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Versetzungsklausel in Arbeitsvertrag – Wirksamkeit

Sächsisches Landesarbeitsgericht

Az: 3 Sa 483/08

Urteil vom 26.01.2009


1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 18.06.08 – 10 Ca 2149/07 – wird, soweit sie sich gegen die Ziff. 3 des Urteilstenors richtet, als unzulässig verworfen.

2. Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Leipzig vom 18.06.08 – 10 Ca 2149/07 –

zurückgewiesen.

3. Die Beklagte trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens.

4. Die Revision wird für die Beklagte, soweit die Berufung gemäß Ziff. 2 zurückgewiesen wurde, zugelassen, im Übrigen nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer Versetzungsanordnung durch die Beklagte sowie über Ansprüche des Klägers auf Erstattung von Reisekosten und auf Entfernung zweier Abmahnungen aus der Personalakte.

Der seit 01.10.1986 bei der Beklagten bzw. deren Rechtsvorgänger in einem Arbeitsverhältnis stehende Kläger wurde gemäß Arbeitsvertrag vom 01.07./14.07.1994 (Bl. 19 bis 22 d. A.), abgeschlossen mit dem Rechtsvorgänger der Beklagten, der … AG, zum „Bereichsleiter (Partnerstufe III) der Zweigniederlassung … ernannt. In § 1 dieses Arbeitsvertrages heißt es weiter: „Die … behält sich vor, Herrn … – sofern Geschäftsnotwendigkeiten dies erfordern – anderweitig einzusetzen und zu versetzen.“

Das Jahresgehalt des Klägers bei der Beklagten betrug zuletzt € 176.000,00 brutto.

Zwischen den Parteien kam es zu einem Streit über die Fähigkeiten des Klägers zur Führung der unterstellten Mitarbeiter und zur Betreuung von Kunden. Angebote der Beklagten zum Abschluss eines Auflösungsvertrages lehnte der Kläger in den Monaten Februar und März 2007 ab.

Mit Schreiben vom 02.05.2007 (Bl. 23 d. A.) sprach die Beklagte eine Versetzung des Klägers „zur Niederlassung … in dem Bereich …“ aus. Die Versetzung wurde ab 01.07.2007 vollzogen.

Der Kläger kam dieser Versetzung zunächst nach und rechnete Reisekosten wie bei Dienstreisen ab, wobei Dienstreisekosten sowohl dem Grunde wie zunächst auch der Höhe nach zwischen den Parteien streitig sind. In der Abrechnung für den Monat Juli 2007 (Bl. 97 d. A.) legte der Kläger nach der sog. „Reiseart M“ der Gesamtbetriebsvereinbarung Reisekosten (GBV), gültig ab 01.10.2004 (Bl. 85 bis 96 d. A.) den Auslösungssatz zugrunde, der erst bei Dienstreisen nach einer mehr als dreimonatigen Dauer zur Anwendung kommt (siehe Abschnitt H der GBV, Bl. 89 d. A.).

Mit Schreiben vom 26.07.07 (Bl. 99/100 d. A.) sprach die Beklagte dem Kläger gegenüber eine Abmahnung aus, da dieser „in vorsätzlicher Weise Reisekosten abgerechnet“ habe.

Mit Schreiben vom 27.07.07 (Bl. 101/102 d. A.) mahnte die Beklagte den Kläger wegen der Verwendung der Auslösungssätze nach der „Reiseart M“ erneut ab.

Mit Urteil des Sächsischen Landesarbeitsgerichts vom 05.10.2007 wurde die Beklagte im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens verurteilt, den Kläger bis zu einer abschließenden Entscheidung erster Instanz im Hauptsacheverfahren vorläufig als Bereichsleiter der Zweigniederlassung … am Standort … zu beschäftigen (Az.: …). Aufgrund dieser Entscheidung vollzog die Beklagte die Versetzung nicht weiter.

In dem vorliegenden Hauptsacheverfahren hat der Kläger mit am 29.05.07 beim Arbeitsgericht eingegangener Klage u. a. geltend gemacht, die Versetzung sei unwirksam, denn bereits die vertragliche Versetzungsklausel sei unwirksam. Diese berücksichtige allein die Interessen des Arbeitgebers. Auch sei dem Kläger in … keine gleichwertige Tätigkeit übertragen worden. Er sei dort auf eine Vertriebstätigkeit ohne Mitarbeiterverantwortung beschränkt.

