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Verkehrsunfall zwischen PKW und Motorroller

AG Schwarzenbek – Az.: 2 C 364/20 – Urteil vom 30.03.2021

I. Der Klageanspruch gemäß Klageantrag zu 1. ist unter Berücksichtigung eines Verursachungsbeitrags der Beklagtenseite i.H.v. 70 % dem Grunde nach gerechtfertigt.

II. Die Klägerin kann von den Beklagten als Gesamtschuldner ein angemessenes Schmerzensgeld unter Berücksichtigung eines Verursachungsbeitrags der Beklagtenseite i.H.v. 70 % dem Grunde nach verlangen.

III. Die Kostenentscheidung bleibt der Schlussentscheidung vorbehalten.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von den Beklagten Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall.

Die Klägerin befuhr am 11.10.2019 gegen 12:20 Uhr mit ihrem Motorroller (Versicherungskennzeichen …) hinter dem Fahrzeug des Beklagten zu 1) (amtliches Kennzeichen …) die Straße Osterkamp in Geesthacht mit einer Geschwindigkeit von etwa 30 km/h. Aus Fahrtrichtung der Klägerin und des Beklagten zu 1) befand sich auf der rechten Straßenseite auf Höhe der Adresse Osterkamp 28-30 hinter der Rechtsabzweigung zur Straße Eichtwiete eine Ausbuchtung zum Abstellen von Fahrzeugen. Nachdem der Beklagte zu 1) die Abzweigung Eichtwiete passiert hatte, verringerte er seine Geschwindigkeit und lenkte sein Fahrzeug in Richtung des rechten Fahrbahnrands – wie weit ist zwischen den Parteien umstritten. Dies nahm die Klägerin zum Anlass, an dem langsamer werdenden Fahrzeug des Beklagten zu 1) vorbei zu fahren. Bevor die Klägerin das Fahrzeug des Beklagten zu 1) passieren konnte, führte der Beklagte zu 1) ein Fahrmanöver nach links aus, worauf die Klägerin auf ihrem Motorroller mit einer Vollbremsung reagierte, wodurch sie zu Fall kam. Durch den Sturz entstand der Klägerin ein Schaden an ihrem Motorroller in Höhe von 1.279,74 € netto.

Die Klägerin behauptet, der Beklagte zu 1) sei bereits mit etwa der Hälfte seines Fahrzeugs auf die rechtsseitige Ausbuchtung gefahren und dort langsam gerollt. Sie habe ihren Motorroller zunächst zum Stillstand gebracht und habe dann entschieden, an dem Fahrzeug des Beklagten zu 1) vorbei zu fahren, wozu sie aufgrund der Position des beklagtenseitigen Fahrzeugs keinen Spurwechsel habe vornehmen müssen. In diesem Moment habe der Beklagte zu 1) plötzlich eine Wende um 180 Grad vorgenommen. Bei dem Wendemanöver habe er die Klägerin übersehen. Diese habe ein Auffahren auf das quer vor ihr auf der Straße stehende Fahrzeug nur durch eine Vollbremsung verhindern können. Der Beklagte zu 1) habe vor seinem Wendemanöver weder nach rechts noch nach links geblinkt.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 1.118,42 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. die Beklagten werden weiter als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ein in das Ermessen des Gerichts gesetztes Schmerzensgeld von mindestens 350,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Verkehrsunfall zwischen PKW und Motorroller
(Symbolfoto: Canetti/Shutterstock.com)

Die Beklagten behaupten, das Fahrmanöver des Beklagten zu 1) sei für den Sturz der Klägerin nicht kausal gewesen. Der Beklagte zu 1) habe vielmehr in Annäherung an sein Grundstück die Fahrt verlangsamt und rechtzeitig den linken Fahrtrichtungsanzeiger betätigt. Kurz vor der Einfahrt habe er etwas nach rechts ausgeholt und sei dann nach links gefahren. Die Klägerin habe ihre Geschwindigkeit nicht angepasst und zum Überholen angesetzt, obwohl das Vorhaben des Beklagten zu 1) erkennbar gewesen sei.

