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Verkehrsunfall – Reparatur in Alternativwerkstatt

 Amtsgericht Essen

Az: 25 C 122/10

Urteil vom 11.03.2010


I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand:

Die Parteien streiten um restliche fiktive Reparaturkosten aus einem Verkehrsunfall.

Das Klägerfahrzeug war zum Unfallzeitpunkt 7 Jahre alt.

Der Kläger meint, die Beklagte sei zum vollen Ersatz jener Kosten verpflichtet, die der Sachverständige …. in seinem Gutachten vom 20.01.2009 (Bl. 20-42 d. A.) kalkuliert hat. Die Verweisung der Beklagten auf günstigere Alternativwerkstätten greife im vorliegenden Fall nicht, da die Verweisung erfolgte, nachdem der Kläger sein Fahrzeug bereits repariert hatte, was unstreitig ist.

Der Kläger beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an ihn 810,26 Euro nebst 5 % Zinsen über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 04.02.2009 und den Kläger von den außergerichtlichen Kosten seines Prozessbevollmächtigten in Höhe von 120,67 Euro freizustellen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, der Kläger sei auf Grund seiner fiktiven Abrechnung in zeitlicher Hinsicht nicht schutzwürdig.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Kläger hat gegen die Beklagte keinen weiteren Anspruch auf Zahlung der restlichen Reparaturkosten sowie der außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten gemäß den §§ 7 Abs. 1 StVG, 823, 249 Abs. 2 S. 1 BGB i. V. m. § 115 VVG.

Die Beklagte war zu der vorgenommenen Kürzung um den Differenzbetrag zwischen einer Reparatur bei einer markengebundenen Werkstatt und der von ihr zu Grunde gelegten Werkstätten berechtigt.

Im Falle der Beschädigung eines Kraftfahrzeuges durch einen Verkehrsunfall kann der Geschädigte vom Schädiger gemäß § 249 Abs. 2 S. 1 BGB den zur Beseitigung der Schäden erforderlichen Geldbetrag verlangen. Dabei beschränkt sich das schadensersatzrechtliche Ziel der Restitution nicht auf eine Wiederherstellung der beschädigten Sache, es besteht vielmehr in umfassender Weise darin, einen Zustand herzustellen, der wirtschaftlich gesehen der ohne das Schadensereignis bestehenden hypothetischen Lage entspricht (vgl. BGH NJW 2007, 67). Dabei stehen dem Geschädigten bei der Beschädigung eines Kraftfahrzeuges nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes grundsätzlich zwei Wege der Naturalrestitution offen, nämlich einerseits die Reparatur des Unfallfahrzeuges, andererseits die Anschaffung eines gleichwertigen Ersatzfahrzeugs (BGH NJW 2005, 2541). Sieht der Geschädigte wie im vorliegenden Fall davon ab, eine Ersatzbeschaffung vorzunehmen, so kann er gemäß

§ 249 Abs. 2 S. 1 BGB Ersatz der objektiv erforderlichen Kosten einer fiktiven Reparatur geltend machen. Dabei hat der Geschädigte nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes grundsätzlich Anspruch auf Ersatz, der in einer markengebundenen Fachwerkstatt anfallenden Reparaturkosten unabhängig davon, ob er den Wagen tatsächlich voll, minderwertig oder überhaupt nicht reparieren lässt (BGH NJW 2003, 2086).

Jedoch ist der Geschädigte unter dem Gesichtspunkt der Schadensminderungspflicht gehalten, im Rahmen des ihm Zumutbaren den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen, sofern er die Höhe der für die Schadensbeseitigung aufzuwendenden Kosten beeinflussen kann. Dabei genügt es zwar im Allgemeinen, dass er den Schaden auf der Grundlage eines von ihm eingeholten Sachverständigengutachtens berechnet, sofern dieses Gutachten hinreichend ausführlich ist und das Bemühen erkennen lässt, den konkreten Schadensfall vom Standpunkt eines wirtschaftlich denkenden Betrachters gerecht zu werden.

