. Die Schleimbeutel der Kniegelenke mussten entfernt und die Verletzung am rechten Mittelfuß mit einer Drahtosteosynthese fixiert werden. Der Trümmerbruch des Gelenkkopfes im Oberarm ist zwar (mit einer erheblichen Deformierung) verheilt; jedoch besteht die Gefahr einer zunehmenden Arthrose und einer notwendig werdenden endoprothetischen Versorgung (vgl. das Gutachten des Sachverständigen … vom 11.10.2013, Seite 7, Bl. 107 d.A. und das für die Beklagte zu 2 erstellte Privatgutachten … vom 24.08.2011, Anlagenband). Die Beweglichkeit der (linken) Schulter ist erheblich eingeschränkt, ohne dass Aussicht auf Besserung besteht, so der Sachverständige … (aaO.).

Vergleichbares gilt für die Verletzung des rechten Fußes. Als Folge der Verletzung ist es hier bereits zu einer Arthrose zwischen dem Mittelfußknochen und dem ersten Strahl mit deutlichen knöchernen und tastbaren Randanbauten gekommen (Gutachten des Sachverständigen … vom 11.10.2013, Seite 8, Bl. 108 d.A.). Folge der Verletzung ist weiter ein mögliches Fortschreiten der Arthrose, das durch die mit der Adipositas der Klägerin verbundenen Gewichtsbelastung begünstigt wird. Weitere operative Eingriffe, wie eine Teilversteifung, werden gegebenenfalls erforderlich sein (Gutachten … aaO.; Privatgutachten …, aaO., S. 8). Die Klägerin wird lebenslang adäquate Einlagen tragen müssen (Gutachten …, aaO.).

Die Schwellneigung im Bereich der Kniegelenke ist ebenfalls zu 100 % auf den streitgegenständlichen Unfall zurückzuführen. Sie beruht insbesondere nicht auf einer (unfallunabhängigen) chronisch-venösen Insuffizienz. Eine solche bestand weder im Jahr 2010 noch im Jahr 2015, in dem Stammvenen in den Beinen der Klägerin entfernt wurden (Gutachten des Sachverständigen … vom 26.02.2018, Seite 24, Bl. 572 d.A.). Ursache der Schwellneigung im Bereich der Kniegelenke ist eine dauerhafte Nervenstörung (Allodynie) (Gutachten des Sachverständigen … vom 26.02.2018, S. 25, Bl. 573 d.A.). Die Klägerin wird durch die Narbenbildung im Bereich der Knie und der „klar belegten Allodynie“ dauerhaft keine knieende Position einnehmen können und immer wieder Druck und berührungsbedingte Schmerzen, auch bei Bewegungen durch Scherkräfte im Narbengebiet aushalten müssen, so der Sachverständige … (aaO.). Der Sachverständige hat weiter festgestellt, dass die lokale Vorwölbung unterhalb des rechten Knies ebenfalls „zu 100 %“ auf den Unfall zurückzuführen ist (aaO.). Nachdem der Sachverständige die Unfallursächlichkeit auch dieser Beeinträchtigungen für den Senat nachvollziehbar mit einer Allodynie begründet hat und die Beklagte gegen diese Feststellungen keine Einwendungen vorgebracht hat, sind auch diese Beeinträchtigung als ein das Schmerzensgeld erhöhender Faktor zu berücksichtigen.

Die unfallbedingten Verletzungen und Beeinträchtigungen der Klägerin rechtfertigen im Rahmen einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des Schadensbildes ein Schmerzensgeld von 35.000,00 € (vgl. zu Schmerzensgeldern bei immateriellen Schäden mit einem im weitesten Sinn vergleichbaren Ausmaß die in Hacks/Wellner/Häcker, Schmerzensgeldbeträge, 36. Auflage, unter den laufenden Nr. 36.84, 36.260 und 36.1038 veröffentlichten Gerichtsentscheidungen aus den Jahren 2007 bis 2009 mit auf das Jahr 2018 indexierten Schmerzensgeldern von 34.313 €, 33.266 € und – allerdings bei schwereren Primärschäden, einer 11-wöchigen stationären Behandlung und einem Jahr Arbeitsunfähigkeit zu 100 % – von 46.394 €).