Das Gericht hat die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Lübeck zu dem Unfallgeschehen beigezogen und die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 2.2.2021 persönlich angehört. Diesbezüglich wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen. Mit Beschluss vom 10.2.2021 hat das Gericht mit Zustimmung der Parteien einer Entscheidung im schriftlichen Verfahren angeordnet und als Zeitpunkt, der dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, den 19.3.2021 bestimmt. Bezüglich des weiteren Vortrags der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die mit der zulässigen Klage verfolgten Ansprüche der Klägerin sind unter Berücksichtigung eines Verursachungsbeitrags der Beklagtenseite von 70 % dem Grunde nach gerechtfertigt.

I.

Die Voraussetzungen für den Erlass eines Grundurteils gemäß § 304 Abs. 1 ZPO liegen vor.

Nach § 304 Abs. 1 ZPO kann das Gericht über den Grund vorab entscheiden, wenn ein Anspruch nach Grund und Betrag streitig ist und der Streit über den Anspruchsgrund entscheidungsreif ist, während über die Höhe der Forderung eine weitere Beweisaufnahme erforderlich ist (LG Köln vom 23.11.2018, Az. 19 O 56/14; LG Hamburg vom 26.4.2013, Az. 323 O 344/12).

Die Parteien haben ihre Darstellungen zum Unfallhergang schriftsätzlich ausgetauscht und darüber in dem Termin vom 2.2.2020 verhandelt. Danach war der Streit über den Haftungsgrund entsprechend der nachfolgenden Ausführungen entscheidungsreif, während für die Bestimmung des Haftungsumfangs die Durchführung einer Beweisaufnahme erforderlich ist.

II.

Die Klägerin kann von den Beklagten dem Grunde nach Schadensersatz gemäß §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG (i.V.m. § 115 Abs. 1 VVG) unter Berücksichtigung eines Verursachungsbeitrags der Beklagtenseite von 70 % verlangen.

1. Nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Halter eines Kraftfahrzeugs verpflichtet, dem Verletzten seinen Schaden zu ersetzen, wenn bei dem Betrieb seines Kraftfahrzeugs eine Sache beschädigt wird. Die gleiche Pflicht trifft gemäß § 18 Abs. 1 StVG den Führer eines Kraftfahrzeugs, wenn nicht der Fahrzeugführer nachweist, dass der Schaden nicht durch sein Verschulden verursacht worden ist. Dem Geschädigten steht gemäß § 115 Abs. 1 VVG, § 1 PflVG ein Direktanspruch gegen den Haftpflichtversicherer zu.

a. Die Klägerin ist Eigentümerin des Motorrollers mit dem Versicherungskennzeichen 464 LCU, wobei für sie die Eigentumsvermutung gem. § 1006 Abs. 1 BGB streitet. An dem Motorroller der Klägerin ist unstreitig ein Sachschaden entstanden.

b. Der Sachschaden an dem Motorroller der Klägerin ist bei Betrieb des Kraftfahrzeugs des von dem Beklagten zu 1) geführten und bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Fahrzeugs mit dem amtlichen Kennzeichen RZ-FM 1109 entstanden. Dem steht nicht entgegen, dass es vorliegend unstreitig keine Berührung des beklagtenseitigen Fahrzeugs und dem Motorroller der Klägerin gegeben hat.

