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Verkehrsunfall – Verbringungskosten eines beschädigten Spezialfahrzeugs in eine Spezialwerkstatt

LG Gießen, Az.: 3 O 75/16, Urteil vom 05.08.2016

Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 14.636,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.06.2015 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Der Gebührenstreitwert wird auf 14.641,80 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von der Beklagten weiteren Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall vom …, bei dem ein Abschleppfahrzeug der Klägerin durch ein Fahrzeug der Beklagten beschädigt wurde.

Die Haftung der Beklagten zu 100 % ist unstreitig. Die Klägerin verlangt mit der Klage einen Verbringungsaufwand von 2.386,80 €, Mietwagenkosten in Höhe von 12.250,00 €, eine Schadenspauschale von weiteren 5,00 € und die Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten (Einzelheiten Seite 3 der Klageschrift, Bl. 3).

Verkehrsunfall - Verbringungskosten eines beschädigten Spezialfahrzeugs in eine Spezialwerkstatt
Symbolfoto: Tyna/Bigstock

Die Klägerin behauptet, für die Reparatur des Abschleppfahrzeugs sei das Verbringen in eine Spezialwerkstatt nötig gewesen, wofür Kosten in Höhe von 2.386,80 € erforderlich gewesen seien. Sie betreibe einen 24-Stunden-Abschleppservice und habe deshalb ein Ersatzfahrzeug benötigt, das sie zu dem günstigsten Preis von 12.250,00 für 49 Tage angemietet, habe. Die Kostenpauschale sei in Höhe von 30,00 € angemessen.

Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an sie 14.641,80 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten seit dem … zu zahlen, sowie die Klägerin von den außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten gegenüber den Rechtsanwälten … in Höhe von 1.044,40 € netto nebst Zinsen seit Rechtshängigkeit freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten einen Anspruch aus § 7 Abs. 1 StVG auf Zahlung von 14.636,80 €.

Die Klägerin hat einen Anspruch auf Verbringungskosten in Höhe von 2.386,80 €.

Die Klägerin kann nach § 249 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BGB den für die Herstellung des Zustandes, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre, erforderlichen Geldbetrag verlangen. Hierzu gehören auch die Kosten des Einsatzes von Arbeitnehmern der Klägerin und die Fahrkosten, weil diese Kosten der Schadensbeseitigung dienen. Die Selbstkosten, die der Klägerin durch Einsatz von Personal für diese Fahrten entstanden sind, sind mithin erstattungsfähige Herstellungskosten (vgl. BGH, Urteil vom 31. Mai 1983, – VI ZR 241/79 -, Rn. 22, juris).

Die Durchführung der Reparatur bei der … in … war zur Schadensbeseitigung erforderlich. Vorliegend ist ausweislich des Gutachtens des Sachverständigen … vom … unter anderem der Spezialaufbau des …, nämlich das Verschiebeplateau, beschädigt worden, so dass die Reparatur nicht in einer nahe gelegenen …-Werkstatt erfolgen konnte. Vielmehr war die Reparatur in einer Werkstatt, zu deren fachlichen Leistungen die Reparatur des Spezialaufbaus gehört durchzuführen. Eine solche Werkstatt war die … als Herstellerin des Aufbaus (Bild 10 und 11 des Gutachtens). Dass zur Reparatur des Spezialaufbaus auch eine näher am Sitz der Klägerin gelegene Werkstatt in Betracht kam, ist weder konkret vorgetragen noch sonst ersichtlich.