Es gäbe auch keine Geschäftsnotwendigkeit zu einer Versetzung. Der Kläger habe die Mandaten nicht unzureichend betreut. Eine Kritik an seinem Führungsstil sei ihm unbekannt; er habe den Mitarbeitern vielmehr Eigenverantwortung übertragen. Da die Versetzung nach der Ablehnung des Angebots auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages erfolgt sei, bestünde ein Anscheinsbeweis dafür, dass die Beklagte gegen das Maßregelungsverbot verstoßen habe.

Die begehrten Reisekosten seien wegen der Unwirksamkeit der Versetzung entstanden und als Dienstreisekosten so zu bezahlen. Die „Reisekostenart M“ sei irrtümlich verwendet worden, weil die Eingabemaske im Abrechnungsprogramm keine näheren Erläuterungen hierzu enthalten habe. Die Abmahnungen seien deshalb unberechtigt.

Der Kläger hat beantragt,

1. die Beklagte zu verurteilen, den Kläger als Bereichsleiter … der Niederlassung … am Standort … zu beschäftigen,

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger 7.803,35 € zuzüglich Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.929,27 € seit dem 01.08.2007 und aus 2.127,71 € seit dem 01.098.2007, aus 1.278,67 € seit dem 01.10.2007 und aus 497,70 € seit 01.11.2007 zu zahlen,

3. die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 26.07.2007 aus der Personalakte des Klägers zu entfernen,

4. die Beklagte zu verurteilen, die Abmahnung vom 27.07.2007 aus der Personalakte zu entfernen.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Die Beklagte hat entgegnet, die Versetzungsklausel des Arbeitsvertrages sei dem § 106 GewO nachgebildet und damit wirksam; aus ihr ergäbe sich, dass eine Versetzung nur bei Geschäftsnotwendigkeit, damit nur in Ausnahmefällen, auf eine gleichwertige Position stattfände. Selbst bei einer Unwirksamkeitsklausel sei nur der Inhalt, nicht aber der Ort der Arbeitsleistung im Arbeitsvertrag bestimmt. Die Ernennung des Klägers zum Bereichsleiter konkretisiere nicht den Arbeitsort auf …

Die Beklagte habe ein berechtigtes Interesse an der Versetzung des Klägers. Dieser werde von Mandanten der Beklagten wegen fehlender persönlicher Betreuung abgelehnt. In seinem Führungsverhalten werde der Kläger zweijährig beurteilt und habe im internen Ranking am schlechtesten abgeschnitten.

Infolge der wirksamen Versetzung stünde dem Kläger kein Reisekostenanspruch zu. Für den dennoch geltend gemachten Anspruch bestünde kein Rechtsschutzbedürfnis, weil eine rechtskräftige Entscheidung über die Unwirksamkeit der Versetzung nicht vorläge. Im Übrigen würden die geltend gemachten Reisekosten nach Grund und Höhe bestritten.

Die Abmahnungen seien wirksam. Der Kläger habe kein Recht zur Abrechnung der Reisekosten. Diese beruhte auch auf einer falschen Berechnung. Ein Irrtum läge nicht vor. Denn der Dienstreiseordnung sei die zutreffende Abrechnungsart zu entnehmen.

Das Arbeitsgericht hat mit Urteil vom 18.06.08 nach den Klageanträgen erkannt, der Beklagten die Kosten des Rechtsstreits auferlegt sowie den Streitwert auf € 66.470,01 festgesetzt.

Es hat in den Entscheidungsgründen, auf welche im Übrigen Bezug genommen wird (Bl. 203 bis 209 d. A.), u. a. ausgeführt, die Beklagte sei zur bisherigen Beschäftigung in … verpflichtet, da die Versetzung unwirksam sei. Die Versetzungsklausel gemäß § 1 des Arbeitsvertrages sei ihrerseits gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, denn sie entspräche nicht § 106 Satz 1 GewO. Auch bleibe unbestimmt, was unter einer „Geschäftsnotwendigkeit“ zu verstehen sei. Dies beschränke sich nicht auf Fälle der Unabweisbarkeit einer Versetzung. Es handele sich allein um die Berücksichtigung der Interessen der Beklagten. Auch ergäbe sich aus der Klausel nicht, dass die Versetzung nur bei gleichwertiger Tätigkeit in Betracht komme.

