OLG Karlsruhe – Az.: 17 U 31/11 – Urteil vom 10.01.2012
I. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Landgerichts Baden-Baden vom 09.02.2011 – 2 O 393/10 – im Kostenpunkt aufgehoben und im Übrigen wie folgt geändert und neu gefasst:
1. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 10.875 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 29.04.2010 zu zahlen.
2. Die Beklagte wird ferner verurteilt, an den Kläger außergerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.025,30 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 10.11.2010 zu zahlen.
3. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
II. Die weiter gehende Berufung wird zurückgewiesen.
III. Von den Kosten beider Instanzen tragen der Kläger 25 % und die Beklagte 75 %.
IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
V. Die Revision wird nicht zugelassen.
VI. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird festgesetzt auf 14.500 EUR.
Gründe
I.
Der Kläger macht aus abgetretenem Recht seiner Ehefrau Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit der Anmietung eines Schließfachs bei der beklagten Sparkasse geltend.
Die Ehefrau des Klägers, die Zeugin Gudrun B. (im Folgenden auch: Zedentin), äußerte am 11.08.2006 in der Filiale der Beklagten in G. gegenüber einer dort Beschäftigten den Wunsch, ein Schließfach anzumieten, wobei die weiteren Einzelheiten des Gesprächs streitig sind. Ihr wurde daraufhin die Anmietung eines sogenannten „Sparkassenbuch-Schließfachs“, Nr. .., zum Mietpreis von 2 EUR pro Jahr in einem entsprechenden Formular angeboten (Anlage B 1). Dieses lautet auf der Vorderseite:
„Sparkassenbuch-Schließfach
Es wird um Vermietung des obigen Sparkassenbuch-Schließfaches gebeten.
…
Für die Rechtsbeziehungen zwischen dem Mieter und der Sparkasse gelten die Bedingungen für die Vermietung von Sparkassenbuch-Schließfächern, von denen der Mieter ein Exemplar erhält, sowie ergänzend die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der Sparkasse (AGB).“
Der Formular-Vertrag wurde von der Zedentin auf der Vorderseite unterzeichnet. Auf der Rückseite des Formulars heißt es:
„Empfangsbestätigung für Schließfach-Schlüssel
Ich/wir habe(n) heute zum o. a. Sparkassenbuch-Schließfach – Schlüssel und ein Exemplar der Bedingungen für die Vermietung von Sparkassenbuch-Schließfächern erhalten.“
Dort wurde die Anzahl von 2 Schlüsseln eingetragen und die Erklärung von der Zedentin gesondert unterschrieben.
Die „Bedingungen für die Vermietung von Sparkassenbuch-Schließfächern“, deren Übergabe an die Zedentin streitig ist, lauten unter anderem (Anlage B 2):
„Ausschließlich zur Aufbewahrung von Sparkassenbüchern vermieten wir verschließbare Fächer zu folgenden Bedingungen:
…
5. Haftung
Wir können für Verlust oder Beschädigung nur bei eigenem Verschulden haften.
Für etwa vereinbarungswidrig in das Schließfach eingelegte andere Gegenstände ist jede Haftung ausgeschlossen.“
Neben den in der Schalterhalle untergebrachten „Sparkassenbuch-Schließfächern“ verfügt die Beklagte über weitere Schließfächer in Gestalt im Keller befindlicher, speziell gesicherter Tresore, die zur Verwahrung von Wertgegenständen – zu einem wesentlich höheren Mietzins – angemietet werden können.
Am frühen Morgen des 23.03.2010 kam es in der Filiale der Beklagten in G. zu einem Einbruch. Die Einbrecher stiegen dabei durch ein schwer einsehbares und nicht elektronisch bzw. durch eine Alarmanlage gesichertes Bürofenster ein, drangen in den nicht mit Bewegungsmeldern ausgestatteten Schalterraum ein und brachen dort eine Vielzahl von Schrankfächern auf, unter anderem das von der Zedentin angemietete Sparkassenbuch-Schließfach Nr. … Bereits seit dem Jahr 2009 war es im süddeutschen Raum zu einer Einbruchsserie in Bankgebäude mit Aufbruch der Schalterhallen-Schließfächer gekommen, wobei zumeist Sparkassen betroffen waren.
