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Verkehrsunfall zwischen links abbiegenden Radfahrer und überholendem Pkw

OLG Düsseldorf – Az.: I-1 U 216/20 – Urteil vom 07.12.2021

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 20.10.2020 verkündete Urteil der Einzelrichterin der 12. Zivilkammer des Landgerichts Duisburg (12 O 87/19) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des gesamten Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Der am 20.08.1952 geborene Kläger macht Ansprüche einem Verkehrsunfall, vom 09.04.2018 in Duisburg geltend, bei dem er schwer verletzt wurde.

In der Berufung geht es bei streitigem Unfallhergang lediglich um die Haftungsquote.

Am Unfalltag befuhren der Kläger mit seinem Fahrrad und hinter ihm der Beklagte zu 1. mit seinem bei der Beklagten zu 2. haftpflichtversicherten Pkw S. L. die T.-H.-Straße in nordwestliche Richtung. Als der Kläger nach links abbiegen wollte, um den Baumarkt H. aufzusuchen, kam es in Höhe Nr. 74 auf der Gegenspur zur Kollision mit dem Fahrzeug des Beklagten zu 1., der den Kläger überholen wollte. Dabei stieß die rechte vordere Ecke des Pkw gegen den Rahmen des Fahrrades.

Der Kläger hat in der Klageschrift behauptet, er habe sich vor dem Abbiegen erstmals umgeschaut, als der Beklagte zu 1. noch etwa 150 m entfernt gewesen sei. Sodann habe er mit dem linken Arm ein Handzeichen gegeben und den Abbiegevorgang eingeleitet. Als er bereits die Gegenfahrbahn erreicht habe, sei es zu der Kollision gekommen. Mit Schriftsatz vom 17.09.2019 hat der Kläger seinen Vortrag zum Unfallgeschehen „präzisiert“ und behauptet, er sei nach dem Handzeichen zunächst langsam zur Fahrbahnmitte gefahren, habe sich dann erneut nach hinten umgeschaut und den Beklagten zu 1. in einer Entfernung von etwa 50 m gesehen. Er sei nicht davon ausgegangen, dass der Beklagte zu 1. in dieser Situation beschleunigen und ihn links überholen werde.

Die Beklagten haben demgegenüber geltend gemacht, der Kläger habe den Unfall alleine zu vertreten. Hierzu haben sie – unter Bezugnahme auf die Unfallschilderung des Beklagten zu 1. (B1) – behauptet, der Beklagte zu 1. habe auf Höhe der D. angehalten, weil vor ihm ein Fahrzeug abgebogen sei. Als er beim Anfahren den vor ihm am rechten Fahrbahnrand fahrenden Kläger wahrgenommen habe, habe er den Entschluss gefasst, diesen zu überholen. Hierzu habe sich der Beklagte zu 1. zur Fahrbahnmitte hin orientiert, um unter Inanspruchnahme der Gegenfahrbahn einen ausreichenden Seitenabstand einzuhalten. Als er mit der Front seines Fahrzeugs schon fast auf der Höhe des Fahrrades befunden habe, sei der Kläger plötzlich – ohne Vorankündigung durch Handzeichen und ohne vorherige Orientierung zur Fahrbahnmitte und ohne jede Rückschau – nach links abgebogen und in seine Fahrlinie geraten. Trotz einer eingeleiteten Vollbremsung und eines gleichzeitig durchgeführten Ausweichmanövers habe der Beklagte zu 1. den Unfall nicht vermeiden können.

Wegen des weiteren Sachvortrags der Parteien in erster Instanz und der dort gestellten Anträge wird auf den Tatbestand der angefochtenen Entscheidung verwiesen.

Das Landgericht hat die Unfallbeteiligten angehört (GA 126 ff.) und das unfallanalytische Gutachten des Sachverständigen … vom 21.07.2020 (SH) eingeholt.

Sodann hat das Landgericht die gesamtschuldnerische Ersatzpflicht der Beklagten für alle zukünftigen materiellen und immateriellen Schäden zu einer Quote von 2/3 festgestellt und die Beklagten zur Zahlung von 13.888,91 € verurteilt.

