AG Achern – Az.: 3 C 245/18 – Urteil vom 17.05.2019
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.444,84 € sowie restliche vorgerichtliche Anwaltskosten von 78,90 € jeweils nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 14.02.2018 zu zahlen.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 17 % und die Beklagte 83 % zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 1.739,95 € festgesetzt.
Tatbestand
Die Parteien streiten um die Folgen eines Verkehrsunfalls.
Am 19.11.2017 ereignete sich ein Verkehrsunfall in Achern. Die Klägerin ist die Eigentümerin des beschädigten Fahrzeugs, die Beklagte ist der Haftpflichtversicherer des gegnerischen Unfallfahrzeugs. Die alleinige Haftung der Beklagten dem Grunde nach ist zwischen den Parteien unstreitig.
Die Klägerin ließ den Schaden ihres Fahrzeugs beim Kfz-Sachverständigenbüro … ermitteln und im Anschluss bei der Fa. Kfz-Service … reparieren. Hierfür wurde ihr eine Rechnung über 3.934,39 € ausgestellt. Auf diese Rechnung zahlte die Beklagte vorgerichtlich einen Betrag von 3.872,12 €. Für die Dauer der Begutachtung und Reparatur vom 20.11.2017 bis 07.12.2017 mietete die Klägerin zudem einen Ersatzwagen bei der Fa. Autovermietung … wofür ihr 2.312,77 € in Rechnung gestellt wurden. In dieser Rechnung waren u.a. auch Zusatzkosten für Winterreifen, Vollkaskoversicherung und einen Zusatzfahrer enthalten. Hierauf leistete die Beklagte vorgerichtlich einen Betrag von 719,34 €. Durch die Mandatierung ihres Prozessbevollmächtigten entstanden der Klägerin zudem vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten von 746,73 €, welche von der Beklagten in Höhe von 571,44 € reguliert wurden.
Die Klägerin behauptet, sämtliche Reparaturmaßnahmen seien erforderlich gewesen. Ein Abzug neu für alt komme nicht in Betracht. Auch die geltend gemachten Mietwagenkosten seien der Höhe nach erstattungsfähig. Hierfür müsse auf die Schwacke-Liste abgestellt werden. Die Klägerin behauptet, das Unfallfahrzeug sei von der Zeugin … auch mitbenutzt worden, sodass ein Zusatzfahrer erforderlich gewesen sei. Ebenfalls seien die Kosten für die Vollkaskoversicherung zu bezahlen, da der Selbstbehalt auf 0,00 € reduziert worden sei. Die Klägerin ist schließlich der Ansicht, sie habe einen Anspruch auf Zahlung der restlichen Anwaltskosten, welche sich anhand einer 1,5 Geschäftsgebühr errechnen würden, da die Angelegenheit umfangreich und schwierig gewesen sei.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 1.830,99 € zu bezahlen nebst Jahreszinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 14.02.2018.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Beklagte behauptet, die Klägerin müsse sich bei den Reparaturkosten einen Abzug für Wertverbesserung in Höhe von 40,14 € anrechnen lassen, da dieser – insoweit zwischen den Parteien unstreitig – auch im klägerischen Sachverständigengutachten angegeben wurde. Die Reparaturkosten seien zudem hinsichtlich der Kosten für den Aus- und Einbau der Türdichtung zu kürzen, da dieser nicht erforderlich gewesen sei. Was die Mietwagenkosten angeht, so hält die Beklagte die Erhebungen des Fraunhofer Instituts als geeignete Schätzgrundlage. Aus einem Angebot der Fa. XK ergebe sich zudem, dass die verlangten Mietwagenkosten deutlich überhöht seien. Die Beklagte ist der Ansicht, die Zusatzkosten für die Winterreifen seien nicht erstattungsfähig, da es eine Pflicht des Halters sei, das Fahrzeug entsprechend den Verhältnissen zu bereifen, sodass hierfür keine zusätzlichen Kosten verlangt werden könnten. Ebenso wenig könnten die Zusatzkosten für die Haftungsreduzierung beansprucht werden, da diese bereits in den einschlägigen Listen miteinbezogen seien. Vorgerichtliche Anwaltskosten seien nur in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr erstattungsfähig.
Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.
Das Gericht hat Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugin … . Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 29.04.2019 verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.

