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Verkehrsunfall – Vorschäden aus mehreren Verkehrsunfällen

Gericht weist Klage ab: Vorschäden machen Ersatzanspruch nach Verkehrsunfall ungültig.

Dieses Gerichtsurteil hat entschieden, dass ein Kläger keinen ersatzfähigen Schaden geltend machen kann, wenn das Fahrzeug zum Zeitpunkt des Unfalls bereits mehrere Vorschäden aufweist. Es sei Sache des Klägers, den Nachweis zu erbringen, dass der geltend gemachte Schaden tatsächlich durch den Unfall verursacht wurde und nicht auf Vorschäden zurückzuführen ist. Der Kläger müsse daher detailliert darlegen, welche Reparaturmaßnahmen bei den Vorschäden durchgeführt wurden und wie diese durchgeführt wurden. Ein unzureichender Vortrag führe dazu, dass der Kläger seinen Anspruch nicht geltend machen könne. Die Klage wurde in diesem Fall abgewiesen, da der Kläger nicht nachweisen konnte, dass der geltend gemachte Schaden durch den Unfall verursacht wurde.

OLG Koblenz – Az.: 12 U 1069/22 – Beschluss vom 06.10.2022

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung gegen das Urteil der 5. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 03.06.2022, Az. 5 O 32/21, gem. § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil er einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

2. Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme bis zum 26.10.2022.

Gründe

Das Landgericht hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen.

Zusammengesetzte Schäden: Unfallspuren aus mehreren Kollisionen
Kein Anspruch bei Vorschäden: Gerichtsurteil weist Klage nach Verkehrsunfall ab. Kläger muss nachweisen, dass geltend gemachter Schaden nicht auf Vorbelastung zurückzuführen ist. (Symbolfoto: CC7/Shutterstock.com)

Mit dem Landgericht ist der Senat der Überzeugung, dass es dem Kläger nicht gelungen ist, einen ersatzfähigen Schaden, der auf das streitgegenständliche Unfallereignis zurückzuführen ist, belastbar darzulegen. Hierbei ist entscheidend, dass das Fahrzeug des Klägers zum Unfallzeitpunkt bereits dreimal (November 2016, September 2017, November 2018) in Verkehrsunfälle verwickelt war und bei diesen jeweils nicht unerheblich beschädigt wurde.

Bei vorhandenen Vorschäden und bei bestrittener unfallbedingter Kausalität des geltend gemachten Schadens ist es an dem Kläger im Einzelnen auszuschließen, dass Schäden gleicher Art und gleichen Umfangs noch vorhanden waren, wofür im Einzelnen zu der Art der Vorschäden und deren behaupteter Reparatur substantiiert vorgetragen werden muss. Kann der Kläger dies nicht, oder unterlässt er die Darlegung, so geht dies zu seinen Lasten (OLG Koblenz, 10 U 1163/08, Urteil vom 26.03.2009, juris; OLG Koblenz 12 U 990/18, Beschluss vom 13.09.2019; OLG Koblenz 12 U 473/16, Beschluss vom 30.09.2016; KG Berlin 22 U 152/14, Urteil vom 27.08.2015, juris; OLG Hamm I-9 U 238/12, Beschluss vom 01.02.2013 juris). Für eine schlüssige Darlegung eines durch das streitgegenständliche Unfallereignis verursachten Schadens ist es an dem Kläger im Einzelnen und unter Beweisantritt zu Umfang und Art der Vorschäden und sodann zu deren behaupteter Reparatur vorzutragen, wozu nicht nur eine Schilderung der einzelnen Reparaturmaßnahmen einschließlich der Verwendung von Ersatzteilen gehört, sondern auch die Schilderung von Umständen, aus denen sich mit einem für eine richterliche Überzeugungsbildung ausreichenden Grad an Gewissheit ergibt, dass die Reparatur sach- und fachgerecht erfolgt ist (OLG Hamm, I-25 U 61/13, Beschluss vom 08.11.2013, juris). Diese Anforderungen an den klägerischen Vortrag im Falle des Vorhandenseins von Vorschäden beziehen sich auch auf den Fall, dass sich der Vorschaden auf einen anderen Fahrzeugbereich (z. B. linke statt rechte Seite) bezogen hat. Der Vorschaden stellt insoweit auf alle Fälle einen den Wiederbeschaffungswert beeinflussenden Umstand dar (KG Berlin 12 U 9/09, Urteil vom 12.11.2009, juris; KG Berlin 22 U 191/11, Beschluss vom 29.05.2012, juris; OLG Karlsruhe 10 U 242/00, Urteil vom 21.08.2001, juris). Auch nach der Überzeugung des Senats ist der Kläger diesen an ihn gestellten Anforderungen hinsichtlich der Darlegung der Beseitigung der unstreitig vorhandenen Vorschäden (resultierend aus drei Vorunfällen) nicht gerecht geworden.

