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Verkehrsunfall – Anzeichen für fingierten Unfall

LG Bochum

Az.: I-8 O 288/11

Urteil vom 15.12.2011


Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Nebenintervention werden dem Kläger auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Grund eines von ihm behaupteten Verkehrsunfalls auf Zahlung von noch 13.886,26 Euro Schadensersatz in Anspruch.

Der Kläger behauptet, er habe am 05.03.2011 mit seinem C. in S. die B.-Straße in östlicher Fahrtrichtung befahren und nach rechts auf die P.-Straße abbiegen wollen. Zum gleichen Zeitpunkt habe der Beklagte zu 2) mit dem bei der Beklagten zu 1) versicherten Fahrzeug mit dem amtlichen Kennzeichen … die P.-Straße in südlicher Fahrtrichtung befahren. Möglicherweise infolge Unachtsamkeit habe der Beklagte zu 2) sein wegen der an der Abzweigung B.-Straße / P.-Straße geltenden Rechts-vor-Links-Regelung vorfahrtsberechtigtes Fahrzeug übersehen, so dass es zum Zusammenstoß zwischen beiden Fahrzeugen gekommen sei.

Unstreitig wurde der klägerseits behauptete Unfall polizeilich aufgenommen.

Wegen des Inhalts der betreffenden Verkehrsunfallanzeige wird auf die beigezogenen Bußgeldakten … des Kreises S. Bezug genommen.

Der vom Kläger gefahrene C war durch die C.-Bank finanziert und an diese sicherungsübereignet. Bei dem vom Beklagten zu 2) gelenkten Fahrzeug handelte es sich um einen von der Firma D. GmbH & Co. KG angemieteten E..

Der Kläger behauptet unter Bezugnahme auf eine von ihm so bezeichnete Rechnung der C.-Bank und eine von ihm so bezeichnete Quittung der C.-Bank in den Anlagen zu seinem Schriftsatz vom 03.08.2011, auf die verwiesen wird, er habe das Fahrzeug bei der C.-Bank ausgelöst und sei danach Eigentümer des Fahrzeugs geworden, das er mit Kaufvertrag vom 31.03.2011 für 10.400,00 Euro verkauft habe. Wegen des Inhalts des Kaufvertrages wird auf dessen Ablichtung in den Anlagen zum Schriftsatz vom 03.08.2011 Bezug genommen.

Sein PKW sei in seiner Besitzzeit nur in einen erwähnenswerten Unfall am 27.01.2010 verwickelt gewesen. Sämtliche Vorschäden am PKW seien vor dem hier streitgegenständlichen Unfall ordnungsgemäß beseitigt worden. Wegen der Einzelheiten des diesbezüglichen Vorbringens des Klägers wird auf die Seiten 2 und 3 seines Schriftsatzes vom 03.08.2011 verwiesen.

Der Kläger hat seinen Unfallschaden und die Gebührenansprüche seines Prozessbevollmächtigten wie folgt beziffert:

1. Fahrzeugtotalschaden 14.500,00 €

2. Sachverständigenkosten 1.256,26 €

3. Kostenpauschale 30,00 €

Gesamtsumme 15.786,00 €

Gegenstandswert: 15.786,26 €

1,3 Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG 735,80 €

Auslagenpauschale gem. Nr. 7002 VV RVG 20,00 €

Gesamtbetrag: 755,80 €

Nach Teilklagerücknahme in Höhe von 1.900,00 Euro wegen der Differenz zwischen dem erzielten Kaufpreis und dem im Gutachten veranschlagten Restwert beantragt der Kläger noch, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,

1. an ihn 13.886,26 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 22.04.2011 zu zahlen;

2. an ihn vorgerichtliche Anwaltsgebühren in Höhe von 755,80 Euro nebst Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit (03.06.2011) zu zahlen.