Mit Schreiben vom 27.04.2010 lehnte die Beklagte eine Schadensersatzpflicht ab (Anlage K 3). Die Ehefrau des Klägers hat am 20.07.2010 ihre Ansprüche an den Kläger abgetreten (Anlage K 5).
Der Kläger behauptet, zur Zeit des Einbruchs hätten sich in dem von der Zedentin angemieteten Schließfach Nr. .. noch 14.500 EUR Bargeld aus einem Autoverkauf befunden, die bei dem Aufbruch des Schließfachs entwendet worden seien. Die Zedentin habe vor der Anmietung am 11.08.2006 der Mitarbeiterin der Beklagten erklärt, sie benötige ein Schließfach, um Geld zu deponieren. Daraufhin sei ihr von der Mitarbeiterin das streitgegenständliche Schließfach angeboten worden, ohne Alternativen aufzuzeigen. Den Begriff „Sparkassenbuch-Schließfach“ habe die Zedentin nur als Beschreibung eines Schließfachs zur Aufbewahrung kleinerer Wertsachen – wie zum Beispiel Sparbücher – aufgefasst. Der Mietvertrag sei daher nicht auf die Aufbewahrung von Sparbüchern beschränkt gewesen. Das Schließfach sei unzureichend gesichert gewesen, nämlich nicht in einer Art und Weise, die Kunden bei einem Schließfach in den Schalterräumen einer Bank erwarten dürften. Zumindest hätte die Beklagte die Zedentin auf die Ungeeignetheit zur Aufbewahrung anderer Wertsachen hinweisen müssen, schon wegen der Einbruchsserie in andere Sparkassen.
Der Kläger hat beantragt, die Beklagte zur Zahlung von 14.500 EUR und außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.101,46 EUR, jeweils nebst Zinsen, zu verurteilen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Das Schließfach sei ausdrücklich nur zur Aufbewahrung von Sparbüchern vermietet und die Haftung für andere Gegenstände ausgeschlossen worden, wie sich aus dem Vertrag und den Allgemeinen Bedingungen, deren Erhalt die Zedentin unterschriftlich bestätigt habe, eindeutig ergebe. Für ein reines Sparkassenbuch-Schließfach seien keine weiteren Sicherungen erforderlich, da die Beklagte von einem Diebstahl zwangsläufig Kenntnis erlange und Vorkehrungen gegen die missbräuchliche Verwendung des entwendeten Sparbuchs treffen könne. Den Verlust vertragswidrig eingebrachten Geldes, der im Übrigen zu bestreiten sei, müsse die Zedentin selbst tragen.
Das Landgericht hat der Klage nach Vernehmung der Zedentin als Zeugin in vollem Umfang stattgegeben. Dem Kläger stehe ein Schadensersatzanspruch wegen eines Mangels des Schließfachs und der Verletzung einer Hinweispflicht zu. Die unzureichenden Sicherungsvorkehrungen stellten einen Mangel des Schließfachs dar, selbst wenn dieses nur zur Aufbewahrung von Sparbüchern vermietet worden sei. Aus dem Schließfachvertrag ergebe sich nicht, dass die Vermietung nur zur Unterbringung von Sparbüchern erfolgt sei. Aus dem Vertragstext gehe dies nicht hinreichend deutlich hervor, auch nicht aus der geringen Höhe des Mietzinses. Nach dem Inhalt des von der Zeugin glaubhaft geschilderten Gesprächs habe sie erklärt, das Schließfach wegen eines Autoverkaufs zu benötigen. Vor diesem Hintergrund hätte es eines ausdrücklichen Hinweises darauf bedurft, dass das Schließfach nur zur Aufbewahrung von Sparbüchern verwendet werden dürfe. Ein auf Sparbücher beschränkter Verwendungszweck ergebe sich ferner nicht aus den Allgemeinen Bedingungen, da diese nicht wirksam einbezogen worden seien. Die diesbezügliche Bestätigung der Aushändigung sei unwirksam, eine anderweitige Möglichkeit der Kenntnisnahme nicht bewiesen. Die Zeugin habe auch glaubhaft bestätigt, dass 14.500 EUR aus dem Schließfach entwendet worden seien.
Wegen der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts und der weiteren Einzelheiten der Entscheidungsgründe wird auf das angefochtene Urteil verwiesen (§ 540 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 ZPO).