Die von den Beklagten auf Seite 3 der Klageerwiderung (Bl. 23 d.A.) als Beleg für ein angemessenes Schmerzensgeld in der Größenordnung zwischen 15.000,00 € bis 17.000,00 € angeführten Entscheidungen unter den laufenden Nummern 1803, 1809 und 1873 in Hacks/Wellner/Häcker, aaO., 30. Auflage, betreffen nur einen Teil des immateriellen Unfallschadens der Klägerin, nämlich die Verletzung im Schulterbereich, und sind von daher als Anknüpfungspunkt für die Bemessung des der Klägerin zustehenden Schmerzensgeldes nicht geeignet. Die Klägerin erlitt durch den streitgegenständlichen Unfall ein Polytrauma. Die unfallbedingten Verletzungen haben Dauerschäden nicht nur im Schulterbereich, sondern auch im Bereich der Knie und des rechten Fußes hinterlassen, unter denen die Klägerin ihr restliches Leben leiden und die sie in ihrer allgemeinen Lebensführung einschränken werden.

Die Rüge der Berufung, die Klägerin habe zu den alltäglichen Beeinträchtigungen, die die unfallbedingten Folgeschäden mit sich bringen, nicht ausreichend vorgetragen, ist ohne durchgreifenden Erfolg. Für die Bestimmung des Schmerzensgeldes sind Feststellungen zu gesundheitlichen Dauerschäden ausreichend. Nähere Ausführungen dazu, mit welchen konkreten Beeinträchtigungen die Beschränkungen der Beweglichkeit der linken Schulter, die Schmerzen beim Knien, die Notwendigkeit des Tragens von Einlagen im rechten Schuh und die eingeschränkte Belastbarkeit des rechten Fußes bei längeren Gehstrecken im Alltag verbunden sind, bedarf es hierfür nicht. Soweit die Klägerin in dem Zusammenhang auf eine nähere Beschreibung der Auswirkungen der Beschwerden im Alltag verzichtet, wirkt sich dies bei der Bemessung des Schmerzensgeldes in prozessualer Hinsicht nicht zum Nachteil der Beklagten aus. Lediglich ergänzend seien die Beklagten auf die Ausführungen in dem von der Beklagten zu 2 selbst eingeholten Privatgutachten des … vom 24.08.2011 (Anlagenband) hingewiesen, in dem sich auf den Seiten 3 und 7 die von den Beklagten vermisste Beschreibung der Auswirkungen der von der Klägerin hinzunehmenden Dauerschäden im alltäglichen Leben entnehmen lässt.

Das von der Klägerin kritisierte Regulierungsverhalten der Beklagten rechtfertigt eine weitere Anhebung des Schmerzensgeldes nicht. Die Beklagte zu 2 hat vorgerichtlich auf das Schmerzensgeld 22.500,00 € bezahlt und unfallbedingte Dauerschäden der Klägerin, die ein höheres Schmerzensgeld hätten rechtfertigen können, bestritten. Damit hat sie nicht objektiv willkürlich und treuwidrig die Auszahlung von Beträgen abgelehnt, die der Klägerin zum Ausgleich ihres immateriellen Schadens offensichtlich zugestanden hätten.

2.

Soweit die Berufung auf mögliche Vorerkrankungen der Klägerin hinweist, führt dies vorliegend nicht dazu, dass die Beklagten nicht in vollem Umfang für die bei der Klägerin festgestellten Dauerschäden einzustehen hätten.

a) Über das Vorliegen von unfallbedingten Folgeschäden ist im Rahmen der haftungsausfüllenden Kausalität mit dem Beweismaß des § 287 ZPO zu entscheiden (BGH NJW 2008, 1381; BGH NJW-RR 2009, 409). § 287 ZPO stellt vergleichbar geringere Anforderungen an die Überzeugungsbildung; es genügt eine höhere oder deutlich höhere Wahrscheinlichkeit für das unfallbedingte Vorliegen der behaupteten Beschwerden (vgl. BGH NJW-RR 2005, 897). Die unfallbedingte Entstehung der behaupteten Beschwerden muss somit zumindest wahrscheinlicher sein als ihre unfallunabhängige Entstehung (vgl. OLG München, Urt. v. 21.05.2010 – 10 U 2853/06, juris Rn. 125 mwN.).