I. Die Klägerin kann von der Beklagten anlässlich des Unfallereignisses am 18.11.2017 nach §§ 7 Abs. 1 StVG, 249 Abs. 2 BGB, 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG, 1 PflVG Zahlung weiterer 1.444,84 € verlangen. Hinsichtlich des darüber hinaus geltend gemachten Betrages ist die Klage unbegründet.
1. Die alleinige Haftung der Beklagten dem Grunde nach folgt aus §§ 7 Abs. 1 StVG, 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG, 1 PflVG.
a) Das Fahrzeug der Geschädigten wurde unstreitig durch ein Fahrzeug, welches bei der Beklagten haftpflichtversichert ist, beschädigt, wobei der Verkehrsunfall am 18.11.2017 allein von dem Fahrer des bei der Beklagten versicherten Fahrzeugs verursacht wurde (§ 7 Abs. 1 StVG).
b) Die Haftung der Beklagten als Haftpflichtversicherer folgt aus §§ 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG, 1 PflVG. Unbestritten hat die Beklagte auf die Mietwagenkosten von 2.312,77 € eine Zahlung in Höhe von 719,34 € und auf die Reparaturkosten von 3.934,39 € eine Zahlung von 3.872,12 € erbracht, so dass insgesamt eine Differenz von 1.655,70 € verbleibt, von der die Beklagte 1.444,84 € zu erstatten hat.
2. Als Rechtsfolge hat die Beklagte der Klagepartei gemäß §§ 7 Abs. 1,17 StVG, 249 BGB den aus dem Unfallereignis entstandenen Schaden zu ersetzen.
a) Die Klagepartei kann vorliegend restliche Reparaturkosten in Höhe von 22,13 € ersetzt verlangen.
aa) Nach dem Grundsatz des § 249 Abs. 1 Satz 1 BGB ist der Geschädigte, der es nach einem Sachschaden selbst in die Hand nimmt, den früheren Zustand herzustellen, berechtigt, vom Schädiger den dazu erforderlichen Geldbetrag zu verlangen. Der Schädiger kann ihn auf eine Entschädigung in Geld für den erlittenen Wertverlust nur dann verweisen, wenn und soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung nicht genügend ist (§ 251 Abs. 1 BGB) oder unverhältnismäßige Aufwendungen erfordert (§ 251 Abs. 2 Satz 1 BGB). Eine Naturalrestitution hat somit Vorrang vor einer bloßen Schadenskompensation (BGH NJW 1992, 305).
Bei der Beschädigung eines Kraftfahrzeugs stellen sowohl die Reparatur des beschädigten Fahrzeugs, als auch die Anschaffung eines (gleichwertigen) Ersatzfahrzeugs gleichwertige Formen der Naturalrestitution dar. Unter den beiden zur Verfügung stehenden Möglichkeiten hat der Geschädigte, entsprechend dem aus § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB folgenden Gebot der Wirtschaftlichkeit, grds. diejenige auszuwählen, die den geringsten Aufwand erfordert (BGH NJW 2005 1108; NJW 2003, 2085 m. w. N.). Im Rahmen des § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB sind daher nur solche Aufwendungen als erforderlich einzustufen, die vom Standpunkt eines verständigen, wirtschaftlich denkenden Menschen in der Lage des Geschädigten zur Behebung des Schadens zweckmäßig und angemessen erscheinen (BGH NJW 1992, 305). Auch darf sich der Geschädigte an dem Schadenereignis nicht bereichern, ist in den so gezogenen Grenzen aber grds. in der Wahl und in der Verwendung der Mittel zur Schadensbehebung frei. Er ist weder dazu verpflichtet, sein Fahrzeug zu reparieren, noch es zur Reparatur in eine Kundendienstwerkstatt zu geben, deren Preise in der Regel Grundlage der Kostenschätzung sind. Es bleibt vielmehr ihm überlassen, ob und auf welche Weise er sein Fahrzeug wieder instand setzt (BGH NJW 2005 1108, NJW 2003, 2085). Ist der Reparaturaufwand des Fahrzeugs geringer als der von einem Sachverständigen ermittelte Wiederbeschaffungsaufwand (Wiederbeschaffungswert abzüglich Restwert), kann der Geschädigte stets die konkret angefallenen Reparaturkosten verlangen.