Anstelle der Versetzungsklausel komme nicht § 106 GewO zur Anwendung. Denn die Parteien hätten über das Weisungsrecht disponiert.

Dem Kläger stünde auch ein Anspruch auf Erstattung der Reisekosten zu. Er habe aufgrund der unwirksamen Versetzung Kosten aufgewendet, die bei arbeitsvertragsgerechter Behandlung als Reisekosten zu behandeln wären. Die Kosten seien dem Grunde und der Höhe nach nachvollziehbar dargestellt worden. Dagegen habe die Beklagte nur pauschal bestritten.

Schließlich bestünde auch ein Anspruch des Klägers auf Entfernung der Abmahnungen aus der Personalakte. Die Abmahnungen seien sachlich unbegründet. Bei der Geltendmachung von Reisekosten habe der Kläger eine Rechtsposition eingenommen, die vertretbar sei. Es sei nicht ersichtlich, welche schutzwürdigen Interessen der Beklagten berührt seien. Die Beklagte hätte den Reisekostenantrag ablehnen dürfen.

Bei der zweiten Abmahnung fehle es an Anhaltspunkten, dass der Kläger willentlich und wissentlich einen Abrechnungsbetrug hätte begehen wollen. Es sei von einem Bedienungsfehler des Klägers bei der Programmbedienung auszugehen.

Gegen dieses ihr am 07.07.08 zugestellte Urteil richtet sich die am 07.08.08 beim Landesarbeitsgericht eingegangene und, nach Verlängerung der Begründungsfrist bis 08.10.08, am 08.10.08 ausgeführte Berufung der Beklagten.

Diese bekräftigt ihren Standpunkt aus erster Instanz. Auch das BAG habe eine Versetzungsklausel als wirksam angesehen, welche einen „anderweitigen Einsatz“ vorsehe. § 106 Satz 1 GewO hätte bei Arbeitsvertragsabschluss noch nicht gegolten. Die Klausel setze als selbstverständlich voraus, dass die konkrete Ausübung des Direktionsrechts den Vorgaben des § 315 BGB zu entsprechen habe. Die Beklagte habe sich mit der Klausel lediglich vorbehalten, eine Konkretisierung der Arbeitspflicht des Klägers im Rahmen der vertraglich geschuldeten Tätigkeit durch Zuweisung eines anderen Aufgabengebiets vorzunehmen. Die Klausel sei § 106 GewO nachempfunden. Der Arbeitsort sei im Arbeitsvertrag nicht konkretisiert worden.

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Wollte man sich an dem Begriff „anderweitig einzusetzen“ stoßen, so wäre dieser Teil unter Anwendung des anerkannten „Blue-Pencil-Tests“ aus der Klausel herauszustreichen. Somit wäre es bei einer Versetzungsmöglichkeit geblieben.

Vom Kläger sei aufgrund seiner Position als Partner eine erhöhte Flexibilität abzufordern. Auch bei der Ausübungskontrolle nach § 315 BGB erweise sich die Versetzung als wirksam. Es handele sich in … um eine gleichwertige Tätigkeit; sie sei ebenso qualifiziert und hierarchisch derselben Ebene wie in … zuzuordnen.

Die Versetzung sei auch geschäftsnotwendig gewesen. Der Kläger werde von den Mandanten als Ansprechpartner nicht akzeptiert, die ihm zugeordneten Mandate würden nicht von ihm, sondern von Seniormanagern betreut werden. Der Kläger hätte sich überwiegend auf Controlling-Tätigkeiten beschränkt. Nach Fortgang des weiteren Partners in …, Herrn …, sei der Kläger in … nicht mehr einsetzbar gewesen. Auch der örtliche Betriebsrat hätte keine Möglichkeit gesehen, mit dem Kläger vertrauensvoll zusammenzuarbeiten.

Dagegen sei es erforderlich, dass der Kläger seine Aufgaben von … aus erledige. Da der Kläger zu Recht versetzt worden sei, stünde ihm kein Reisekostenanspruch zu.

