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Versicherungsschutz: bei privater und öffentlich-rechtlicher Inanspruchnahme

BGH

Az: IV ZR 325/05

Urteil vom 20.12.2006


Der IV. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung vom 20. Dezember 2006 für Recht erkannt:

Die Revision gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Würzburg vom 23. November 2005 wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Der Kläger unterhält bei der Beklagten für seine landwirtschaftliche Zugmaschine (Traktor) eine Kraftfahrtversicherung, der Allgemeine Versicherungsbedingungen (AKB) zugrunde liegen, die auszugsweise wie folgt lauten:

„A. Allgemeine Bestimmungen

§ 7

I. (1) Versicherungsfall im Sinne dieses Vertrages ist das Ereignis, das einen unter die Versicherung fallenden Schaden verursacht oder – bei der Haftpflichtversicherung – Ansprüche gegen den Versicherungsnehmer zur Folge haben könnte.

B. Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung

§ 10

(1) Die Versicherung umfasst die Befriedigung begründeter und die Abwehr unbegründeter Schadensersatzansprüche, die aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts gegen den Versicherungsnehmer oder mitversicherte Personen erhoben werden, wenn durch den Gebrauch des im Vertrag bezeichneten Fahrzeugs

b) Sachen beschädigt oder zerstört werden oder abhanden kommen,

…“

Am 10. November 2004 geriet das versicherte Fahrzeug auf einer Kreisstraße in Brand; dabei lief Öl aus der Zugmaschine aus und verunreinigte außer der Straße selbst auch das angrenzende Erdreich. Der Brand wurde durch die Feuerwehr der Stadt B. N. gelöscht. Ferner übernahm diese die Verkehrslenkung und band das Öl auf der Straße ab.

Das Landratsamt R. übersandte dem Kläger eine Rechnung über 490,29 EUR für die Reinigung der Straße. Von der Stadt B. N. erhielt der Kläger einen Leistungsbescheid über 1.191,90 EUR für die von der Feuerwehr erbrachten Hilfeleistungen (Brandbekämpfung, Verkehrslenkung und Abbinden von Öl). Ein weiterer Gebührenbescheid erging durch das Landratsamt R. über 975 EUR für die Entgegennahme und Entsorgung des durch eine private Firma ausgebaggerten, mit Öl kontaminierten Erdreichs. Die Beklagte, die die Kosten für die Einschaltung der privaten Firma übernommen hat, lehnt weitere Versicherungsleistungen ab. Sie vertritt die Auffassung, es handele sich bei allen drei Positionen um öffentlich-rechtliche Ansprüche, die von § 10 (1) AKB nicht umfasst seien.

Das Amtsgericht hat der Klage auf Feststellung, dass die Beklagte Versicherungsschutz zu gewähren habe, stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Dagegen wendet sie sich mit ihrer Revision.

Entscheidungsgründe:

Das Rechtsmittel ist unbegründet.

I. Das Landgericht hat ausgeführt: Es handele sich zwar sämtlich um öffentlich-rechtliche Erstattungsansprüche, die gegen den Kläger geltend gemacht würden. Das könne jedoch nicht zum Ausschluss des Versicherungsschutzes gemäß § 10 (1) AKB führen. Es seien nur solche Ansprüche von § 10 (1) AKB nicht gedeckt, die sich allein auf Haftpflichtbestimmungen öffentlich-rechtlichen Charakters gründeten. Bei Konkurrenz zwischen einem privatrechtlichen Anspruch und einem öffentlich-rechtlichen Anspruch bestehe Versicherungsschutz, wenn jedenfalls der privatrechtliche Anspruch gedeckt sei. Das sei hier zu bejahen. Der Kläger hafte dem Landkreis (auch) aus § 7 Abs. 1 StVG, §§ 823, 249 BGB wegen der Verunreinigung der Straße und des Erdreiches mit auslaufendem Öl. Der Feuerwehr stehe ein Anspruch aus Geschäftsführung ohne Auftrag zu, welcher Aufwendungen mit Schadensersatzcharakter beinhalte und deshalb ebenfalls § 10 (1) AKB unterfalle. Ohne Belang sei die Geltendmachung der Ansprüche durch Verwaltungsakt; entscheidend sei allein, ob neben dem öffentlich-rechtlichen Anspruch auch zivilrechtliche Ansprüche begründet seien. Es könne insbesondere nicht im Belieben der Verwaltung stehen, ob der Versicherungsnehmer durch die Art der gewählten Vorgehensweise seinen Anspruch gegenüber dem Versicherer verliere.

II. Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.

1. Soweit der Kläger Ansprüchen ausgesetzt ist, die aus der erforderlichen Reinigung der durch Öl verschmutzten Straße folgen, ist schon deshalb Versicherungsschutz zu gewähren, weil gegen ihn ausschließlich privatrechtliche Ansprüche erhoben werden; die Rechtsfrage, die dem Landgericht Anlass zur Zulassung der Revision gegeben hat, stellt sich in diesem Zusammenhang nicht.

Der Kreis, vertreten durch das Landratsamt, hat als Eigentümer der Straße die Verunreinigungen durch den Einsatz eigener Arbeitskräfte beseitigt; die dadurch entstandenen Aufwendungen (vgl. BGHZ 131, 220, 225 f.) hat er gegenüber dem Kläger geltend gemacht. Die am 19. Januar 2005 erstellte Rechnung hat entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht die rechtliche Qualität eines Verwaltungsaktes. Sie gibt keinen Anhaltspunkt, dass das Landratsamt hoheitlich hat auftreten wollen, auch wenn in ihr eine „Verwaltungskostenpauschale“ angesetzt ist. Derartige Pauschalen, die dazu dienen, Kosten für Porto, Telefon und andere Auslagen abzudecken, sind auch bei der zivilrechtlichen Abwicklung von Schadensfällen üblich und können für eine Abgrenzung öffentlich-rechtlichen Tätigwerdens von privatrechtlichem Handeln nicht herangezogen werden.

Für die zivilrechtliche Anspruchsgrundlage ist auf § 7 Abs. 1 StVG abzustellen, da das Landgericht die Vorschrift des § 823 BGB ausfüllende Feststellungen – insbesondere zum Verschulden des Klägers – nicht getroffen hat. Wird bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeuges eine Sache beschädigt, so hat der Halter den daraus entstandenen Schaden zu ersetzen; dabei entspricht der Schadensbegriff des § 7 Abs. 1 StVG dem des Bürgerlichen Gesetzbuches (Jagusch/Hentschel, Straßenverkehrsrecht 35. Aufl. § 7 StVG Rdn. 26). Danach genügt eine nicht unerhebliche Beeinträchtigung der bestimmungsgemäßen Verwendung der Sache – wie hier ihrer Benutzbarkeit als Straße -, ohne dass zugleich in ihre Substanz eingegriffen werden müsste (BGH, Urteil vom 7. Dezember 1993 – VI ZR 74/93 – VersR 1994, 319 unter II 2 a m.w.N.).

Der Anspruch gemäß § 7 Abs. 1 StVG lässt sich unbeschadet seiner verschuldensunabhängigen Ausgestaltung auf eine gesetzliche Haftpflichtbestimmung privatrechtlichen Inhalts zurückführen. Daher besteht Versicherungsschutz nach § 10 (1) AKB; der Klausel ist nicht zu entnehmen, dass das Leistungsversprechen des Versicherers auf Schadensersatzansprüche beschränkt sein soll, die ein widerrechtliches und dem Versicherungsnehmer vorwerfbares Verhalten voraussetzen (vgl. BGHZ 153, 182, 187).