i. Die Haftung gemäß § 7 StVG hängt nicht davon ab, ob es zu einer Kollision der Fahrzeuge gekommen ist. Das Haftungsmerkmal „bei dem Betrieb“ ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Vorschrift weit auszulegen. Die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG umfasst daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe. Es genügt, dass sich eine von dem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr ausgewirkt hat und das Schadensgeschehen in dieser Weise durch das Kraftfahrzeug mitgeprägt worden ist. Für eine Zurechnung zur Betriebsgefahr kommt es maßgeblich darauf an, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Kausalzusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht. Allerdings reicht die bloße Anwesenheit eines in Betrieb befindlichen Kraftfahrzeug an der Unfallstelle für eine Haftung nicht aus. Bei einem sogenannten „Unfall ohne Berührung“ ist Voraussetzung für die Zurechnung des Betriebs des Kraftfahrzeugs zu einem schädigenden Ereignis, das über seine bloße Anwesenheit an der Unfallstelle hinaus das Fahrverhalten seines Fahrers in irgendeiner Art und Weise das Fahrmanöver des Unfallgegners beeinflusst hat, mithin, dass das Kraftfahrzeug durch seine Fahrweise oder sonstige Verkehrsbeeinflussung zu der Entstehung des Schadens beigetragen hat (BGH vom 22.11.2016, Az. VI ZR 533/15). Das gilt grundsätzlich auch dann, wenn die Reaktion des Geschädigten objektiv nicht erforderlich gewesen ist (BGH vom 19. 4. 1988, Az. VI ZR 96/87). Maßgeblicher Zeitpunkt ist der Eintritt der konkreten kritischen Verkehrslage, die unmittelbar zu dem Schaden führt. Die kritische Verkehrslage beginnt für einen Verkehrsteilnehmer dann, wenn die ihm erkennbare Verkehrssituation konkreten Anhalt dafür bietet, dass eine Gefahrensituation unmittelbar entstehen kann (vgl. BGH vom 22.11.2016, Az. VI ZR 533/15).

ii. Nach diesen Grundsätzen ist der Schaden an dem Motorroller der Klägerin bei dem Betrieb des PKW des Beklagten zu 1) entstanden. Das Abbiege- bzw. Wendemanöver des Beklagten zu 1) hat die kritische Verkehrslage aus der Perspektive der Klägerin verursacht, die unmittelbar zum Schaden geführt hat.

Zur Überzeugung des Gerichts steht aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 2.2.2021 und der Aktenlage fest, dass der Beklagte zu 1) derart unmittelbar vor der Klägerin sein Fahrzeug nach links bewegt hat, dass er die Klägerin zu einem Ausweichmanöver veranlasst hat, in dessen Folge die Klägerin mit ihrem Motorroller zu Sturz gekommen ist und der Motorroller beschädigt wurde.

Nach dem in § 286 Abs. 1 Satz 1 ZPO normierten Grundsatz der freien Beweiswürdigung ist ein Beweis erbracht, wenn das Gericht unter Berücksichtigung des gesamten Inhalts der Verhandlungen und des Ergebnisses einer etwaigen Beweisaufnahme von der Richtigkeit einer Tatsachenbehauptung überzeugt ist und alle vernünftigen Zweifel ausgeräumt sind. Erforderlich und ausreichend ist ein für das praktische Leben brauchbarer Grad an Gewissheit, der Zweifeln Schweigen gebietet, ohne sie völlig auszuschließen (vgl. Bacher, in: BeckOK ZPO, 39. Ed. 2020, § 286 Rn. 2). Dabei kann das Gericht seine Überzeugung grundsätzlich auch maßgeblich aufgrund des streitigen Parteienvortrags bilden (BGH vom 6.10.1981, Az. X ZR 57/80).

Die Klägerin hat in der mündlichen Verhandlung vom 2.2.2021 nachvollziehbar und überzeugend dargelegt, sie sei in einem Abstand von etwa zwei Autolängen hinter dem Fahrzeug des Beklagten zu 1) gefahren, noch bevor dieser seine Geschwindigkeit verringert habe. Als der Beklagte zu 1) dann abgebremst habe, habe sie dies ebenfalls getan und sich nach Beobachten der Fahrweise des Beklagten zu 1) dazu entschieden, an dem Fahrzeug vorbei zu fahren. Die Fahrt des Beklagten zu 1) nach links habe dazu geführt, dass die Klägerin frontal in das Fahrzeug des Beklagten zu 1) hineingefahren wäre, wäre sie nicht ausgewichen.

