Ein Versorgungsausgleich regelt den Ausgleich der Rentenanwartschaften bei einer Scheidung.
Es gibt eine wahre Vielzahl von rechtlichen Angelegenheiten, die infolge einer Ehescheidung zwischen den Expartnern geklärt werden müssen. Rechtlich betrachtet wird bei derartigen Angelegenheiten gerne von Scheidungsfolgesachen gesprochen, da diese Angelegenheiten aus dem Umstand der Scheidung heraus erwachsen. Der Versorgungsausgleich gilt als regelrechtes Musterbeispiel für eine derartige Scheidungsfolgesache, doch ist diesbezüglich bei den wenigsten Menschen ein entsprechendes Wissen vorhanden.
Der Versorgungsausgleich (VA) ist, ganz wie es der Name bereits vermuten lässt, der Ausgleich derjenigen Rentenanwartschaften, die während der Ehezeit erworben wurden. Die rechtliche Grundlage für den Versorgungsausgleich stellt das VersAusglG (Versorgungsausgleichsgesetz) dar.
Übersicht:
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Rentenanwartschaften mit Ehebezug
Grundsätzlich besagt das VersAusglG, dass sämtliche Rentenanwartschaften mit Ehebezug zu jeweilig halben Anteilen einer Verteilung auf die Rentenansprüche der Ehepartner unterzogen werden. Besonders wichtig in diesem Zusammenhang ist jedoch die Rechenweise, wie die Anwartschaften ermittelt werden. Es erfolgt ausdrücklich keine Addition der Anwartschaften von beiden Eheleuten mit einer anschließenden Teilung durch den Faktor zwei, vielmehr werden die Anwartschaften der jeweiligen Ehepartner individuell betrachtet. Bei dem Versorgungsausgleich tritt jeder Partner seine Rentenanwartschaften hälftig ab. Als Gegenleistung erhält jeder Ehepartner von dem anderen Partner den hälftigen Betrag dessen Rentenanwartschaften.
Es erfolgt ausschließlich eine Berücksichtigung derjenigen Rentenanwartschaften, die in dem Zeitraum der Ehe erworben wurden.
Unter welchen Voraussetzungen besteht der Versorgungsausgleichsanspruch?
Ein derartiger Anspruch aus einer Scheidungsfolgesache heraus ist lediglich Ehepartnern vorbehalten. Maßgeblich hierfür ist der § 3 Absatz 1 VersAusglG, welcher sowohl den Ehe-Beginn als auch das Ehe-Ende gleichermaßen definiert. Der erste Tag desjenigen Monats, in dem die Eheschließung vollzogen wurde, gilt als Beginn der Ehe und der letzte Tag desjenigen Monats, bevor die Scheidung rechtshängig wurde, gilt als Ende der Ehe. Die Ehescheidung erlangt durch die Zustellung des Antrags auf Ehescheidung ihre Rechtshängigkeit.
In dem Versorgungsausgleich werden alle Versicherungen berücksichtigt, aus denen heraus später eine Rentenzahlung ergeht. Dies gilt auch dann, wenn ein Ehegatte bereits zu dem Zeitpunkt des Scheidungstermins entsprechende Rente bzw. Rentenzahlungsleistungen von dem Versicherungsgeber bezieht.
Der von den Ehegatten ausgewählte Güterstand der Ehe ist für den reinen Anspruch auf VA absolut unerheblich. Es findet dementsprechend überhaupt keine Berücksichtigung, ob es sich um eine Zugewinngemeinschaft oder auch eine Gütertrennung bzw. Gütergemeinschaft gehandelt hat. Sollte das Ehepaar jedoch einen Ehevertrag aufgesetzt haben, so ist der Ausschluss des VA unter ganz bestimmten Umständen gem. § 6 Absatz 1 Satz 2 Nr. 2 VersAusglG denkbar.
Erwähnt werden muss, dass es grundsätzlich zwei verschiedene Arten des Ausgleichs gibt. Unterschieden wird dabei zwischen der internen und der externen Teilung, wobei in der gängigen Praxis die interne Teilung zur Anwendung kommt. Die externe Teilung wird lediglich in Ausnahmefällen vorgenommen, da die interne Regelung stets eine Vorrangstellung hat. Die interne Teilung hat den Charakter, dass sämtliche Ausgleichsbeträge von einem Ehepartner an den anderen Ehepartner nicht direkt ausgezahlt werden müssen. Die Teilung erfolgt in diesem Fall durch das zuständige Familiengericht. Eine interne Teilung verfolgt das Ziel, dass die beiden Ehepartner einen absolut gleichwertigen Anspruch auf die erworbenen Rentenanwartschaften haben. Dieser Umstand muss jedoch erst einmal gewährleistet werden.
In diesen Fällen ist die Gewährleistung gegeben
- beide ausgleichsberechtigte sowie ausgleichspflichtige Ehepartner haben ein gleichermaßen gesichertes sowie auch eigenständiges Anrecht
- es gibt eine Übereinstimmung bei der Werteentwicklung von den Anrechten
- es wird bei beiden Ehepartnern ein identischer Risikoschutz gewährt
Die interne Teilung kann durchaus auch Teilungskosten mit sich bringen. Darüber, ob die Kosten als angemessen erscheinen, muss das zuständige Familiengericht entscheiden.
Im Fall einer externen Teilung erhält ein ausgleichsberechtigter Ehepartner ausdrücklich kein eigenständiges Anrecht auf eine Anwartschaft bei einem identischen Versorgungsträger. Dementsprechend muss der bisherig zuständige Versorgungsträger den entsprechenden Ausgleichsbetrag aus dem Versorgungsausgleich heraus an einen anderweitigen Versorgungsträger. Rechtlich betrachtet wird bei dieser Ausnahmepraxis auch von der Zielversorgung gesprochen. Eine Zielversorgung ist jedoch nur unter ganz bestimmten Voraussetzungen rechtlich zulässig.
