LG Dessau-Roßlau – Az.: 2 O 33/10 – Urteil vom 14.01.2011
Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, 9.254,36 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19. Dezember 2009 zu zahlen.
Die Beklagten werden darüber hinaus als Gesamtschuldner verurteilt, die Klägerin von den Kosten für die außergerichtliche Vertretung durch ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten, den H. & P., G.Str., O., in Höhe von 661,16 € freizustellen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Widerklage wird abgewiesen.
Die Gerichtkosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Klägerin tragen die Beklagten als Gesamtschuldner zu 89 %, die Beklagte zu 1.) allein zu weiteren 11 %. Im Übrigen tragen die Parteien ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar;
Der Streitwert für das Verfahren wird auf 12.875,60 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Klägerin macht gegen die Beklagten Schadenersatzansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, die Beklagte zu 1.) beansprucht im Wege der Widerklage ihrerseits die Erstattung ihres Unfallschadens.
Die Klägerin ist Halterin eines Pkw Mazda 5, amtliches Kennzeichen WST-…. Die Beklagte zu 1.) ist weitere Unfallbeteiligte und Eigentümerin eines Pkw Skoda Octavia, amtliches Kennzeichen DE-…, der zum Unfallzeitpunkt bei der Beklagten zu 2.) haftpflichtversichert war.
Die Klägerin bog am 13. November 2009 gegen 14:00 Uhr mit ihrem Fahrzeug in D.-R. vom M.platz nach rechts in die M.Str. ab. Auf der rechten Fahrbahnseite (aus der Fahrtrichtung der Klägerin gesehen) parkten hinter dem Kreuzungsbereich zwei Pkw hintereinander. Bei dem zweiten Pkw (in Fahrtrichtung der Klägerin gesehen) handelte es sich um das Fahrzeug der Beklagten zu 1.). Wegen der Unfallörtlichkeit wird auf die in Ablichtung zu den Gerichtsakten gereichten Lichtbilder verwiesen (Blatt 68 ff. d. A.).
Als die Klägerin am Fahrzeug der Beklagten zu 1.) vorbeifuhr, kam es zur Kollision zwischen der rechten Fahrzeugseite am Fahrzeug der Klägerin und der (zumindest zu diesem Zeitpunkt) geöffneten Fahrertür des Fahrzeugs der Beklagten zu 1.). An beiden Fahrzeugen entstand Sachschaden. Die weiteren Einzelheiten des Unfallhergangs sind zwischen den Parteien streitig und hierbei insbesondere die Frage, ob die Beklagte zu 1.) die Fahrertür bereits vor dem Vorbeifahren der Klägerin geöffnet hatte (so die Beklagte) oder erst während des Vorbeifahrens öffnete (so die Klägerin) und/oder ob die Klägerin möglicherweise keinen ausreichenden Seitenabstand zum Fahrzeug der Beklagten zu 1.) eingehalten hatte.
Die M.Str. ist an der Unfallstelle etwa 5 m breit.
Das Fahrzeug der Klägerin wurde zwischenzeitlich repariert, ebenso wie das Fahrzeug der Beklagten zu 1.).
Die Klägerin geht von einer alleinigen Haftungsverantwortlichkeit der Beklagten aus und beansprucht die Erstattung des ihr vermeintlich in Folge des Verkehrsunfalls entstandenen Schadens in Höhe von insgesamt 9.254,36 € wie folgt:
a) Fahrzeugschaden 7.373,31 € (Reparatur vom 16. November bis 03. Dezember 2009;
Rechnung vom 03. Dezember 2009, Anlage K 2, Bl. 17 f. d. A.)
b) Kosten Mietwagen 654,50 € (Mazda 2, 10 Tage; Anlage K 3, Bl. 19 d. A.)
c) Nutzungsausfall 344,00 € (weitere 8 Tage x 43,00 €)
d) Gutachterkosten 857,55 € (Rechnung vom 17. November 2009, Anlage K 3 A, Bl. 20 d. A.)
e) Unkostenpauschale 25,00 €
Daneben beansprucht die Klägerin die Freistellung von vermeintlich ihr im Zusammenhang mit der Verfolgung ihrer Ansprüche außergerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 718,40 € (1,3 Geschäftsgebühr aus einem Gegenstandswert von 9.254,36 € zuzüglich Postpauschale und Mehrwertsteuer).
Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 08. Dezember 2009 (Anlage K 4, Blatt 21 f. d. A.) forderte die Klägerin die Beklagte zu 2.) zur Zahlung in Höhe von 8.052,81 € unter Fristsetzung bis zum 18. Dezember 2009 auf.
Die Beklagte zu 1.) geht ihrerseits von einer alleinigen Haftungsverantwortung der Klägerin aus und macht im Wege der Widerklage den ihr vermeintlich in Folge des Verkehrsunfalls entstandenen Schadens in Höhe von insgesamt 3.621,24 € geltend. Wegen der einzelnen Schadenspositionen wird auf Seite 4 des Schriftsatzes zur Widerklage vom 29. April 2010 (Blatt 78 ff. d. A.) verwiesen.
Die Klägerin trägt vor, sie habe sich mit ihrem Fahrzeug gerade auf der Höhe des Fahrzeugs der Beklagten zu 1.) befunden, als die Beklagte zu 1.) plötzlich und unerwartet die Fahrertür geöffnet und diese in das Fahrzeug der Klägerin geschlagen habe. Sie sei mit einem Seitenabstand von mindestens 50 cm am Fahrzeug der Beklagten zu 1.) vorbeigefahren. Die Beklagte zu 1.) sei, ohne auf das herannahende Fahrzeug der Klägerin zu achten, einfach ausgestiegen. Hätte die Beklagte zu 1.) die Klägerin beachtet, hätte sich der Unfall nicht ereignet.
Die Klägerin ist daher der Ansicht, wegen des Verstoßes der Beklagten zu 1.) gegen § 14 StVO streite der Anscheinsbeweis für eine alleinige Unfallverursachung durch die Beklagte zu 1.). Sie – die Klägerin – habe eine Person im Fahrzeug der Beklagten zu 1.) nicht gesehen und habe eine solche auch nicht sehen müssen. Selbst wenn sie sie gesehen hätte – so die Klägerin weiter – habe sie nicht mit einem plötzlichen und unerwarteten Aufreißen der Tür rechnen müssen.
Wegen des Vortrags der Klägerin zu den einzelnen geltend gemachten Schadenspositionen wird auf die Klageschrift vom 19. Januar 2010 (Blatt 1 ff. d. A., dort Seite 3 und 4) sowie auf den Schriftsatz vom 16. März 2010 (Blatt 39 ff. d. A., dort Seite 3 und 4) verwiesen.
Die Klägerin beantragt,
1. Die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 9.254,36 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 19. Dezember 2009 zu zahlen;
2. Die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die Kosten für die außergerichtliche Vertretung der Klägerin durch ihre jetzigen Prozessbevollmächtigten, den Rechtsanwälten Hillmann & Partner, G.Str., O., in Höhe von 718,40 € freizustellen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen; und die Beklagte zu 1.) widerklagend, die Klägerin zu verurteilen, an die Beklagte 3.621,24 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit der Zustellung dieses Schriftsatzes zu zahlen.
Die Klägerin beantragt insoweit, die Widerklage abzuweisen.
Die Beklagten tragen vor, die Beklagte zu 1.) habe in der Tat die Tür des Fahrzeugs geöffnet, allerdings allenfalls 20 bis 30 cm weit. Nachdem die Tür geöffnet war sei es zu einem Anstoß gekommen. Die Klägerin sei gegen die leicht geöffnete Tür gestoßen.
Die Beklagten sind der Ansicht, die Klägerin habe den Unfall alleine verursacht, denn der Unfall habe sich wegen eines zu geringen Seitenabstandes der Klägerin ereignet. Die Klägerin hätte, so die Beklagten, einen Seitenabstand von mindestens 50 cm einhalten müssen. Tatsächlich habe die Klägerin lediglich einen Abstand von allenfalls 20 bis 25 cm zu den parkenden Fahrzeugen eingehalten. Bei Einhaltung eines Sicherheitsabstandes von 50 cm wäre der Unfall mit Sicherheit vermieden worden. Aus dem Schadensbild ergebe sich, dass die Beklagte zu 1.) die Tür zu ihrem Fahrzeug nur 20 bis 30 cm breit geöffnet habe (D.-Gutachten vom 16. November 2009, Blatt 48 ff. d. A.).
Für die Klägerin sei auch ersichtlich gewesen, dass eine Person in dem Fahrzeug gesessen habe. Die Beklagten sind in diesem Zusammenhang der Ansicht, die Klägerin habe mit einem Türöffnen rechnen müssen. Zumindest bestehe eine Mitverantwortung der Klägerin wegen des zu geringen Seitenabstands.