Die Abmahnungen seien gerechtfertigt. Auf den Vortrag in erster Instanz werde verwiesen.

Die Beklagte beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Arbeitsgerichts Leipzig vom 18.06.2008 – 10 Ca 2149/07 – die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Nach Ansicht des Klägers sei in § 1 Satz 1 des Arbeitsvertrages nicht lediglich eine Arbeitsaufgabe des Klägers, sondern gleichzeitig der Ort der Arbeitsleistung geregelt. Dies folge auch aus dem Zusammenhang mit § 7 des Arbeitsvertrages, wonach im Verhältnis zum Arbeitgeber … als Wohnsitz des Klägers im Hinblick auf die Reisekostenordnung gelte. Deshalb sei auch eine Versetzungsmöglichkeit geregelt worden. Die Beklagte könne deshalb diesbezüglich von einem Direktionsrecht nicht Gebrauch machen.

Jedenfalls wäre nach § 106 Satz 1 GewO keine Zuweisung einer anderen Arbeitsaufgabe möglich. Die Klausel in § 1 Satz 2 des Arbeitsvertrages sei gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessen. Sowohl für einen anderweitigen Arbeitseinsatz wie für eine Veränderung des Arbeitsortes sei die Berücksichtigung der Interessen des Klägers nicht vorgesehen. Damit läge eine maßgebliche Abweichung vom gesetzlichen Leitbild des § 106 Sätze 1 und 3 GewO vor.

Die Vertragsklausel genüge darüber hinaus nicht den formellen Anforderungen des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Es fehle die nähere Konkretisierung der „Geschäftsnotwendigkeiten“. Darauf könnte nur dann verzichtet werden, wenn die Beklagte nach der Klausel verpflichtet wäre, den Kläger gleichwertig zu beschäftigen. Die Klausel sei damit intransparent.

Im Übrigen halte die Ausübung des Direktionsrechts der Kontrolle nach § 315 BGB nicht stand. In … sei dem Kläger die Personalkompetenz entzogen worden. Ihm sei eine anders strukturierte Tätigkeit mit überregionaler Reisetätigkeit übertragen worden. Die Tätigkeit sei auch wirtschaftlich im Hinblick auf zielvariable Vergütungs- und Aufstiegsmöglichkeiten nicht vergleichbar.

Es sei zu fragen, was die Beklagte unternommen hätte, um die nur pauschal behauptete Störung der Zusammenarbeit mit dem Betriebsrat zu beseitigen. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb neue Aufgaben einen Standortwechsel nach … erforderlich machen würden. Die Notwendigkeit des Arbeitsortes … werde bestritten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien im zweiten Rechtszug wird auf den vorgetragenen Inhalt ihrer Schriftsätze bei den Akten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

I.

Die gemäß § 64 Abs. 2 b ArbGG statthafte Berufung ist form- und fristgerecht eingelegt worden.

Soweit die Berufung auch die Verurteilung zur Entfernung der zwei Abmahnungen aus der Personalakte angreift, ist sie unzulässig. Entgegen den §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 520 Abs. 3 ZPO enthält die Berufungsbegründung insoweit keine Auseinandersetzung mit den Gründen des angefochtenen Urteils. Dieses befasst sich auf immerhin einer Seite mit jenem Streitgegenstand (Seite 11 des Urteils des Arbeitsgerichts, Bl. 208 d. A.). Es versteht sich von selbst, dass lediglich ein Verweis auf den erstinstanzlichen Vortrag, auf welchen das Urteil erster Instanz eingegangen ist, den Anforderungen, welche § 520 Abs. 3 Ziff. 2 bis 4 ZPO an die Berufungsbegründung stellt, nicht genügt. Die Unzulässigkeit insoweit ergibt sich aus § 522 Abs. 1 Satz 2 ZPO.

Anders verhält es bei dem Angriff der Berufung auf die Verurteilung zur Zahlung von Reisekosten. Zwar enthält die Berufungsbegründung auch insoweit keine weiteren Ausführungen. Dies war jedoch nicht notwendig, da der Anspruch auf Erstattung von Reisekosten abhängig ist von der Frage der Wirksamkeit der Versetzung; es ist von einem eventual-kumulierten Antrag auszugehen.

