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Verkehrsunfall – Schmerzensgeldhöhe bei einer Tibiakopffraktur

LG Frankfurt – Az.: 2-19 O 31/12 – Urteil vom 13.04.2012

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheitsleistung in selber Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen die beklagte Versicherung Schmerzensgeldansprüche geltend im Zusammenhang mit einem durch einen Versicherten der Beklagten am …06.2010 verursachten Verkehrsunfall.

Der Versicherte fuhr mit seinem PKW auf einem Tankstellengelände rückwärts und fuhr den Kläger an, der sich hierbei eine laterale Tibiakopffraktur links zuzog. Die Fraktur wurde konservativ behandelt.

Ausweislich des vorgelegten Arztberichts gestaltete sich der Heilungsverlauf unauffällig und regelrecht. Der Kläger wurde ab dem ….08.2010 für arbeitsfähig erachtet (Bezüglich der Einzelheiten des Berichts wird auf Anlage K1, Bl. 6 ff. d.A., v.a. dort Ziffer 13., 14. verwiesen).

Ausweislich eines ärztlichen Gutachtens besteht bei dem Kläger eine „unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit“ von 20 % (bezüglich der weiteren Einzelheiten des Gutachtens wird auf Anlage K2, Bl. 9 ff. d.A., verwiesen).

Die Beklagte zahlte vorprozessual ein Schmerzensgeld von 7.000 EUR.

Der Kläger behauptet, seit dem Unfall aufgrund von Schmerzen im linken Knie/Bein massivst in seiner Lebensgestaltung beeinträchtigt zu sein (wird ausgeführt).

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger ein angemessenen Schmerzensgeld abzüglich vorprozessual gezahlter 7.000 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger vorprozessuale Rechtsanwaltskosten in Höhe von 409,12 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte bestreitet die durch den Kläger geschilderten Beeinträchtigungen und ist der Ansicht, das gezahlte Schmerzensgeld sei angemessen.

Wegen der Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den Inhalt der vorgetragenen Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat den Kläger informatorisch angehört. Wegen des Ergebnisses der Anhörung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 05.04.2012, Bl. 48 ff. d.A., verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Dem Kläger steht gegen die Beklagte kein über den bereits vorgerichtlich gezahlten Betrag von 7.000,00 EUR hinausgehender Schmerzensgeldanspruch zu.

Dem zur Unfallzeit 6… jährigen Kläger wurde durch den Versicherungsnehmer der Beklagten eine Fraktur im Bereich des seitlichen linken Schienbeinkopfs zugefügt, die unter ausschließlich konservativer Behandlung ohne Komplikationen knöchern konsolidierte (Arztbericht Anlage K1, Ziffer 13, 14, Bl. 6 ff. d.A.).

Der Kläger war bis zum ….08.2010 aufgrund dieser Fraktur zu 100 % arbeitsunfähig und ist seit diesem Zeitpunkt zu 20 % in seiner Erwerbsfähigkeit eingeschränkt.

Der Kläger hat in seiner informatorischen Anhörung bekundet, in seinem Lebensalltag durch immer wieder auftretende, plötzlich einschießende ziehende Schmerzen im linken Bein beeinträchtigt zu sein. Er könne nicht mehr mit seinen Freunden Fahrradfahren, da ihm ein Bergauffahren nicht möglich sei, er könne nicht mehr zu Tanzveranstaltungen mitkommen, da ihm nur noch langsames Tanzen möglich sei, was „es nicht bringe“. Autofahren sei nur bis zu 100 oder 200 km möglich, auch beim Bahnfahren müsse er immer wieder aufstehen.

Aktiver Fußballsport sei ihm ebenso wenig möglich wie das eigenständige Renovieren in seiner Wohnung, morgens bereite ihm das Aufstehen zuweilen Probleme (bezüglich der Einzelheiten der Schilderung wird auf die Sitzungsniederschrift Bl. 48 ff. Bezug genommen). Eincremen mit …-Salbe helfe oft, ansonsten helfe ein Eisbeutel gut. Ärztliche Behandlung habe er nach Abschluss der Frakturbehandlung nicht mehr in Anspruch genommen. Wenn er langsam gehe, gehe es insgesamt ganz gut, er dürfe aber nicht schnell laufen, Unebenheiten auf der Straße seien ein großes Problem für ihn, da ein Tritt auf diese geeignet sei, die Schmerzen auszulösen.