Besonders deutlich wird das „M.“ des klägerischen Vortrags hierbei bezüglich des Vorunfalls im Jahr 2016. Der Kläger hat insoweit lediglich vorgetragen (Schriftsatz der Prozessbevollmächtigten des Klägers vom 31.08.2021), der Verkäufer, Herr … habe ihm mitgeteilt, dass das Fahrzeug 2016 einen Unfall hatte und ordnungsgemäß wieder Instand gesetzt worden sei. Dieser Vortrag wird den oben aufgezeigten Anforderungen in keiner Weise gerecht. Entgegen der auch mit der Berufung vertretenen Auffassung des Klägers (Berufungsbegründung vom 02.08.2022) entlastet es den Kläger auch nicht, dass nach seinen Angaben von dem Verkäufer … keine weiteren Angaben gemacht worden sein sollen. Der Umstand, dass dem Kläger als Käufer eines Gebrauchtwagens ein Vorschaden oder der Umfang eines Vorschadens nicht bekannt gewesen ist, fällt allein in seinen und gerade nicht in den Verantwortungsbereich des Beklagten (KG Berlin 22 U 152/14, Urteil vom 27.08.2015, juris; OLG Koblenz 12 U 473/16, Beschluss vom 30.09.2016; OLG Hamm I-25 U, Urteil vom 08.11.2013, juris). Der Kläger legt in keiner Weise dar, welche Bemühungen er unternommen haben will, von dem Verkäufer … weitere Informationen zu erhalten, bzw. das ein solches Unterfangen sinnlos gewesen wäre.

Unzureichende Angaben in dem oben genannten Sinne macht der Kläger aber auch in Bezug auf die weiteren Vorunfälle aus den Jahren 2017 und 2018. So trägt der Kläger im Schriftsatz seiner Prozessbevollmächtigten vom 31.08.2021 zwar vor, der Schaden aus dem Jahre 2017 (Schaden hinten rechts zzgl. Beschädigung des Endschalldämpfers durch Kratzer) sei mit einer sog. „Smart-Reparatur“, beginnend von der Mitte des Stoßfängers bis zum Reifen, behoben worden. Hierzu seien Schleifarbeiten im Wege der „Smart-Reparatur“ durchgeführt und sodann der Stoßfänger komplett überlackiert worden. Kratzer am Endschalldämpfer seien mittels Politur beseitigt worden. Wie das Landgericht sieht auch der Senat diese Ausführungen des Klägers als nicht aussagekräftig genug an. Es wäre hier an dem Kläger gewesen, im Einzelnen darzutun, welche Schritte bei dieser „Smart-Reparatur“ tatsächlich durchgeführt worden sind und welchen Umfang die Arbeiten insoweit in Anspruch genommen haben. Auch wäre es zur Beurteilung des Umfangs der Arbeiten gemäß den zutreffenden Ausführungen des Landgerichts hilfreich gewesen, eine aussagekräftige Rechnung von Seiten des Klägers vorzulegen.