Die Wahrscheinlichkeit von unfallbedingten Folgeschäden wird zwar davon beeinflusst, in welcher gesundheitlichen Verfassung die Klägerin zum Zeitpunkt des Schadenseintritts war. Mögliche Vorerkrankungen sind aber nur insoweit beachtlich, als sie den adäquaten Kausalzusammenhang zwischen den unfallbedingten Primärverletzungen und den Folgeschäden betreffen. Sie sind ohne Relevanz, solange sie nicht den adäquaten Kausalzusammenhang oder den Rechtswidrigkeitszusammenhang unterbrechen (vgl. OLG München RuS 2016, 101 Rn. 32). Die Mitverursachung einer Verschlechterung im Befinden reicht danach aus, um die volle Haftung des Schädigers zu begründen. Aus diesem Grund spielt es keine Rolle, ob ein Ereignis die ausschließliche oder alleinige Ursache einer Gesundheitsbeeinträchtigung ist; eine Mitursächlichkeit, sei sie auch nur Auslöser neben erheblichen anderen Umständen, steht einer Alleinursächlichkeit in vollem Umfang gleich (BGH VersR 2002, 200; 2005, 945 Rn. 10 mwN.). Der Schädiger kann sich auch nicht darauf berufen, dass der Schaden nur deshalb eingetreten sei oder ein besonderes Ausmaß erlangt habe, weil der Verletzte infolge bereits vorhandener Beeinträchtigungen und Vorschäden besonders anfällig für eine erneute Beeinträchtigung gewesen sei. Wer einen gesundheitlich schon geschwächten Menschen verletzt, kann nicht verlangen, so gestellt zu werden, als wenn der Betroffene gesund gewesen wäre. Der Schädiger hat keinen Anspruch darauf, nur auf einen Gesunden zu treffen (BGHZ 132, 341, 345 137, 142, 145). Dementsprechend ist eine volle Haftung des Schädigers auch dann zu bejahen, wenn der Schaden auf einem Zusammenwirken körperlicher Vorschäden und den Unfallverletzungen beruht, ohne dass die Vorschäden „richtungsgebend“ verstärkt werden (BGHZ 107, 359; 132, 341; BGH VersR 2005, 945 Rn. 11 mwN.).