Wegen des Vortrags der Beklagten zu den einzelnen Schadenspositionen sowohl der Klage wie auch der Widerklage wird auf die Ausführungen im Schriftsatz vom 26. Februar 2010 (Blatt 33 f. d. A.), vom 30. März 2010 (Blatt 45 ff. d. A.) sowie vom 29. April 2010 (Blatt 78 ff. d. A.) verwiesen.
Die Kammer hat gemäß prozessleitender Verfügung vom 08. April 2010 (Blatt 64 d. A.) Beweis erhoben durch Vernehmung des Zeugen P. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 30. Juli 2010 (Blatt 89 ff. d. A.) verwiesen.
Die Akten der Zentralen Bußgeldstelle im Technischen Polizeiamt zum Aktenzeichen 00B830031 waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.
Der Einzelrichter hat u. a. gemäß Beschluss vom 20. August 2010 (Blatt 97 ff. d. A.) Hinweise erteilt. Die Parteien erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme, wovon sie auch Gebrauch machten.
Entscheidungsgründe
Sowohl die Klage als auch die Widerklage sind zulässig, dem gegenüber ist lediglich die Klage ganz überwiegend auch begründet.
Der Klägerin steht gegen die Beklagten gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG ein Schadenersatzanspruch in Höhe von 9.254,36 € zu. Lediglich wegen eines geringfügigen Teils des Freistellungsantrags zur Nebenforderung war die Klage im Übrigen abzuweisen.
Die Widerklage war dem gegenüber abzuweisen.
A. Klage
I.
Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme ist zur Überzeugung des Gerichts davon auszugehen, dass die Beklagte zu 1.) die Tür ihres Fahrzeugs erst dann öffnete, als die Klägerin bereits das Heck des Fahrzeugs der Beklagten zu 1.) erreicht hatte und gerade im Begriff war, am Fahrzeug der Beklagten zu 1) vorbeizufahren. Dies hat die Vernehmung des Zeugen P. ergeben.
Der Zeuge P. befand sich am 13. November 2009 als Beifahrer im Fahrzeug der Klägerin und gab an, als die Klägerin in Höhe des Hecks des Fahrzeugs der Beklagten zu 1) vorbeigefahren sei, habe sich die Tür geöffnet. Die Tür beim Pkw Skoda habe sich geöffnet, als sie gerade im Begriff gewesen seien, mit dem Fahrzeug am Heck des Pkw des Skoda vorbeizufahren. Das Fahrzeug der Klägerin habe sich also mit der Fahrzeugfront auf der Höhe des Hecks des Pkw Skoda befunden. Seine Tochter, also die Klägerin, sei mit einem von ihm geschätzten Seitenabstand von 60 bis 70 cm an dem anderen Fahrzeug vorbeigefahren.
Es sei auch nicht etwa so gewesen, dass die Klägerin gegen die bereits geöffnete Tür gefahren sei. Vielmehr sei es so gewesen, dass die Fahrertür beim anderen Fahrzeug erst geöffnet worden sei, als sie im Begriff waren, das Heck des anderen Fahrzeugs zu passieren. Die Beklagte habe vor Ort ihm gegenüber auch nicht behauptet, dass die Tür ihres Fahrzeugs schon vorher geöffnet gewesen wäre. Er könne sich noch weiter daran erinnern, dass die Dame ihnen vorgehalten habe, sie seien mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren. Demgegenüber habe sie nicht erwähnt oder ihnen vorgehalten, mit einem vermeintlich zu geringen Seitenabstand vorbeigefahren zu sein.
Die Angaben des Zeugen P. sind glaubhaft. Auch wenn es sich bei dem Zeugen um den Vater der Klägerin handelt, ergeben sich aus dessen Aussage keine Anhaltspunkte dafür, dass er sich bei seiner Aussage hiervon hat maßgeblich leiten lassen. Der Zeuge hat den Hergang am 13. November 2009 angemessen detailreich geschildert und auch Erinnerungslücken unumwunden eingeräumt bzw. klargestellt, welche Angaben er nur schätze (etwa die Breite der M.Str. sowie den von der Klägerin eingehaltenen Seitenabstand). Zudem deckt sich die Schilderung des Zeugen zu den Positionen der am rechten Fahrbahnrand der M.Str. abgeparkten Fahrzeuge weitgehend auch mit der Schilderung der Beklagten. Ebenso ist die von dem Zeugen vorgenommene Schätzung der Breite der M.Str. in der Größenordnung in etwa zutreffend. Nach dem unbestrittenen Vortrag der Klägerin bzw. aus Bild 08 der Lichtbilder (Blatt 68 ff. d. A.) ergibt sich, dass die M.Str. an der Unfallstelle 5 m breit ist.