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Aufgrund der Schilderung der Klägerin gelangt das Gericht zu der Überzeugung, dass sich die Klägerin während ihrer Fahrt unmittelbar vor und nach der Abzweigung Eichtwiete derart hinter dem Fahrzeug des Beklagten zu 1) bewegt und insbesondere ihr Fahrverhalten nach Geschwindigkeit und Fahrtweg des beklagtenseitigen Fahrzeugs ausgelegt hat, dass sie sich in dem Moment, in dem der Beklagte zu 1) sein Fahrzeug nach links bewegt hat, von seiner Fahrweise zu einem Ausweichmanöver veranlasst gesehen hat.

Die Beklagtenseite ist der Einlassung der Klägerin inhaltlich nicht entgegengetreten. Obwohl das persönliche Erscheinen des Beklagten zu 1) zur mündlichen Verhandlung angeordnet war, ist er zu der Verhandlung nicht erschienen, sodass sich das Gericht keinen persönlichen Eindruck von dem Beklagten zu 1) und seiner Schilderung machen konnte. Schriftsätzlich hat die Beklagtenseite lediglich bestritten, dass das Fahrmanöver des Beklagten zu 1) für den Sturz der Klägerin kausal geworden ist. Mit Blick auf die überzeugende Einlassung der Klägerin in der mündlichen Verhandlung ist dies jedoch nicht ausreichend, um Zweifel an den klägerischen Ausführungen zu begründen. Insbesondere hat die Beklagtenseite keine Anhaltspunkte vorgetragen, aus denen sich Zweifel an den Ausführungen der Klägerin ergeben könnten, beispielsweise hinsichtlich des Sturzortes der Klägerin in dem Verhältnis zu dem Ort des Fahrmanövers des Beklagten zu 1), obwohl der Beklagtenseite entsprechende Ausführungen möglich gewesen wären. Anhaltspunkte für einen von dem klägerischen Vortrag abweichenden Geschehensablauf ergeben sich auch nicht aus der polizeilichen Akte zu dem Unfallgeschehen. Im Gegenteil hat der Beklagte zu 1) ausweislich der polizeilichen Akte an der Unfallstelle bei seiner Vernehmung ausgesagt, er vermute, die Klägerin habe sich im toten Winkel seines Außenspiegels befunden, weil er sie sonst gesehen hätte. Auch diese ursprüngliche Annahme des Beklagten zu 1) spricht dafür, dass sich die Klägerin mit ihrem Motorroller in unmittelbarer räumlicher Nähe zu dem Fahrzeug der Beklagtenseite befunden hat, bevor es zu dem Sturz der Klägerin gekommen ist.

2. Die Beklagtenseite trifft ein Verursachungsbeitrag von mindestens 70 % an dem streitgegenständlichen Unfallgeschehen, weil bei Bewertung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge gemäß § 17 Abs. 1, 2, 18 Abs. 1, 3 StVG ein Verstoß der Beklagtenseite gegen die Sorgfaltspflichten gem. § 9 Abs. 5 StVO zu berücksichtigen ist, während auf der Klägerseite die allgemeine Betriebsgefahr anzusetzen ist.

a. Nach § 17 Abs. 1, 2 StVG hängt im Verhältnis der Fahrzeughalter untereinander die Verpflichtung zum Ersatz sowie der Umfang des zu leistenden Ersatzes von den Umständen, insbesondere davon ab, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist, wenn der Schaden einem der Beteiligten Fahrzeughalter entstanden ist. In diese Haftungsabwägung fließt neben der Betriebsgefahr der Unfallbeteiligten Fahrzeug auch ein etwaiges Verschulden der Beteiligten ein. Diese Regelung findet gemäß § 18 Abs. 3 StVG entsprechende Anwendung, wenn auch der Führer eines Kraftfahrzeugs zum Ersatz des Schadens verpflichtet ist.

b. Der Beklagte zu 1) hat mit seinem Fahrmanöver gegen die besonderen Sorgfaltspflichten gemäß § 9 Abs. 5 StVO verstoßen.

