LG Wuppertal – Az.: 2 O 378/11 – Urteil vom 25.09.2012
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages Sicherheit leisten
Tatbestand
Die Parteien streiten über Ansprüche auf Ersatz weiteren Verdienstausfalls und Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes aus einem Verkehrsunfall vom 19.01.2011, der sich an der Kreuzung G-Straße und H-Weg in xxx ereignete. Der Kläger ist selbstständiger Taxiunternehmer. Der Beklagte zu 2) fuhr mit dem Fahrzeug der Beklagten zu 1), welches am Unfalltag bei der Beklagten zu 3) gesetzlich haftpflichtversichert war, beim Abbiegen von der G-Straße auf die Einfahrt eines gegenüberliegenden Grundstücks gegen das vom Kläger geführte Fahrzeug, welches vom H-Weg aus kommend nach links in die G-Straße zur Autobahnauffahrt xxx fahren wollte. Hierbei wurde der Kläger verletzt. Er befand sich vom 19.01.2011 bis zum 22.01.2011 sowie vom 23.01.2011 bis zum 25.01.2011 in stationärer Behandlung. Bei ihm wurde ein Schädel-Hirn-Trauma 1. Grades sowie eine Distorsion der Halswirbelsäule diagnostiziert. Der Kläger war in der Zeit vom 19.01.2011 bis zum 22.01.2011 zu 100% und vom 23.01.2011 bis zum 22.02.2011 zu 30% arbeitsunfähig krankgeschrieben. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die vom Kläger eingereichten Fotokopien der ärztlichen Berichte vom 20.01.2011, 25.01.2011 und den Bericht der St. K GmbH vom 29.03.2011 sowie die jeweiligen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen verwiesen.
Die Beklagte zu 3) zahlte ein Schmerzensgeld von 600,00 EUR sowie 546,48 EUR auf den Verdienstausfallschaden.
Der Kläger behauptet, bei der Berechnung des Verdienstausfallschadens sei von einem Gesamtgewinn per 31.12.2010 von 32.788,12 EUR auszugehen und errechnet einen Tagessatz von 136,62 EUR bei 240 Arbeitstagen. Mit nachgelassenem Schriftsatz vom 11.09.2012 errechnet er einen Gewinn von 9.330,50 EUR für den Monat Januar 2011, der sich auf drei Taxen wie folgt verteile: Auf das erste, vom Kläger gefahrene Taxi entfiele ein Gewinn von 1.555,09 EUR, auf die beiden anderen Taxen jeweils 3.981,71 EUR bzw. 3.793,70 EUR. Er errechnet sodann einen durchschnittlichen Gewinn für die beiden nicht vom Kläger gefahrenen Taxen in Höhe von 3.887,71 EUR [1/2 x (3.981,71 EUR + 3.793,70 EUR) = 3.887,71]. Das auf Grund der unfallbedingten Folgen nicht vom Kläger genutzte Fahrzeug sei in ähnlichem Maße wie die anderen beiden Taxis genutzt worden, wäre der Kläger zur Nutzung in der Lage gewesen. Daher sei für den Monat Januar von einem Verdienstausfallschaden in Höhe von 2.332,62 EUR (3.887,71 EUR durchschnittlicher Gewinn – 1.555,09 EUR Gewinn des vom Kläger gefahrenen Fahrzeugs bis zum Unfall) auszugehen. Für die Zeit bis zum 25.02.2011 sei von einem Verdienstausfallschaden von 3.471,17 EUR auszugehen (Mittelwert aus Januar in Höhe von 3.887,71 EUR : 28 x 25), mithin von insgesamt 5.803,79 EUR.
Er habe bei der Unfallfahrt einen Fahrgast transportiert. Er sei nicht in der Lage gewesen, in der Zeit vom 23.01.2011 bis zum 22.02.2011 auch nur stundenweise als Taxifahrer zu arbeiten. Ein Schmerzensgeld von weiteren 1.900,00 EUR sei angemessen.