2. Der Leistungsbescheid wegen des Feuerwehreinsatzes ist hingegen öffentlich-rechtlicher Natur. Er beruht auf einer städtischen Satzung, die den „Aufwendungs- und Kostenersatz für Einsätze und andere Leistungen“ der Feuerwehr regelt, und richtet sich an den die Feuerwehrleistung verursachenden Kläger, wobei es sich ausweislich der in dem Bescheid gegebenen Begründung um die Festsetzung von Aufwendungsersatz für eine seitens der Feuerwehr erbrachte Pflichtleistung handelt.

a) Dann aber sind weitere – privatrechtliche – Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag (§§ 683, 670 BGB i.V. mit § 679 BGB), die das Landgericht ohne weiteres bejaht hat, ausgeschlossen. Zwar können die §§ 677 ff. BGB grundsätzlich auch im Verhältnis zwischen Verwaltungsträger und Privatperson anwendbar werden; es ist aber schon fraglich, ob ein Handeln im hoheitlichen Pflichtenkreis es zugleich erlaubt, ein bürgerlich-rechtliches Geschäft zu führen (vgl. BGHZ 156, 394, 397 f.). Jedenfalls decken öffentlich-rechtliche Kostenbestimmungen regelmäßig sachlich den gesamten Bereich des „Aufwendungsersatzes“ für einen entsprechenden (Pflicht-)Einsatz ab (BGHZ aaO 398 ff.). Es gibt demnach allein den öffentlich-rechtlichen Leistungsanspruch, der von § 10 (1) AKB nicht umfasst ist; die Zulassungsfrage wird erneut nicht erheblich. Ebenso kann dahingestellt bleiben, ob und in welchem Umfang privatrechtliche Ansprüche aus Geschäftsführung ohne Auftrag, weil einem Schadensersatzanspruch zumindest gleichstehend, unter § 10 (1) AKB fallen. In der höchstrichterlichen Rechtsprechung ist diese Frage bislang nicht abschließend entschieden (vgl. BGH, Urteil vom 4. Juli 1978 – VI ZR 96/77 – VersR 1978, 962 unter II 2 b).

b) Das landgerichtliche Urteil erweist sich dennoch als richtig, weil die Beklagte dem Kläger aus einem anderen rechtlichen Grunde einstandspflichtig ist. Die Vorschrift des § 62 Abs. 1 VVG verlangt vom Versicherungsnehmer, bei Eintritt des Versicherungsfalles nach Möglichkeit für die Abwendung und Minderung des Schadens zu sorgen, will er sich den Anspruch auf Versicherungsleistungen erhalten. Entstehen ihm durch solche Rettungsmaßnahmen Kosten, sind diese vom Versicherer nach § 63 VVG zu ersetzen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor.

(1) Für die Haftpflichtversicherung wird der Versicherungsfall in § 7 I (1) AKB als ein Ereignis bestimmt, das Ansprüche gegen den Versicherungsnehmer zur Folge haben könnte, wobei nach § 10 (1) AKB der Versicherungsschutz Ansprüche aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts umfasst, wenn durch den Gebrauch des im Vertrag bezeichneten Fahrzeugs Sachen beschädigt oder zerstört werden.

(2) Ein solcher Versicherungsfall war mit dem Auslaufen von Öl aus dem Fahrzeug und der dadurch bedingten Verschmutzung der Straße eingetreten, denn dieser Sachverhalt war geeignet, Ansprüche aus § 7 StVG gegen den Kläger zu begründen; es kommt mithin nicht darauf an, ob in der Haftpflichtversicherung – wie in der Sachversicherung (BGHZ 113, 359 ff.) – Rettungskosten auch dann zu ersetzen sind, wenn ein Versicherungsfall noch nicht eingetreten ist, aber unmittelbar bevorsteht (vgl. Senatsbeschluss vom 29. September 2004 – IV ZR 162/02 – VersR 2005, 110). Es ging bei den am Unfallort getroffenen Maßnahmen darum, angesichts eines bereits gegebenen Versicherungsfalles den Schaden unter Haftpflichtgesichtspunkten zu begrenzen, und zwar durch Löschen des Fahrzeuges, um der Explosionsgefahr vorzubeugen, sowie durch Absperren der Fahrbahn und Abbinden des Öls, um nachfolgende Verkehrsunfälle zu verhindern und einer fortschreitenden Kontaminierung des Erdreichs zu begegnen. Für Schäden an den Rechtsgütern Dritter, zu denen es ohne diese Vorkehrungen gekommen wäre, hätte die Beklagte als Versicherer einzustehen gehabt; die angefallenen Rettungskosten gehen daher zu ihren Lasten. Dabei sind die öffentlich-rechtlichen Gebühren, die der Kläger für den Einsatz der Feuerwehr schuldet und die bei ihm zu einem unfreiwilligen Vermögensopfer geführt haben, adäquate Folge der von ihm zur Schadensabwehr und -minderung zu veranlassenden und von der Feuerwehr an seiner Stelle getroffenen Maßnahmen (vgl. BGH, Urteil vom 21. März 1977 – II ZR 30/75 – VersR 1977, 709 unter II. 1.; Römer in Römer/Langheid, VVG 2. Aufl. § 63 Rdn. 9).