Das Landgericht hat ausgeführt, beiden Unfallbeteiligten sei ein Mitverschulden anzulasten, dem Kläger ein Verstoß gegen § 9 Abs. 1, 5 StVO, dem Beklagten zu 1. ein Verstoß gegen § 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO.

Auf der Grundlage der Beweisaufnahme sei davon auszugehen, dass der Kläger zwar am rechten Fahrbahnrand ein Handzeichen gegeben habe, sich aber weder zur Fahrbahnmitte hin eingeordnet noch eine zweite Rückschau vorgenommen habe. Sodann habe er zum eigentlichen Abbiegen angesetzt, als sich der Beklagte zu 1. bereits im Überholvorgang befunden habe.

Für den Beklagten zu 1. habe auf Grund des Handzeichens eine unklare Verkehrslage bestanden, so dass er von dem beabsichtigten Überholmanöver habe absehen müssen.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten, die weiterhin eine vollständige Abweisung der Klage erstreben. Dabei wird nur die in Ansatz gebrachte Quote beanstandet, die Feststellungen zur Höhe – auch des Schmerzensgeldes – werden nicht angegriffen.

Die Beklagten rügen die Beweiswürdigung und die in Ansatz gebrachte Quote. Sie sind der Auffassung, dass – selbst bei Annahme eines Verstoßes gegen § 5 Abs. 3 StVO durch den Beklagten zu 1. – der größere Verursachungsanteil in jedem Fall bei dem Kläger liege, weil dessen Verstöße gegen § 9 Abs. 1 Satz 4 und § 9 Abs. 5 StVO schwerer zu gewichten seien, zumal § 9 Abs. 5 StVO den Ausschluss der Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer fordere.

Die Beklagten beantragen, das angefochtene Urteil des Landgerichts Duisburg vom 20.10.2020 (12 O 87/19) dahingehend abzuändern, dass die Klage insgesamt abgewiesen wird.

Der Kläger ist dem Rechtsmittel nach Maßgabe der Berufungserwiderung entgegengetreten und beantragt die Zurückweisung der Berufung.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Akten Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung der Beklagten ist begründet.

Der Kläger hat seinen Schaden allein zu tragen, weil er den Unfall durch einen Verstoß gegen § 9 Abs. 5 StVO verschuldet hat, ein Mitverschulden des Beklagten zu 1. nicht festgestellt werden kann und die Betriebsgefahr des von ihm gesteuerten Fahrzeugs vollständig hinter dem grob verkehrswidrigen Verhalten des Klägers zurücktritt.

Im Einzelnen:

1.

Dem Kläger stehen auf der Grundlage der §§ 7, 9, 11 StVG, 115 VVG keine Ersatzansprüche gegen die Beklagten zu.

a)

Verkehrsunfall zwischen links abbiegenden Radfahrer und überholendem Pkw
(Symbolfoto: Kzenon/Shutterstock.com)

Da der Kläger – unstreitig – von der T.-H.-Straße Straße nach links in ein Grundstück fahren wollte, hatte er nicht nur die Pflichten eines Linksabbiegers zu erfüllen (§ 9 Abs. 1 StVO), sondern darüber hinaus nach § 9 Abs. 5 StVO eine Gefährdung anderer auszuschließen.

Unerheblich ist insofern, dass sich die offizielle Einfahrt zu dem Baumarkt H. knapp 50 – 60 m hinter dem Kollisionsort befindet. Denn unstreitig wollte der Kläger an dieser Stelle – und damit nicht an einer Kreuzung – die Straße überqueren, um aus dem fließenden Verkehr auf das gegenüberliegende Gelände eines anderen Unternehmens zu fahren.

b)

Bei einer Kollision eines Grundstückabbiegers mit einem Überholenden spricht bereits der Anscheinsbeweis für ein Verschulden des Grundstückabbiegers (vg, OLG München, Urteil vom 23.01.2015 – 10 U 299/14; Senat, Urteil vom 06.05.2014 – 1 U 32/13; OLG Hamm, Urteil vom 07.03.2014 – 9 U 210/13; KG Berlin, Beschluss vom 04.12.2006 – 12 U 84/06; Scholten in: jurisPK-Straßenverkehrsrecht, § 9 StVO Rn. 52; Burmann in: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, § 9 StVO Rn. 55 a; König in: Hentschel/König/Dauer, Straßenverkehrsrecht, § 9 StVO Rn. 44; jedoch kein Anscheinsbeweis zulasten des Abbieger beim Auffahren des nachfolgenden Fahrzeugs: Scholten in: jurisPK-Straßenverkehrsrecht, § 9 StVO Rn. 53).

