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Verkehrsunfall – Vergleichs- und Abfindungsvereinbarung – Verjährung ausgenommener Ansprüche

LG Münster, Az.: 8 O 87/16, Urteil vom 01.12.2016

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtstreits trägt der Kläger.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Von dem Kläger kann die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe des aufgrund des Urteils insgesamt gegen den Kläger zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 25 % abgewendet werden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages zuzüglich 25 % leistet.

Tatbestand

Der Kläger macht Ansprüche aus einem Verkehrsunfall geltend, der sich im Jahr 2005 ereignet hat. Bei dem Beklagten handelt es sich um den Haftpflichtversicherer des damaligen Unfallgegners.

Durch einen Verkehrsunfall am 13.08.2005 erlitt der Kläger, der als Motorradfahrer an dem Unfallgeschehen beteiligt war, schwere Verletzungen, insbesondere im Bereich des rechten Fußes. Die grundsätzliche Einstandspflicht des Beklagten als Haftpflichtversicherer des Unfallgegners ist unstreitig.

Verkehrsunfall - Vergleichs- und Abfindungsvereinbarung – Verjährung ausgenommener Ansprüche
Symbolfoto: : Rawpixel.com/Bigstock

Am 28.07.2008 gab der anwaltlich vertretene Kläger gegenüber dem Beklagten eine so genannte „Vergleichs- und Abfindungserklärung“ ab, mit welcher er sich nach Zahlung von 90.000,- € für sämtliche Folgen aus dem Verkehrsunfall für abgefunden erklärte. Diese Erklärung enthielt den Zusatz: „Von diesem Vergleich bleiben zukünftige, unfallbedingte Verdienstausfallsansprüche, sofern kein gesetzlicher Forderungsübergang auf Drittleistungsträger stattgefunden hat, ausgenommen. Die Haftungsquote des hier Versicherten wird mit 75 % vereinbart.“ Auf den Inhalt der vorgenannten Erklärung (Anlage K 2 der Klageschrift, Bl. 18 d. A.) wird Bezug genommen.

Am 03.02.2009 zahlte der Beklagte 90.000,-€ an den Kläger.

Ab dem 28.10.2014 musste sich der Kläger wegen Wundheilungsstörungen im Bereich des rechten Fußes in ärztliche Behandlung begeben, was mit einer Arbeitsunfähigkeit bis zum 13.02.2015 verbunden war. In dieser Zeit erlitt er infolge des Krankengeldbezuges einen Verdienstausfallschaden. Hinsichtlich der vom Kläger geltend gemachten Anspruchshöhe wird auf die Ausführungen ab Seite 7 der Klageschrift Bezug genommen. Auch für die Zukunft sind weitere mit Arbeitsunfähigkeit verbundene ärztliche Behandlungen zu erwarten.

Mit der Klage macht der Kläger einen bezifferten Verdienstausfallschaden geltend und begehrt au ßerdem einen Feststellungsausspruch hinsichtlich weiterer zukünftiger materieller Schäden.

Sowohl vorgerichtlich als auch im gerichtlichen Verfahren hat sich der Beklagte auf Verjährung berufen.

Der Kläger ist der Ansicht, der von ihm geltend gemachte Verdienstausfallschaden sei noch nicht verjährt. Die mit dem Beklagten abgeschlossene Vereinbarung habe die Wirkung eines rechtskräftigen Feststellungsurteils. Jedenfalls sei im Hinblick auf die gewählte Formulierung der Vereinbarung zu etwaigen Ansprüchen wegen Verdienstausfalls gar keine Regelung erfolgt, so dass Hemmung bis zu einer schriftlichen Entscheidung des Beklagten vorliege.

Der Kläger beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an ihn 576,30 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihm sowie Rechtsnachfolgern jeden weiteren zukünftigen Verdienstausfall, welcher aus dem Verkehrsunfall vom 13.08.2005 resultiert, zu ersetzen,

3. den Beklagten zu verurteilen, ihn von den außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren der Rechtsanwälte … aus der Kostennote vom 17.02.2016 in Höhe von 584,83 € freizustellen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er meint, die geschlossene Vereinbarung unterliege der Regelverjährung, weil sie nicht die Wirkung eines rechtskräftigen Feststellungsurteils habe. Die Verjährungshemmung sei auf der Grundlage der geschlossenen Vereinbarung am 03.02.2009 beendet worden.