3. Auch die Müllgebühren sind auf öffentlich-rechtlicher Grundlage erhoben worden. Das Landratsamt hat den kontaminierten Boden über einen Eigenbetrieb (Deponie) entsorgt und gegen den Kläger einen Gebührenbescheid erlassen. Allerdings bestehen daneben privatrechtliche Ansprüche. Unstreitig ist der Kreis nicht nur Eigentümer der Straße selbst, sondern auch der an diese angrenzenden Flächen. Als geschädigter Eigentümer hatte er Anspruch auf Ausbaggern, Entfernen und Entsorgen des verseuchten Bodens (§ 7 StVG). Dadurch anfallende Sondermüllgebühren gehören zu den zivilrechtlich erstattungsfähigen Positionen; insoweit bestehen – wie auch vom Landgericht angenommen – öffentlich-rechtlicher Gebührenanspruch und privater Schadensersatzanspruch nebeneinander.

a) In Literatur und Rechtsprechung ist außer Streit, dass ein öffentlich-rechtlicher Anspruch für sich allein nicht ausreicht, um Versicherungsschutz nach § 10 (1) AKB auszulösen; das wird schon angesichts des Wortlauts der Bedingung, die sich auf Schadensersatzansprüche aufgrund gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts bezieht, nicht in Zweifel gezogen. Für auf öffentlich-rechtlicher Grundlage mit Verwaltungsakt geltend gemachte Ansprüche besteht im Rahmen einer Kraftfahrzeug-Haftpflichtversicherung mithin kein Deckungsschutz (OLG Nürnberg VersR 2000, 965).

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b) Sind allein Ansprüche privatrechtlichen Inhalts gegeben und besteht für diese Konkurrenz zwischen vertraglichen und gesetzlichen Haftpflichtansprüchen, ist anerkannt, dass es genügt, wenn von mehreren rechtlichen Gesichtspunkten nur einer unter die Haftpflichtversicherung fällt, sofern die Ansprüche deckungsgleich sind, der vertraglich begründete Schadensersatzanspruch in seinem Inhalt also nicht über den gesetzlichen Schadensersatzanspruch hinausgeht; es entspreche einem allgemeinen Grundsatz, dass es im Rahmen der sachlichen Umgrenzung des versicherten Risikos ausreiche, wenn nur einer von mehreren konkurrierenden Ansprüchen unter das versicherte Risiko falle (Stiefel/Hofmann, AKB 17. Aufl. § 10 Rdn. 46; BK/Baumann, § 149 VVG Rdn. 97; Jacobsen in Feyock/Jacobsen/Lemor, Kraftfahrtversicherung 2. Aufl. § 10 AKB Rdn. 20; Späte, AHB § 1 Rdn. 187; Wussow, 8. Aufl. AHB § 1 Anm. 69).

c) Lediglich für das Konkurrenzverhältnis zwischen privatrechtlichem Schadensersatzanspruch einerseits und öffentlich-rechtlichem Anspruch andererseits werden unterschiedliche Auffassungen vertreten.