Die Kosten der Verbringung, wegen deren Einzelheiten auf Seite 5 der Klageschrift (Bl. 5) Bezug genommen wird, sind auch in Höhe von 2.386,80 € erforderlich gewesen. Ein Verstoß gegen eine Schadensminderungspflicht (§ 254 Abs. 1 BGB) liegt nicht vor. Die Klägerin kann nicht darauf verwiesen werden, dass die Hinfahrt von einem Mitarbeiter allein unternommen wird und dieser Mitarbeiter mit öffentlichen Verkehrsmitteln zurückfährt. Die Klägerin hat ihre Mitarbeiter im Hinblick auf die jeweilige Dauer der Fahrten von … nach … und zurück von jeweils 12 Stunden im Hinblick auf die regelmäßigen Arbeitszeiten ohnehin überobligatorisch eingesetzt. Die Benutzung von öffentlichen Verkehrsmitteln dauert jedenfalls mehr als sechs Stunden, so dass die Rückfahrt der Strecke von 377 km mit einem Pkw schneller ist und keinen Verstoß gegen eine Schadensminderungspflicht darstellt. Die Klägerin kann auch nicht darauf verwiesen werden, das Begleitfahrzeug hätte auf dem Abschleppfahrzeug mitgeführt werden können. Das Abschleppfahrzeug dient dem Transport von Fahrzeugen, die nicht selbst fahren können (z.B. Unfallfahrzeuge) oder aus verschiedenen Gründen nicht selbst fahren sollen (z.B. Neufahrzeuge). Allein zur Schadensminderung muss die Klägerin kein selbst fahrfähiges Fahrzeug über eine Strecke von 377 km transportieren.

Die Klägerin hat auch einen Anspruch auf die Kosten für die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs für 49 Tage in Höhe von 12.250,00 €.

Die Kosten sind der Klägerin ausweislich der Rechnung der Autohaus … vom … (Anlage K3, Bl. 33) entstanden.

Da die Klägerin ausweislich ihres Internetauftritts (Bl. 30 – 32 und 92 – 94) einen 24-Stunden-Aschleppservice anbietet, war die Anmietung des Fahrzeugs zur Herstellung des Zustandes, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre, erforderlich und gehört damit zu dem nach § 249 Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 BGB zu ersetzenden Schaden.

Die Kosten waren auch in der Höhe von 250,00 € für 49 Tage erforderlich.

Vorliegend kann die Kammer der Schätzung der erforderlichen Mietwagenkosten nach § 287 ZPO nicht die Tabellen von Schwacke oder Fraunhofer zugrunde legen, weil diese Tabelle nicht für Abschleppwagen erstellt sind. Demzufolge kann auch nicht angenommen werden, dass sich wie in den genannten Tabellen die täglichen Mietkosten ab einer bestimmten Mietdauer verringern. Die Klägerin hat dargelegt, dass ihr die Anmietung eines Ersatzfahrzeugs zu einem günstigeren Preis nicht möglich war. Die Beklagte, die ausweislich des vorgerichtlichen Schriftverkehrs auch selbst Erkundigungen zu Anmietung von Abschleppfahrzeugen einholte, hat auch kein günstigeres Angebot zur Anmietung eines Abschleppfahrzeugs, das dem beschädigten Fahrzeug entspricht, vorgetragen, so dass der Schätzung der Tagessatz von 250,00 € zugrunde zu legen ist.

Die zu ersetzende Mietzeit von 49 Tagen folgt aus der Reparaturdauer. Der Ersatzpflicht steht nicht entgegen, dass im Gutachten eine Reparaturdauer von 6 bis 8 Tagen angenommen wird, weil das Risiko einer tatsächlich längeren Reparaturdauer der Schädiger trägt.

Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1, 288 Abs. 1 BGB. Die Mahnung erfolgte mit Schreiben vom 05.11.2014 (Anlage K 4, Bl. 34 f.)

Soweit die Klägerin eine über 25,00 € hinausgehenden Schadenspauschale verlangt, ist die Klage unbegründet, weil die Schadenspauschale nach ständiger Rechtsprechung der Kammer 25,00 € beträgt.

Auch ein Anspruch auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.044,40 € aus Verzug (§§ 280 Abs. 2, 286 Abs. 1 Satz 1 BGB) besteht nicht. Die verzugsbegründende Mahnung erfolgte nach der Darstellung in der Klageschrift durch das Schreiben der Prozessbevollmächtigten vom 05.11.2014. Dass die Beauftragung der Prozessbevollmächtigten der Kläger nach Verzugseintritt erfolgte und damit auch die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nach Verzugseintritt entstanden sind, ist nicht vorgetragen. Die Kosten der den Verzug begründenden Erstmahnung kann der Gläubiger nicht ersetzt verlangen, weil sie nicht durch den Verzug verursacht worden sind und die nicht rechtzeitige Leistung nach § 280 Abs. 2 BGB nur unter den Voraussetzungen des Verzuges eine Schadensersatzpflicht begründet (Palandt-Grüneberg § 286, Rdnr. 44).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Nr. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

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