Im Übrigen wird auf den Inhalt der Schriftsätze und das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet. Dem Kläger stehen die geltend gemachten Ansprüche bereits deshalb unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegen den Beklagten zu, weil etwaige Ansprüche jedenfalls verjährt wären.

Für etwaige Ansprüche des Klägers gilt gemäß § 14 StVG i.V.m. § 195 BGB die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren. Hinsichtlich des Beginns der Verjährung gilt grundsätzlich die allgemeine Regel des § 199 BGB, allerdings war der Anspruch diesbezüglich gemäß § 3 Nr. 3 S. 3 PflVG a.F. (jetzt § 115 Abs. 2 VVG) durch die Anmeldung gehemmt.

Entgegen der Ansicht des Klägers endete die Hemmung mit der Zahlung von 90.000,- € entsprechend der „Vergleichs- und Abfindungserklärung“ vom 28.07.2008, weil dies einer schriftlichen Entscheidung des Versicherers im Sinne von § 3 Nr. 3 S. 3 PflVG a.F. gleich steht (vgl. Langheid/Rixecker, Versicherungsvertragsgesetz, 5. Auflage 2016, Rn. 25 zu § 115). Bei Klageerhebung im Jahr 2016 war bereits Verjährung eingetreten, weil die mit Zahlung am 03.02.2009 neu zu Laufen begonnene dreijährige Verjährungsfrist im Jahr 2012 endete (vgl. OLG Koblenz, RuS 2012, 148).

Der Passus in der „Vergleichs- und Abfindungserklärung“ zu den zukünftigen unfallbedingten Verdienstausfallansprüchen hat lediglich die Wirkung eines Vorbehalts mit der Rechtsfolge, dass die davon umfassten Ansprüche der Regelverjährung unterliegen. Er hat nicht die Wirkung eines rechtskräftigen Feststellungsurteils, weil eine entsprechende Wirkung zwischen den Parteien nicht vereinbart worden ist (vgl. OLG Oldenburg, ZfSch 2014, 318, OLG Rostock, RuS 2011, 490, Knappmann in: Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 29. Auflage 2015).

Das Gericht verkennt nicht, dass bezüglich der zukünftigen unfallbedingten Verdienstausfallansprüche dem Wortlaut nach kein Vorbehalt in den Erklärungstext aufgenommen worden ist, sondern diesbezügliche Ansprüche „von dem Vergleich ausgenommen“ sein sollen. Hieraus ergibt sich bei verständiger Auslegung im Gesamtkontext aber nichts anderes als ein Vorbehalt. Denn tatsächlich sind die zukünftigen unfallbedingten Verdienstausfallansprüche nicht vom Vergleich bzw. der Abfindungserklärung ausgenommen, sondern nur von der textlich vorangestellten Erledigung- bzw. Abfindungserklärung.

Dass keine Ausnahme dieser Ansprüche von dem Vergleich an sich vorgenommen worden ist, ergibt sich bereits aus der ausdrücklichen Feststellung der Haftungsquote von 75 % bezüglich der zukünftigen unfallbedingten Verdienstausfallansprüche, mit der gerade eine ausdrückliche Regelung über diese Ansprüche erfolgt ist. Das Treffen einer ausdrücklichen Regelung beinhaltet notwendigerweise den Einschluss in einen Gesamtvergleich bzw. eine Gesamterklärung und kein Außenvorlassen.

Da der Kläger zum Zeitpunkt der Abgabe der Erklärung vom 28.07.2008 anwaltlich vertreten war, war aus Sicht des Beklagten davon auszugehen, dass dem Kläger die Bedeutung und die Wirkung seiner Erklärung bei der Abgabe auch bewusst waren. Wäre vom Kläger etwas anderes beabsichtigt gewesen, hätte er nach anwaltlicher Beratung auf den Zusatz der Wirkung eines Feststellungsurteils drängen oder diesen zur Bedingung für die Abgabe der Erklärung machen können.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11,711 ZPO.

Der Streitwert wird auf bis zu 8.076,30 € festgesetzt.

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