(1) Die herrschende Meinung bejaht Versicherungsschutz, sofern neben dem öffentlich-rechtlichen Anspruch auch ein gesetzlicher Haftpflichtanspruch mit privatrechtlichem Inhalt gegeben ist (Littbarski, AHB § 1 Rdn. 51; Bruck/Möller/Johannsen, VVG 8. Aufl. Bd. IV Anm. G 65 f. sowie Bd. V 1 Anm. G 47; Voit/Knappmann in Prölss/Martin, VVG 27. Aufl. § 1 AHB Rdn. 11 und Knappmann, aaO § 10 AKB Rdn. 5; Stiefel/Hofmann, aaO). Soweit der Versicherungsnehmer aufgrund einer Haftpflichtbestimmung privatrechtlichen Inhalts in Anspruch genommen werde, bestehe auch für den damit konkurrierenden Anspruch öffentlich-rechtlichen Inhalts Versicherungsschutz, um eine von Zufälligkeiten geprägte deckungsrechtliche Differenzierung zu vermeiden.

(2) Späte (aaO Rdn. 188) folgt der herrschenden Meinung nur für die Beschädigung „öffentlicher Sachen“, lehnt es hingegen ab, Versicherungsschutz für Ansprüche aus öffentlichem Recht stets anzunehmen, wenn daneben ein gedeckter, auf gleiche Leistung gerichteter privatrechtlicher Anspruch bestehe. Denn anders als der private Geschädigte, der einen Schadensersatzanspruch nur durch Erstreiten eines vollstreckbaren Titels vor Gericht durchsetzen könne, vermöge der Staat in gleicher Situation den Schädiger selbst durch Verwaltungsakt in Anspruch zu nehmen. Es sei deckungsrechtlich ein Unterschied, ob der erhobene Schadensersatzanspruch sich auf mehrere gedeckte und ungedeckte Anspruchsgrundlagen stütze – dann reiche eine gedeckte – oder ob der Staat durch Erlass eines Verwaltungsaktes zu erkennen gebe, dass er den Schädiger gerade nicht aufgrund solcher Haftpflichtbestimmungen in Anspruch nehmen wolle. Auch sei der Haftpflichtversicherer häufig außerstande, hypothetisch zu überprüfen, ob daneben auch ein zivilrechtlicher Anspruch begründet gewesen wäre, den der Staat aber gar nicht erhoben habe. Dem lässt sich bereits entgegenhalten, dass diese Argumentation für eine Beschädigung „öffentlicher Sachen“ gleichermaßen Geltung hätte, so dass eine unterschiedliche Betrachtungsweise nicht zu überzeugen vermag.

(3) Baumann (aaO) will für den Einzelfall in entsprechender Anwendung des § 242 BGB prüfen, ob nicht bereits die öffentliche Hand verpflichtet sei, die für den Schadensersatzpflichtigen letztlich mildere Reaktion zu wählen, nämlich eine Inanspruchnahme auf privatrechtlicher Grundlage; gegebenenfalls soll der Versicherungsnehmer berechtigt sein, gegenüber dem Haftpflichtversicherer eine unzulässige Rechtsausübung einzuwenden, sollte dieser in derartigen Konstellationen Versicherungsleistungen ablehnen.

d) Der Senat folgt im Ergebnis der herrschenden Ansicht, vermag sich indes der dafür gegebenen Begründung nicht anzuschließen.

(1) Es fragt sich bereits, weshalb eine Konkurrenz privatrechtlicher Haftpflichtansprüche einerseits und öffentlich-rechtlicher mit privatrechtlichen Haftpflichtansprüchen andererseits gesondert erörtert wird. Es kann vom Standpunkt der herrschenden Meinung aus keinen Unterschied machen, ob (unversicherte) vertragliche und (versicherte) gesetzliche Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts miteinander konkurrieren oder (unversicherte) öffentlich-rechtliche und (versicherte) privatrechtliche Ansprüche, die jeweils gesetzliche Haftpflichtbestimmungen darstellen (zu Recht ohne diese Differenzierung Glück in van Bühren/Glück, Handbuch Versicherungsrecht 2. Aufl. § 9 Rdn. 30; vgl. ferner BGHZ 23, 355, 358). Für den gegebenen Fall tritt hinzu: Der privatrechtliche Schadensersatzanspruch steht neben einem öffentlich-rechtlichen Gebührenanspruch, der nicht aus einem erlittenen Schaden, sondern aus einer erbrachten Leistung resultiert; die Festsetzung von Gebühren für die Entsorgung des verseuchten Erdreichs besagt noch nichts über die Art der haftungsrechtlichen Inanspruchnahme. Privatrechtlicher und öffentlich-rechtlicher Anspruch sind zudem untrennbar miteinander verbunden, da mit der Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Gebührenanspruchs zugleich der darauf bezogene zivilrechtliche Schadensersatzanspruch erlischt.