Dessen ungeachtet ist im vorliegenden Fall das Verschulden des Klägers auch ohne Rückgriff auf die Anscheinsgrundsätze aufgrund seiner eigenen Angaben in Verbindung mit den Ergebnissen des Sachverständigen in seinem Gutachten vom 21.07.2020 positiv festzustellen.

Nach seiner Behauptung will der Kläger den Beklagten zu 1. hinter sich gesehen haben und zwar sowohl bei der ersten als auch bei der zweiten Rückschau. Nach den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen zu dem – auf den Angaben des Klägers erstellten – Rechenmodell I befand sich der Beklagte zu 1. bei der behaupteten zweiten Rückschau bereits erkennbar im Überholvorgang (Gutachten, S. 18, letzter Absatz von 4.5.1.). Wenn aber der Kläger bei erkennbar bereits begonnenem Überholmanöver gleichwohl seinen Abbiegevorgang in ein Grundstück fortsetzt, hat er nicht die Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen, wie dies von § 9 Abs. 5 StVO gefordert wird. Sollte er aber, wovon das Landgericht ausgegangen ist, die zweite Rückschau entgegen seinen Angaben nicht durchgeführt haben, beruht sein Verschulden (auch) auf der unterlassenen Rückschau.

Schließlich hat das Landgericht dem Kläger zu Recht einen Verstoß gegen § 9 Abs. 1 Satz 2 StVO angelastet. Unter Zugrundelegung der von dem Kläger anlässlich seiner Anhörung angefertigten Skizze (GA 132), hat sich dieser nicht bis zur Mitte der Straße eingeordnet, sondern allenfalls bis zur Mitte des eigenen Fahrstreifens.

2. Verursachungsbeiträge des Beklagten zu 1.

Auf Seiten des Beklagten zu 1. kann ein schuldhafter Verursachungsbeitrag nicht mit der nach § 286 ZPO erforderlichen Sicherheit festgestellt werden.

a)

Das Landgericht hat dem Beklagten zu 1. zu Unrecht einen Verstoß gegen § 5 Abs. 3 StVO angelastet.

aa)

Soweit das Landgericht nach Beweisaufnahme davon ausgegangen ist, dass der Kläger am rechten Fahrbahnrand ein (erstes) Handzeichen gegeben hat, bevor er nach links ausgeschert ist, ist der Senat an die Feststellung nach Maßgabe des § 529 Abs. 1 ZPO nicht gebunden.

Zur Begründung hat das Landgericht im Wesentlichen allein darauf abgestellt, dass der Kläger stets vorgebracht habe, vor dem Abbiegen ein Handzeichen gegeben zu haben.

Diese Begründung überzeugt angesichts des übrigen Parteivorbringens nicht.

Die Beklagten haben das Handzeichen bestritten. Der Beklagte zu 1. hat stets erklärt, er habe kein Handzeichen gesehen, und sich zugleich darauf berufen, dass er den Kläger in einer – geschätzten – Entfernung von 20 – 30 m am rechten Fahrbahnrand wahrgenommen und sodann zum Überholvorgang angesetzt habe, und zwar zur Einhaltung eines ausreichenden Seitenabstandes unter Inanspruchnahme der Spur für den Gegenverkehr. Nachdem er bereits ausgeschert sei, sei der Klägers plötzlich nach links gefahren (vgl. seine Angaben gegenüber den Polizeibeamten, BA 3) und sei plötzlich vor ihm gewesen (vgl. Anhörung durch das Landgericht, GA 129). Da keine Anhaltspunkte für eine etwaige Sichtbehinderung des sich von hinten nähernden Beklagten zu 1. bestehen, kann dessen Erklärung bei verständiger Würdigung nur so verstanden werden, dass kein Handzeichen gegeben worden ist.