Bei der Instandsetzung eines beschädigten Kraftfahrzeugs schuldet der Schädiger im Übrigen als Herstellungsaufwand nach § 249 Abs. 2 Satz 1 BGB grundsätzlich auch die Mehrkosten, die die von ihm beauftragte Werkstatt infolge unwirtschaftlicher oder unsachgemäßer Maßnahmen ohne eigene Schuld des Geschädigten verursacht hat. Denn der erforderliche Herstellungsaufwand wird nicht nur durch Art und Ausmaß des Schadens, die örtlichen und zeitlichen Gegebenheiten für seine Beseitigung, sondern auch von den Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten des Geschädigten mitbestimmt, so auch durch seine Abhängigkeit von Fachleuten, die er zur Instandsetzung des Unfallfahrzeugs heranziehen muss. In diesem Sinne ist der Schaden nicht „normativ” zu bestimmen, sondern subjektbezogen. Die Werkstatt ist dabei nicht als Erfüllungsgehilfe des Geschädigten im Sinne des § 278 Abs. 1 BGB zu qualifizieren (BGH NJW 1975, 160).
bb) Unter Zugrundelegung dieser Maßstäbe stehen der Klagepartei weitere Reparaturkosten in Höhe von 22,31 € zu.
Es kommt nicht darauf an, ob es sich bei den von der Fa. … in Rechnung gestellten Kosten für den Ein- und Ausbau der Türdichtung um notwendige und unfallbedingte Reparaturleistungen handelte. Es sind nämlich keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass der Klägerin als technischem Laien die möglicherweise fehlende Notwendigkeit dieser Reparaturarbeiten bekannt oder diese für sie erkennbar waren. Die von der Beklagten errechnete Differenz zwischen den abgerechneten und den tatsächlich erforderlichen Reparaturkosten beläuft sich bei einem Gesamtreparaturaufwand von 3.934,39 € auf lediglich 22,31 €. Angesichts einer solchen Geringfügigkeit der möglicherweise unberechtigten Mehrkosten kann im Hinblick auf die konkreten Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten der Klägerin nicht von einer fehlenden Erforderlichkeit ausgegangen werden.
Es darf insoweit nicht außer Acht gelassen werden, dass den Kenntnis- und Einwirkungsmöglichkeiten des Geschädigten bei der Schadensregulierung regelmäßig Grenzen gesetzt sind, dies vor allem, sobald er den Reparaturauftrag erteilt und das Fahrzeug in die Hände von Fachleuten gibt. Es würde dem Sinn und Zweck des § 249 Abs. 2 S. 1 BGB widersprechen, wenn der Geschädigte bei Ausübung der Ersetzungsbefugnis im Verhältnis zu dem ersatzpflichtigen Schädiger mit Mehraufwendungen der Schadensbeseitigung belastet bliebe, deren Entstehung seinem Einfluss entzogen sind und die ihren Grund darin haben, dass die Schadensbeseitigung in einer fremden, vom Geschädigten nicht mehr kontrollierbaren Einflusssphäre stattfinden muss (BGHZ63, 182). Insofern geht das Werkstattrisiko zu Lasten des Schädigers (BGHZ 63, 182; BGH, NJW 1992, 302). Es macht dabei keinen Unterschied, ob die Werkstatt dem Geschädigten unnötige Arbeiten in Rechnung stellt, überhöhte Preise oder Arbeitszeiten in Ansatz bringt oder Arbeiten berechnet, die in dieser Weise nicht ausgeführt worden sind (OLG Hamm, NZV 1995, 442). Auch ein solch betrügerisches Verhalten ist der Einflusssphäre des Geschädigten entzogen. Es besteht kein Grund, dem Schädiger das Risiko für ein solches Verhalten abzunehmen. Zu berücksichtigen ist zudem, dass der Geschädigte bei Ausübung der Ersetzungsbefugnis die Schadensbeseitigung für den Schädiger durchführen lässt. Hätte der Geschädigte, wie es § 249 Abs. 1 BGB vorsieht, die Schadensbeseitigung dem Schädiger überlassen, hätte dieser sich ebenfalls mit dem betrügerischen Verhalten der Werkstatt auseinandersetzen müssen.
b) Die Klägerin muss sich bezüglich der geltend gemachten Reparaturkosten aber einen Abzug neu für alt in Höhe von 40,14 € anrechnen lassen.
Der Abzug „neu für alt“ soll den Vorteil ausgleichen, der dem Geschädigten daraus erwächst, dass er im Zuge der Reparatur für eine schadhafte alte eine neue Sache bzw. für ein schadhaftes altes ein neues Bauteil erlangt (BGH NJW 1996, 584). Dass ein solcher Vorteil bei der Berechnung zugunsten des Schädigers zu berücksichtigen ist, ist höchstrichterlich auch für die Reparatur eines unfallbeschädigten Kfz anerkannt (BGH NJW 2005,1108).