Der Kläger beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn einen Betrag in Höhe von 4.508,46 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz der Europäischen Zentralbank seit dem 17.03.2011 sowie einen weiteren Betrag in Höhe von 1.900,00 EUR nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 17.03.2011 zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.
Die Beklagten bestreiten die Höhe des durchschnittlichen Tagesgewinns von 136,32 EUR. Die Höhe des Verdienstausfalls sei nicht ausreichend dargelegt. Der Kläger habe zumindest in dem Zeitraum vom 23.01.2011 bis zum 22.02.2011, in dem eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30 % vorlag, den Verdienstausfall durch zeitweise Nutzung seines Taxis zu Arbeitszwecken mindern können. Der Kläger sei nicht angeschnallt gewesen. Zudem seien die Arbeitsunfähigkeit und der daraus folgende Verdienstausfall nicht vollständig auf den Unfall zurückzuführen, weil der Kläger vorerkrankt sei.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage ist unbegründet.
Das angerufene Gericht ist jedenfalls gemäß § 39 ZPO örtlich zuständig. Danach wird eine örtliche Zuständigkeit auch dadurch begründet, dass der Beklagte, ohne die Unzuständigkeit geltend zu machen, zur Hauptsache mündlich verhandelt. Dies haben die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 21.08.2012 durch rügelose Antragstellung getan.
Dem Kläger steht jedoch kein Anspruch gegen die Beklagten auf Zahlung weiterer 4.508,46 EUR aus §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG, 115 VVG als Ersatz von Verdienstausfall zu.
Die Verpflichtung des Schädigers, entgangenen Gewinn (Verdienst) zu ersetzen, folgt aus § 249 Abs. 1 BGB und wird in § 252 S. 1 BGB klargestellt. Wird bei Verkehrsunfällen ein Fahrzeug beschädigt, das unmittelbar zur Erbringung gewerblicher Leistungen dient, muss der Geschädigte den Verdienstausfall unter Darlegung der Berechnungsgrundlage konkret berechnen (vgl. OLG Köln, Urteil vom 15.05.2003 – Az: 12 U 172/01). Zwar ermöglicht die Vorschrift des § 252 BGB, den entstandenen Schaden nach dem gewöhnlichen Lauf der Dinge, also abstrakt zu berechnen. Sie eröffnet aber nicht die Berechnung des Erwerbsschadens ohne Berücksichtigung der konkreten Entwicklung des Unternehmens. Sowohl § 287 ZPO als auch § 252 BGB verlangen für die Schadensberechnung die schlüssige Darlegung konkreter Ausgangs- und Anknüpfungstatsachen. Auch bei Anwendung des § 252 BGB muss der Geschädigte die Tatsachen, die seine Gewinnerwartung wahrscheinlich machen sollen, im Einzelnen darlegen und beweisen (BGH, Urteil vom 15.03.1988 – Az: VI ZR 81/87, OLG Köln, Urteil vom 15.03.2003 – Az: 12 U 172/02).
Diese Anforderungen erfüllt der Vortrag des Klägers nicht. Der ersatzfähige Verdienstausfall eines Taxiunternehmers ist ausgehend von seinem Tagesbruttoumsatz zu berechnen. Von diesem Betrag ist zunächst die Mehrwertsteuer abzuziehen. Alsdann ist der verbleibende Rest um die ersparten Betriebskosten zu bereinigen. Dabei ist von den Betriebsergebnissen in den letzten Jahren vor dem schädigenden Ereignis auszugehen (Grüneberg, in: Palandt, § 252 Rn. 14 m.w.N.). Der so ermittelte Betrag ist für die tatsächliche Ausfallzeit hochzurechnen (KG Berlin, Urteil vom 10.04.1997 – Az: 12 U 279/96).
