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Verkehrsunfall – selbständiges Beweisverfahren zur Feststellung von Gesundheitsschäden

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 12 W 17/19 – Beschluss vom 03.06.2019

1. Die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des Landgerichts Neuruppin – Einzelrichter – vom 18.04.2019 wird zurückgewiesen.

2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Wert des Beschwerdeverfahrens wird auf 5.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Der Antragsteller hat infolge eines Verkehrsunfalls am 6.04.2016 in L… Gesundheitsschäden erlitten. Die Antragsgegner haben die grundsätzliche Alleinhaftung für die entstandenen Schäden erklärt.

Mit Antrag vom 6.02.2019 begehrt der Antragsteller im Rahmen eines selbständigen Beweissicherungsverfahrens die Begutachtung zu der Frage: „Welche Verletzungen mit welchen Dauerfolgen hat der Antragsteller aufgrund des Verkehrsunfalls vom 6.04.2016 erlitten?“ Bzgl. der Zulässigkeit des Antrags stützt er sich auf eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Hamm vom 12.11.2007, Az. 13 W 34/07.

Das Landgericht Neuruppin hat den Antrag mit Beschluss vom 18.04.2019 zurückgewiesen. Die Fragestellung stelle eine reine Ausforschung dar, die im Beweissicherungsverfahren nicht zulässig sei. Zudem stehe ein Dauerschaden bereits unstreitig fest. Der Antragsteller arbeite nicht heraus, welche zusätzlichen Feststellungen er erwarte. Nicht eine Beweisfrage richte sich auf die noch streitigen Punkte der Auswirkungen auf die Lebensqualität des Antragstellers. Auf den Beschluss des Landgerichts wird im Übrigen Bezug genommen.

Gegen den, seinen Verfahrensbevollmächtigten am 29.04.2019 zugestellten Beschluss hat der Antragsteller am gleichen Tag Beschwerde eingelegt. Diese begründet er allein mit dem Hinweis auf die bereits zuvor zitierte Entscheidung des OLG Hamm.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, in der Sache jedoch aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung unbegründet.

1. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie gemäß §§ 567 Abs. 1 ZPO statthaft und gemäß § 569 Abs. 1, 2 ZPO form- und fristgerecht eingelegt.

2. Die sofortige Beschwerde ist jedoch unbegründet. Das Landgericht hat zu Recht und mit zutreffender Begründung den Antrag auf Erlass eines Beweisbeschlusses als unzulässig abgewiesen.

Auch wenn man berücksichtigt, dass sich aus dem besonderen Charakter des selbständigen Beweisverfahrens und dem mit ihm verfolgten Zweck, einen Rechtsstreit zu vermeiden, möglicherweise niedrigere Anforderungen an die Darlegungslast ergeben und deshalb die Angabe der Beweistatsachen in groben Zügen ausreichen soll, ist jedenfalls ein Minimum an Substantiierung in Bezug auf die Beweistatsachen zu fordern. Nur so ist der Verfahrensgegenstand zweifelsfrei abgrenzbar und hat der Sachverständige eine Grundlage für die ihm übertragene Tätigkeit. Daher sind die Beweistatsachen im Sinne von § 487 Nr. 2 ZPO jedenfalls dann nicht ausreichend bezeichnet, wenn der Antragsteller in lediglich formelhafter und pauschaler Weise Tatsachenbehauptungen aufstellt, ohne diese zu dem zugrunde liegenden Sachverhalt in Beziehung zu setzen. (BGH, Beschluss vom 10. November 2015 – VI ZB 11/15 –, Rn. 9, juris). Es liefe vielmehr auf eine unzulässige Ausforschung hinaus, wollte man einen nicht näher unterlegten Vortrag in eine allgemeine Begutachtung stellen (vgl. OLG München, Beschluss vom 05. Januar 2017 – 28 W 2124/16 –, Rn. 7 – 19; OLG Stuttgart, Beschluss vom 30. März 2015 – 1 W 11/15 – OLG Bamberg, Beschluss vom 12. Juni 2017 – 1 W 51/17 –, Rn. 28, juris).

Diesen Anforderungen wird der Antrag nicht gerecht. Denn er enthält nicht die konkreten Tatsachen, über die Beweis erhoben werden soll. Vielmehr ist er so allgemein gehalten, dass ein Sachverständiger eigenständig alle denkbaren gesundheitlichen Beeinträchtigungen selbst suchen und begutachten müsste. Es handelt sich mithin um einen klassischen Fall von Ausforschung, die auch im selbständigen Beweissicherungsverfahren unzulässig ist.

Die Berufung des Antragstellers auf die Entscheidung des OLG Hamm ändert daran nichts. Zum einen wird mangels Sachverhaltsdarstellung im Beschluss nicht deutlich, über welchen Lebenssachverhalt entschieden wurde. Zum anderen datiert die Entscheidung weit vor dem Beschluss des Bundesgerichtshofes vom 10.11.2015, mit dem er die Anforderungen an die Substantiierung klar definiert hat und die hier zugrunde liegen.

Im Übrigen fehlt dem Antragsteller ein Rechtsschutzbedürfnis für die konkrete Fragestellung. Denn, – anderes lässt sich dem Vortrag bislang nicht entnehmen – die unfallbedingten Verletzungen sind unstreitig. So hat auch die Antragsgegnerin ausgeführt, unfallbedingt habe der Antragsteller insbesondere eine ACG-Sprengung Tossy III mit operativen Eingriffen und Arbeitsunfähigkeit erlitten. Als Dauerschaden sei ein Klavikulahochstand Rockwood III rechts und eine Narbe festzustellen. Dass darüber hinaus gehende streitige unfallbedingte Verletzungen entstanden sein sollen, ergibt sich aus dem Vortrag nicht. Wenn solche vorlägen, wäre hierzu entsprechender Vortrag erforderlich gewesen.

Letztlich – dies wird im Schriftsatz des Antragstellers vom 22.03.2019 deutlich – geht es dem Antragsteller auch nicht um die Feststellung der Verletzungen an sich, sondern allein um die Auswirkungen auf die Lebensqualität, Haushaltsführung und Erwerbsfähigkeit. Diese werden zum einen ebenfalls nicht substantiiert. Zum anderen werden solche Auswirkungen von der Fragestellung gar nicht, allenfalls teilweise erfasst. Dem Senat ist es dabei verwehrt, die Beweisfrage inhaltlich so zu verändern und umzuformulieren, dass sie sich im Rahmen des Zulässigen bewegt (vgl. OLG Stuttgart Beschl. v. 30.3.2015 – 1 W 11/15, beck-online)

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Mangels anderer Anhaltspunkte war der Streitwert des Beschwerdeverfahrens gemäß § 3 ZPO auf EUR 5.000,00 festzusetzen.

 

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