II.

Soweit die Berufung zulässig ist, ist sie unbegründet. Denn die Klage ist mit den Anträgen Ziff. 1 und 2 ihrerseits zulässig unbegründet. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend erkannt.

1. Der Kläger hat Anspruch darauf, auch weiterhin, wie in § 1 des Arbeitsvertrages vom 01./14.07.1994 vereinbart, als Bereichsleiter … der Niederlassung … am Standort … beschäftigt zu werden. Die Versetzungsanordnung der Beklagten mit Schreiben vom 02.05.07 stellt nämlich keine wirksame Ausübung des Direktionsrechts des Arbeitgebers dar. Die Beklagte war zu der dort getroffenen Versetzung nicht berechtigt.

a) Gemäß § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt und Ort der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit die Arbeitsbedingungen nicht durch den Arbeitsvertrag, Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung, eines anwendbaren Tarifvertrages oder gesetzliche Vorschriften festgelegt sind.

Die Vorschrift findet auf alle Arbeitsverträge (sh. § 6 Abs. 2 GewO), also auch auf Altverträge, für die keine Abweichung vorgesehen ist, Anwendung.

b) Die Auslegung des § 1 Satz 1 des genannten Arbeitsvertrages ergibt, dass die Parteien zunächst sowohl den Inhalt wie den Ort der Arbeitsleistung festgelegt haben. Dem Kläger wurde die Funktion eines Bereichsleiters der Zweigniederlassung … übertragen, womit notwendigerweise die Vereinbarung des Arbeitsortes … verbunden ist.

c) In § 1 Satz 2 des Arbeitsvertrages haben die Parteien sodann das Direktionsrecht der Beklagten zur Zuweisung eines anderen Arbeitsgebietes und eines anderen Arbeitsortes festgelegt. Die Zuweisung konnte insoweit daher nicht mehr aufgrund des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO in Betracht kommen (vgl. auch BAG, Urteil vom 11.04.2006 – 9 AZR 557/05 – in AP Nr. 10 zu § 307 BGB unter Rz. 23).

d) § 1 Satz 2 des Arbeitsvertrages hält einer Inhaltskontrolle am Maßstab der §§ 305 ff. BGB nicht stand. Die Klausel verstößt gegen § 307 BGB. Diese Vorschrift ist jedenfalls über § 310 Abs. 3 Ziff. 2 BGB anwendbar, da eine von der Beklagten vorformulierte Vertragsbedingung vorliegt.

e) Zur Beurteilung der Frage Unangemessenheit der Vertragsklausel gemäß § 307 Abs. 1 BGB ist ein genereller, typisierender, vom Einzelfall losgelöster Maßstab anzulegen (BAG, Urteil vom 09.05.2006 – 9 AZR 424/05 – in NZA 07, 145, 146). Dabei sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen (§ 310 Abs. 4 Satz 2 BGB).

Gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen oder vorformulierten Verträgen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner gegen Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Unangemessen ist jede Beeinträchtigung eines rechtlich anerkannten Interesses des Arbeitnehmers, die nicht durch begründete und billigenswerte Interessen des Arbeitgebers gerechtfertigt ist oder gleichwertige Vorteile ausgeglichen wird. Die Feststellung einer unangemessenen Benachteiligung setzt eine wechselseitige Berücksichtigung und Bewertung rechtlich anzuerkennender Interessen der Vertragspartner voraus (BAG, Urteil vom 21.04.2005 – 8 AZR 425/04 – in EzA Nr. 3 zu § 309 BGB 2002).

Die Bestimmung selbst muss dies erkennen lassen. Sie muss auch insoweit klar und verständlich sein (§ 307 Abs. 1 Satz 2 BGB). So muss aus ihr die Angemessenheit und Zumutbarkeit hervorgehen (BAG, Urteil vom 12.01.2005 – 5 AZR 364/04 – in NZA 2005, 465). Dies muss allerdings nicht so weit gehen, dass konkrete Versetzungsgründe genannt werden müssen (vgl. BAG, Urteil vom 11.04.2006 – 9 AZR 557/05 – in EzA Nr. 5 zu § 308 BGB).

f) Diesen Grundsätzen hält der Vorbehalt in § 1 Satz 2 des Arbeitsvertrages nicht stand.

