Skip to content

Verkehrsunfall – 1,6-Geschäftsgebühr?

Amtsgericht Hamburg-Bergedorf

Az: 408 C 394/04

Urteil vom 13.05.2005


In dem Rechtsstreit erkennt das Amtsgericht Hamburg-Bergedorf, Abteilung 408 für Recht:

Die Beklagte wird verurteilt, den Kläger in Höhe eines Betrages von EUR 62,36 EUR von der Honorarforderung der Rechtsanwälte XX freizuhalten.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

(abgekürzt nach § 313a ZPO)

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig und in vollem Umfang begründet. Dem Kläger steht der geltend gemachte Freihalteanspruch gemäß §§ 7, 17 StVG, 823 BGB, 3 Nr. 1 PflVG gegen die Beklagte im Hinblick auf die Honorarforderung seiner hiesigen Prozessbevollmächtigten zu.

Die Beklagte hat, nachdem der Fahrer eines ihrer Kraftfahrzeuge einen Verkehrsunfall mit dem Kläger allein schuldhaft verursacht hat und die Haftung außer Streit steht, dem Kläger den gesamten ihm entstandenen Schaden zu ersetzen. Dazu gehören vor allem auch die Kosten für die Rechtsverfolgung, insbesondere die Kosten für die Tätigkeit des zur Schadensregulierung hinzugezogenen hiesigen Prozessbevollmächtigten des Klägers. Insoweit besteht, soweit wie hier eine Zahlung auf die Honorarforderung noch nicht erbracht wurde, ein Freistellungsanspruch des Geschädigten.

Der hiesige Prozessbevollmächtigte hat dem Kläger für seine Tätigkeit angesichts des – unstreitigen – Gegenstandswerts von EUR 754,43 gemäß §§ 1, 2, 14 RVG i.V.m. Nr. 2400, 7002, 7008 VV eine Geschäftsgebühr sowie Auslagen und Mehrwertsteuer in Hohe von insgesamt EUR 143,84 in Rechnung gestellt Die Beklagte hat hierauf im Rahmen ihrer Regulierung des Unfallsgeschehens lediglich eine Zahlung von EUR 81,43 Euro entsprechend einer gekürzten Auslagenpauschale, erbracht. Hinsichtlich des Differenzbetrages macht der Kläger im hiesigen Verfahren Freistellung geltend.

Der Kläger hat mit diesem Begehren Erfolg. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers konnte hier im Ergebnis eine 1,6-Geschäftsgebühr nach Nr.2400 VV RVG abrechnen. Im Einzelnen gilt Folgendes:

Die Geschäftsgebühr gemäß Nr. 2400 VV RVG ist als Rahmengebühr i.S.v. § 14 RVG ausgestaltet. Der Gebührenrahmen reicht von 0,5 bis 2,5. Die Mittelgebühr liegt nach Auffassung des Gerichts im rechnerischen Mittel des Gebührenrahmens, d.h. bei 1J5. Das Gericht schließt sich nicht der Auffassung an, wonach angesichts der Schwellengebühr, die der Gesetzgeber bei 1,3 angesetzt hat, zwei Gebührenrahmen, nämlich einer für durchschnittliche Fälle von 0,5 bis 1,3 mit einer Mittelgebühr bei 0,9 und einer für überdurchschnittliche Fälle von 1,3 bis 2,5 mit einer Mittelgebühr bei 1,9, entstanden sind.

Die Geschäftsbesorgung des Anwalts ist also zunächst in Orientierung an dem vorgenannten Mittelwert von 1,5 anhand der Kriterien des § 14 RVG in den Gebührenrahmen der Nr. 2400 VV RVG einzuordnen ist. Erst danach ist in einem zweiten Schritt zu fragen ist, ob das Geschäft besonders schwierig oder besonders umfangreich war, so dass eine Überschreitung der Schwellengebühr gerechtfertigt war. Wo dies nicht der Fall ist, verbleibt es bei einer Gebühr von 1,3.

Auch bei einer Verkehrsunfallsache ist die Vorschrift des § 14 RVG ernst zu nehmen und tatsächlich anzuwenden. Auch bei der Regulierung eines Verkehrsunfalls kann nicht automatisch, d.h. ohne Beachtung der Umstände des Einzelfalls, davon ausgegangen werden, dass stets eine 1,3-Schwellengebühr abgerechnet werden kann. Es wird vielmehr stets eines entsprechend substantiierten Vortrags des Prozessbevollmächtigten des Geschädigten bedürfen (vgl. zuletzt Schons, NJW 2005, 1024).