Ein Abzug ist gerechtfertigt, wenn es zu einer messbaren Vermögensvermehrung des Geschädigten gekommen ist, die Werterhöhung sich für ihn günstig auswirkt (BGH, NJW 1959, 1078) und die Vorteilsausgleichung dem Geschädigten zumutbar ist. Erforderlich ist deshalb ein gewisses Alter bzw. eine gewisse Abnutzung der beschädigten Sache, um einen Vorteil durch die Ersatzsache spürbar zu machen (OLG Düsseldorf NZV 2006, 415). Vorrangig ist der Abzug somit beim Kfz für den Austausch von Verschleißteilen relevant, denn Teile, die keinem Verschleiß unterliegen, erhöhen die durchschnittliche Lebenserwartung des Fahrzeugs nicht (OLG Celle BeckRS 1999, 13928; OLG Düsseldorf SP 1995, 276). Die Darlegungs- und Beweislast für die Berechtigung eines entsprechenden Abzugs liegt dabei nicht beim Schädiger, sondern deren Fehlen hat der Geschädigte darzutun und nachzuweisen (OLG Koblenz, VersR 1995, 465).
Diesen Nachweis konnte die Klägerin nicht erbringen. Ausweislich des Sachverständigengutachtens der Klägerin (Anlage K 2) wurden bezüglich des Lacks und der Teile eine Wertverbesserung von 40,14 € (brutto) angesetzt. Warum dieser Abzug neu für alt nicht berechtigt sein soll, wurde von der Klagepartei nicht dargelegt.
c) Die Klägerin kann von der Beklagten die Erstattung restlicher Mietwagenkosten in Höhe von 1.422,71 € verlangen.
aa) Der Kläger hat einen Anspruch auf Ersatz der Mietwagenkosten, dessen Höhe sich gem. § 287 ZPO auf der Grundlage des für den Ort der Anmietung und Übernahme maßgeblichen „Schwacke – Mietpreisspiegels 2017“ bestimmt. Für die Frage der Ersatzfähigkeit von unfallbedingten Mietwagen kosten gilt nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. u.a. BGH, NJW 2008, 1519, 1520 und BGH, NJW 2009, 58 ff.) folgendes:
(1) Wenn und soweit der Geschädigte ein Kraftfahrzeug zu einem Tarif anmietet, der gegenüber dem Normaltarif teurer ist, kann er diesen Tarif (welcher nicht notwendig als Unfallersatztarif bezeichnet worden sein muss) nur dann ersetzt verlangen, soweit die Besonderheiten dieses Tarifs mit Rücksicht auf die Unfallsituation einen gegenüber dem Normaltarif höheren Preis rechtfertigen, weil sie auf Leistungen des Vermieters beruhen, die durch die besondere Unfallsituation veranlasst und infolgedessen zur Schadensbehebung nach § 249 BGB erforderlich sind (objektive Erforderlichkeit). Falls nach diesen Grundsätzen kein gegenüber dem Normaltarif höherer Preis (objektiv) gerechtfertigt ist, kann der geltend gemachte (Unfallersatz-) Tarif gleichwohl ersatzfähig sein, wenn dem Geschädigten unter Berücksichtigung seiner individuellen Erkenntnis- und Einflussmöglichkeiten sowie der gerade für ihn bestehenden Schwierigkeiten unter zumutbaren Anstrengungen auf dem in seiner Lage zeitlich und örtlich relevanten Markt – zumindest auf Nachfrage – kein wesentlich günstigerer Normaltarif zugänglich war (subjektive Erforderlichkeit).
(2) Für die Tatsachen, aus denen sich entweder die objektive oder die subjektive Erforderlichkeit des geltend gemachten Tarifs ergibt, trägt der Geschädigte – da es jeweils um die Frage des Anspruchsgrundes und nicht der Schadensminderungspflicht geht – die Darlegungs- und Beweislast. Falls weder die objektive noch die subjektive Erforderlichkeit des in Anspruch genommenen Tarifs in diesem Sinne dargelegt und nachgewiesen wird, kann der Geschädigte lediglich den Normaltarif verlangen.