Hiergegen wendet sich die Beklagte mit ihrer Berufung, mit der sie weiterhin Klagabweisung erstrebt. Sie hält an ihrer Auffassung fest, der Mietvertrag habe nur die Aufbewahrung eines Sparbuchs umfasst. Insofern sei das Fach mangelfrei gewesen. Eine besondere Aufklärungspflicht der Beklagten habe angesichts des klaren Vertragstextes nicht bestanden. Jedenfalls treffe die Zedentin ein erhebliches Mitverschulden.
Der Kläger beantragt, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen. Er verteidigt das Urteil des Landgerichts unter Wiederholung und Vertiefung seines erstinstanzlichen Vorbringens.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens der Parteien wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
Die zulässige Berufung ist nur teilweise begründet. Der Schadensersatzanspruch des Klägers ist wegen eines Mitverschuldens um 25 % zu kürzen. Im Übrigen beruht die angefochtene Entscheidung weder auf einer Rechtsverletzung (§ 546 ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).
Das Landgericht hat zu Recht eine Pflichtverletzung der Beklagten gem. § 280 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB im Zusammenhang mit der Vermietung des Sparkassenbuch-Schließfachs an die Zedentin angenommen.
1. Zwischen der Zedentin und der Beklagten ist ein Mietvertrag über das Sparkassenbuch-Schließfach Nr. .. zustande gekommen (vgl. Palandt/Weidenkaff, BGB, 71. Aufl., Einf. v. § 535 Rn. 19). Dabei ist davon auszugehen, dass der Vertrag nach objektivem Empfängerhorizont die Anmietung eines Sparkassenbuch-Schließfachs zum Gegenstand hatte. Der Vertragsgegenstand ergibt sich schon aus dem eindeutigen Vertragswortlaut, ohne dass es insoweit auf die wirksame Einbeziehung der Bedingungen für die Anmietung von Sparkassenbuch-Schließfächern ankommt.
2. Ein Anspruch aus § 536 a Abs. 1 BGB besteht nicht. Der Schließfachvertrag wurde über das Fach Nr. .. mit der Sicherung, so wie sie vorhanden war, abgeschlossen. Der Kläger hat nicht dargelegt, dass das angemietete Schließfach zur Unterbringung von Sparkassenbüchern ungeeignet und damit mangelhaft im Sinne von § 536 Abs. 1 BGB war.
Dass bei der mechanischen Sicherung des Gebäudes oder der Fächer Mängel bestanden, zeigt der Kläger nicht auf. Einen Mangel des Sparkassenbuch-Schließfachs vermag der Senat – entgegen dem Landgericht – nicht allein darin zu sehen, dass die Schalterräume nicht mit einer Alarmanlage oder einem Bewegungsmelder ausgestattet waren. Die Sicherung gegen einen Einbruch besteht darin, dass das Gebäude und die Fächer ordnungsgemäß verschlossen sind und ein Einbrecher auf mechanischen Widerstand trifft. Eine Alarmanlage kann dagegen einen Einbruch nicht unmittelbar verhindern – sie kann ihn nur melden und gegebenenfalls Einbrecher in die Flucht schlagen. Da die Gefahr eines Missbrauchs entwendeter Sparbücher, wie von der Beklagten zu Recht angeführt, bei rechtzeitiger Entdeckung der Entwendung aber nicht sehr groß ist, war eine zusätzliche Ausstattung der Schalterräume mit einer Alarmanlage nicht zwingend erforderlich.
3. Die Beklagte haftet aber wegen Verletzung ihrer vorvertraglichen Hinweispflichten gem. §§ 280, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB auf Schadensersatz.
a) Die Regelungen der §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB werden nicht durch die mietvertraglichen Gewährleistungsvorschriften verdrängt. Der Vorrang der mietvertraglichen Vorschriften – sofern man diesen annehmen würde – betrifft nur Mängel der Mietsache (zum Meinungsstand Staudinger/Emmerich, BGB [2011], § 535 Rn. 62). Mängel des Schließfachs liegen, wie ausgeführt, nicht vor.