Für die Beurteilung der Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers im konkreten Fall anhand der Kriterien des § 14 RVG gilt nunmehr Folgendes:

Im Hinblick auf die Tatsache, dass die Haftungsquote hinsichtlich des streitgegenständlichen Verkehrsunfalls nicht von vornherein unstreitig gewesen ist, vor allem faber im Hinblick auf die erforderliche Korrespondenz des Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Sachverständigem, Werkstatt, Haftpflichtversicherer und Beklagter erreichen. Umfang und Schwierigkeit der anwaltlichen Tätigkeit im vorliegenden Fall den durchschnittlichen Bereich. Da es sich bei dem Kläger um einen Privatmann handelt, der nicht regelmäßig mit vergleichbaren Schadensfällen konfrontiert ist, ist auch im Hinblick auf die Bedeutung der Sache für den Auftraggeber vom durchschnittlichen Bereich des Gebührenrahmens auszugehen. Gleiches gilt mangels abweichender Erkenntnisse schließlich auch für die wirtschaftlichen Verhältnisse des Mandanten.

Nach alledem ist insgesamt der Ansatz einer Gebühr im Bereich der Mittelgebühr im Rahmen der Abwägung gemäß § 14 RVG zutreffend. Jedenfalls haben die Prozessbevollmächtigten des Klägers sich innerhalb der Toleranzgrenzen des ihnen nach § 14 Abs.1 Satz 4 RVG gesetzten Ermessen gehalten und die Grenzen der Billigkeit nicht überschritten.

Die Sache stellt sich im Übrigen zwar nicht von ihrem rechtlichen Gehalt her als schwierig, jedoch vom Umfang der Tätigkeit der Prozessbevollmächtigten des Klägers her als umfangreich im Sinne von Nr. 2400 VV RVG dar, so dass die Überschreitung der Schwellengebühr von 1,3 gerechtfertigt war.

Der hiesige Prozessbevollmächtigte des Klägers musste, wie sich aus seinem Vortrag im hiesigen Verfahren hinreichend konkret ergibt, zur sachgerechten Wahrnehmung seines Mandats eine angesichts der geringen Schadenssumme ungewöhnliche Zahl einzelner Schreiben beantworten und selbst aufsetzen. Insbesondere durch das dadurch zwingend erforderlich werdende wiederholte Eindenken in den Sachverhalt bei jeder erneuten Wiedervorlage der Akte ist ein überproportionaler Aufwand entstanden, für welchen der Prozessbevollmächtigte eine Vergütung beanspruchen kann. Diesen vergrößerten Aufwand muss sich die Beklagte hier nach Auffassung des Gerichts auch zurechnen lassen, da sie zunächst eine anteilige Haftung des Klägers behauptet hatte.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 708 Nr. 11, 711, 713 ZPO.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Soforthilfe vom Anwalt!

Jetzt Hilfe vom Anwalt!

Rufen Sie uns an um einen Beratungstermin zu vereinbaren oder nutzen Sie unser Kontaktformular für eine unverbindliche Beratungsanfrage bzw. Ersteinschätzung.

Ratgeber und hilfreiche Tipps unserer Experten.

Lesen Sie weitere interessante Urteile.

Unsere Kontaktinformationen.

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Hier finden Sie uns!

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

zum Kontaktformular

Ersteinschätzungen nur auf schriftliche Anfrage per Anfrageformular.

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Über uns

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!

Das sagen Kunden über uns
Unsere Social Media Kanäle

 

Termin vereinbaren

02732 791079

Bürozeiten:
Mo-Fr: 08:00 – 18:00 Uhr

Kundenbewertungen & Erfahrungen zu Rechtsanwälte Kotz. Mehr Infos anzeigen.

Ersteinschätzung

Wir analysieren für Sie Ihre aktuelle rechtliche Situation und individuellen Bedürfnisse. Dabei zeigen wir Ihnen auf, wie in Ihren Fall sinnvoll, effizient und möglichst kostengünstig vorzugehen ist.

Fragen Sie jetzt unverbindlich nach unsere Ersteinschätzung und erhalten Sie vorab eine Abschätzung der voraussichtlichen Kosten einer ausführlichen Beratung oder rechtssichere Auskunft.

Aktuelles Jobangebot

Juristische Mitarbeiter (M/W/D)
als Minijob, Midi-Job oder in Vollzeit.

mehr Infos