Die durch den Kläger beschriebenen Beschwerden, liegen ihrem Kern nach auch der Beurteilung in dem vorgelegten ärztlichen Gutachten zu Grunde (Anlage K 2, Bl. 9 ff. d.A.) und stellen ausweislich dessen einen Endzustand dar. Bewegungseinschränkungen im linken Kniegelenk könnten durch – bislang durch den Kläger noch nicht wahrgenommene – konservative Therapiemaßnahmen noch „deaktiviert“ werden.

Im Rahmen der Bemessung des angemessenen Schmerzensgeldes berücksichtigt das Gericht neben der Art und der Behandlung der konkreten Verletzung insbesondere die durch den Kläger geschilderten konkreten Beeinträchtigungen, hinsichtlich derer von einem Endzustand auszugehen ist, so dass keine wesentlichen Besserungen, aber auch keine Verschlechterungen als naheliegend in Betracht zu ziehen sind. Soweit in dem ärztlichen Gutachten (Anlage K2, Bl. 9 ff. d.A.) als möglicher Dauerschaden eine Arthrose in Betracht gezogen wird, ist dieser Gesichtspunkt hingegen nicht in die Bemessung mit einzubeziehen. Da, wie dort ausgeführt wird, eventuelle posttraumatische Knorpelschäden im Röntgenbild nicht darstellbar sind, beruht die Aussage offensichtlich nicht auf konkreten Anhaltspunkten, sondern auf allgemeinen Erwägungen. Anhaltspunkte, in dem Verhalten des Unfallverursachers schmerzensgelderhöhende Umstände zu sehen, bestehen ebenfalls nicht.

Nach Abwägung aller zu berücksichtigenden Umstände des Einzelfalls erachtet das Gericht, auch unter Berücksichtigung anderer durch die Parteien diskutierter Entscheidungen, ein Schmerzensgeld in der bereits gezahlten Höhe als angemessenen Ausgleich für den dem Kläger entstandenen immateriellen Schaden. Den seit den Entscheidungen verstrichenen Zeitraum mit der hierbei stattgefundenen Geldentwertung berücksichtigt das Gericht dabei ebenso wie die allgemeine Tendenz, bei der Bemessung von Schmerzensgeld höhere Schmerzensgeldbeträge zuzusprechen als in früheren Zeiten.

Soweit die Beklagte sich auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Düsseldorf (NJW-RR 2001, 890-893) beruft, in welcher der dortigen Verletzten ein Schmerzensgeld von 12.000 DM (6.135,50 EUR) zugesprochen worden ist, entspricht jener Fall dem vorliegenden darin, dass im Anschluss an eine Fraktur eines Unterschenkelknochens mit einer dauerhaften Minderung der Erwerbstätigkeit von 20 % zu rechnen war. Auch dort war der Bruch, wie hier ausweislich des Attests der Fall, komplikationslos geheilt, ob Beschwerden fortbestanden, lässt sich der genannten Entscheidung nicht entnehmen. Die dortige Verletzte musste sich aber zwei Operationen, eine im Anschluss an die Verletzung mit 24-tägigem stationärem Aufenthalt, eine weitere zur Entfernung des Osteosynthesematerials, unterziehen, die Arbeitsfähigkeit war erst nach über einem halben Jahr festgestellt. Eine Gelenksbeteiligung und daraus resultierende Folgeschäden standen fest. Schmerzensgelderhöhend hat das Oberlandesgericht den Grad der Fahrlässigkeit, mit welchem der Unfallverursacher handelte, berücksichtigt.

Das Oberlandesgericht Schleswig hat in seinem Urteil vom 30.10.2002, Az.: 9 U 150/01 (beck-online) einer Unfallverletzten ein Schmerzensgeld von 7.746.99 EUR zugesprochen, bei welcher – wie vorliegend – ebenfalls im Anschluss an eine Fraktur eines Unterschenkelknochens eine dauerhaften Minderung der Erwerbstätigkeit von 20 % bestand. Ob und welche konkrete Beeinträchtigungen fortbestanden, lässt sich der Entscheidung nicht entnehmen. Die Verletzte ist aber zweimal operiert worden, war für drei Monate bettlägerig und über mindestens ein halbes Jahr auf die Benutzung von Unterarmgehstützen angewiesen; eine posttraumatische Arthrose als Dauerschaden stand fest. Das Oberlandesgericht hat erschwerend berücksichtigt, dass der Unfallverursacher im Rahmen einer Trunkenheitsfahrt handelte, der Verletzten keine Hilfe anbot, sondern unter Gefährdung eines sich ihm in den Weg stellenden Unfallzeugen davonfuhr.

Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 709 ZPO.

Der Streitwert wird auf 8.000 EUR festgesetzt.

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