(3) Unter Anwendung dieser Grundsätze kann die Klägerin vorliegend nur den Normaltarif nach Schwacke ersetzt verlangen und keinen pauschalen Aufschlag. Denn hinsichtlich der Notwendigkeit eines Aufschlages für einen Unfallersatztarif hat sie vorliegend nichts vorgetragen, sodass sie ihrer Darlegungs- und Beweislast insofern nicht nachgekommen ist.
bb) Im Rahmen des § 287 ZPO bestimmt das Gericht den ersatzfähigen Normaltarif daher anhand des Schwacke-Mietpreisspiegels.
(1) Der genannte Mietpreisspiegel stellt eine geeignete Grundlage für die nach § 287 ZPO vorzunehmende Schätzung dar (vgl. BGH, NJW 2009, 58-60; BGH, DAR 2009, 324-325; LG Baden-Baden, Beschluss vom 19.02.2013, – 2 S 53/12; LG Baden-Baden, Urteil vom 16.11.2012, 4 S 38/11; LG Baden-Baden, Urteil vom 29.06.2012, 1 S 82/11). Die Art der Schätzgrundlage gibt § 287 ZPO nicht vor. Zwar darf die Schadenshöhe nicht auf der Grundlage falscher oder offenbar unsachlicher Erwägungen festgesetzt werden. Wesentliche, die Entscheidung bedingende Tatsachen dürfen nicht außer Acht bleiben (vgl. BGH, VersR 1992, 886, 888). § 287 ZPO rechtfertigt es nicht, dass das Gericht in für die Streitentscheidung zentralen Fragen auf nach Sachlage unerlässliche, fachliche Erkenntnisse verzichtet (vgl. BGH, VersR 1976, 389, 390). Doch ist es nicht Aufgabe des Tatrichters, lediglich allgemein gehaltenen Angriffen gegen eine Schätzungsgrundlage nachzugehen. Einwendungen gegen die Grundlagen der Schadensbemessung sind nur dann erheblich, wenn sie auf den konkreten Fall bezogen sind. Deshalb bedarf die Eignung von Listen oder Tabellen, die bei der Schadensschätzung Verwendung finden können (vgl. BGH VersR 2005, 284), nur dann der Klärung, wenn mit konkreten Tatsachen aufgezeigt wird, dass geltend gemachte Mängel der betreffenden Schätzungsgrundlage sich auf den zu entscheidenden Fall auswirken (vgl. zum Ganzen auch BGH, NJW 2008, 699 ff.; BGH, NJW 2008, 2910 ff.).
(2) Solche konkreten Tatsachen sind von der Beklagten hier noch nicht ausreichend dargelegt.
(a) Die Beklagte hat allgemeine Einwendungen gegen die in der Schwacke-Liste aufgeführten Werte erhoben, die Vorzugswürdigkeit der Erhebungen des Fraunhofer Instituts herausgestellt.
Alleine aus den sich daraus ergebenden Preisdifferenzen lassen sich aber noch keine ausreichend konkreten Anhaltspunkte dafür entnehmen, dass die geltend gemachten Mängel der vom Amtsgericht verwendeten Schätzgrundlage sich auf den konkreten Fall auswirken. Die unterschiedlichen Mietwagenpreise nach dem Schwacke-Mietpreisspiegel und den Erhebungen des Fraunhofer-Instituts lassen alleine keinen Schluss auf Mängel einer der beiden Schätzgrundlagen zu (BGH, MDR 2013, 330 f.). Trotz der Bedenken, die gegen die Zuverlässigkeit des Schwacke-Mietpreisspiegels erhoben werden, hat der Bundesgerichtshof daran festgehalten, dass dieser in der Rechtsprechung als Schätzungsgrundlage für den Normaltarif Verwendung finden kann (BGH, MDR 2013, 330 f.; BGH Urt. v. 14.10.2008 – VI ZR 308/07 – a.a.O.; vgl. auch LG Baden-Baden, Beschluss vom 19.02.2013 – 2 S 53/12; LG Baden-Baden, Urteil vom 16.11.2012, 4 S 38/11; LG Baden-Baden, Urteil vom 29.06.2012, 1 S 82/11).
