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Verkehrsunfall – Vergleichbarkeit von Internetangeboten zu Mietwagen

AG Jena, Az.: 26 C 638/16, Urteil vom 14.02.2018

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 1.361,08 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.09.2015, 150,00 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.07.2015, 127,09 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.09.2015 sowie 124,95 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.12.2015 zu bezahlen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits fallen der Beklagten zur Last.

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 130 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Parteien streiten um restlichen Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall.

Am 16.07.2015 wurde der PKW des Klägers mit dem amtlichen Kennzeichen … in Jena durch den LKW, amtliches Kennzeichen …, mit dem Anhänger, amtliches Kennzeichen …, beschädigt. Die Beklagte war zum Unfallzeitpunkt Kfz-Haftpflichtversicherer des LKW. Der klägerische PKW war zum Unfallzeitpunkt ordnungsgemäß abgeparkt.

Verkehrsunfall - Vergleichbarkeit von Internetangeboten zu Mietwagen
Symbolfoto: Olga Lebedeva/Bigstock

Die Parteien streiten um die Höhe des, durch den Unfall entstandenen, Schadens.

Während der Dauer der Reparatur des Fahrzeugs mietete der Kläger einen Ersatzwagen. Die Mietkosten hierfür betrugen 1.867,08 €. Die Beklagte regulierte hiervon 506,00 €. Von den in Rechnung gestellten 9.430,29 € Reparaturkosten zahlte die Beklagte einen Betrag in Höhe von 9.282,30 €. Der Kläger ließ darauf eine Rechnungsprüfung durchführen und forderte die Beklagte zu deren Zahlung auf. Aufgrund der Wertminderung des Klägerfahrzeuges regulierte die Beklagte weitere 400,00 €.

Der Kläger trägt vor, die Mietwagenkosten in Höhe von 1.867,08 € seien angemessen und entsprechen dem regionalen Normaltarif. Sie seien in voller Höhe von der Beklagten zu erstatten. Die Wertminderung in Höhe von 550,00 € sei angemessen und gerechtfertigt. Die Rechnungsprüfung sei notwendig gewesen aufgrund der unberechtigten Kürzung des Reparaturbetrages durch die Beklagte. Es handele sich bei deren Kosten um einen unfallursächlichen Schaden.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 1.361,08 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.09.2015, 150,00 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 30.07.2015, 127,09 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 01.09.2015 sowie 124,95 € nebst 5 Prozentpunkten Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 12.12.2015 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie trägt vor, bei dem streitgegenständlichen Mietwagentarif handele es sich um einen Unfallersatztarif und nicht den Normaltarif.

Die Wertminderung betrage lediglich 400,00 €. Diese seien gezahlt.

Darüber hinaus sei die Anmietung zu einem Betrag von 1.867,08 € nicht erforderlich gewesen, weshalb sie auch nicht zu erstatten sei. Auch die Reparaturkosten seien lediglich in Höhe von 9.282,30 € erforderlich. Die Kosten der Rechnungsprüfung seien nicht zu erstatten, da der Kläger davon ausgehen musste, dass eine solche nicht den gewünschten Erfolg herbeiführen würde.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Sachverständigengutachtens.

Zum Ergebnis der Beweisaufnahme sowie zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf das Gutachten des Sachverständigen vom 27.07.2017 sowie auf die Schriftsätze der Parteien sowie der Parteivertreter nebst Anlagen Bezug genommen.

Auf Antrag der Parteien war im schriftlichen Verfahren nach § 128 Abs. 2 ZPO zu verfahren.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Dem Kläger steht gegenüber der Beklagten ein Anspruch auf Zahlung der restlichen Mietwagenkosten in Höhe von 1.361,08 €, des restlichen Minderwertes seines Fahrzeuges in Höhe von 150,00 € der restlichen Reparaturkosten in Höhe von 127,09 € sowie von 124,95 € für die Rechnungsprüfung gemäß § 7 Abs. 1 StVG in Verbindung mit § 115 Abs. 1 Nr. 1 VVG zu.

Dem Kläger sind die Mietwagenkosten in voller Höhe zu erstatten. Abzüglich der von der Beklagtenseite bereits gezahlten 506,00 € sind somit noch 1.361,08 € zu zahlen.

Der Kläger war für die Dauer der Reparatur seines Fahrzeuges berechtigt einen Ersatzwagen anzumieten. Dessen Kosten in Höhe von insgesamt 1.867,08 € sind von der Beklagten zu tragen.

Im Rahmen der Fahrzeugvermietung ist zwischen Normaltarif und dem deutlich höheren Unfallersatztarif zu unterscheiden. Nach ständiger Rechtsprechung können grundsätzlich nur die Sätze des Normaltarifs erstattet verlangt werden.

Der Kläger hat das streitgegenständliche Ersatzfahrzeug zum Normaltarif der Region angemietet. Entgegen der Behauptung der Beklagten handelt es sich bei dem Fahrzeug entsprechend der Zulassungsbescheinigung Teil 1 um ein Selbstfahrer Mietfahrzeug. Auch aus der Struktur des Tarifes ergibt sich nicht, dass es sich dabei um einen Unfallersatztarif gehandelt hat.

Der Sachverständige … hat in seinem Gutachten festgestellt, dass die vom Kläger geltend gemachten Mietwagenkosten zwar über dem Durchschnittspreis des silverDAT Mietpreisspiegels liegen, jedoch innerhalb der örtlichen Mietpreisspanne liegen. An den glaubhaften und nachvollziehbaren Feststellungen des Gutachters zu zweifeln sieht das Gericht keinerlei Anlass.