Ob, wie die Beklagten behaupten, die Klägerin nur mit einem Seitenabstand von 20 bis 25 cm am Fahrzeug der Beklagten zu 1.) vorbeigefahren ist, kann für die Haftungsfrage dahinstehen. Selbst wenn dies tatsächlich der Fall gewesen sein sollte, ergäbe sich hieraus kein Mitverursachungsbeitrag der Klägerin (dazu unter A. II.). Die Einholung des von den Beklagten beantragten Sachverständigengutachtens hatte daher nicht zu erfolgen.
II.
Die Beklagten haften für den Verkehrsunfall allein.
1. Die Beklagte zu 1.) hat gegen § 14 StVO verstoßen; dieser Verstoß wiegt auch grundsätzlich schwer.
Wer die linke Wagentür öffnen will, darf im Zweifel die Tür nur langsam „spaltweise“ öffnen (vgl. etwa KG DAR 2006, 149), wobei die Kammer die Auffassung teilt, dass vor dem Hintergrund der gesteigerten Sorgfaltspflichten ein spaltweises Öffnen nur bei einer Türöffnung bis etwa 10 cm anzunehmen ist (KG a. a. O.). Weiter darf die Tür nur geöffnet werden, wenn mit Gewissheit niemand kommt (Hentschel, Straßenverkehrsrecht, 39. Aufl., § 14 StVO Rdn. 6; KG a. a. O.).
Nach dem eigenen Vortrag der Beklagten will die Beklagte zu 1.) die Fahrertür etwa 20 bis 30 cm geöffnet haben. Auch unter Berücksichtigung der erkennbar geringen Fahrbahnbreite der M.Str. lag kein nur „spaltweises“ Öffnen der Fahrzeugtür vor. Nach der glaubhaften Schilderung des Zeugen P. ist auch nicht von einem nur „langsamen“ Öffnen der Tür auszugehen.
Die Beklagte zu 1.) unterlag insoweit einer gesteigerten Sorgfaltspflicht, denn gemäß § 14 Abs. 1 StVO musste sie sich beim Aussteigen so verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Naht – wie hier – Verkehr von hinten, der vor Beendigung des Ein- oder Aussteigens herangekommen sein kann, so bedingt die von § 14 Abs. 1 StVO geforderte äußerste Sorgfalt, dass so lange jedes Türöffnen unterbleibt (KG VRS 69, 98; BGH NJW 1971, 1095).
Da hier ein anderer Verkehrsteilnehmer durch das Öffnen der Fahrertür beim Aussteigen geschädigt wurde, spricht nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme der Beweis des ersten Anscheins für eine fahrlässige Sorgfaltspflichtverletzung der Beklagten zu 1.) (BGH NJW 2009, 3791 f. m. w. RsprN; Hentschel, a. a. O., § 14 StVO Rdn. 9 m. w. RsprN). Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass die Klägerin nicht etwa gegen eine bereits (sichtbar) geöffnete Tür fuhr sondern die Fahrertür von der Beklagten zu 1.) plötzlich und ruckartig und auch mehr als nur spaltweise geöffnet wurde, als das Fahrzeug der Klägerin gerade am Heck des Fahrzeugs der Beklagten zu 1.) vorbei fuhr. Dass die Beklagte zu 1.) zu diesem Zeitpunkt das herannahende Fahrzeug erkennen konnte und musste, steht außer Frage. Auch die Beklagten stellen dies nicht in Abrede, sondern machen insbesondere geltend, die Klägerin hätte mit einem größeren Seitenabstand vorbeifahren müssen.
2. Ob die Klägerin, wie sie behauptet, mit einem Seitenabstand von 50 cm am Wagen der Beklagten zu 1.) vorbei fuhr (der Zeuge P. gab an, es seien etwa 60 bis 70 cm gewesen) oder mit einem Seitenabstand von nur 20 bis 25 cm ist für die Haftungsverteilung im Ergebnis unerheblich.
Die von der Beklagten zu 1.) nach § 14 Abs. 1 StVO zu beachtende äußerste Sorgfalt schließt zwar grundsätzlich ein Mitverschulden/Mithaftungsanteil des Unfallgegners nicht aus.