(b) Nach der Rechtsprechung des Gerichts stellen die Erhebungen des Fraunhofer-Instituts keine geeignetere Schätzungsgrundlage dar. Unabhängig davon, ob diese Erhebungen bereits deshalb in Zweifel gezogen werden können, weil sie von der Versicherungswirtschaft in Auftrag gegeben wurden und deshalb die Unabhängigkeit und Neutralität der Erhebungen fraglich sein könnte, kommt deren Anwendbarkeit nach Ansicht des Gerichts nicht in Betracht. Das Fraunhofer-Institut konzentrierte sich bei der Internet-Recherche zum einen auf Internet-Portale, die eine verbindliche Buchung erlauben und damit auf die vorhandenen namhaften und großen Anbieter, zum anderen beschränkten sich diese Internet-Recherchen auf zweistellige Postleitzahlenbereiche. Die telefonischen Erhebungen beschränkten sich darüber hinaus auf den einstelligen Postleitzahlenbereich. Vor diesem Hintergrund besteht deshalb die Gefahr, dass regionale Besonderheiten nicht ausreichend Berücksichtigung finden. Außerdem ist damit die vom Bundesgerichtshof geforderte Ortsnähe für die Ermittlung der ortsüblichen Mietwagenkosten nicht mehr gewährleistet. Deshalb ist es nach Ansicht des Gerichts nicht zwingend erforderlich nach dem Mittelwert, der sich aus der Schwacke-Liste und den Tabellen des Fraunhofer Instituts ergibt, abzurechnen.
(c) Dass auf dem Markt gegebenenfalls Mietwagen auch zu günstigeren Tarifen als dem Moduswert aus der Schwacke-Liste angeboten werden, steht im Rahmen des § 287 ZPO der Anwendung der Schwacke-Liste nicht entgegen.
(d) Auch die von der Beklagtenpartei aufgezeigte Möglichkeit einer Anmietung eines Ersatzfahrzeuges zu einem Preis von 642,91 € ist nicht geeignet, die Schätzgrundlage in Zweifel zu ziehen. Insoweit fehlt es an einer ausreichenden Aussagekraft und Vergleichbarkeit. Der genannte Preis bezieht sich schon nicht auf den maßgeblichen Anmietzeitraum, sondern auf November 2018. Es fehlt damit schon an der hinreichenden Vergleichbarkeit mit den Preisen für eine Anmietung im maßgeblichen Zeitraum im November 2017. Hinzukommt, dass das vorgelegte Vergleichsangebot von einer von Anfang an feststehenden Mietzeit ausgeht, was bei der tatsächlichen Anmietung jedoch nicht der Fall war (vgl. LG Baden-Baden, Beschluss vom 19.02.2013 – 2 S 53/12; LG Baden-Baden, Urteil vom 16.11.2012 – 4 S 38/11).
cc) Ausgehend hiervon bestimmt sich gemäß § 287 ZPO der konkret zu erstattende Normaltarif wie folgt:
(1) Nach der Rechtsprechung des BGH (vgl. BGH, NJW 2007, 2758 f.), der das Gericht folgt, ist auf die im Schwacke-Mietpreisspiegel 2017 angegebenen Modus-Werte (früher: gewichtetes Mittel) abzustellen.
(2) Bei der Prüfung der Wirtschaftlichkeit von Mietwagenkosten ist grundsätzlich das Preisniveau an dem Ort relevant, an dem das Fahrzeug angemietet und übernommen wurde, weil dort der Bedarf für ein Mietfahrzeug entsteht (vgl. BGH, 11. März 2008, NJW 2008, 1519 f.; vgl. auch OLG Köln, NZV 2009, 447 ff.). Vorliegend erfolgte unstreitig die Anmietung des Ersatzfahrzeuges im Postleitzahlengebiet „778“.
(3) Es ist nach Gruppe 2 abzurechnen, da das unfallbeschädigte Fahrzeug der Klägerin ein solches der Gruppe 2 ist. Der Geschädigte kann einen gleichwertigen Wagen wie den beschädigten beanspruchen (OLG Celle, NJW-RR 2012, 802). Maßgeblich ist dabei jeweils das Modell des beschädigten Fahrzeugs (BGH, VersR 1970, 547; BGH, VersR, 1974, 657; BGH, NJW 1982,1518; OLG Celle, NJW-RR 2012, 802). Das beschädigte Fahrzeug der Klägerin ist unstreitig in Gruppe 2 einzustufen.
(4) Damit ergibt sich ein Grundmietpreis nach dem Normaltarif (brutto) von insgesamt 1.459,00 € (2 x Wochenpauschale zu je 544,00 €, 1 x 3-Tagespauschale zu 276,00 € und 1 x Tagespauschale zu 95,00 €).
(5) Vom Grundmietpreis muss sich der Geschädigte nach ständiger Rechtsprechung des Gerichts im Wege der Vorteilsausgleichung grundsätzlich ersparte Eigenaufwendungen in Abzug bringen lassen. Nach der Rechtsprechung des Landgerichts Baden-Baden, der sich das Gericht anschließt, beträgt dieser Abzug 5 %.