Die Beklagte zu 1), die dem Beklagten zu 2) als Nebenintervenientin beigetreten ist, beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte zu 1) bestreitet die Aktivlegitimation des Klägers sowie das klägerseits behauptete Verkehrsunfallgeschehen bzw. dessen Unfreiwilligkeit. Nach den Gesamtumständen sei das Geschehen zu betrügerischen Zwecken fingiert bzw. gestellt worden. Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten zu 1) zum Vorliegen aus ihrer Sicht manipulationstypischer Indizien wird auf die Seiten 3 bis 9 der Klageerwiderung verwiesen.

Schließlich bestreitet die Beklagte zu 1), dass die geltend gemachten Schäden in ihrer Gesamtheit aus dem behaupteten Unfallgeschehen stammen und dass die Vorschäden an dem C. vollständig und fachgerecht behoben gewesen seien.

Das Gericht hat den Kläger und den Beklagten zu 2) persönlich gehört. Hinsichtlich des Ergebnisses der Anhörung wird auf die Sitzungsniederschrift vom 15.12.2011 Bezug genommen.

Die Bußgeldakten … des Kreises S. waren beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Eine Haftung der Beklagten aus § 115 Abs. 1 S. 1 Ziff. 1 VVG i. V. m. §§ 7, 17, 18 StVG, 823 Abs. 1, 840 Abs. 1 BGB, die hier allein als Anspruchsgrundlage in Betracht kommen, ist zu verneinen, denn das Gericht ist auf Grund der unstreitigen mit dem behaupteten Unfallgeschehen verbundenen Gesamtumstände sowie nach dem Ergebnis der Anhörung des Klägers und des Beklagten zu 2) der Überzeugung, dass diese den Unfall abgesprochen haben. Ist aber der Unfall fingiert, dann haftet der Haftpflichtversicherer nicht, da der Geschädigte in die Beschädigung seines Fahrzeugs eingewilligt hat (vgl. OLG Hamm, VersR 1986, 280).

Schon nach den äußeren Umständen liegt das geradezu klassische Erscheinungsbild eines gestellten Unfalls vor, für den die Beschädigung eines teuren bereits in Vorunfälle verwickelten Fahrzeugs – hier eines C. – in Abwesenheit von Unfallzeugen durch einen angemieteten vollkaskoversicherten Klein-LKW typisch ist. So ist für einen gestellten Unfall kennzeichnend, dass ein grundsätzlich mit hohem Marktwert gehandeltes Fahrzeug verwendet wird, das tatsächlich im Unfallzeitpunkt durch einen Vorschaden bereits an Wert weitgehend verloren hat (vgl. OLG Frankfurt, VersR. 1987, 756).

Auffällig ist in diesem Zusammenhang, dass die wirtschaftlich profitable Abwicklung des Unfallgeschehens nach Abrechnung auf Totalschadensbasis anscheinend von vornherein in den Händen des T. lag, der den Gutachtenauftrag erteilt und später das beschädigte Fahrzeug angekauft hat.

Schließlich verbleiben nach dem Ergebnis der Anhörung des Klägers und des Beklagten zu 2) keine Zweifel, dass ein inszeniertes Unfallgeschehen vorliegt.

Auch wenn danach die Fahrzeugkollision als solche kaum in Frage zu stellen ist, ist die betont inhaltsarme Darstellung des Unfallhergangs durch den Kläger und den Beklagten zu 2) für fingierte Unfälle typisch, um Angriffspunkte gegen die Plausibilität des Unfallgeschehens durch den Haftpflichtversicherer zu vermeiden.

Hinzukommt das unbeholfene Bemühen des Beklagten zu 2), die Kollision als unfreiwilliges Ereignis erscheinen zu lassen. Während nach seinen Angaben gegenüber der Polizei noch das Drehen einer Zigarette und die Fehleinschätzung der Vorfahrtssituation zum Unfall geführt haben sollen, hat er dem Gericht gegenüber seine angeblich falsche Reaktion lapidar auf eine Unterzuckerung zurückgeführt.

Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91, 101, 709 ZPO.

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