Ein Seitenabstand zum Fahrzeug der Beklagten zu 1.) von 50 cm wäre auch unter Berücksichtigung der Breite der M.Str. nach der Rechtsprechung ausreichend.
Aber auch für den Fall, dass die Klägerin nur mit einem Seitenabstand von 20 bis 25 cm am Fahrzeug der Beklagten zu 1.) vorbeigefahren sein sollte, kommt nach Auffassung des Gerichts kein Mitverschulden der Klägerin in Betracht.
Die Klägerin als Teilnehmerin des fließenden Verkehrs durfte zwar nicht darauf vertrauen, dass die gesteigerte Sorgfaltspflicht allgemein beachtet wird (BGH DAR 1981, 148 f.). Sie durfte aber darauf vertrauen, dass die Wagentür des parkenden Fahrzeugs nicht plötzlich weiter als spaltweise, also weiter als 10 cm, geöffnet wird (Hentschel, a. a. O., § 14 StVO Rdn. 8 m. w. N.). Ein solches plötzliches und nicht nur spaltweises Türöffnen, nach dem eigenen Vortrag der Beklagten 20 bis 30 cm, lag gerade vor.
Hier hat die Beklagte zu 1.) als Aussteigende die Fahrertür plötzlich in grob verkehrswidriger und gefährdender Weise geöffnet, was eine alleinige Haftung der Beklagten rechtfertigt.
Ein Mithaftungsanteil der Klägerin wäre allenfalls dann zu berücksichtigen, wenn die Klägerin in der Unfallsituation mit einem zumindest „spaltweise“ Öffnen der Fahrertür hätte rechnen müssen. Dies ist vorliegend jedoch nicht der Fall. Hierfür müsste zunächst feststehen, dass die Klägerin sehen musste bzw. sehen konnte, dass sich jemand im parkenden Fahrzeug befindet. Hierfür obliegt den Beklagten, wie bereits im Beschluss vom 20. August 2010 ausgeführt, die Darlegungs- und Beweislast. Ein entsprechender Beweisantritt findet sich nicht.
Zum anderen muss ein vorbeifahrender Autofahrer nur dann mit einem Öffnen der Tür eines parkenden Fahrzeugs rechnen, wenn von dem geparkten Fahrzeug Gefahrensignale ausgingen, sei es dass eine bereits leicht geöffnete Tür oder gestikulierende Armbewegungen des Fahrers sichtbar gewesen wären. Ersteres war nach der Beweisaufnahme nicht der Fall, letzteres haben die Beklagten nicht bewiesen (vgl. dazu auch AG Hamm Schaden-Praxis 2001, 407 f.; AG Solingen Schaden-Praxis 1998, 313).
Die Auffassung etwa des Kammergerichts, dass ein geringerer Seitenabstand von 50 cm generell als Mitverursachungsanteil von 50 % zu berücksichtigen sei, teilt die Kammer in dieser pauschalen Form nicht. Denn dies trägt nach Auffassung des Einzelrichters dem Verhältnis der gesteigerten Sorgfaltspflicht nach § 14 StVO zum Vertrauensgrundsatz nicht hinreichend Rechnung. Die Beklagte zu 1.) hat hier plötzlich in grob verkehrswidriger und gefährdender Weise die Fahrertür ihres Fahrzeugs 20 bis 30 cm geöffnet, wobei hier jedoch die Klägerin darauf vertrauen durfte, dass die Wagentür des parkenden Fahrzeugs eben nicht plötzlich weiter als spaltweise, also 10 cm, geöffnet wird. Die Darlegungs- und Beweislast für einen im Rahmen der Haftungsverteilung zu berücksichtigenden Mitverursachungsbeitrag der Klägerin tragen die Beklagten.
3. Auch aus der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 06. Oktober 2009 zum Aktenzeichen VI ZR 316/08, abgedruckt u. a. in NJW 2009, 3791 f., ergibt sich nichts anderes.
Dort hat der Senat ausgeführt, dass auch im Einzelfall eine Haftungsverteilung von 50 : 50 angemessen sein kann. Dort stand jedoch ein Sachverhalt zur Beurteilung, bei dem ein Insasse eines Pkw bereits ausgestiegen war und die Fahrertür geöffnet ließ, um bei geöffneter Tür Gegenstände ein- oder auszuladen, wobei es dann durch einen Lkw, der mit zu geringem Abstand an der bereits geöffneten Fahrzeugtür vorbeifuhr, zum Schaden kam. Ein solcher Sachverhalt liegt hier gerade nicht vor.