(6) Die Kosten für eine Vollkaskoversicherung bei der Anmietung eines Ersatzfahrzeuges sind als adäquate Schadensfolge erstattungsfähig und auch im konkreten Fall auf der Grundlage des Schwacke-Mietpreisspiegels 2017 nach § 287 ZPO zu schätzen. Es besteht grundsätzlich ein schutzwürdiges Interesse der Geschädigten, für die Kosten einer eventuellen Beschädigung des Mietfahrzeugs nicht selbst aufkommen zu müssen, zumal Mietwagen in der Regel neuer und damit höherwertiger sind als die beschädigten Fahrzeuge (vgl. OLG Karlsruhe VersR 2008, 92 f.).
Insofern kommt es auch nicht – wie von der Beklagten behauptet – darauf an, ob für das geschädigte Fahrzeug ebenfalls eine entsprechende Haftungsreduzierung vereinbart war. Zwar ist in der Lesehilfe der Schwacke-Liste 2017 darauf hingewiesen, dass eine Vollkaskoversicherung mit einem Selbstbehalt von 500,00 € bis 1.500,00 € im Normaltarif bereits im Preis enthalten sei. Ausdrücklich wird jedoch darauf hingewiesen, dass eine weitere Reduzierung des Selbstbehalts möglich sei und die Kosten hierfür in der Nebenkostentabelle ausgewiesen würden.
So liegt der Fall hier. Eine Haftungsreduzierung auf unter 500 € wurde zwischen der Klägerin und dem Autovermieter laut Mietvertrag vom 20.11.2018 (Anlage K 4) vereinbart. Aus dem Mietvertrag ist ersichtlich, dass der Selbstbehalt bei der Haftungsreduzierung auf „0,-“ € reduziert wurde.
(7) Die Kosten für Winterreifen sind ebenfalls erstattungsfähig. Zu ersetzen sind auch Zusatzentgelte, die der Normaltarif nicht abdeckt und die erforderlich sind, um das Fahrzeug verkehrssicher nutzen zu können. Dementsprechend sind Zuschläge für Winterreifen zu ersetzen, wenn für den konkreten Vermietungszeitraum mit winterlichen Straßenverhältnissen jederzeit gerechnet werden musste (BGH, NJW 2013, 1870; OLG Köln, BeckRS 2012, 02568; OLG Karlsruhe, NJW-RR 2012, 26). Dies ist für den hier vorliegenden Zeitraum vom 20.11.2017 – 07.12.2017 anzunehmen. Der Beklagtenseite ist zwar insofern zuzustimmen, dass der Autovermieter die Überlassung eines verkehrstauglichen, mithin gegebenenfalls gern. § 2 Abs. 3a StVO mit Winterreifen ausgerüsteten Fahrzeugs schuldet. Dies bedeutet jedoch nicht, dass er für eine solche Ausstattung nicht auch eine besondere Vergütung verlangen kann (BGH, NJW 2013,1870).
(8) Auch die zusätzlichen Kosten für einen Zweitfahrer sind als erforderlich anzusehen. Die Klägerin darf bei der Anmietung des Ersatzfahrzeuges diese Zusätze verlangen, da das unfallbeschädigte Fahrzeug der Klägerin auch von mehreren Personen genutzt wurde (OLG Köln, Urt. v. 20.07.2010 – 25 U 11/10 -). Dies konnte die Klägerin im Rahmen der Beweisaufnahme zur Überzeugung des Gerichts beweisen. Die Zeugin … konnte glaubhaft schildern, dass sie das Unfallfahrzeug damals auch mitbenutzt hatte, um z.B. zum Einkäufen oder auch zum Arzt zu fahren, insbesondere da sie damals noch über kein eigenes Auto verfügte.
dd) Hieraus ergibt sich folgende Berechnung der grundsätzlich ersatzfähigen Mietwagenkosten:
2 x Wochenpauschale Grundmiettarif/Modus zu je 544,00 € 1.088,00 €
1 x 3-Tagespauschale Grundmiettarif/Modus zu 276,00 € 276,00 €
1 x Tagespauschale Grundmiettarif/Modus zu 95,00 € 95,00 €
Abzüglich Eigenersparnis von 5% – 72,95 €
18 x Haftungsbeschränkung zu je 20,00 € 360,00 €
18 x Winterreifen zu je 10,00 € 180,00 €
18 x Zusatzfahrer zu je 12,00 € 216,00 €
Summe 2.142,05 €
ee) Die tatsächlich angefallenen Mietwagenkosten liegen mit 2.312,77 € über dem Betrag, der sich nach der Schwacke-Liste errechnet. Die Klägerin hat daher nur anteilig Anspruch auf Ersatz der restlichen angefallenen Mietwagenkosten. Auf den maximal erstattungsfähigen Anspruch in Höhe von 2.142,05 € sind von der Beklagten 719,34 € bezahlt worden, so dass ein Anspruch auf Ersatz restlicher Mietwagenkosten in Höhe von 1.422,71 € verbleibt.