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Damit stehen sich die Angaben der Unfallbeteiligten streitig gegenüber.

Diese non-liquet Situation geht zulasten des Klägers, dem die Beweislast für das Verschulden des Beklagten zu 1. und damit für das Vorliegen einer unklaren Verkehrslage obliegt.

Hier kommt hinzu, dass das Landgericht dem Kläger nicht in allen Punkten folgt und insoweit zutreffend auf nicht konstanten Vortrag zu den übrigen Einzelheiten des Unfallhergangs verweist. So hat der Kläger noch in der Klageschrift vortragen lassen, er habe nach Setzen des Handzeichens den Abbiegevorgang eingeleitet. Dabei hat er weder die Orientierung zur Fahrbahnmitte (§ 9 Abs. 1 Satz 2 StVO) noch die erneute Rückschau (§ 9 Abs. 1 Satz 4 StVO) erwähnt.

Erst nachdem die Beklagten in der Klageerwiderung detailliert auf die einzelnen Pflichten hingewiesen haben, hat der Kläger mit Schriftsatz vom 17.09.2019 seinen Vortrag zum Hergang „präzisiert“ und – erstmals – behauptet, er habe sich nach dem Setzen des Handzeichens zunächst zur Fahrbahnmitte hin orientiert und sich kurz vor dem direkten Abbiegen noch einmal umgeschaut und den Beklagten zu 1. in einer Entfernung von etwa 50 m gesehen (GA 86). Soweit der Prozessbevollmächtigte des Klägers im Termin vom 14.01.2020 auf Vorhalt erklärt hat, der Kläger spreche zwar gut, aber nicht perfekt deutsch (GA 127), mag dies möglicherweise noch Ungenauigkeiten in Bezug auf die Erklärungen am Unfallort erklären, nicht aber in Bezug auf den Vortrag in der Klageschrift.

Demgegenüber sind die Angaben des Beklagten zu 1, zu seiner Annäherung stetig und plausibel.

Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 17.09.2019 (dort S. 2 = GA 7) widersprüchlichen Vortrag der Beklagten beanstandet, ist offensichtlich, dass deren Prozessbevollmächtigten die Unfallschilderung des Beklagten zu 1. gemäß seinem Bericht (B1) in der Klageerwiderung versehentlich teilweise falsch wiedergegeben haben: Nach der schriftlichen Schilderung des Beklagten zu 1. hat er kurz vor der Kollision in Höhe der D. angehalten, weil ein vor ihm befindlicher SUV angehalten hat, um Gegenverkehr passieren zu lassen und dann nach links zur D. abzubiegen. Soweit es in der Klageerwiderung heißt: “ … hat auf Höhe der D. angehalten, da ein im Gegenverkehr befindlicher SUV links zur D. abbog.“, handelt es sich offensichtlich um ein Missverständnis des Prozessbevollmächtigten. Ein bewusst falscher Vortrag liegt schon deshalb fern, weil die Erklärung des Beklagten zu 1. mit gleichem Schriftsatz eingereicht worden ist. Bei seiner Anhörung durch das Landgericht schildert der Beklagte zu 1. den Annäherungsvorgang genauso wie in seinem schriftlichen Bericht (vgl. GA 129).

Der Beklagte zu 1. hat weiter geschildert, dass er nach dem verkehrsbedingten Anhalten in Höhe der D. zunächst langsam – mit etwa 30 km/h – weitergefahren sei, weil sich dort ein Radüberweg befindet. Dahinter habe er beschleunigt, sei aber nicht schneller als 50 km/h gefahren (GA 130). Tatsächlich befindet sich zwischen dem Gelände der D. – T.-H.-Straße Nr. … – und dem Kollisionsort in Höhe Haus Nr. … ein Fußgänger-/Radweg (vgl. Gutachten, S. 19 und Anlage 4).

Soweit der Beklagte zu 1. angegeben hat, er sei nicht schneller als 50 km/h gefahren, wird auch diese Angabe durch das Gutachten gestützt. Der Sachverständige hat eine Kollisionsgeschwindigkeit von 10 km/h ermittelt (Gutachten, S. 13) und eine Annäherungsgeschwindigkeit von 40 km/h rekonstruiert (Gutachten, S. 23).

bb)

Eine unklare Verkehrslage ergab sich auch nicht aus der Fahrlinie des Radfahrers.