Im Übrigen gilt für eine Haftungsverteilung lediglich dann etwas anderes, wenn feststehen würde, dass sich der Aussteigende vor und während des Aussteigens vergewissert hat, dass sich kein rückwärtiger Verkehr nähert und dass der Unfall ausschließlich auf einen zu geringen Seitenabstand des Vorbeifahrenden zurückzuführen ist (vgl. etwa OLG Bremen NJW-RR 2008, 1203 f.). Ein solcher Fall liegt hier ebenfalls nicht vor.
4. Mit ihrer Behauptung, die Klägerin sei mit überhöhter Geschwindigkeit gefahren, sind die Beklagten beweisfällig geblieben.
III.
Gemäß § 249 BGB kann die Klägerin von den Beklagten die Erstattung ihres unfallbedingten Schadens in Höhe von 9.254,36 € verlangen.
Der Fahrzeugschaden in Höhe von 7.373,31 € sowie die Gutachterkosten in Höhe von 857,55 € sind unstreitig. Die mit 25,00 € geltend gemachte Unkostenpauschale ist angemessen.
Die Klägerin kann aber auch die Erstattung der Mietwagenkosten in Höhe von 654,50 € verlangen. Ob die Inanspruchnahme „notwendig“ war, ist unerheblich. Dem Geschädigten steht es frei, einen Mietwagen in Anspruch zu nehmen.
Der Klägerin steht schließlich auch ein Nutzungsausfall für weitere 8 Tage in Höhe von 344,00 € zu.
Das Fahrzeug der Klägerin wurde unstreitig repariert, die Reparaturdauer betrug unstreitig 18 Tage. Soweit die Beklagten meinen, die Reparaturdauer sei „unangemessen“ so ist dies unerheblich. Selbst wenn dies der Fall gewesen sein sollte, stehen der Klägerin die geltend gemachten Mietwagenkosten und die Entschädigung für den Nutzungsausfall zu. Insoweit trägt der Schädiger das sogenannte Werkstattrisiko, worauf die Beklagten auch mit Verfügung vom 05. März 2010 hingewiesen wurden. So der Werkstattbetrieb die Reparatur schuldhaft verzögert und erst dadurch eine Reparaturdauer von 18 Tagen herbeigeführt haben sollte, bestünde allenfalls ein Schadenersatzanspruch der Klägerin gegenüber dem Werkstattbetrieb, was dann lediglich dazu führen würde, dass die Beklagten lediglich nach § 274 BGB Zug um Zug gegen Abtretung der eventuellen Schadenersatzansprüche der Klägerin gegenüber dem Werkstattbetrieb zur Zahlung zu verurteilen gewesen wäre. Hierfür müssten aber zumindest konkrete Anhaltspunkte für einen derartigen Schadenersatzanspruch vorliegen. Die bloße Behauptung, die Reparaturdauer sei unangemessen lang gewesen, reicht dafür nicht. Im Übrigen hätten die Beklagten eine solche Einrede erheben müssen. Das entsprechende Zurückbehaltungsrecht ist nicht von Amts wegen zu berücksichtigen (Palandt-Heinrichs, BGB, 68. Aufl, § 273 Rdn. 19).
Der Zinsanspruch der Klägerin rechtfertigt sich aus §§ 288 Abs. 1 Satz 2, 286 Abs. 1 Satz 1 BGB.
Darüber hinaus kann die Klägerin von den Beklagten die Freistellung von außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 661,16 € verlangen, im Übrigen war die Klage abzuweisen.
Die Klägerin stützt zu Unrecht ihren Freistellungsanspruch auf die Kostennote vom 19. Januar 2010, denn dieser liegt ein Gegenstandswert in Höhe von 9.254,36 € zugrunde. Wie sich jedoch aus der Zahlungsaufforderung der Anlage K 4 ergibt, wurde die Beklagte zu 2.) lediglich zur Zahlung in Höhe von 8.052,81 € aufgefordert.
B. Widerklage
Die Widerklage ist unbegründet.
Aus den oben genannten Gründen haften die Beklagten allein.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 91 Abs. 1 Satz 1, § 92 Abs. 2 Nr. 1, 100 Abs. 1 ZPO, die der vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 Satz 1 und 2 ZPO.
Der Beschluss über die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 48 Abs. 1 Satz 1, 45 Abs. 1 Satz 1 GKG, 3 ZPO.