b) Die von den Beklagten zum Beleg für Vorerkrankungen der Klägerin angeführten ärztlichen Atteste vom Juni 2003 enthalten danach – unabhängig vom Vorbringen der Klägerin dazu, dass zu jener Zeit verbeamtete Mitarbeiter der … AG (per se) in den vorzeitigen Ruhestand geschickt werden sollten – keine tragfähigen Hinweise auf Vorerkrankungen, die für die Beurteilung der Frage erheblich sind, ob von der Klägerin vorgebrachte Beschwerden für die Zeit nach dem Unfall vom … und den dabei erlittenen Verletzungen unfallbedingt sind oder nicht. Beschwerden in den Kniegelenken werden in den Arztberichten aus den Jahren 2003 nicht aufgeführt. Eine angegebene funktionelle Behinderung beider Schultergelenke beschrieb nach den insoweit plausiblen Ausführungen des Sachverständigen … in seinem Ergänzungsgutachten vom 11.07.2014 „offensichtlich“ keinen chronischen Dauerzustand, weil die rechte Schulter der Klägerin zum Zeitpunkt seiner Untersuchung am 19.08.2013 (vgl. Bl. 101 d.A.) frei beweglich gewesen ist (Ergänzungsgutachten v. 11.07.2014, Seite 3, Bl. 195 d.A.). Das Röntgenbild der rechten Schulter ist „komplett unauffällig“ gewesen, so der Sachverständige … (aaO.). Die seit dem Unfall bestehenden Beschwerden und Einschränkungen an der linken Schulter – die auf die unfallbedingte erhebliche Deformierung des Oberarmkopfes, der nicht mehr zentriert in der Pfanne sitzt (Bl. 106 d.A.), zurückzuführen sind, sind ebenso unfallbedingt wie die Probleme im Bereich des „linken Fußes“ (aaO. Bl. 196 d.A.) und an den Kniegelenken. Bei der Formulierung „linken Fußes“ handelt es sich offensichtlich um ein Schreib- oder Diktatversehen, nachdem die Klägerin Beschwerden am rechten Fuß hat und der Sachverständige den rechten (und nicht den linken) Fuß untersucht hat (Bl. 108 d.A.). Der Sachverständige … hat ebenfalls festgestellt, dass der venöse Vorerkrankungskomplex der Klägerin an beiden Beinen in keinem Zusammenhang mit dem hier streitgegenständlichen Unfall und den Verletzungen unterhalb der Kniegelenke steht (Bl. 572 d.A.). Ursächlich ist der unfallbedingte Nervenschaden (Allodynie), so der Sachverständige … (Bl. 572 f. d.A.).

Danach bestehen vorliegend keine Anhaltspunkte für relevante Vorerkrankungen der Klägerin im Bereich der durch den streitgegenständlichen Unfall geschädigten Körperregionen (linke Schulter, rechter Fuß, Kniegelenke), die den bestehenden (adäquaten) Kausalzusammenhang zwischen den unstreitig unfallbedingt entstandenen Primärverletzungen und den nachgewiesenen Dauerschäden durchbrechen könnten.

3.

Zu Unrecht rügt die Berufung schließlich, das Landgericht hätte der Klägerin gemäß § 142 ZPO aufgeben müssen, ein Vorerkrankungsverzeichnis vorzulegen.

Soweit vorliegend Anhaltspunkte aufgrund der ärztlichen Gutachten im Zusammenhang mit der Verrentung der Klägerin dafür bestehen können, dass attestierte gesundheitliche Einschränkungen auf einer Vorerkrankung beruhen, sind diese mit den weiteren ärztlichen Attesten und dem gerichtlichen fachorthopädischen Gutachten ausgeräumt. Zwar enthält das Attest des … vom 05.06.2003 (Bl. 69 d.A.) und das Gutachten des … vom 20.06.2003 (Bl. 71 d.A.) die Diagnose von Schulter-Arm-Beschwerden. Ein nachvollziehbarer Befund findet sich hierzu aber nur im zuerst genannten Attest und betrifft Bewegungseinschränkungen im rechten Schultergelenk. Gegen eine maßgebliche Vorerkrankung der Schultergelenke spricht der Untersuchungsbefund des … vom 22.08.2011 (Anlagenband), aus dem sich eine erheblich verminderte Armbeweglichkeit links gegenüber rechts ergibt, und der klinische Befund und der Röntgenbefund der rechten Schulter der Klägerin zum Zeitpunkt der Untersuchung durch den gerichtlichen Sachverständigen …, der unauffällig war. Vorerkrankungen im Bereich der Kniegelenke oder des rechten Fußes finden mit Ausnahme eines kleinen Fersensporns in den Vorbefunden keine Erwähnung.