Nach dieser Bestimmung soll dem Arbeitgeber zum einen vorbehalten bleiben, den Arbeitnehmer „anderweitig einzusetzen“, somit ihm eine andere Tätigkeit als die vertraglich vereinbarte zuzuweisen. Hierbei stellt die Vertragsklausel lediglich auf die Veranlassung durch „Geschäftsnotwendigkeiten“ ab. Es kommt nicht zum Ausdruck, dass die anderweitig zuzuweisende Tätigkeit auch gleichwertig mit der bisherigen Tätigkeit sein müsste. Damit bleibt die Klausel hinter § 106 Satz 1 GewO zurück. Denn danach kann das Direktionsrecht nur im Rahmen billigen Ermessens, d. h. unter Abwägung der wesentlichen Umstände des Falles und der angemessenen Berücksichtigung der beiderseitigen Interessen, wahrgenommen werden. Dieser gesetzliche Mindeststandard kommt jedoch in der Vertragsklausel nicht zum Ausdruck. Es wird nicht transparent, dass mit der Vertragsklausel auch die Beachtung des gesetzlichen Mindeststandards verbunden sein soll.

g) Daneben soll der Arbeitgeber nach § 1 Satz 2 des Arbeitsvertrages auch berechtigt sein, den Ort der Arbeitsleistung zu ändern („zu versetzen“).

Auch insofern kommt eine angemessene Berücksichtigung der Interessen des Klägers nicht zum Ausdruck mit der Folge der Unwirksamkeit nach § 307 Abs. 1 BGB. Zwar wären Bedenken nicht angebracht, wenn die Klausel dem § 106 Satz 1 GewO entspräche. Dies ist aber gerade nicht der Fall. Die Ausübung des Direktionsrechts nach § 106 Satz 1 GewO erfordert die Anwendung billigen Ermessens, wie ausgeführt. Davon ist in § 1 des Arbeitsvertrages jedoch nicht die Rede (vgl. auch BAG vom 11.04.06, a. a. O.).

h) Daran ändert auch nichts, dass der Arbeitgeber im Falle der Versetzungsentscheidung noch einer Ausübungskontrolle nach § 315 BGB unterliegt, die ihm wiederum billiges Ermessen abverlangt. Denn § 307 BGB behandelt die Kontrolle des Inhalts der Klausel als Grundlage einer Versetzungsentscheidung, § 315 BGB dagegen die Kontrolle der konkreten Ausübung.

i) Die Veränderung des Orts der Arbeitsleistung mit Schreiben der Beklagten vom 02.05.07 wäre selbst dann nicht zulässig, wenn die Versetzungsklausel des Arbeitsvertrages für sich genommen zulässig wäre. Der „Blue-Pencil-Test“ passt auf vorliegenden Fall nicht. Beide Elemente – der „anderweitige Einsatz“ und die örtliche Versetzung – sind vorliegend nicht trennbar. Die vereinbarte Tätigkeit „Bereichsleiter der Niederlassung …“ ist untrennbar verbunden mit dem Arbeitsort … Bei einer Versetzung wäre der Kläger nicht mehr „Bereichsleiter der Niederlassung …“.

2. Da die Versetzung unzulässig war, konnte der Kläger für die Zeit der Tätigkeit in … Reisekosten nach den innerbetrieblichen Bestimmungen in Anspruch nehmen. Die geltend gemachten Kosten entsprechen diesen Bestimmungen und sind im Übrigen jetzt der Höhe nach unstreitig. Die Berufung ist somit auch insoweit unbegründet.

III.

Da die Berufung erfolglos blieb, trägt die Beklagte als Berufungsführerin auch die Kosten des zweitinstanzlichen Verfahrens, § 97 Abs. 1 ZPO.

IV.

Soweit die Berufung als unbegründet zurückgewiesen wurde, hat die Kammer die Revision gemäß § 72 Abs. 2 Ziff. 1 ArbGG für die Beklagte zugelassen. Auf die nachfolgende Rechtsmittelbelehrung wird Bezug genommen.

Im Übrigen war die Revision nicht zuzulassen.

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