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Verkehrsunfall – fiktive Schadensabrechnung/Referenzwerkstatt

Amtsgericht Ansbach

Az: 4 C 443/10

Urteil vom 30.07.2010


In dem Rechtsstreit wegen Schadensersatz erlässt das Amtsgericht Ansbach ohne mündliche Verhandlung gemäß § 495a ZPO folgendes Endurteil

1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 267,80 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 10.11.2009 sowie weitere 43,32 € zu bezahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 267,80 € festgesetzt.

Tatbestand

Auf die Darstellung des Tatbestandes wird gemäß § 313 a Abs. 1 S. 1 ZPO verzichtet.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.

I.

Die Klage ist zulässig. Das Amtsgericht Ansbach ist gemäß § 32 ZPO örtlich zuständig, da auch für die Geltendmachung von Ansprüchen aus Gefährdungshaftung nach dem StVG und dem Direktanspruch gegen den Versicherer das Gericht örtlich zuständig ist, in dessen Bezirk der Tatort liegt. Dieser ist vorliegend in Ansbach, wo der Verkehrsunfall stattgefunden hat.

Nach §§ 1 ZPO, 23 Nr.1 GVG ist das Amtsgericht auch sachlich zuständig, da der Streitwert 5.000 € nicht übersteigt.

II.

Die Klage ist teilweise begründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch aus §§ 71, 17 I, II StVG, 115 I VVG auf Zahlung von 267,80 €.

Dieser ergibt sich aus dessen Anspruch auf Schadensersatz für die Instandsetzung seines KFZ bei fiktiver Schadensberechnung von 2158,89 €, der bereits durch Zahlung von 1.891,09 € seitens der Beklagten in dieser Höhe erloschen ist (§ 362 BGB).

Für die Fahrzeuginstandsetzung hatte der Kläger gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 2.158,89 €.

Dem Grunde nach steht die Haftung außer Frage, wird auch von der Beklagten anerkannt. Bezüglich des Umfangs bestand sie in Höhe des im Gutachten des Sachverständigenbüros … ausgewiesenen Betrags von 2.158,89 €.

Nach § 249 II 1 BGB kann der Kläger von der Beklagten den zur Wiederherstellung seines KFZ erforderlichen Geldbetrag verlangen. Was hierfür erforderlich ist, richtet sich danach, wie sich ein verständiger, wirtschaftlich denkender Fahrzeugeigentümer in der Lage des Klägers verhalten hätte (vgl. Urteil des BGH vom 15.02.2005 – VI ZR 74/04). Der Kläger hat ein Gutachten des öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen …. vorgelegt und somit seiner Pflicht zur Darlegung eines konkreten Schadens genügt. Auch hat er sich durch die Schadensberechnung nach diesem Gutachten in den für die Schadensbehebung nach § 249 II 1 BGB gezogenen Grenzen bewegt.

Der Anspruch kann auch nicht wegen einer Schadensminderungspflicht des Klägers nach § 254 II BGB gekürzt werden. Der Kläger muss sich nicht auf die von der Beklagten vorgetragenen günstigeren Reparaturmöglichkeit der Firma …. verweisen lassen.

Eine solche Verweisung ist zwar grundsätzlich möglich (vgl. Urteil des BGH vom 29.04.2003 – VI ZR 398/02); dies gilt auch für die fiktive Schadensabrechnung. Jedoch sind die Voraussetzungen hierfür vorliegend nicht gegeben.

Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung muss die Werkstatt, auf die der Geschädigte verwiesen werden soll, für diesen mühelos und ohne Weiteres zugänglich sein und eine zumindest gleichwertige Reparaturmöglichkeit darstellen. Weiter sind bei dem Vergleich der anfallenden Kosten die marktüblichen Preise der Werkstätten zugrunde zu legen (Urteil des BGH vom 20.10.2009 – VI ZR 53/09).