Die von der Berufung im Zusammenhang mit der von ihr begehrten Beiziehung von Krankenunterlagen für sich in Anspruch genommenen Entscheidungen des OLG München (10 U 4208/10), des OLG Hamm (3 U 262/04) und des OLG Saarbrücken (1 U 500/03) sind vorliegend nicht einschlägig. Die Entscheidungen des OLG Hamm und des OLG Saarbrücken (beide aaO.) betreffen die Prozessförderungspflicht des Gerichts in Arzthaftungsprozessen, die nicht verallgemeinerungsfähig sind. Denn in solchen Verfahren gelten nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung besondere Maßstäbe, um im Prozessrechtsverhältnis zwischen Mediziner oder Krankenhausträger auf der einen und Patienten auf der anderen Seite ein bestehendes (informatives) Ungleichgewicht auszugleichen. Aus diesen Entscheidungen folgt nicht, dass ein Unfallgeschädigter generell ein Vorerkrankungsverzeichnis vorzulegen hat, um dem Unfallgegner Erkrankungen zu offenbaren, die mit den Unfallfolgen in keinem Zusammenhang stehen. Auch die Entscheidung des OLG München (aaO.) rechtfertigt vorliegend keine Verpflichtung der Klägerin ein Vorerkrankungsverzeichnis vorzulegen. Die Verpflichtung zur weiteren Aufklärung von Vorerkrankungen wird in dieser Entscheidung nur auf Behandlungsunterlagen zu den medizinischen Befunden bezogen, für die es im Vortrag der Parteien konkrete Anhaltspunkte gibt. Insoweit ging es in dem vom OLG München zu entscheidenden Fall um Unterlagen zu einer vor dem Unfall durchgeführten psychotherapeutischen Behandlung in Bezug auf unfallbedingte psychische Folgeschäden und um den Anlass für eine MRT-Untersuchung der HWS, die zwei Tage vor dem dort im Streit stehenden Verkehrsunfall durchgeführt wurde.

Danach bedarf es auch unter Berücksichtigung der von der Berufung angeführten obergerichtlichen Rechtsprechung tragfähiger Hinweise auf relevante Vorerkrankungen des Geschädigten, die für die Beurteilung der Unfallbedingtheit der entstandenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen von Bedeutung sein können. Derartige Hinweise oder Anhaltspunkte liegen hier aus den oben genannten Gründen nicht vor.

Auch aus der von der Berufung in ihrem letzten Schriftsatz vom 22.05.2018 vorgelegten Entscheidung des OLG Stuttgart vom 29.03.2018 (19 U 138/17, Bl. 604 ff. d.A.) ergibt sich nichts für die Berufung Günstiges. Die Entscheidung befasst sich mit einem gänzlich anders gelagerten Sachverhalt. Ausweislich Seite 6 dieser Entscheidung hatte der Sachverständige dort ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er mangels vorliegender Befunde aus der Zeit vor dem Unfallereignis keine zweifelsfreien Feststellungen treffen könne. Nur aus diesem Grund hat es das OLG Stuttgart unter dem Gesichtspunkt der Prozessförderungspflicht für geboten erachtet, die Krankenunterlagen beizuziehen (Seite 7 des Urteils, Bl. 610 d.A.). Ein entsprechender Hinweis findet sich vorliegend weder in den Gutachten des Sachverständigen … noch in dem Gutachten des Sachverständigen … Anhaltspunkte für relevante Vorerkrankungen der Klägerin gibt es vorliegend nicht.

4.

Das Landgericht hat schließlich zu Recht auch dem Feststellungsbegehren der Klägerin gemäß § 256 ZPO entsprochen.

a) Der Feststellungsantrag ist zulässig.

Die Beklagten verneinen zu Unrecht unter Hinweis auf eine Erklärung der Beklagten zu 2 vom 10.08.2012 (Bl. 23 d.A.), nach der diese die Einstandspflicht für Zukunftsschäden mit den Wirkungen eines Feststellungsurteils anerkannt habe, soweit diese Schäden auf einer weiter fortschreitenden Arthrose beruhen würden, ein Feststellunginteresse der Klägerin. Entgegen der Ansicht der Beklagten führt eine solche Erklärung bei den hier gegebenen Primärverletzungen und Dauerschäden schon deswegen nicht zum Wegfall des Feststellungsinteresses, weil die von den Privatgutachtern der Beklagten zu 2 (…) beschriebene Gefahr einer Nekrose des linken Oberarmknochenkopfes besteht und im Bereich des rechten Fußes eine Teilversteifung in Betracht kommt (Gutachten … aaO.). Auf die von der Beklagten zu 2 unter dem 10.08.2012 abgegebene im Hinblick auf die Folgeschäden einschränkende Erklärung muss die Klägerin sich angesichts der weiter in Betracht kommenden Folgeschäden nicht verweisen lassen.

b) Der Feststellungsantrag ist begründet.

