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Verkehrsunfall – über 130%-Grenze liegender Reparaturaufwand bei altem Fahrzeug

LG München I – Az.: 20 O 15681/16 – Urteil vom 25.09.2018

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 4.706,00 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 02.03.2016 zu zahlen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger weitere 492,54 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 02.03.2016 zu zahlen.

3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger 65 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 35 % zu tragen.

5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Schadensersatz nach einem Unfall am 26.10.2015 gegen 19.00 Uhr auf der Autobahn A 99 im Gemeindebereich von Kirchheim. Der Kläger ist Eigentümer, Halter und Fahrer des beschädigten Autos Daimler Benz. Der Beklagte zu 1) ist Fahrer des Beklagten-LKW’s Daimler mit Anhänger, die Beklagte zu 2) ist Eigentümerin und Halterin des LKWs mit Anhänger und die Beklagte zu 3) Haftpflichtversicherer.

Der Kläger befuhr mit seinem Mercedes-Benz die mittlere von drei Fahrspuren der A 99 in westlicher Richtung, so sein Vortrag. Dann sei der Beklagte zu 1) mit dem LKW und Anhänger, der sich auf der rechten Spur befunden habe, nach links gezogen und es sei zur Kollision zwischen den beiden Fahrzeugen gekommen. Hierdurch sei ein erheblicher Sachschaden an seinem 28 Jahre alten Mercedes Benz entstanden.

Mit der Klage machte der Kläger zunächst den von seinem vorgerichtlich beauftragten Gutachter festgestellten Wiederbeschaffungsaufwand in Höhe von € 3.500,– sowie Gutachterkosten in Höhe von € 592,35, Abschleppkosten in Höhe von € 398,65, eine Pauschale in Höhe von € 25,– und einen Nutzungsausfall für 14 Tage in Höhe von jeweils € 35,–, somit € 490,–, insgesamt also € 4.706,00 geltend.

Am 07.03.2016 erteilte der Kläger einen Reparaturauftrag, der von einer Mercedes Werkstatt ausgeführt wurde und mit einem Betrag von € 11.765,30 berechnet wurde.

Dann erweiterte der Kläger die Klage auf insgesamt € 13.271,30.

Der Kläger trägt vor, im Rahmen einer Einzelfallbetrachtung sei es hier ausnahmsweise gerechtfertigt, von der sogenannten 130 % Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs abzuweichen, da der Kläger den PKW Daimler Benz am 02.10.1987 neu gekauft habe, ihn regelmäßig und ununterbrochen in einer Mercedes Benz Vertragswerkstätte gewartet habe, und er nicht vorhabe, ein weiteres Fahrzeug zu erwerben.

Das Fahrzeug des Klägers sei einer Marktbewertung vollständig entzogen, weil am Markt ein vergleichbares Fahrzeug nicht existiere.

Der Kläger beantragt zuletzt:

1. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an den Kläger € 13.271,30 nebst 5 Prozentpunkten hieraus über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 02.03.2016 zu bezahlen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger die vorgerichtlichen Anwaltsgebühren in Höhe von € 492,54 nebst 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 02.03.2016 zu bezahlen, hilfsweise den Kläger hiervon gegenüber seiner Rechtsschutzversicherung freizustellen.

Die Beklagten beantragen: Klageabweisung.

Die Beklagten bestreiten, dass sich der Unfall aufgrund eines Spurwechsels des Beklagten- LKWs ereignet habe und behaupten, der LKW sei ununterbrochen auf der mittleren Fahrspur der A 99 gefahren. Der Kläger sei mit einer Geschwindigkeit von ca. 150 km/h von hinten gekommen und sei schleudernd mit dem LKW kollidiert.

Bezüglich der Klageerhöhung machen sie geltend, dass die Reparaturkosten die 130 %-ige Opfergrenze um das dreifache überschreiten.

Die zunächst vor dem Amtsgericht eingeklagten € 4.706,00 erkennen sie der Höhe nach an.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Anhörung des Klägers und des Beklagten zu 1), vergleiche Protokoll vom 07.02.2017, Bl. 109 bis 115 d. A. und durch Erholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens, vergleiche Blatt 144 bis 167 d. A.

Ferner befindet sich in den Akten noch eine ausführliche Beweisaufnahme des Amtsgerichts München, vgl. Bl. 72 bis 78 d. A.

Zudem wurde die Akte 421 Js 249260/15 der Staatsanwaltschaft München I beigezogen.

Zur Ergänzung des Tatbestands im Übrigen wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nur in der zugesprochenen Höhe begründet, denn die Beklagtenseite haftet zwar für den Unfall zu 100 %, jedoch nicht für die unverhältnismäßigen Aufwendungen, die der Kläger getätigt hat, um seinen inzwischen 31 Jahre alten PKW Mercedes Benz weiterfahren zu können.

Gemäß den §§ 7, 17, 18 StVG i. V. m. 115 VVG und § 249 BGB haften die Beklagten auf den ausgeurteilten Betrag.

Sowohl aus der Anhörung der beiden am Unfall beteiligten Fahrer als auch aus dem plausiblen und überzeugenden Gutachten des Sachverständigen Herrn S ergibt sich eindeutig, dass der Unfall für den Kläger unvermeidbar war und, wie die Klagepartei zutreffend vorgetragen hat, durch einen Spurwechsel des beklagtischen LKW zustande kam.

Bereits in der mündlichen Verhandlung vom 07.02.2017 ergaben sich einige Ungereimtheiten in den Angaben des Beklagten zu 1), so gab er beispielsweise entgegen dem schriftsätzlichen Beklagtenvortrag nicht an, dass er auf der mittleren Spur gefahren sei, sondern vielmehr dass er auf der rechten Spur gefahren war.

Auch die Art und Weise, wie er anhand seines Smartphones das angebliche Schleudern des Klägerfahrzeugs schilderte, wirkte derart übertrieben, dass diesen Angaben kein Glauben geschenkt werden konnte.

Zuletzt aber entscheidend sind die Feststellungen des Sachverständigen, die nachvollziehbar und plausibel die Version der Klagepartei für den Unfallhergang bestätigen.

Zur Schadenshöhe ist jedoch nur der Wiederbeschaffungsaufwand geschuldet und nicht die Reparaturkosten in Höhe von € 11.765,30, denn dieser Reparaturaufwand ist unverhältnismäßig und somit gemäß § 251 Abs. 2 Satz 1 BGB nicht zu ersetzen, vgl. BGH, Urteil vom 15.10.1991, Az. VI ZR 67/91 und fortgesetzte stetige Rechtsprechung.

Alle übrigen Schadenspositionen wurden im Laufe des Rechtsstreits unstreitig gestellt bzw. anerkannt, so dass insgesamt die ursprünglich beantragten € 4.706,00 zuzusprechen waren.

Rechtsanwaltskosten sind ebenfalls gemäß § 249 BGB aus dem berechtigten Betrag von € 4.706,00 geschuldet. Der Freistellungsanspruch nach § 249 Abs. 1 BGB ist gemäß § 250 Satz 2 BGB in einen auf Geldzahlung gerichteten Anspruch übergegangen durch die endgültige Leistungsverweigerung der Beklagtenseite.

Zinsen sind gemäß den §§ 286, 288 BGB geschuldet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht § 709 ZPO.

 

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