Konkrete Angaben des Klägers zur Entwicklung seines Betriebes fehlen. Die mit der Klageschrift vom 28.10.2011 vorgelegte Steuerberaterbescheinigung vom 04.02.2011, die dem Kläger einen Gewinn per 31.12.2010 von 32.788,12 EUR bescheinigt, genügt hierfür nicht. Dieser Bescheinigung lässt sich nicht entnehmen, mit welchen der unstreitig dem Kläger gehörenden drei Taxen der Gewinn wann erwirtschaftet worden ist. Auch die mit nachgelassenem Schriftsatz vom 11.09.2012 eingereichte Bescheinigung des Steuerberaters des Klägers sowie die betriebswirtschaftliche Auswertung zum 31.01.2011 genügt diesen Anforderungen nicht. Zwar weist die vom Kläger vorgelegte betriebswirtschaftliche Auswertung einen Gewinn von 9.330,50 EUR für den Zeitraum 01.01.2011 bis zum 31.01.2011 aus, der auf die drei Taxen in Höhe eines Betrages von 1.555,09 EUR, 3.981,71 EUR und 3.793,70 EUR verteilt ist. Allein aus dem Gewinn eines Monats lassen sich jedoch keine zuverlässigen Rückschlüsse auf den durchschnittlichen Gewinn und damit den entstandenen Verdienstausfall ziehen. Selbst wenn man für einen kleineren Betrieb nicht den Nachweis des Bruttoumsatz für mehrere Jahre fordert, so ist zumindest der konkrete Nachweis für einen Zeitraum von 3 Monaten nötig (KG Berlin, Urteil vom 10.04.1997 – Az: 12 U 279/96). Zudem ist der Bescheinigung auch nicht zu entnehmen, an wie vielen Tagen welches Fahrzeug im Einsatz war.
Dem Beweisangebot des Klägers, den Steuerberater des Klägers als Zeuge zu vernehmen, musste nicht nachgegangen werden. Selbst wenn der Zeuge den Gewinn des Klägers für den Monat Januar 2011 bestätigt hätte, fehlte es immer noch an einer konkreten Darlegung der Gewinnentwicklung des Betriebs.
Insofern kam es nicht darauf an, ob der Kläger, obwohl in der Zeit vom 23.01.2011 bis zum 22.02.2011 eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 30% vorlag, stundenweise ein Taxi habe fahren können, ob der Kläger angeschnallt war oder an einer Vorerkrankung litt. Den dahingehenden Beweisangeboten musste nicht nachgegangen werden.
Dem Kläger steht auch kein Anspruch auf Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldes in Höhe von 1.900,00 EUR gemäß §§ 7 Abs. 1 StVG, 18 Abs. 1 StVG, 115 VVG, 253 BGB zu. Auch wenn man zu Gunsten des Klägers davon ausginge, dass er wie aus den ärztlichen Berichten ersichtlich verletzt worden ist, ist ein Schmerzensgeld von 600,00 EUR für die vom Kläger erlittenen Beeinträchtigungen angemessen.
Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ist von seiner Doppelfunktion, der Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion auszugehen. Weiter sind sämtliche Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen. Hier erlitt der Kläger ein Schädel-Hirn-Traum 1. Grades sowie eine Distorsion der Halswirbelsäule. Er war in der Zeit vom 19.01.2011 bis zum 22.01.2011 und vom 23.01.2011 bis zum 25.01.2011, insgesamt 7 Tage, in stationärer Behandlung, wobei er am 25.01.2011 beschwerdefrei entlassen wurde. In der Zeit vom 19.01.2011 bis zum 22.01.2011 lag eine Minderung der Erwerbsfähigkeit von 100%, in der Zeit vom 23.01.2011 bis zum 22.02.2011 von nur 30% vor. Der Kläger hat weitere Schmerzen oder Beeinträchtigungen nach dem 25.01.2011 nicht vorgetragen.
Das gezahlte Schmerzensgeld erscheint daher unter Berücksichtigung aller vorgetragenen Umstände noch ausreichend.
Ein Zinsanspruch steht dem Kläger mangels Hauptforderung ebenfalls nicht zu.
Der nicht nachgelassene Schriftsatz der Beklagten vom 21.09.2012 gab keinen Anlass zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.
Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 708 Nr. 11, 711 ZPO.
Streitwert: 6.408,46 EUR