b) Über die Haftung für Mängel hinaus trifft den Vermieter schon bei der Vertragsanbahnung die Verpflichtung, den Mieter gem. §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB grundsätzlich über alle Umstände aufzuklären, die für dessen Entschluss, den Vertrag abzuschließen, erkennbar von Bedeutung sind und deren Mitteilung dieser nach Treu und Glauben erwarten kann, wobei die Umstände des Einzelfalls maßgeblich sind (MünchKommBGB/Emmerich, BGB, 5. Aufl., § 311 Rn. 145; Palandt/Grüneberg, BGB, 71. Aufl., § 311 Rn. 50). Dabei kommt es auch auf die Geschäfts(un)erfahrenheit des Mieters an. Allerdings ist auch der Mieter gehalten, zunächst einmal selbst zu prüfen und zu entscheiden, ob der beabsichtigte Vertrag für ihn von Vorteil ist. Zu den aufklärungspflichtigen Umständen zählen insbesondere solche, die geeignet sind, den Vertragszweck zu vereiteln oder aus denen sich besondere Gefahren bei der Vertragsdurchführung ergeben können (MünchKommBGB/Emmerich, § 311 Rn. 112).
Im Zusammenhang mit der Verwendung von Geschäftsbedingungen oder Formularverträgen besteht die Pflicht, Vertragspartner, vor allem wenn sie geschäftsunerfahren sind, über den wesentlichen Inhalt und die Tragweite der Klauseln unmissverständlich zu unterrichten. Generell können sich für Banken ebenso wie für andere Unternehmen aus den §§ 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB bereits im vorvertraglichen Bereich Aufklärungs-, Beratungs- und Warnpflichten gegenüber ihren Kunden ergeben.
c) Bei der Anbahnung des Mietvertrags über ein Schließfach traf daher die beklagte Sparkasse die Verpflichtung, die Zedentin als – potentielle bzw. zukünftige – Mieterin über alle Umstände aufzuklären, die für ihren Entschluss, ein Schließfach anzumieten, erkennbar von Bedeutung waren und deren Mitteilung sie redlicherweise erwarten durfte.
aa) Bei der Anmietung eines Schließfachs hat die Sicherheit der dort untergebrachten Wertgegenstände regelmäßig zentrale Bedeutung für die Entscheidung des Bankkunden. Sofern, wie hier, verschiedene Arten von Schließfächern zur Verfügung stehen, die unterschiedlich stark gesichert sind, muss die Bank auf die unterschiedlichen Sicherungsstandards hinweisen und erforderlichenfalls erfragen, welche Gegenstände dort untergebracht werden sollen.
bb) Die Zedentin durfte redlicherweise, zumindest nach den Umständen des vorliegenden Einzelfalls, eine weitere Aufklärung erwarten. Ob die Beklagte auf diese Umstände hätte hinweisen müssen, wenn die Zedentin von sich aus nach einem Schließfach für ein Sparbuch gefragt hätte, kann dahin stehen. Nach den Feststellungen des Landgerichts, an die der Senat gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO gebunden ist, hat die Zedentin der Mitarbeiterin der Beklagten aber mitgeteilt, dass sie das Schließfach benötige, weil sie in kurzer Zeit ein Auto verkaufen werde. Wenngleich der klägerische Vortrag, die Zedentin habe auf das beabsichtigte Einlagern von Geld hingewiesen, nicht bestätigt wurde, so ist jedenfalls nicht ersichtlich, dass die Zedentin die Absicht, ein Sparbuch zu verwahren, geäußert hätte. Daher hätte die Mitarbeiterin der Beklagten von sich aus den zu verwahrenden Gegenstand erfragen und die Zedentin über die unterschiedliche Eignung und die verschiedenen Sicherheitsstandards der vorhandenen Schließfächer aufklären müssen. Eine solche grundsätzliche Information, die in wenigen Sätzen vermittelt werden kann, durfte die Zedentin bei ihrer Anfrage nach einem Schließfach als Entscheidungshilfe erwarten. Der gegenteiligen Auffassung des LG Offenburg, Urteil vom 15.07.2007 – 3 O 12/07, bestätigt durch den 14. Senat des OLG Karlsruhe, Beschlüsse vom 30.11.2007 und 28.11.2007 – 14 111/07, vermag sich der Senat jedenfalls für den hier zu entscheidenden Fall nicht anzuschließen.
d) Ihrer Hinweispflicht hat die Beklagte nicht genügt. Dabei trägt grundsätzlich der Kläger die Beweislast für die unzureichende Aufklärung der Zedentin. Die Beklagte hat im Rahmen ihrer sekundären Darlegungslast vorzutragen, wie die Aufklärung erfolgt sein soll. Eine ausreichende Information der Zedentin legt sie auch mit der Berufung nicht dar.