(2) Der richtige Ansatz ist aus Sicht des Senats in einer Auslegung der §§ 7, 10 AKB zu finden, um zu ermitteln, welcher Versicherungsbereich dort festgelegt ist; dies macht einen Rückgriff auf § 242 BGB (Baumann, aaO) von vornherein entbehrlich. Es ist zu fragen, wie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer die Klauseln bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs verstehen muss. Dabei kommt es auf die Verständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse und damit – auch – auf seine Interessen an (BGHZ 123, 83, 85 und ständig).

(3) Der solcher Art um Verständnis bemühte Versicherungsnehmer wird vom Wortlaut der Bestimmungen ausgehen. Er wird zunächst § 7 I (1) AKB entnehmen, dass für die Haftpflichtversicherung der Versicherungsfall als das Ereignis bestimmt ist, das Ansprüche gegen ihn als Versicherungsnehmer zur Folge haben könnte. Aus § 10 (1) AKB erfährt er sodann, für welche Haftpflichtverbindlichkeiten im Einzelnen Versicherungsschutz besteht. Das Leistungsversprechen des Versicherers erstreckt sich auf Schadensersatzansprüche aus gesetzlichen Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts, die – u.a. – daraus erwachsen, dass durch den Gebrauch des im Vertrag bezeichneten Fahrzeuges Sachen beschädigt oder zerstört werden.

(4) Aus Sicht des Versicherungsnehmers stehen dabei das Ereignis – die Sachbeschädigung aufgrund des Gebrauchs des Fahrzeugs – sowie seine daraus folgende Inanspruchnahme im Vordergrund. Für die auf dem Schadensereignis beruhenden Haftpflichtverbindlichkeiten hat der Versicherer Versicherungsschutz versprochen, und zwar deren Befriedigung, falls sie begründet sind, oder deren Abwehr, sollten sie unbegründet sein. Er hat sein Leistungsversprechen allerdings dahin eingegrenzt, dass es sich um Haftpflichtverbindlichkeiten handeln muss, die sich auf gesetzliche Bestimmungen privatrechtlichen Inhalts zurückführen lassen. In diesem Zusammenhang genügt es jedoch, dass das Ereignis überhaupt geeignet ist, solche Ansprüche auszulösen, gleich auf welcher Grundlage sich weitere (öffentlich-rechtliche) Ansprüche ergeben.

In dieser Sichtweise wird der Versicherungsnehmer durch § 7 I (1) AKB bestärkt, wonach es für den Eintritt des Versicherungsfalles genügt, dass das Ereignis Ansprüche gegen ihn zur Folge haben könnte. Es kommt insbesondere nicht darauf an, dass gegen den Versicherungsnehmer gerade der versicherte (privatrechtliche) Anspruch konkret erhoben wird. Das würde in der Tat von Zufälligkeiten abhängen und eine Lücke im Versicherungsschutz bedeuten, mit der der Versicherungsnehmer – auch und gerade vor dem Hintergrund des § 7 I (1) AKB – nicht zu rechnen braucht. Vielmehr wird er Versicherungsschutz immer dann erwarten dürfen, wenn gesetzliche Haftpflichtbestimmungen privatrechtlichen Inhalts ihn verpflichten, den entstandenen Schaden zu ersetzen. Der Versicherungsnehmer darf den ihm versprochenen Versicherungsschutz darauf beziehen, dass ein Sachverhalt gegeben ist, aus dem gesetzliche Haftpflichtansprüche privatrechtlichen Inhalts erwachsen können, gleich ob der Gläubiger seine Ansprüche auf diesen oder einen anderen Rechtsgrund stützt, sofern nur überhaupt ein versicherter (gleichwertiger) Anspruch gegeben ist.

 

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