Gleiches gilt im Ergebnis bzgl. des Vorunfalls aus dem Jahre 2018. Auch der diesbezügliche Vortrag des Klägers im Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 31.08.2021 wird von dem Senat als ungenügend im Sinne der oben aufgezeigten Rechtsprechung angesehen. So geht aus der Schilderung des Klägers unter anderem nicht hervor, ob es sich bei dem ausgetauschten Seitenteil (hinten rechts) um ein Neuteil oder ein gebrauchtes Teil gehandelt haben soll. Weiter bleibt offen, welche Arbeiten im Einzelnen an der Tür hinten rechts durchgeführt worden sein sollen. Umfassten die Arbeiten z. B. auch Spachtelarbeiten? Eine Rechnung wird wiederum nicht vorgelegt. Soweit der Kläger für die ordnungsgemäße Durchführung der Arbeiten den Zeugen … benannt hat, hätte eine Vernehmung des Zeugen einen zuvor von dem Kläger gehaltenen belastbaren Sachvortrag vorausgesetzt. Da er diesen Vortrag nach den obigen Ausführungen des Senats nicht gehalten hat, muss das Beweisangebot als unzulässiger Ausforschungsbeweis (Zöller/Greger, ZPO, 32. Auflage, vor § 284 Rn. 8c und Rn. 8d: „Vortrag ins Blaue hinein“) angesehen werden. Diesem war nicht nachzugehen.

Entgegen der auch mit der Berufung des Klägers vertretenen Auffassung ergibt sich auch kein anderes Ergebnis aus der Entscheidung des BGH vom 15.10.2019 (BGH VI ZR 377/18). Wie das Landgericht sieht auch der Senat diese Entscheidung als Einzelfallentscheidung ohne generalisierende Aussage an. Vergleichbare Sachverhalte liegen im Übrigen auch gar nicht vor. Dort hatte der Kläger den Pkw als im unbeschädigten Zustand erworben. Der hiesige Kläger wusste hingegen, das er von … einen Unfallwagen erwarb. Der Kläger in dem vom BGH zu entscheidenden Fall hatte offensichtlich auch keinerlei Möglichkeit weitere Erkenntnisse über den Vorunfall zu erlangen. Vorliegend ist nicht ersichtlich, weshalb es dem Kläger nicht möglich gewesen sein sollte, bei … entsprechende Rückfrage zu halten.

Die Folge aus den obigen Ausführungen des Senats ist, dass belastbare Feststellungen zu dem Wiederbeschaffungswert des klägerischen Fahrzeugs zum Unfallzeitpunkt nicht mit der erforderlichen Sicherheit getroffen werden können. Dies schon deshalb nicht, da die Höhe des Wiederbeschaffungswertes entscheidend davon abhängt, in welchem konkreten Zustand sich das beschädigte Fahrzeug zum Unfallzeitpunkt befunden hat (KG Berlin 22 U 152/14, Urteil vom 27.08.2015, juris; OLG Hamm I-6 U 147/13, Urteil vom 27.02.2014, juris). Das in § 249 Abs. 2 BGB verankerte Wirtschaftlichkeitspostulat (BGH in NJW 2007, 1674; BGH in NJW 2006, 989; OLG Koblenz in Schaden-Praxis 2012, 220) bedeutet aber, dass der Geschädigte unter mehreren zum Schadensausgleich führenden Möglichkeiten grundsätzlich diejenige zu wählen hat, die den geringsten Aufwand erfordert. Aus den oben dargelegten Gründen ist es dem Senat nicht möglich festzustellen, ob die von dem Kläger begehrte fiktive Abrechnung diesem Grundsatz gerecht wird. Insoweit lässt sich das Verhältnis zwischen Wiederbeschaffungsaufwand und Reparaturaufwand nicht mit der erforderlichen Sicherheit beurteilen. Auch die Feststellung eines Mindestschadens kam insoweit nicht in Betracht. (BGH VI ZR 377/18, Urteil vom 15.10.2019, juris: Keine Schätzung des Mindestschadens ohne greifbare Tatsachen).

Im Ergebnis war die Klage damit vollständig abzuweisen.

Da die Berufung somit insgesamt keine Aussicht auf Erfolg hat, legt der Senat dem Kläger aus Kostengründen die Rücknahme des Rechtsmittels nah. Im Falle der Berufungsrücknahme ermäßigen sich vorliegend die Gerichtsgebühren von 4,0 auf 2,0 Gebühren (vgl. Nr. 1222 des Kostenverzeichnisses zum GKG).

Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf bis zu 9.000,00 € festzusetzen.

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