Begründet ist ein Feststellungsantrag, wenn die sachlichen und rechtlichen Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs vorliegen, also ein haftungsrechtlich relevanter Eingriff gegeben ist, der zu möglichen künftigen Schäden führen kann. Ob darüber hinaus im Rahmen der Begründetheit eine gewisse Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts zu verlangen ist, hat der Bundesgerichtshof bislang offen gelassen, wenngleich er bereits Zweifel an der Erforderlichkeit eines solchen zusätzlichen Begründetheitselements jedenfalls für den Fall geäußert hat, dass Gegenstand der Feststellungsklage ein befürchteter Folgeschaden aus der Verletzung eines deliktsrechtlich geschützten absoluten Rechtsguts ist. Jedenfalls in Fällen, in denen die Verletzung eines (durch § 823 Abs. 1 BGB oder, wie hier, durch § 7 Abs. 1 StVG geschützten) Rechtsguts und darüber hinaus ein daraus resultierender Vermögensschaden bereits eingetreten sind, gibt es keinen Grund, die Feststellung der Ersatzpflicht für weitere, künftige Schäden von der Wahrscheinlichkeit ihres Eintritts abhängig zu machen. Materiell-rechtlich wird es den Anspruch auf Ersatz dieser Schäden ohnehin nicht geben, solange diese nicht eingetreten sind; von der Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts hängt die Entstehung des Anspruchs also nicht ab. Die Leistungspflicht soll bei künftige Schäden erfassenden Feststellungsklagen deshalb nur für den Fall festgestellt werden, dass die befürchtete Schadensfolge wirklich eintritt. Da dementsprechend der Feststellungsausspruch nichts darüber aussagt, ob ein künftiger Schaden eintreten wird, ist es unbedenklich, die Ersatzpflicht des Schädigers für den Fall, dass der Schaden eintreten sollte, bereits jetzt festzustellen (zum Ganzen BGH, Urt. v. 17.10.2017 – VI ZR 423/16, juris Rn. 49 mwN.).

En haftungsrechtlich relevanter Eingriff, der zu möglichen künftigen Schäden führen kann, liegt hier mit Blick auf die schweren Primärverletzungen der Klägerin und der eingetretenen Dauerschäden vor. Sowohl die Privatgutachter der Beklagten zu 2 (…) als auch der gerichtliche Sachverständige … haben die Möglichkeit einer Verschlechterung des Zustands (durch ein Fortschreiten der Arthrose) im Bereich der linken Schulter und des rechten Fußes festgestellt (siehe oben). Darüber hinaus haben die Privatgutachter der Beklagten zu 2 (…) die Gefahr einer Nekrose des linken Oberarmknochenkopfes festgestellt. Im Bereich des rechten Fußes kommt eine Teilversteifung in Betracht (Gutachten … aaO.).

c) Der Feststellungstenor des Landgerichts ist allerdings im Hinblick darauf, dass dieser nach seiner sprachlichen Fassung alle Schäden und nicht nur die Zukunftsschäden umfasst, klarstellend dahin abändern, dass die Beklagten verpflichtet sind, alle künftigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzten (vgl. hierzu BGH Urt. v. 20.01.2004 – VI ZR 70/03, juris Rn. 18 bis 20).

5.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 Satz 1 und 2 ZPO.

6.

Die Zulassung der Revision ist nicht veranlasst, weil die Voraussetzungen hierfür (§ 543 Abs. 2 ZPO) nicht vorliegen. Es liegt eine Einzelfallentscheidung ohne grundsätzliche Bedeutung vor. Der Senat weicht auch nicht von obergerichtlicher oder höchstrichterlicher Rechtsprechung ab.

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