aa) Dass die Zedentin bei ihrer Nachfrage am 11.08.2006 von der Mitarbeiterin der Beklagten mündlich über die verschiedenen Schließfächer informiert wurde, hat die Beklagte bereits nicht behauptet. Sie beruft sich vielmehr allein auf die Aussagekraft der schriftlichen Unterlagen.
bb) Ein ausreichender Hinweis ergibt sich nicht schon aus dem unstreitigen geringen Mietpreis von 2 EUR pro Jahr, wie das Landgericht zu Recht annimmt.
cc) Allein die unstreitige Bezeichnung als „Sparkassenbuch-Schließfach“ im Formularvertrag war zur Aufklärung ebenfalls nicht ausreichend. Zum einen kann die Bezeichnung auch als bloße Größenbeschreibung des Schließfachs aufgefasst werden. Zum anderen muss dem Kunden nicht notwendig geläufig sein, dass ein Sparbuch weniger sicherungsbedürftig ist als Geld oder Wertsachen. Es erscheint dem Senat zweifelhaft, ob die Erwägungen der Beklagten, bei Entwendung von Sparbüchern könne nach Entdecken des Einbruchs sofort eine Sperrung vorgenommen und ein Missbrauch daher zuverlässig verhindert werden, von jedem Bankkunden angestellt werden und dieser hieraus auf einen geringeren Sicherheitsstandard der „Sparkassenbuch-Schließfächer“ schließen kann. Über diesen Grund des auf Sparkassenbücher beschränkten Verwendungszwecks sagt der Formularvertrag ebenso wenig etwas aus wie die Allgemeinen Bedingungen. Für den Kunden ist aber von Bedeutung, dass geringere Sicherheitsvorkehrungen der Grund sind, der die Beschränkung des Verwendungszwecks gebietet. Insofern hätte auch ein Hinweis darauf genügt, dass es eigens für Bargeld und Wertsachen besonders gesicherte Tresorfächer gibt. Diese Möglichkeit ergibt sich aber auch nicht aus dem Formular.
dd) Der erforderliche Hinweis ist auch durch die Bedingungen für die Vermietung von Sparkassenbuch-Schließfächern nicht erfolgt.
Die – streitige – Aushändigung dieser Bedingungen konnte die Beklagte nicht völlig davon entbinden, die Zedentin mündlich zumindest kurz über die verschiedenen Schließfacharten und deren Verwendungszweck zu informieren. Denn im Zusammenhang mit der Verwendung von Geschäftsbedingungen oder Formularverträgen besteht, gerade auch für Kreditinstitute, die Pflicht, Vertragspartner über den wesentlichen Inhalt und die Tragweite der Klauseln unmissverständlich zu unterrichten (MünchKommBGB/Emmerich, § 311 Rn. 116). Zudem geht aus den Bedingungen selbst nicht hervor, dass die Sparkassenbuch-Schließfächer nicht besonders gesichert sind. Ebenso wenig geht aus den allgemeinen Bedingungen hervor, dass für Bargeld oder Wertsachen andere Tresor-Schließfächer zur Verfügung stehen. Durch die behauptete Überlassung der Allgemeinen Bedingungen hat die Beklagte daher ebenfalls keine ausreichende Aufklärung vorgenommen. Somit kommt es in Bezug auf die vorvertragliche Aufklärungspflichtverletzung nicht darauf an, ob die Allgemeinen Bedingungen wirksam einbezogen wurden.
e) Der Kläger muss sich aber ein Mitverschulden der Zedentin gem. § 254 BGB anrechnen lassen. Denn auch die Zedentin als Mieterin des Schließfachs war gehalten, die Eignung des Mietobjekts für ihre Zwecke zu prüfen. Da der Mietvertrag deutlich mit „Sparkassenbuch-Schließfach“ überschrieben war, hatte die Zedentin ebenfalls Anlass, hinsichtlich der Eignung des Schließfachs zur Unterbringung von Bargeld im Zweifelsfall nachzufragen. Weiterhin ist zu berücksichtigten, dass Geld – anders als Wertsachen – ebenso einfach wie sicher auf einem Konto bei der Beklagten hätte deponiert werden können. Wenn sich die Zedentin gleichwohl ohne weitere Nachfrage dazu entschloss, das Bargeld in dem als Sparkassenbuch-Schließfach bezeichneten Fach unterzubringen, so hat sie damit gegen ihre Obliegenheiten verstoßen. Der Senat bewertet das Mitverschulden der Zedentin mit 25 %. Dies muss sich der Kläger anrechnen lassen.