II. Daneben hat die Klagepartei einen Anspruch gegen die Beklagtenpartei auf Zahlung restlicher Anwaltskosten in Höhe von 78,90 €. Dieser besteht nach §§ 7 Abs. 1,17 StVG, 249 Abs. 2 BGB, 115 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 VVG, 1 PflVG. Anwaltskosten fallen auch bei einem Anspruch aus § 7 StVG in den Schutzbereich der verletzten Norm (BGH, NJW 1986, 2244) und setzen voraus, dass die Inanspruchnahme eines Rechtsanwalts erforderlich und zweckmäßig war (BGH, NJW 2004, 444; NJW 2006, 1065; NJW 2015, 3447). Dies kann hier angenommen werden. Der Ersatzpflicht des Beklagten ist dabei der Geschäftswert zugrundezulegen, der der berechtigten Schadensersatzforderung entspricht, mithin 6.697,83 € (BGH, NJW 2005, 1112; BGH, NJW 2008,1888). Auf die sich danach ergebenden vorgerichtlichen Anwaltskosten von 650,34 € zahlte die Beklagte 571,44 €, sodass ein Restbetrag von 78,90 € verbleibt.
Entgegen der Ansicht der Klägerseite kann diese hier keine Anwaltskosten in Höhe einer 1,5 Geschäftsgebühr geltend machen. Nach W-RVG Nr. 2300 kann eine Gebühr von mehr als 1,3 nur gefordert werden, wenn die Tätigkeit umfangreich oder schwierig war. Es muss demnach eine „überdurchschnittliche“ anwaltliche Tätigkeit vorliegen (BGH, NJW-RR 2007, 420, Rn. 6), wobei die Voraussetzungen dieser Überschreitung der 1,3 Geschäftsgebühr gerichtlich überprüfbar ist (BGH, Urt. v. 11.07.2012 – VIII ZR 323/11).
Geht man mit der Rechtsprechung des BGH davon aus, dass die 1,3 Geschäftsgebühr die Gebühr für durchschnittliche Fälle darstellt, bedeutet dies zugleich, dass jeder Umstand, der eine höhere Schwierigkeit als durchschnittliche Schwierigkeit begründet und jede Überschreitung des durchschnittlichen Umfangs zur Begründung des Überschreitens des Schwellenwertes ausreicht (Joachim Teubel, in: Mayer/Kroiß, RVG, 7. Aufl. 2018, RVG Nr. 2300 VV, Rn. 13). Für die Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit gilt dabei Folgendes: Maßstab ist die Intensität der Arbeit, wobei ein objektiver Maßstab anzulegen ist. Es ist unerheblich, ob der Anwalt – etwa aufgrund geringer Berufserfahrung – besondere Schwierigkeiten bei der Bewältigung der Aufgabe hat oder der Anwalt aufgrund seiner besonderen Spezialisierung (Fachanwalt) das Mandat leichter bewältigen kann. Es sind sowohl tatsächliche wie rechtliche Schwierigkeiten zu berücksichtigen (Joachim Teubel, in: Mayer/Kroiß, RVG, 7. Aufl. 2018, RVG Nr. 2300 W, Rn. 25).
Dies zugrunde gelegt ist hier von einem durchschnittlichen Verkehrsunfall auszugehen. Die besondere Schwierigkeit des Falles, welcher übliche Mietwagenkosten- und Reparaturkostenprobleme beinhaltet, erschließt sich dem Gericht nicht. Zudem hat die Klägerseite den von ihr vorgetragenen überdurchschnittlichen Umfang nur pauschal behauptet und trotz Bestreitens der Gegenseite nicht belegt.
III. Die Verurteilung zur Zahlung der Zinsen gründet sich auf §§ 288 Abs. 1,291 BGB.
IV. Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage für die Klägerin in § 709 ZPO und für die Beklagte in den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.