Nach der Rechtsprechung des BGH (VI. ZR 53/09) ist es für den Geschädigten eines Fahrzeugs, welches älter als drei Jahre ist, zumutbar, sich auf eine kostengünstigere Reparatur in einer nicht markengebundenen Fachwerkstatt verweisen zu lassen – jedenfalls wenn diese technisch gleichwertig ist. Bei dem Klägerfahrzeug handelte es sich zum Unfallzeitpunkt um ein 7 Jahre altes Auto. Die Beklagtenseite hat hier ausführlich vorgetragen, dass die von ihr angegebenen Werkstätten technisch gleichwertig zu einer markengebundenen Fachwerkstatt sind. Dies ist unbestritten. Insofern muss sich der Kläger nach den Gesichtspunkten der Schadensminderungspflicht im Sinne des § 254 Abs. 2 BGB auf die von Beklagtenseite genannten Werkstätten verweisen lassen. Dem steht auch nicht entgegen, dass der Verweis der Beklagten an den Kläger an die von Beklagtenseite benannten Vergleichswerkstätten erst erfolgte, nachdem der Kläger sein Fahrzeug bereits hatte reparieren lassen. Das Gericht ist der Auffassung, dass der fiktiv abrechnende Geschädigte, der sein Fahrzeug in einer nicht markengebundenen Werkstatt reparieren lässt – der Kläger hat hier nicht behauptet, in eine Markenwerkstatt gegangen zu sein – dem Ersatzpflichtigen nicht entgegen halten kann, die Reparatur sei bei Eingang des Verweises bereits erfolgt. Er ist nämlich gerade auf Grund der gewählten fiktiven Abrechnung in zeitlicher Hinsicht nicht schützenswert.

In den vom BGH in seiner Entscheidung vom 20.10.2009 angeführten Fällen, bei denen sich der Kläger nicht auf eine nicht markengebundene Werkstatt verweisen lassen muss, obwohl er fiktiv abrechnet, hat der Geschädigte jedes Mal ein berechtigtes Interesse an einer Reparatur in einer markengebundenen Werkstatt. In diesen Fällen wäre eine Verweisung an eine nicht markengebundene Werkstatt für den Kläger von Nachteil, wie beispielsweise finanzieller Verlust beim Wiederverkauf des Fahrzeugs, Verlust von Gewährleistungsrechten usw. Hierbei kommt es nicht darauf an, ob der Geschädigte fiktiv oder konkret abrechnet. Sein berechtigtes Interesse bleibt erhalten und schützenswert, egal wie er nach Schadensausgleich durch die Ersatzpflichtige vorgeht, das heißt, egal, ob er später bei einer markengebundenen Werkstatt repariert, ob er gar nicht repariert oder ob er zu einer günstigeren Werkstatt geht. Insofern bleibt dieses Interesse in Form eines Geldwertes erhalten.

Im vorliegenden Fall hat der Kläger aber gerade kein berechtigtes Interesse, welches schützenswert wäre. Einen finanziellen Vorteil soll er sich auch nicht dadurch verschaffen können, dass er zügig reparieren lässt. Insofern kann es auf den Zeitpunkt der Reparatur des Fahrzeugs für die Pflicht des Klägers zur Erfüllung seiner Schadensminderungspflicht gemäß § 254 Abs. 2 BGB bei fiktiver Abrechnung nicht ankommen. Ein berechtigtes Interesse ist gerade nicht gegeben, egal, ob die Reparatur vor oder nach dem Verweis stattfindet.

Die räumliche Entfernung der Werkstätten ist im Hinblick auf die Zumutbarkeit im Rahmen der Schadensminderungspflicht zu prüfen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

Der Streitwert wird auf 810,26 Euro festgesetzt.

 

 

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