4. Die Beklagte kann ihrer Haftung insgesamt nicht die Bestimmungen in den Bedingungen zur Anmietung von Sparkassenbuch-Schließfächern entgegenhalten. Denn die Beklagte hat die wirksame Einbeziehung ihrer Bedingungen zur Anmietung von Sparkassenbuch-Schließfächern nicht bewiesen, wie das Landgericht zu Recht angenommen hat. Daher kommt insbesondere der in Ziff. 5 geregelte Haftungsausschluss nicht zum Tragen.
a) Die wirksame Einbeziehung der Bedingungen setzt gem. § 305 Abs. 2 BGB neben dem erforderlichen Hinweis, der auf dem Formularvertrag erfolgt ist, auch voraus, dass der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft wird, in zumutbarer Weise von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen.
b) Soweit die Zedentin auf der Rückseite des Formularmietvertrags durch ihre Unterschrift bestätigt hat, dass sie die Bedingungen für die Vermietung von Sparkassenbuch-Schließfächern erhalten hat, vermag diese Bestätigung den Erhalt nicht zu beweisen. Die Klausel ist nämlich gem. § 309 Nr. 12 b BGB unwirksam. Denn danach ist eine Bestimmung unwirksam, durch die der Verwender die Beweislast zum Nachteil des anderen Vertragsteils ändert, insbesondere indem er den anderen Vertragsteil bestimmte Tatsachen bestätigen lässt. Die Bestätigung des Erhalts eines Exemplars der Bedingungen für die Vermietung von Sparkassenbuch-Schließfächern bewirkt eine Umkehr der Beweislast. Denn die an sich für die Einbeziehungsvoraussetzungen gem. § 305 Abs. 2 Nr. 2 BGB beweispflichtige Beklagte könnte sich auf die Empfangsbestätigung berufen. Da diese schriftliche Erklärung grundsätzlich die Vermutung der Vollständigkeit und Richtigkeit für sich hätte, müsste der Kläger diese nämlich widerlegen (Zöller/Geimer, ZPO, 29. Aufl., § 416 Rn. 10).
c) Die Klausel unterfällt auch nicht der Ausnahmeregelung für gesondert unterschriebene Empfangsbekenntnisse, § 309 Nr. 12 b, 2. HS. BGB. Der Verwender soll sich den Empfang durch den Vertragspartner formularmäßig bestätigen lassen können, wenn der Vertragspartner durch seine gesonderte Unterschrift auf die Bedeutung der Erklärung hingewiesen wird und damit vor untergeschobenen Erklärungen nicht geschützt werden muss. Die Ausnahmevorschrift greift daher nur ein, wenn sich die unterschriebene Erklärung ausschließlich auf die Empfangnahme beschränkt. Von einer gesonderten Unterschrift kann nur gesprochen werden, wenn mit der Erklärung keine weiteren Äußerungen verbunden sind (Staudinger/Coester-Waltjen, BGB [2006] § 309 Nr. 12 Rn. 13; OLG Koblenz, Urteil vom 22.09.1995 – 2 U 620/94, NJW 1995, 3392). Die von der Zedentin gesondert unterschriebene Erklärung umfasst unter der Überschrift „Empfangsbestätigung für Schließfach-Schlüssel“ an erster Stelle die Erklärung, eine bestimmte Anzahl an Schlüsseln empfangen zu haben. Erst danach schließt sich die Erklärung an, ein Exemplar der Bedingungen für die Vermietung von Sparkassenbuch-Schließfächern erhalten zu haben. Die anschließende Unterschrift bezieht sich daher auch oder sogar in erster Linie auf den Empfang der Schlüssel, so dass ein gesondert unterschriebenes Empfangsbekenntnis nicht gegeben ist.