Insbesondere im Rahmen einer Suchanfrage beim silverDAT Mietpreisspiegel ergab die Auswertung der Ergebnisse eine Mietpreisspanne von 1.355,93 € – 1.945,89 € durchschnittlich somit 1.673,60 €. Die streitgegenständlichen Mietwagenkosten liegen somit innerhalb der Preisspanne, übersteigen jedoch den durchschnittlichen Betrag.

Dem steht nicht entgegen, dass die von der Beklagten vorgelegten Mietangebote der Firmen Avis, Europcar und Sixt andere Preise aufweisen. Denn aus diesen ist nicht ersichtlich, dass sie die gleichen Konditionen wie der Miettarif des Klägers, insbesondere Haftungsbeschränkungen, in gleicher Höhe aufweisen um eine taugliche Vergleichsgrundlage darstellen zu können. So führte der Sachverständige … in seinem Gutachten glaubhaft und nachvollziehbar aus, dass bei den Angeboten der Firmen Europcar und Sixt keine Anmietzeiträume angegeben wurden. Der Anmietzeitraum beim Angebot der Firma Avis bezog sich nicht auf den tatsächlichen Zeitpunkt 20.07.2015 sondern den 12.09. – 24.09.2016. Es ist daher nicht ersichtlich, welche Kosten zum tatsächlichen Zeitpunkt im Juli 2015 angefallen wären. Auch setzen die Angebote stets eine Bezahlung des Mietwagens per Vorkasse voraus. Von der Beklagten wurde somit nicht dargelegt dass diese Angebote auch bei vergleichbaren Konditionen einen deutlich geringeren Mietpreis aufweisen. An den glaubhaften und nachvollziehbaren Feststellungen des Gutachters zu zweifeln sieht das Gericht keinerlei Anlass.

Da die Anmietung durch den Kläger somit zum regionalen Normaltarif erfolgte, ist dieser in voller Höhe erstattungsfähig. Auf das Vorliegen von unfallbedingten Besonderheiten, welche einen zusätzlichen Aufschlag rechtfertigen, kommt es daher nicht an.

Dem Kläger ist nach § 251 BGB des weiteren der merkantile Minderwert seines Fahrzeuges in Höhe von 550,00 € zu ersetzen. Abzüglich der bereits gezahlten 400,00 € ist somit der Differenzbetrag in Höhe von 150,00 € zu zahlen.

Die Reparatur allein genügt nicht um den Kläger vermögensrechtlich so zu stellen wie er ohne das schädigende Ereignis stehen würde. Aus dem vom Kläger vorgelegten Sachverständigengutachten des Sachverständigen vom 20.07.2015 ergibt sich, dass am Fahrzeug umfangreiche Richt- und Schweißarbeiten erforderlich waren. Diese wären im Rahmen eines Verkaufs offenbarungspflichtig und würden somit eine Minderung des zu erzielenden Verkaufspreises herbeiführen.

Angesichts des substantiierten Vortrages des Klägers reicht das pauschale Bestreiten der Beklagtenseite nicht aus. Insbesondere wurde nicht substantiiert dargelegt, weshalb lediglich eine Wertminderung in Höhe von 400,00 € bestehe.

Entsprechend § 249 BGB sind die Reparaturkosten für das Fahrzeug des Klägers in voller Höhe von 9.430,29 €, vorliegend somit in Höhe von noch 127,09 €, zu zahlen.

Die Reparatur erfolgte nach den Vorgaben des vom Kläger vorab eingeholten Sachverständigengutachtens. Die konkreten Reparaturkosten von 9.430,29 € weichen dabei mit einem Differenzbetrag von 35,34 € nur unwesentlich von den gutachterlich ermittelten Kosten in Höhe von 9.394,95 € ab. Das pauschale Bestreiten der Höhe der Reparaturkosten durch die Beklagte steht dem nicht entgegen. Bezüglich der vorgetragenen Schadenspositionen, welche ihrerseits in Abzug gebracht wurden, wurde nicht substantiiert dargelegt dass deren Reparatur nicht im durchgeführten Umfang erforderlich gewesen war. Der pauschale Verweis auf Vorgaben der DAT für das betreffende Fahrzeug ohne konkreten Bezug auf die tatsächliche Beschaffenheit der Fahrzeugteile vor dem Unfall genügt nicht.

Dem Kläger sind gemäß § 249 BGB auch die Kosten der Rechnungsprüfung in Höhe von 124,95 € zu erstatten.

Grundsätzlich hätte es einer solchen Rechnungsprüfung nicht bedurft, da die Beklagte zur Erstattung der vollständigen tatsächlich angefallenen Reparaturkosten verpflichtet war. Dessen Kosten sind jedoch erstattungsfähig, da es sich hierbei um eine eigenständige Leistung des Klägers handelt, die allein durch das Verhalten der Beklagten veranlasst wurde. Die Rechnungsprüfung wurde als Reaktion auf die Weigerung der Beklagten zur vollständigen Erstattung der Reparaturkosten veranlasst. Dabei konnte der Kläger nicht davon ausgehen, dass die Beklagte auch nach weiterer Bestätigung der Höhe der Kosten die Zahlung weiterhin verweigern würde obwohl diese eintrittspflichtig war.

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Die Nebenforderungen sind gemäß § 286 ff BGB begründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 ZPO.

Beschluss: Der Streitwert wird auf 1.763,12 € festgesetzt.

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