Das Landgericht hat zu Recht nicht festgestellt, dass sich der Kläger – nach dem Handzeichen – zur Straßenmitte hin orientiert hat, bevor er abgebogen ist.

Die Angaben des Klägers waren insoweit nicht stetig; vielmehr hat er am Unfallort und in der Klageschrift nur das Handzeichen erwähnt. Aus dem Kollisionsort können keine Rückschlüsse auf die Fahrlinie geschlossen werden. Der Sachverständige hat anhand der Endstellung des Pkw und der dokumentierten Schadensbilder nachvollzogen, dass sich die Kollision am äußeren Fahrbahnrand der Gegenfahrrichtung der T.-H.-Straße ereignet hat. Dieser Kollisionsort lässt sich sowohl nach dem Vortrag des Klägers als auch nach dem des Beklagten zu 1. darstellen, wie sich aus den bildlichen Darstellungen der – unter Zugrundelegung des Vorbringens des Klägers bzw. der vom Beklagten zu 1. gemachten Angaben – der von dem Sachverständigen erstellten Rechenmodellen I und II in Anlage 4 und 5 ergibt.

b)

Dem Beklagten zu 1. kann schließlich auch kein Verstoß gegen § 3 StVO angelastet werden. Der Unfall ereignete sich innerorts mit einer dort zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h. Nach den Feststellungen des Sachverständigen ließ sich eine Annäherungsgeschwindigkeit von 40 km/h rekonstruieren.

3.

Kann aber ein Verschulden des Beklagten zu 1. nicht festgestellt werden, kann im Rahmen der nach §§ 9 StVG, 254 BGB gebotenen Abwägung der beiderseitigen Verursachungsbeiträge auf Seiten des Beklagten zu 1. nur die einfache Betriebsgefahr in Ansatz gebracht werden.

Diese hat hinter dem Verstoß gegen § 9 Abs. 5 StVO zurückzutreten. Der Verstoß des Klägers gegen § 9 Abs. 5 StVO wiegt schwer, weil nach der Vorschrift gefordert wird, dass eine Gefährdung ausgeschlossen wird. Daher schuldet der Verkehrsteilnehmer äußerste Sorgfalt.

Der Kläger hat die äußerste Sorgfalt nach dem zuvor Erörterten in mehrfacher Hinsicht nicht gewahrt. Er hat sich nicht zur Straßenmitte hin eingeordnet. Zudem ist er abgebogen, als sich der Beklagte zu 1. bereits im Überholvorgang befand, was bei einer zweiten Rückschau ohne Weiteres zu erkennen gewesen wäre. Schließlich ist aufgrund der vom Kläger in der Verhandlung vor dem Landgericht vom 14.01.2020 angefertigten Skizze (GA 132) davon auszugehen, dass der Kläger nicht allmählich, sondern scharf links abgebogen ist.

Auf Seiten des Beklagten zu 1. ist ferner zu berücksichtigen, dass dieser bei einer festzustellenden Geschwindigkeit von 40 km/h den Unfall nur hätte vermeiden können, wenn er nicht schneller als 38 km/h, also deutlich unterhalb der zulässigen Geschwindigkeit von 50 km/h, gefahren wäre (Gutachten, S. 23).

Eine vollständige Haftung des Radfahrers wird in vergleichbaren Fällen auch von anderen Obergerichten angenommen (vgl. OLG Hamm, Beschluss vom 08.01.2016 – 9 U 125/15; OLG Oldenburg, 31.07.2014 – 1 U 19/14; OLG Saarbrücken, Urteil vom 13.02.2014 – 4 U 59/13; OLG Hamm, Urteil vom 22.01.1991 – 27 U 164/90).

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Anordnung über die vorläufige Vollstreckbarkeit des Urteils hat ihre Grundlage in §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Gegenstandswert für den Berufungsrechtszug beträgt bis 20.000,00 €.

Zur Zulassung der Revision besteht kein Anlass, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

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