Etwas anderes vermag die Beklagte auch nicht aus der von ihr zitierten, zur inhaltsgleichen Vorschrift des § 11 Nr. 15 b AGBG a.F. ergangenen Entscheidung des BGH (Urteil vom 24.03.1988 – III ZR 21/87, WM 1988, 607) für sich herzuleiten. Dort stellt der BGH vielmehr fest, der Ausnahmefall eines gesondert unterschriebenen Empfangsbekenntnisses, für den § 11 Nr. 15 b AGBG nicht gilt, liege nicht vor, wenn sich die Unterschrift der Beklagten nicht nur auf das Empfangsbekenntnis, sondern zugleich auf die Vertragserklärungen des Darlehensantrages beziehe (BGH a.a.O. Rn. 35 – 37). Die von der Beklagten hieraus abgeleitete Auffassung, die zusätzliche Bestätigung des Schlüsselerhalts führe nicht zu einer unzulässigen Erweiterung der Ausnahmeregelung für gesondert unterschriebene Empfangsbekenntnisse, teilt der Senat nicht. Es kommt nicht darauf an, ob mit dem Empfangsbekenntnis weitere vertragliche Erklärungen oder andere Tatsachenfeststellungen verbunden werden, da beides geeignet ist, die Aufmerksamkeit von der Empfangsbestätigung der AGB abzulenken und die Gefahr begründet, dass diese zusammen mit anderen Erklärungen untergeschoben wird.
d) Das vorformulierte Empfangsbekenntnis ist daher unwirksam mit der Folge, dass über die Nichtgeltung der gewollten Beweislastverschiebung hinaus die Klausel nicht einmal als Beweisindiz verwertet werden darf (Staudinger/Coester-Waltjen, § 309 Nr. 12 Rn. 14).
e) Die Einbeziehung gem. § 305 Abs. 2 BGB hat die Beklagte auch nicht durch sonstige Beweismittel nachzuweisen vermocht. Sie hat nämlich keinen Beweis dafür angeboten, dass die Zedentin in zumutbarer Weise von den Bedingungen hätte Kenntnis nehmen können, indem sie der Zedentin übergeben wurden oder zumindest in der Sparkasse auslagen, wie das Landgericht zu Recht festgestellt hat. Die Beklagte kann sich daher in keiner Hinsicht auf die Regelungen in ihren Bedingungen für die Vermietung von Sparkassenbuch-Schließfächern berufen.
5. Aufgrund der unzureichenden Aufklärung durch die Beklagte hat die Zedentin das hierfür nicht geeignete Sparkassenbuch-Schließfach zur Unterbringung von 14.500 EUR benutzt. Dass diese Summe an Bargeld dort deponiert war und bei dem Einbruch entwendet wurde, hat das Landgericht nach Vernehmung der Zedentin als Zeugin für den Senat gem. § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO bindend festgestellt. Es ist auch davon auszugehen, dass die Zedentin bei zutreffender Aufklärung hiervon abgesehen hätte. Hierfür spricht die Vermutung aufklärungsrichtigen Verhaltens, die von der Beklagten nicht entkräftet oder widerlegt wird. Infolge der Pflichtverletzung ist der Zedentin daher ein Schaden in Höhe von 14.500 EUR entstanden.
Unter Anrechnung des Mitverschuldens von 25 % ergibt sich somit ein Schadensersatzanspruch in Höhe von 10.875 EUR.
6. Aufgrund ihres ablehnenden Schreibens vom 27.04.2010 befand sich die Beklagte jedenfalls ab 29.04.2010 in Verzug, weshalb das Landgericht zu Recht Verzugszinsen und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten als Verzugsschaden zugesprochen hat. Die Rechtsanwaltsgebühren sind jedoch nur aus einem Gegenstandswert von 10.875 EUR geschuldet und berechnen sich unter Zugrundelegung der im Übrigen nicht angegriffenen Abrechnung des Klägervertreters (Anlage K 4) daher wie folgt:
1,3 Geschäftsgebühr gem. Nr. 2300 VV RVG 683,80 EUR
0,3 Erhöhungsgebühr gem. Nr. 1008 VV RVG 157,80 EUR
Auslagen gem. Nr. 7002 VV RVG 20,00 EUR
861,60 EUR
19 % Umsatzsteuer gem. Nr. 7008 VV RVG 163,70 EUR
Gesamt: 1.025,30 EUR
7. Die Berufung der Beklagten hat daher nur insoweit Erfolg, als dem Kläger ein Mitverschulden von 25 % anzurechnen ist.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 Abs. 1, 97 ZPO.
Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO, § 26 Nr. 8 EGZPO.
Gründe für eine Zulassung der Revision gem. § 543 Abs. 2 ZPO liegen nicht vor.
Gem. § 63 Abs. 2 GKG war der Streitwert festzusetzen.