In diesen Fällen ist die Zielversorgung zulässig
- es besteht eine entsprechende Vereinbarung zwischen dem berechtigten Ehegatten sowie dem Ausgangsversorger
- der Ausgangsversorger verlangt die externe Teilung
- der Wert des Ausgleichs beträgt maximal 62,30 Euro als Rentenzahlung
Ein weiterer Unterschied zwischen der internen Teilung und der externen Teilung ist der Fakt, dass die interne Teilung in Form von Rentenpunkten erfolgt, während hingegen die externe Teilung in Kapitalbeträgen durchgeführt wird.
In welchen Fällen gilt der Versorgungsausgleich als ausgeschlossen?
Es gibt im Endeffekt drei Fallkonstellationen, in denen der Versorgungsausgleich als ausgeschlossen gilt. Im Fall einer Geringfügigkeit werden die beiderseitigen Anrechte nicht ausgeglichen. Die Geringfügigkeit gilt dann als gegeben, wenn es zwischen den Anwartschaften nur einen sehr geringen Unterschied gibt. Für gewöhnlich wird hier die Grenze von 31,15 Euro (Westen) sowie 28,70 Euro (Osten) bzw. als Kapitalwert maximal 3.738 Euro (Westen) sowie 3.444 Euro (Osten) angesetzt.
Der Versorgungsausgleich unterbleibt in der gängigen Praxis auch dann, wenn die Eheleute nur für einen sehr kurzen Zeitraum miteinander verheiratet gewesen sind. Als Maximalzeitraum wird in der gängigen Praxis 3 Jahre angesetzt, sofern die Ehegatten den Versorgungsausgleich nicht ausdrücklich beantragen. Auch durch einen Ehevertrag kann der Versorgungsausgleich ausgeschlossen werden. Dies muss jedoch von beiden Eheleuten gleichermaßen so akzeptiert werden. Damit die Klausel des Versorgungsausgleichs in dem Ehevertrag ihre rechtliche Wirkung entfalten kann ist es zudem auch erforderlich, dass der Ehevertrag notariell beurkundet wird. Die Besonderheit bei dem Ehevertrag ist der Umstand, dass dieser Ehevertrag auch noch in dem Zeitraum des bereits laufenden Scheidungsverfahrens abgeschlossen werden kann. In dem Ehevertrag können die Ehepartner sowohl einen vollständigen Verzicht des Versorgungsausgleichs oder auch einen Verzicht des VA auf teilweiser Basis vereinbaren.
Sollte der Ehevertrag in rechtlich gültiger Weise abgeschlossen werden, so hat die vertragliche Vereinbarung auch einen bindenden Charakter für das zuständige Familiengericht.
Eine Ehescheidung vor Gericht ist selbstverständlich für beide Ehegatten mit weitergehenden Kosten verbunden. Sollte in diesem Scheidungsverfahren auch noch die Frage des Versorgungsausgleichs geklärt werden müssen, so hat dies natürlich eine erhöhende Wirkung auf den Verfahrenswert. Der Verfahrenswert beeinflusst jedoch maßgeblich die Höhe der Kosten des Scheidungsverfahrens. Sollte jedoch ein Ehepartner deutlich höhere Rentenanwartschaften aus der Ehezeit heraus erworben haben, so kann sich dies für den anderen Ehepartner sehr wohl lohnen.
Mitunter ist es jedoch für beide Seiten die bessere Wahl, wenn in dem Scheidungsverfahren auf den Versorgungsausgleich verzichtet wird. Dies drückt letztlich den Verfahrenswert herunter, sodass die weitergehenden Kosten des Verfahrens deutlich geringer ausfallen. Im Zusammenhang mit dem Versorgungsausgleich gibt es bereits sehr viele Gerichtsurteile, die durchaus Signalwirkung für die folgenden Prozesse hatten. Problematisch ist in diesem Zusammenhang jedoch stets, dass ein juristisch nicht bewanderter Mensch nur sehr selten von derartigen Gerichtsprozessen und Gerichtsurteilen Notiz nimmt. Etliche Gerichtsurteile zu dieser Thematik können hier auf dieser Webseite eingesehen werden. Dadurch kann ein juristischer Laie durchaus einen guten Einblick in die aktuelle Rechtsprechung erhalten, allerdings sollte die Frage nach dem Ausgleich nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Es kommt in der gängigen Praxis nicht selten vor, dass Ehegatten vorschnell und unüberlegt auf den Ausgleich verzichten und dies zu einem späteren Zeitraum dann bitter bereuen. Wurde erst einmal auf den VA verzichtet, so kann diese Entscheidung später nicht revidiert werden. Es ist daher auf jeden Fall sehr empfehlenswert, vor der endgültigen Entscheidung zunächst erst einmal ein ausführliches Beratungsgespräch bei einem erfahrenen Rechtsanwalt für Familienrecht in Anspruch zu nehmen.
Die Mandatierung eines Rechtsanwalts für das Scheidungsverfahren ist rechtlich vorgeschrieben, da vor dem Familiengericht der sogenannte Rechtsanwaltszwang besteht. Es ist zwar gesetzlich gesehen durchaus möglich, dass die Ehescheidung von einem einzigen Rechtsanwalt abgewickelt wird, allerdings ist diese Vorgehensweise gerade vor dem Hintergrund des VA nicht empfehlenswert.
Weiterführende Informationen
Antrag / Fragebogen zum Versorgungsausgleich sowie bei Beendigung einer Lebenspartnerschaft bei NRW-Justiz: https://www.justiz.nrw.de/BS/formulare/versorgungsausgleich/index.php