Dies ist hier jedoch nicht der Fall. Die im Prüfbericht der Firma DEKRA vom 02.11.09 zugrunde gelegten Preise der dort als Referenzwerkstatt genannten Firma …. sind – zumindest bezüglich der Stundenverrechnungssätze – keine Marktpreise. Dies wird auch von Beklagtenseite nicht dargelegt. Die Beklagte führt nur aus, sie verweise schlichtweg auf Reparaturwerkstätten, „die entsprechend zusammenarbeiten wollen und entsprechende Preise für ihre Arbeiten anbieten“. Sie trifft aber die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Tatsachen und Umstände, aus denen sich ein Verstoß des Klägers gegen die Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 II BGB ergibt (vgl. Urteil des BGH vom 20.10.2009 – VI ZR 53/09). Dieser hat sie nicht genügt.

Dass in dem von der Beklagten vorgebrachten Prüfbericht die Preise der Referenzwerkstatt nicht marktüblich sind, ergibt sich wohl aus der Tatsache, dass es sich bei der Firma … um eine Vertragsfirma der … handelt. Wie der BGH in o.g. Urteil weiter ausführt, folgt aus dem Erfordernis, dem Vergleich Marktpreise zugrunde zu legen „insbesondere, dass sich der Geschädigte im Rahmen seiner Schadensminderungspflicht nicht auf Sonderkonditionen von Vertragswerkstätten des Haftpflichtversicherers des Schädigers verweisen lassen muss.“ Eine solche Beschränkung ließe sich nicht mit dem Grundgedanken der §§ 249 ff. BGB vereinbaren, dass der Geschädigte Herr des Restitutionsgeschehens ist.

Weiter sind auch die im Gutachten des Sachverständigen …. ausgewiesenen Positionen des UPE-Aufschlags und der Verbringungskosten ersatzfähig.

Diese sind auch bei fiktiver Schadensberechnung zu berücksichtigen und nicht etwa nur dann, wenn sie tatsächlich anfallen. Dem Wesen nach ist es bei der fiktiven Schadensberechnung gerade nicht notwendig, dass einzelne Positionen bei einer möglichen Reparatur tatsächlich anfallen. Andernfalls wäre die gesetzliche Regelung des § 249 II 2 BGB, wonach die Umsatzsteuer nur dann zu ersetzen ist, wenn und soweit sie tatsächlich anfällt, überflüssig.

Wie oben bereits erläutert, genügt der Kläger vorliegend seiner Pflicht zur Darlegung eines konkreten Schadens durch die Vorlage des Sachverständigengutachtens. Dies gilt auch in Bezug auf Verbringungskosten und den UPE-Aufschlag. Auch hier wäre ein Verweis auf eine günstigere Reparaturmöglichkeit, wie die von der Beklagten im Prüfbericht der Firma DEKRA genannte Referenzwerkstatt, grundsätzlich möglich. Wie oben ausgeführt, muss sich der Kläger im vorliegenden Fall jedoch wegen der fehlenden Orientierung an marktüblichen Preisen nicht auf diese verweisen lassen.

Der Kläger hat gegen die Beklagte auch einen Anspruch auf Zahlung von Verzugszinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 10.11.2009 aus §§ 286, 288 BGB. Mit dem anwaltlichen Schreiben vom 26.10.2009 hat der Kläger die Beklagte unter Fristsetzung zum 09.11.2009 zur Zahlung aufgefordert. Die Beklagte befindet sich demnach mit Fristablauf, seit 10.11.2009, gemäß § 286 I BGB mit der Zahlung von 267,80 € in Verzug. Während des Verzugs ist diese Geldforderung nach § 288 I BGB zu verzinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz.

Als Teil des Anspruchs auf Schadensersatz besteht auch ein Anspruch auf Erstattung der außergerichtlichen Anwaltskosten für den in den Streit übergegangenen Gegenstandswert.

Der Höhe nach umfasst er jedoch nur 43,32 €. Dies ist die Differenz der mit der Forderung auf Zahlung von 2.158,89 € zu erstattenden Anwaltsgebühren (161 € x Faktor 1,3; zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer) und der mit Zahlung von 1.891,09 € zu erstattenden Anwaltsgebühren (133 € x Faktor 1,3; zuzüglich Auslagenpauschale und Mehrwertsteuer.

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 91 ZPO.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr.11 ZPO, da der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 € nicht übersteigt.

Eine Abwendungsbefugnis nach § 711 S.1 ZPO ist gemäß § 713 ZPO nicht auszusprechen, da die Voraussetzungen der Berufung (§ 511 ZPO) wegen des zu geringen Streitwerts unzweifelhaft nicht vorliegen.

 

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