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Dienstgeheimnisse – Verletzung – Strafbarkeit

Bundesgerichtshof

Az: 1 StR 83/08

Beschluss vom 16.04.2008


Der 1. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 16. April 2008 beschlossen:

Die Revision der Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts Stuttgart vom 27. September 2007 wird als unbegründet verworfen, da die Nachprüfung des Urteils auf Grund der Revisionsrechtfertigung keinen Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben hat (§ 349 Abs. 2 StPO).

Die Beschwerdeführerin hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Ergänzend zum Vorbringen des Generalbundesanwalts in seiner Stellungnahme vom 13. März 2008 bemerkt der Senat:

1. Das Landgericht hat gegen die Angeklagte wegen Verletzung des Dienstgeheimnisses in zwei Fällen (§§ 353b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, 53 StGB) Freiheitsstrafen von zehn und acht Monaten verhängt, hieraus eine einjährige Gesamtfreiheitsstrafe gebildet und deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt.

Die Angeklagte war bis zu ihrem Rücktritt am 22. Juli 2004 baden-württembergische Justizministerin. Nach den Feststellungen erfuhr sie in dieser Funktion durch einen von einem Mitarbeiter ihres Ministeriums „außerhalb der Akten“ verfassten Vermerk, dass in einem von der Staatsanwaltschaft Stuttgart wegen krimineller Aktivitäten bei der Firmengruppe „FlowTex“ geführten Ermittlungsverfahren relevante Unterlagen sichergestellt worden waren. Diese erhärteten den Verdacht, dass Dr. D. , der damalige baden-württembergische Wirtschaftsminister und wie die Angeklagte Mitglied der Freien Demokratischen Partei (F.D.P.), vor dem im selben Zusammenhang vom 13. Landtag Baden-Württembergs gebildeten Untersuchungsausschuss wahrheitswidrig ausgesagt hatte. In einem Telefonat am 17. Juni 2004 unterrichtete die Angeklagte ihn über die angefallenen Ermittlungsergebnisse. Am 6. Juli 2004 informierte sie Dr. D. ebenfalls telefonisch über durch weitere Ermittlungen gewonnene Erkenntnisse, die ihr am Vortag von der Staatsanwaltschaft Stuttgart berichtet worden waren.

2. Die Beweiswürdigung ist aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Das Landgericht hat die Aussage der die Taten bestreitenden Angeklagten sorgfältig geprüft und mit den Angaben der Belastungszeugen abgewogen. Insbesondere konnte es die Aussage des Zeugen Dr. D. für zuverlässig halten, er habe die die Straftaten begründenden Informationen in Telefonanrufen der Angeklagten erfahren. Insoweit konnte sich das Landgericht auch auf objektive Umstände stützen, wie die Verbindungsdaten zu diesen Telefonaten, die in signifikantem zeitlichen Zusammenhang mit den sonstigen gesicherten Erkenntnissen standen, sowie einen sichergestellten, kurze Zeit nach dem zweiten Telefonat über dessen Inhalt durch den genannten Zeugen gefertigten Vermerk.

3. Auch die Strafzumessung ist rechtsfehlerfrei. Das gilt sowohl für die Strafhöhe als auch für eine beanstandete Strafzumessungserwägung.

a) Soweit die Revision rügt, das Landgericht habe nicht die Möglichkeit geprüft, Geldstrafen auszusprechen, zeigt sie keinen Rechtsfehler auf.

Zu Recht hat das Landgericht als maßgeblichen und damit bestimmenden Strafschärfungsgrund (§ 267 Abs. 3 StPO) gewertet, dass die Angeklagte (auch) Geheimnisse offenbart hat, die ihr durch einen staatsanwaltschaftlichen Bericht bekannt geworden waren. Die durch Verwaltungsanordnung vorgeschriebene Berichtspflicht der Staatsanwaltschaft dient der Ausübung der gesetzlich normierten Aufsichts- und Leitungsbefugnis (§ 147 GVG) durch die Vorgesetzten des ermittelnden Staatsanwalts, insbesondere des Generalstaatsanwalts und des Justizministers. Ermittlungserkenntnisse, die zugleich Dienstgeheimnisse sind, über die berichtet wird, dürfen nicht unbefugt offenbart werden und das Ermittlungsverfahren gefährden. Die Staatsanwaltschaft muss sich deshalb darauf verlassen können, dass die unterrichteten Stellen ihrer Verschwiegenheitspflicht gewissenhaft nachkommen.

Der Schutz dieses besonders wichtigen öffentlichen Interesses erfordert bei derartigen Fallgestaltungen grundsätzlich die Verhängung einer Freiheitsstrafe. Hier kommt hinzu, dass es sich bei der Angeklagten um die an der Spitze der Landesjustizverwaltung stehende Ministerin handelte. Sie hat die Möglichkeiten, die ihr die in § 147 Nr. 2 GVG vorgesehene Dienstaufsicht zubilligt (vgl. Boll in Löwe/Rosenberg, StPO 25. Aufl. § 147 GVG Rdn. 2), nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Landgerichts missbraucht. Deshalb kam allein die Verhängung einer Freiheitsstrafe in Betracht. Auch die Höhe der Freiheitsstrafe, die sich zudem im unteren Bereich des eröffneten Strafrahmens bewegt, ist bei diesen Tatumständen nicht zu beanstanden.

Der Senat braucht nicht zu entscheiden, wie der Fall zu sanktionieren wäre, dass Mitteilungen in Berichten über noch geplante Ermittlungsmaßnahmen i.S.d. § 33 Abs. 4 StPO – wie eine bevorstehende Durchsuchung – Dritten unbefugt mitgeteilt werden mit der Folge, dass der Zweck der Maßnahme gefährdet oder deren Erfolg gar vereitelt wird. In einem solchen Fall dürfte eine Freiheitsstrafe im unteren Bereich des Strafrahmens freilich nur dann noch angemessen sein, wenn besondere Milderungsgründe vorliegen (zur kriminalpolitischen Bedeutung vgl. Graf in Münch-Komm, StGB § 353b Rdn. 5).

b) Ohne Erfolg bleibt auch die Rüge der Revision, das Landgericht habe nicht strafmildernd berücksichtigt, dass „der öffentliche Druck durch permanente Medienbegleitung extrem war“. Denn wer – wie die Angeklagte, noch dazu an exponierter Stelle – in Ausübung seines Amtes Verfehlungen der vorliegenden Art begeht, muss mit einem besonderen Interesse an seiner Person und seiner Amtsausübung auch für den Fall der Durchführung eines Strafverfahrens rechnen (vgl. BGH NJW 2000, 154, 157).

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