i. Gemäß § 9 Abs. 5 StVO trifft den Führer eines Fahrzeugs beim Abbiegen in ein Grundstück und beim Wenden die besondere Sorgfaltspflicht, sich so zu verhalten, dass eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist; erforderlichenfalls muss man sich einweisen lassen. Bei einem Unfall im Einmündungsbereich spricht grundsätzlich ein Anscheinsbeweis für einen Sorgfaltspflichtverstoß des Abbiegenden (Quarch, in: Haus/Krumm/Quarch, Gesamtes Verkehrsrecht, 2. Aufl. 2017, StVO, § 9 Rn. 13; Burmann, in: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 26. Aufl. 2020, StVO, § 9 Rn. 55a).

ii. Zwar tragen die Parteien in unterschiedlicher Weise zu dem Fahrmanöver des Beklagten zu 1) vor. Jedoch treffen den Beklagten zu 1) die besonderen Sorgfaltspflichten des § 9 Abs. 5 StVO in beiden Varianten: Die Klägerin hat vorgetragen, der Beklagte zu 1) habe sein Fahrzeug auf der Straße zu 180 Grad wenden wollen. Dies korrespondiert ausweislich der polizeilichen Akte mit der Darstellung des Beklagten zu 1) am Unfallort. Dieses Manöver stellt eine Wende im Sinne von § 9 Abs. 5 StVO dar (Burmann, in: Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 26. Aufl. 2020, StVO, § 9 Rn. 56). Die Beklagtenseite hat demgegenüber schriftsätzlich vorgetragen, der Beklagte zu 1) habe seine Geschwindigkeit in Annäherung an sein Grundstück verlangsamt, habe dort nach rechts ausgeholt und sei auf Höhe des Grundstücks nach links gefahren. Damit liegt nach dem bereits in der Verhandlung vom 2.2.2021 geäußerten Verständnis des Gerichts – dem die Beklagtenseite in der mündlichen Verhandlung nicht entgegengetreten ist – nach den Ausführungen der Beklagtenseite ein Abbiegen in ein Grundstück vor. Auch in diesem Fall treffen den Fahrzeugführer die gesteigerten Sorgfaltsanforderungen nach § 9 Abs. 5 StVO.

Die Frage, ob der Beklagte zu 1) bei seinem Fahrmanöver den Fahrtrichtungsanzeiger betätigt hat, ist zwischen den Parteien ebenfalls umstritten. Dieser Umstand lässt sich allerdings nicht weiter aufklären; insbesondere ist das von der Beklagtenseite angebotene Sachverständigengutachten nicht geeignet, weitere Erkenntnisse hinsichtlich dieser Frage zutage zu fördern.

c. Als Verursachungsbeitrag der Klägerin ist die allgemeine Betriebsgefahr mit einem Anteil anzusetzen, der von der Klägerseite bereits berücksichtigte 30 % nicht übersteigt. Ein weitergehender Verursachungsbeitrag in Form eines Pflichtverstoßes konnte der Klägerin nicht nachgewiesen werden.

Insbesondere konnte die Beklagtenseite der Klägerin nicht nachweisen, ihre Geschwindigkeit nicht entsprechend den Begebenheiten vor Ort angepasst zu haben (§ 3 StVO) oder an einer unübersichtlichen Stelle überholt zu haben (§ 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO). Konkrete Anhaltspunkte für ihre Behauptungen hat sich ebenfalls nicht vorgetragen.

d. Unter Berücksichtigung der wechselseitigen Verursachungsbeiträge ist es deshalb im Ergebnis angemessen, der Beklagtenseite eine Haftungsquote von jedenfalls 70 % zuzurechnen, wobei zulasten der Beklagtenseite ein Verstoß gegen die besonderen Sorgfaltspflichten gemäß § 9 Abs. 5 StVO anzusetzen ist, der mit Blick auf die Gesamtumstände jedoch nicht derart schwer wiegt, dass die Betriebsgefahr der Klägerin vollständig in den Hintergrund treten würde (vgl. die zahlreichen Beispiele bei Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 16. Aufl. 2020, Abschnitt A. Rn. 176).

III.

Ein Ausspruch über die Kosten oder vorläufige Vollstreckbarkeit war nicht veranlasst (Musielak, in: MüKo ZPO, 6. Aufl. 2020, § 304 Rn. 17).

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